Grossartig ! Eine andere H?ndin. Die zu besorgen ist ?berhaupt kein Problem. Da stelle ich mich doch einfach schnell in den Park, belle einmal laut und eindrucksvoll, schon werden sie in Heerscharen kommen. Die sind dann alle hinter mir her, Cherie erkennt ihren Fehler, und die Sache ist geritzt. Ha, ha ! Guter Witz !
»Echt, Beck. Hast du keine anderen Tipps auf Lager ? Wo soll ich denn jetzt so schnell eine H?ndin herkriegen, die mich anbetet und auf die Cherie dann eifers?chtig ist ?«
»Hm. Guter Punkt. Es w?re aber schon sehr praktisch. W?rde auch reichen, wenn du ganz offensichtlich die H?ndin anbetest. Cherie m?sste eben merken, dass es neben ihr auch andere sch?ne Frauen gibt.«
Andere sch?ne Frauen. Woher nehmen, wenn nicht stehlen ? Ich habe leider wegen Cherie in letzter Zeit auch ?berhaupt nicht mehr auf andere Damen geachtet. K?nnte fast schw?ren, dass mir keine begegnet sind. Wobei – stimmt ja gar nicht ! Stimmt ?berhaupt nicht !
Ich springe hoch und sch?ttle mich. Auf geht’s ! Erst ignorieren, dann eifers?chtig machen.
»Beck, du bist einfach genial !«
Der schaut mich v?llig verwirrt an.
»?h, bin ich ?«
»Bist du.«
Und schon sause ich Richtung Werkstatt. Attacke !
ZWANZIG
Manchmal braucht man nur ein Qu?ntchen Gl?ck. Kaum habe ich Cherie einen Tag lang mehr schlecht als recht ignoriert – was im Wesentlichen nur bedeutete, dass ich ihr nicht mehr auf Schritt und Tritt gefolgt bin –, schon k?ndigt sich am n?chsten Morgen genau der Besuch an, den ich f?r meine Taktik brauche. Und zwar tut er das durch hektisches Aufr?umen und Putzen der Werkstatt seitens Carolin. Selbst Daniel wundert sich, warum Carolin auf einmal anf?ngt, im Flur staubzusaugen, und schaut von seiner Werkbank auf.
»Sag mal, habe ich irgendetwas verpasst ?«
»Ja, hast du. Frau Hohwenser hat vorhin angerufen. Sie ist gerade in der N?he und will kurz vorbeikommen. Ich m?chte nicht, dass sie den Eindruck erh?lt, ihre wertvollen Instrumente w?rden demn?chst in einer ollen Rumpelbude liegen. Du k?nntest ?brigens schnell mal die K?che in Ordnung bringen.«
Hohwenser. Bienes Frauchen ! Mit einem Mal bin ich wie elektrisiert: Das ist meine Chance ! Ich werde Cherie zeigen, dass sie nicht die einzige attraktive Frau auf diesem Planeten ist. Und dass ein schneidiger Kerl wie ich alle M?glichkeiten hat, wuff ! Begeistert springe ich von meinem Platz neben Carolins Bank und schmeisse mich in Position. Wenn Biene durch die T?r kommt, soll sie gleich sehen, wie sensationell gut ich eigentlich aussehe.
»Wirst du eigentlich irgendwie krank, Herkules ?«
Cherie mustert mich.
»Nein. Warum ?«
»Du bist seit gestern so komisch.«
»Komisch ?«
Sehr gut ! Es ist ihr also schon aufgefallen.
»Na, so abwesend.«
»Findest du ?«
»Ja. Finde ich. Du hast gestern kein Wort mit mir gesprochen. Hast du Halsschmerzen ?«
Ich k?nnte mich kringeln ! Es funktioniert tats?chlich – Cherie macht sich meinetwegen Gedanken. Das sollte ausbauf?hig sein.
»Nee, ich hab keine Halsschmerzen. Ich bin gedanklich ganz woanders. Habe da neulich jemanden kennengelernt.«
»Aha.«
Mehr sagt Cherie dazu nicht. Gut, war vielleicht ein bisschen platt. Egal. Hauptsache, die Botschaft kommt an.
Kurze Zeit sp?ter klingelt es an unserer T?r. Ich ?berlege, ob ich gleich nach vorne st?rzen soll, bleibe dann aber auf meinem Platz. Schliesslich will ich m?glichst l?ssig wirken. Hoffentlich ist Biene ?berhaupt mitgekommen. Dass ich Cherie nur durch Erz?hlungen von meiner neuen Bekanntschaft eifers?chtig machen kann, wage ich zu bezweifeln.
Als Caro die T?r ?ffnet, weiss ich sofort, dass meine Sorge unbegr?ndet ist. Noch bevor ich Biene sehen kann, habe ich sie erschnuppert. Los geht es mit der Operation Herzensbrecher ! Offenbar hat Biene auch gleich gemerkt, wo sie sich befindet, denn schon kommt sie in den Werkraum gelaufen und begr?sst michfreudig.
