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»Pfui, Herkules, runter mit dir !«, schimpft Hedwig.

Aber Frau Hohwenser err?t sofort, was mit mir los ist.

»Du suchst Biene, richtig ? Da hast du heute leider Pech. Unsere Haush?lterin ist eben mit ihr zum Hundefriseur gefahren. Bienchen musste dringend getrimmt werden. So verzottelt, wie das Bienchen war, dauert das bestimmt ein paar Stunden. Tut mir leid !«

O nein ! Nun habe ich mich extra mit?ffentlichen Verkehrsmitteln hierhergequ?lt, habe ertragen, dass der schlecht gelaunte Henri st?ndig versucht hat, mich an den Ohren zu ziehen, und dass er ab der H?lfte der Strecke so infernalisch stank, dass Hedwig ihn noch schnell auf der Bank eines Warteh?uschens wickeln musste – und wof?r das alles ? Nur um mir jetzt die n?chste Stunde anh?ren zu m?ssen, welchen Stuhl man am besten wohin stellt. Da h?tte ich gleich zu Hause bleiben und mir weiter das Tischk?rtchenbasteln anschauen k?nnen. Bravo !

Missmutig schleiche ich hinter den beiden Damen her, w?hrend Frau Hohwenser Hedwig erkl?rt, wo die Festtafel aufgebaut werden kann, welche Bestuhlung wohl sinnvoll w?re und wo das B?fett stehen soll. G?hn !

»Ich freue mich, dass Sie den Partyservice beauftragt haben, den ich Ihnen empfohlen habe. Das sind echte Profis, die das Haus hier auch schon kennen. Die letzten zwei Filmteams haben mit denen zusammengearbeitet, und es hat, soweit ich das mitbekommen habe, alles geklappt wie am Schn?rchen. Ist ja nicht ganz unwesentlich, wenn sich die G?stezahl auf einmal verzehnfacht.«

Sie lacht, und Hedwig stimmt mit ein, allerdings etwas verhalten.

»Es war mir ehrlich gesagt ganz unangenehm, dass Sie ?ber die wahre G?stezahl nicht informiert waren und ich Sie damit so ?berfallen musste. Aber es soll eben eine richtige ?berraschung f?r meinen Sohn und seine Verlobte werden.«

»Aber das muss Ihnen doch nicht unangenehm sein – ich finde Ihre Idee von der ?berraschungsparty genial ! Ich bin selbst ganz begeistert davon, dass wir hier endlich mal wieder gross feiern. Sie werden sehen – Ihre Kinder werden sich ganz bestimmt freuen !«

Klar. Ganz bestimmt. Und im Himmel ist Jahrmarkt ! Ich kann immer noch nicht fassen, dass Hedwig das f?r einen tollen Plan h?lt. Und dass es offensichtlich Leute gibt, die diese Einsch?tzung teilen.

»Ach, danke, das freut mich, dass Sie das so entspannt sehen.«

»Tu ich. Und was kann Ihrem Sohn denn Besseres passieren ? Sie planen alles und bezahlen sogar alles. Grossz?giger geht’s doch nicht.«

Hedwig nickt. Man sieht, wie gut ihr dieser Zuspruch tut.

»Apropos planen: Haben Sie vielleicht ein Faxger?t ? Ich muss dem Partyservice noch die Men?folge und die endg?ltige G?stezahl schicken. Normalerweise gehe ich immer in die Praxis meines Sohnes, wenn ich etwas faxen m?chte. Aber diesmal hatte ich Sorge, dass ich auffliege, wenn ich der Sprechstundenhilfe das Blatt zum Faxen gebe.«

»Verstehe. Geheime Verschlusssache.« Frau Hohwenser l?chelt. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo mein B?ro ist. Dort steht auch ein Faxger?t.«

Hm, ich habe verstanden. Das Blatt ist gewissermassen ein Beweismittel. Auf ihm steht, wie viele G?ste Hedwig tats?chlich eingeladen hat. Wenn ich also irgendwie an dieses Blatt k?me und es zu Caro schleppen k?nnte, dann w?sste sie, was los ist. Nur: Wie kommt ein Vierbeiner wie ich unauff?llig an ein ziemlich grosses Blatt ? Immerhin ist das, was Hedwig da gerade aus ihrer Handtasche zieht, kein kleines Zettelchen, das ich mal eben im Maul transportieren k?nnte.

Frau Hohwenser geht mit Hedwig in den ersten Stock, ich folge den beiden. In einem kleineren Zimmer hinter dem Raum mit den Instrumenten stehen alle m?glichen M?bel herum, die ich auch aus der Praxis von Marc kenne. Das muss das B?ro sein. Hedwig gibt Frau Hohwenser das Blatt, die legt es auf eine Art Tischchen und tippt an der Stirnseite des Tischchens auf irgendetwas herum. Kurz darauf verschwindet das Blatt in der einen Seite des Tisches, nur um gleich wieder auf der anderen Seite aufzutauchen. Dann f?ngt das Ger?t an zu rattern und laut zu piepen. H?chst interessant !

