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Kurz darauf kommt sie auch schon durch die Wohnungst?r und schmeisst ihren Schulranzen in die Ecke. Ich warte an der T?r auf sie, die Leine im Maul.

»Hey, hey, Herkules ! Lust auf einen Spaziergang, richtig ? Aber ich muss erst mal irgendetwas essen, hab ’nen Riesenhunger.«

Jaul. Nie wird hier auf meine Bed?rfnisse R?cksicht genommen. Keine Fleischwurst zur Hochzeit, zu viele G?ste zum Fest, kein Gassigehen nach der Schule. Immerhin b?ckt sich Luisa zu mir und krault mich ein wenig, bevor sie zur K?che weitergeht.

»Hallo, Oma ! Ich hab einen B?renhunger, gibt es noch etwas zu essen ?«

»Nat?rlich, mein Kind !«

Hedwig stellt einen Teller mit Milchreis, der noch vom Mittagessen mit Henri?brig geblieben ist, auf den Tisch.

»Gut, dass du da bist ! Du musst mir gleich mal mit dem Computer helfen. Ich versuche herauszufinden, wer denn nun alles unserer geheimen Einladung folgen wird. Und ich muss unseren G?sten noch mitteilen, wohin genau sie am 15. Juni kommen sollen. Ich habe mir ?berlegt, dass wir sie nicht zum Standesamt, sondern gleich zur Party lotsen. So haben dann Papa und Caro die Trauung im kleinen Kreis, und danach steigt die Hochzeitsfeier mit allen G?sten.«

»Ich helfe dir gleich«, murmelt Luisa mit vollem Mund.

Zwei Teller sp?ter geht sie mit Hedwig zum Computer r?ber, ich hefte mich an ihre Fersen, auch Henri krabbelt hinterher. Luisa setzt sich vor den Computer und tippt los.

»So, mal sehen, wer sich schon gemeldet hat.«

Sie tippt weiter, wartet einen Moment. Und sagt dann nur nochoh, oh. Von unterhalb des Schreibtisches kann ich ihren Gesichtsausdruck dazu nicht sehen, aber die zwei kleinenOhs klangen irgendwie unheilvoll.

»Sag mal, Oma, ist dir eigentlich klar, dass du alle dreihundertzweiundvierzig Facebook-Freunde von Papa zur Hochzeit eingeladen hast ?«

»?h, nein. Du hattest mir doch diese Liste gemacht mit den f?nfzig Namen. Ich dachte, ich h?tte nur die … ?h … hab ich etwa nicht ?«

Luisa sch?ttelt den Kopf.

»Nee. Haste nicht. Und die schlechte Nachricht ist: Es gibt schon zweihunderteinundachtzig Zusagen, sechzehn Leute kommen vielleicht, und nur f?nfundvierzig haben abgesagt.«

Hedwig ringt nach Luft.

»Um Gottes willen ! Zweihunderteinundachtzig Zusagen ! Das ist ja entsetzlich !«

Luisa grinst.

»Cool, Oma. Du hast eine Facebook-Party gestartet ! Vielleicht kommen wir damit ins Fernsehen.«

»Aber … aber … was machen wir denn jetzt ?«

»Tja, ich w?rde sagen: Genug zu essen bestellen. Oder willst du jetzt absagen ?«

»Das geht doch nicht ! Ich kann doch nicht einem Teil absagen, und der andere Teil darf kommen. Unm?glich ! Die Leute kennen sich doch wahrscheinlich untereinander, wie sieht das denn aus ? Nachher f?llt da noch etwas auf deinen Vater zur?ck, das will ich auf keinen Fall.«

Luisa zuckt mit den Schultern.

»Dann musst du da wohl durch. Aber keine Sorge: Ich helfe dir. Wenn du m?chtest, bastle ich Tischk?rtchen f?r alle. Und wenn das jetzt zu teuer wird: Ich kann dir auch Geld leihen. Auf meinem M?usesparbuch sind schon fast 250 Euro.«

»Ach, mein Engelchen«, Hedwig streicht Luisa ?ber den Kopf. »Das ist wirklich sehr lieb von dir. Aber Oma hat die Suppe eingebrockt, Oma l?ffelt die Suppe wieder aus. Ich habe auch noch einen gut gef?llten Sparstrumpf. Hauptsache, wir finden noch einen Partyservice, der das innerhalb von zweiWochen hinkriegt. Da wird mir schon ein bisschen bang. Zweihundertachtzig Leute, ogottogottogott …«

»Ich kann Br?tchen schmieren helfen. Das kann ich sogar sehr gut.«

»Danke, im Notfall machen wir das so. Dann spanne ich noch meine Chordamen zum Kellnern ein, singen m?ssen sie nun ja nicht mehr. Ich hoffe aber ganz stark, dass ich mit dem n?tigen Kleingeld die passenden Helfer finde – ich werde wohl mein Konto pl?ndern m?ssen.«

»Sag mal, Omaaa …«

Aha. Das Kind will irgendetwas. Ich kann es genau h?ren.