»Hey, Herkules ! Du wohnst wirklich hier, wie toll !«
Sie springt vor mir hin und her und schleckt mir schliesslich einmal ?ber die Schnauze. Ah, das ist doch mal ein geb?hrender Empfang ! Ich stelle mich ganz dicht neben Biene und versuche, aus den Augenwinkeln Cheries Reaktion zu beobachten. Hoffentlich hat sie das auch alles gesehen !
»Biene, wie sch?n, dass du da bist ! Soll ich dir gleich mal alles hier zeigen ? Wir haben auch einen Garten, nat?rlich nicht so ein Riesenteil wie bei euch, aber nicht schlecht.«
Mittlerweile ist auch Cherie von ihrem Platz aufgestanden.
»Willst du mir deine neue Bekannte nicht mal vorstellen ?«
T?usche ich mich, oder klingt Cherie tats?chlich schon ein wenig zickig ? Grandios ! Die Beck’sche Strategie scheint zu verfangen.
»Oh, nat?rlich, entschuldige. Das ist Biene von der Harkortsh?he. Biene stammt aus einer extrem vornehmen Familie und wohnt in einer Art Schloss.«
Bei dieser Vorstellung schaut Biene sch?chtern zu Boden.
»Ach, nun ?bertreib mal nicht. So toll ist es auch wieder nicht.«
»Doch, ist es – sei nicht so bescheiden ! Euer Garten ist ein Park, und der reicht bis zur Elbe. Toll ! Cherie wohnt hier im Haus in einer Studenten-WG.«
Cherie funkelt mich b?se an, sagt aber nichts dazu.
»Was ist denn eine WG ?«, will Biene wissen.
»Ach, das ist, wenn sich mehrere Leute eine Wohnung teilen. Ist ganz praktisch, vor allem, wenn man nicht so viel Geld hat.«
»Interessant. Kannte ich gar nicht.«
»Kein Wunder – du bist ja gewissermassen eine Tochter aus gutem Hause. Da gibt es das wahrscheinlich gar nicht. Komm, ich zeig dir den Garten.«
Als ich an Cherie vorbei zur Terrassent?r laufe, knurrt sie mir ins Ohr: »Was soll denn das ? Bin ich etwa nicht aus gutem Hause ? Und ?berhaupt: Daniel ist nicht arm. Der hatte nur keine Lust mehr auf Yoga.«
Ich mache, was mir Beck geraten hat– Cherie ignorieren und einfach weiterlaufen. Biene folgt mir, und kurz darauf stehen wir im Garten.
»Ui, hier ist es aber auch sch?n.«
»Genau wie du«, versuche ich mich an einem Kompliment. Vielleicht ein bisschen klebrig, aber ich habe eben nicht viel ?bung. Biene scheint’s nicht zu st?ren, die legt den Kopf schief und wedelt mit dem Schwanz.
»Gott, Herkules, schlimmer geht’s nimmer !« Cherie ist uns gefolgt und teilt Bienes Freude ?ber meine Charmeoffensive nicht. »Das ist ja zum Fremdsch?men !«, raunt sie mir zu.
Ich gebe mich unbeeindruckt und mache einfach weiter.
»Weisst du, Biene, heute ist ein ganz besonderer Tag f?r mich.«
»Ehrlich ?«
»Ja. Denn heute kann ich mein bescheidenes Heim endlich jemandem zeigen, der mir wirklich wichtig ist: n?mlich dir !«
»Oh, danke, das ist aber nett !«, antwortet Biene artig, w?hrend Cherie im Hintergrund anf?ngt zu jaulen.
»Weiter hinten im Garten gibt es sogar einen Durchgang zu einem richtigen Park. Dort gibt es auch Kaninchen und Eichh?rnchen – genau wie bei dir. Willst du mal sehen ?«
»Gern.«
Gemeinsam laufen wir zum hinteren Gartent?rchen. Cherie folgt uns in sicherem Abstand. Die Pforte steht einen Spalt offen, sodass wir uns gar nicht erst durch die Latten quetschen m?ssen. Auf der anderen Seite des Zauns bleiben wir stehen, und Biene schaut sich um. Sie ist sichtlich beeindruckt.
»Wow – und das geh?rt alles zu eurem Haus ?«
»Ja, gewissermassen schon«, ?bertreibe ich ein wenig.
»Nein, ?berhaupt nicht«, widerspricht Cherie, die schon wieder neben uns steht. »Das hier ist ein ?ffentlicher Park, in dem jeder spazieren gehen kann. Mit unserem Haus hat der rein gar nichts zu tun.«
Menno, was soll das denn ? Ich meine, nat?rlich will ich in Wirklichkeit Cherie eifers?chtig machen – wie ein Trottel will ich trotzdem nicht vor Biene dastehen.
»Ach so.« Biene klingt verunsichert. Ich glaube, Cherie ist ihr nicht geheuer. »Aber sch?n ist er trotzdem. Wollen wir ein bisschen herumlaufen, Herkules ?«