Mit einem Mal ist von dem Piepen nicht mehr viel zu h?ren. Allerdings nicht, weil es nun leiser geworden w?re, sondern, weil etwas anderes viel lauter geworden ist: Henri ! Der sass eben noch friedlich in der Halle und spielte mit seinem mitgebrachten Kuscheltier – nun schreit er wie am Spiess. Hedwig und Frau Hohwenser lassen das Fax Fax sein und st?rzen nach unten. Einen Moment z?gere ich: Soll ich ein guter Familienhund sein und auch nach Henri gucken ? Oder die Gunst der Stunde ergreifen und mir das Blatt schnappen ?

Ich entscheide mich f?r Letzteres, springe an dem Tischchen hoch und erwische den Zettel auf Anhieb. Aber wohin mit ihm ? Wenn ich ihn im Maul transportiere, wird es Hedwig sofort bemerken. Eine Handtasche wie Hedwig m?sste ich haben, dann w?re das deutlich einfacher. Unten tr?stet Hedwig ihren Enkel, der schon nicht mehr ganz so laut weint. Bestimmt kommt sie gleich wieder hoch. Was mach ich nur ?

Mit dem Zettel im Maul laufe ich aus dem B?ro heraus und linse Richtung Treppe. Noch sind die Damen nicht zu sehen, aber bevor sie auf den Stufen auftauchen, muss mir etwas eingefallen sein. Ich schaue mich im Instrumentenraum um und entdecke einen kleinen Beistelltisch. Wenn ich das Blatt dort ablege und dann schnell wieder nehme, wenn die beiden im B?ro sind ? Dann k?nnte ich in die Halle laufen und das Blatt in den Korb unter Henris Karre legen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es Hedwig dort sofort sieht, ist nicht besonders hoch. Immerhin stecken in dem Korb ein Windelpaket, Feuchtt?cher, Wechselw?sche f?r den L?tten und, und, und. Etwas zusammengekn?llt f?llt der Zettel da bestimmt nicht auf. Um den weiteren Transport m?sste ich mir keine Sorgen machen, Hedwig w?rde mir den Zettel direkt zu Caro bringen – ohne es selbst zu merken. Falls das so klappt, w?re es grandios !

Schnell trabe ich zu dem Tischchen und lege das Blatt darunter. Dann laufe ich zum Treppenabsatz und warte schwanzwedelnd auf Hedwig und Frau Hohwenser, die kurz darauf auftauchen. Hedwig tr?gt Henri auf dem Arm und t?tschelt seine Wange.

»Armer Spatz, so ein b?ser Stuhl ! Der hat dich aber auch wirklich hinterr?cks angegriffen, kein Wunder, dass du dich so erschreckt hast.«

»Oje, unsere Eichenst?hle sind sehr massiv, da bekommt das Kerlchen bestimmt eine Beule. Ich h?tte nicht gedacht, dass er sich da schon mit so viel Kraft hochzieht.«

»Ich auch nicht. Aber ich werde ihm gleich ein Eis kaufen, dann ist bestimmt alles wieder gut. Lassen Sie uns nur eben schauen, ob das Fax durchgegangen ist, dann mache ich mich auf den R?ckweg.«

Die beiden beachten mich nicht, als sie ins B?ro weitergehen. Selbst Schuld. Ich wetze zum Tischchen, fische das Blatt darunter hervor, und dann ab nach unten in die Halle. Henris Karre steht immer noch am Eingang. Ich kaue ein bisschen auf dem Blatt herum. Nun ist es zwar angesabbert, aber so zusammengekn?llt, dass es m?helos und sehr unauff?llig in den Korb passt. Perfekt.

»Komisch, wo ist denn bloss die Bestellung geblieben ?«, wundert sich Hedwig laut, als die Damen wieder nach unten kommen. »Ich h?tte schw?ren k?nnen, ich habe die auf dem Fax liegen lassen.«

»Tja, ich wundere mich auch. Oder habe ich sie eben mitgenommen, als wir runtergelaufen sind ? Und falls ja, wo habe ich den Zettel bloss hingelegt ?« Frau Hohwenser seufzt. »So ist das, wenn man zu viele Sachen gleichzeitig macht. Man kann sich einfach nichts mehr merken. Na ja, wenn der Zettelwieder auftaucht, lege ich ihn f?r Sie zur?ck.«

Hedwig sch?ttelt den Kopf.

»Ach, keine Umst?nde. Wir haben ja die Faxbest?tigung. Das wird schon geklappt haben, ich rufe den Caterer zur Vorsicht nachher mal an. Jetzt besorge ich Henri erst mal ein Eis, und dann muss ich auch zur?ck, meiner Enkelin bei den Hausaufgaben helfen.«