»Ooomaaa ?«

»Ja ?«

»Wenn es jetzt sooo viele G?ste sind, dann k?nnte ich doch auch noch jemanden einladen, oder ? Das f?llt gar nicht auf, finde ich.«

Hedwig kneift die Augen zusammen und mustert ihre Enkeltochter.

»Es kommt ganz darauf an, wen du einladen m?chtest.«

Dazu sagt Luisa erst mal nichts.

»Nun komm schon: Wer soll noch mit auf die Liste ?«

Hedwig scheint irgendeine Ahnung zu haben. Luisa seufzt.

»Die Mama. Ich w?rde gern auch Mama einladen.«

»Und hast du das deinen Vater schon gefragt ?«

Luisa nickt.

»Ja. Aber Papa will nicht. Er sagt, Caro und er w?rden sich dann nicht wohlf?hlen. Das versteh ich nicht. Wir sind doch eine Familie. Wieso k?nnen die sich nicht einfach verstehen ? Das w?re viel sch?ner !«

Hedwig steht von dem Schreibtischstuhl auf und nimmt Luisa in den Arm.

»Engelchen, ich verstehe, dass du dir das w?nschst. Und ich bin mir sicher, dass Papa sich das eigentlich auch w?nscht. Und meistens klappt das zwischen deinen Eltern doch auch ganz gut. Aber es gibt Gelegenheiten, da darf man ruhig sagen, dass man den anderen nicht dabeihaben will. Die eigene Hochzeit ist so eine Gelegenheit.«

Luisa sieht nicht so aus, als sei sie schon v?llig ?berzeugt.

»Aber du hast es selbst gerade gesagt: Mama und Papa haben sich wieder vertragen. Was ist denn so schlimm daran, wenn Mama auch zur Hochzeit kommt ?«

»Guck mal, Mausi: Wenn man jemanden mal sehr geliebt hat und es hat dann nicht geklappt mit der Liebe, dann ist das schon traurig. Und wenn man ein paar Jahre sp?ter wieder jemanden sehr liebt und diesmal wieder hofft, dass es f?r immer h?lt, dann will man bei der Hochzeit vielleicht nicht daran erinnert werden, dass das schon mal schiefgegangen ist.«

Also, mir leuchtet das sofort ein. Ich bin nur ein kleiner, dummer Hund, und trotzdem w?rde es mir genauso gehen. Wenn die Taktik von Beck nicht aufgeht, m?chte ich auch nicht daran erinnert werden, dass die Liebe zwischen Cherie und mir endg?ltig gescheitert ist. Keinesfalls m?chte ich ihr ?berraschend auf einem Fest begegnen. Oder ihr ?berhaupt weiter begegnen. Wie das allerdings funktionieren sollte, obwohl ich Cherie doch jeden Tag in der Werkstatt sehe, ist mir schleierhaft.

»Na gut. Dann ohne Mama. Aber wenn ich mal heirate, dann sollen beide zu meiner Hochzeit kommen !«

Luisa schiebt ihr Kinn entschlossen nach vorn. Hedwig lacht.

»Nat?rlich, Engelchen ! Wenn du heiratest, dann werden sich Mama, Papa und Caro mit dir freuen, alle werden kommen und gemeinsam ein sch?nes Fest feiern. Da bin ich mir ganz, ganz sicher ! Und dann wird deine Hochzeit das, was sie f?r ein M?dchen sein sollte: Der sch?nste Tag seines Lebens !«

Endlich l?chelt Luisa wieder.

»Das klingt gut, Oma. Und wenn ich bis dahin endlich bei Facebook bin, dann kann ich so viele Leute einladen, wie ich will. Mindestens auch dreihundert !«

»Genau. Und ich helfe dir dabei und schmiere Br?tchen !«

Ich fasse zusammen: Wir haben Tischk?rtchen f?r dreihundert Leute, Luisas M?usesparbuch, Omas Sparstrumpf undkeine Exfrau. Beste Voraussetzungen f?r eine Riesensause, w?rde ich denken. Wenn dann noch Fleischwurst f?r alle dazukommt, k?nnte selbst ich mich mit einer Riesenfete anfreunden. Und trotzdem habe ich das Gef?hl, dass Marc und Caro die ganze Sache auch ohne Sabine und mit Fleischwurst anders beurteilen werden. Ich muss die beiden irgendwie warnen. Sonst wird dies niemals der sch?nste Tag im Leben meines Frauchens.

ZWEIUNDZWANZIG

Nina, ich stehe vor deiner T?r mit einer Friedenspfeife. Einer sehr grossen Friedenspfeife.«

Nichts geschieht, obwohl Daniel erst geklingelt und dann sehr laut geklopft hat. Als er eben unten in der Werkstatt angek?ndigt hat, sich jetzt ein B?ssergewand ?berzustreifen und zu Nina zu gehen, bin ich sofort hinterher. Ich habe n?mlich noch nie ein B?ssergewand gesehen. Mittlerweile ist mir klar, dass das nicht w?rtlich gemeint war. Insofern wundere ich mich auch nicht, dass Daniel entgegen seiner Ank?ndigung gar keine Pfeife in der Hand h?lt. Erst recht keine grosse.