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Fragen über Fragen, die sich allerdings leider nicht mehr stellen, denn genau in diesem Moment biegt Daniel um die Ecke. Fassungslos starrt er auf das Feuerwehrauto, blickt zwischen Willi, dem Feuerwehrmann und dem Schlauch, aus dem gerade ein sehr gurgelndes Geräusch kommt, hin und her. Schätze mal, er hat schon gemerkt, dass es hier ein klitzekleines Problem gab. Für eine Flucht ist es jetzt eindeutig zu spät. Da muss ich durch und es ertragen wie ein echter von Eschersbach. Daniel geht auf den Feuerwehrmann zu, mit dem sich Willi eben noch unterhalten hat.

»Was ist denn hier passiert?«

»Wohnen Sie hier?«

»Ja. Beziehungsweise – ich arbeite in der Werkstatt im Souterrain.«

»Tja, der Herr Schamoni hier hat uns informiert, dass am Zugang zu Ihrer Werkstatt ein großer Wassereinbruch drohte. Offenbar gab es ein Problem mit dem Außenhahn, so dass sich das Wasser auf der Terrasse staute. Das haben wir abgepumpt. Teilweise war das Wasser allerdings schon in das Gebäude gelaufen, so ganz werden Sie um die nassen Füße also nicht herumkommen. Können Sie mir übrigens sagen, wer der Eigentümer dieses Hauses ist? Dieser Feuerwehreinsatz ist kostenpflichtig, das Abpumpen ist ja ein Service, keine Rettung.«

»Das ist ein Herr Welser, Adresse müsste ich raussuchen. Begeistert wird der aber nicht sein.«

Der Feuerwehrmann holt tief Luft und wirkt auf einmal nicht mehr so freundlich, wie er mir eben noch vorkam.

»Tja, um Begeisterung geht es dabei nicht. In solchen Fällen von offensichtlicher grober Fahrlässigkeit zahlt entweder der, der Schuld ist. Das ist der Handlungsstörer, und den dürften wir kaum noch ausfindig machen, es sei denn, Sie sagen mir jetzt, dass Sie völlig beknackterweise den Hahn voll aufgedreht haben, obwohl nur ein einfaches Spritzventil davorhing. Dass das irgendwann schiefgeht, ist ja wohl klar. Oder aber, wenn wir keinen Schuldigen finden, zahlt der sogenannte Zustandsstörer, und das ist dann Ihr Herr Welser. Denn es ist sein Haus, von dem gewissermaßen eine Gefahr ausging und das wir gerade vor Schlimmerem bewahrt haben. Verstanden?«

Uuuh, das klingt, als ob hier kein Widerspruch geduldet würde. Daniel nickt auch ganz brav, dann dreht er sich zu Herrn Schamoni.

»Grüß Sie, wir kennen uns doch irgendwie, oder?«

Willi nickt. Er wirkt unsicher.

»Ja, ich bin Willi, ein Bekannter von Carolin Neumann. Die arbeitet mit Ihnen zusammen, oder?«

»Richtig.«

»Tja, und ich kam gerade sowieso vorbei, da wollte ich nur mal schauen, ob sie da ist. Oder ob das Baby vielleicht schon da ist.«

Hä? Was ist das denn für eine Geschichte? Das stimmt doch gar nicht! Auch Daniel guckt skeptisch. Wobei der wahrscheinlich noch skeptischer gucken würde, wenn ihm Willi die Wahrheit erzählen würde. Letzterer scheint Daniels Blick genauso zu deuten wie ich, jedenfalls legt er noch mal nach.

»Wissen Sie, so schönes Wetter heute, da dachte ich mir, bestimmt liegt die Frau Neumann jetzt auf einem Sonnenstuhl im Garten, die Füße schön hoch, und freut sich auf ihr Baby. Und der kleine Herkules liegt daneben, und dann freuen sich die beiden, wenn der Willi mal vorbeischaut auf einen kleinen Schnack.«

»Aha. Auf einen kleinen Schnack.« Extrem skeptischer Blick.

»Na ja, und wie ich so um die Ecke biege, sehe ich, dass der Hahn voll aufgedreht ist und das Wasser nur so aus der Wand sprudelt. Und keine Menschenseele da, nur Herkules, der ganz aufgeregt bellt. Da bin ich schnell hin und habe den Hahn zugedreht. Da war aber schon das ganze Wasser die Stufen runtergelaufen, deswegen habe ich die Feuerwehr gerufen.«

»So, so.« Daniel beäugt Willi so misstrauisch, dass ich fast fürchte, er könnte denken, Willi habe das ganze Chaos verursacht.

Der Feuerwehrmann legt wieder los: »Ja, das hat der Herr Schamoni auch ganz richtig gemacht. Es hätte nicht mehr lang gedauert, dann hätten die Türen dem Wasserdruck nachgegeben, und Sie hätten die ganze Chose im Haus gehabt, da bin ich mir sicher. Die Türen waren ja nicht richtig verschlossen. Übrigens auch im Hinblick auf Einbrecher sehr leichtsinnig, wenn man gar nicht da ist. Und ein echter Wachhund ist der Kleene hier ja nicht.«

He! Geht das etwa gegen mich? Frechheit! Den Typen würde ich jetzt am liebsten anpinkeln, aber da es sich um den Retter in der Not handelt, lasse ich es lieber. Der scheint mir auch gerade gar nicht zu Scherzen aufgelegt.

Daniel hebt entschuldigend die Hände und dreht sich zu Willi.

»Nein, nein, so habe ich das gar nicht gemeint! Natürlich – vielen Dank, dass Sie hier gleich so geistesgegenwärtig waren. Wenn Sie nicht gekommen wären, dann hätte ich jetzt wahrscheinlich einen Totalschaden in der Werkstatt. Ich frage mich nur, wie das alles passieren konnte. «

»Das ist doch wohl klar«, poltert der Feuerwehrmann erneut. »Ich wiederhole mich ungern, aber wenn es sein muss: Irgendein Idiot hat vergessen, den Hahn zuzudrehen, und stattdessen nur das Spritzventil am Schlauch geschlossen. Irgendwann baut sich so viel Wasserdruck auf, dass das Ventil abfliegt. Ein absolut vermeidbarer Zwischenfall – da kann niemand etwas dafür, außer dem Hornochsen, der das Wasser nicht abgedreht hat.«

Äh – sagen wir so: Es ist fast die Wahrheit. Und es ist beruhigend, dass ich jedenfalls nicht so ganz allein schuld war. Hoffentlich kommt mir Daniel nicht auf die Schliche, ich fürchte, ich kriege dann richtig Ärger. Ob der Feuerwehrmann mich dann zur Strafe gleich mitnimmt? Als Handlungsstörer?

Willi fährt sich mit den Händen durch sein etwas wirres Haar.

»Also, ich kann nur sagen, als ich kam, war der Schlauch nicht mehr am Hahn befestigt und lag auf dem Rasen. Mehr weiß ich nicht.«

Warum nur erzählt Willi so einen Unsinn? Er weiß doch, dass es ganz anders war. Sehr mysteriös. Daniel beugt sich und nimmt das Ende des Schlauchs in die Hand.

»Hm. So was Blödes.«

Seltsam – so was Blödes –, mehr sagt er dazu nicht? Er müsste doch jetzt auch die Spuren meiner Zähnchen sehen. Die sind Willi immerhin sofort aufgefallen, obwohl er so viel älter als Daniel ist und darum bestimmt auch viel schlechtere Augen hat. Aber anders, als ich erwartet hatte, schimpft Daniel nicht ganz dolle mit mir, sondern legt nur nachdenklich die Stirn in Falten. Dann schraubt er den Halterungsring vom Hahn los, steckt den Schlauch drauf, schraubt den Hahn wieder fest und dreht sich zu Willi um.

»Gut, dass Sie gekommen sind. Ich werde jetzt mal all meinen Mut zusammennehmen und die Werkstatt untersuchen. Ich hoffe, der Schaden hält sich in Grenzen.«

Er geht Richtung Hauseingang.

Auch der Feuerwehrmann will sich offenbar wieder auf den Weg machen. Er reicht Willi die Hand und Daniel ein Kärtchen.

»So, Einsatz beendet, Wohnung gerettet, dann wollen wir mal wieder los. Und Sie rufen mich bitte noch an und teilen mir die Kontaktdaten von Ihrem Vermieter mit.« Er geht zurück zu dem Riesenauto.

Als die Feuerwehr endlich weggefahren ist, schaut Willi ihnen noch eine Weile hinterher. Dann kniet er sich neben mich, zieht etwas aus seiner Hosentasche und hält es mir unter die Nase. Es ist das ziemlich glatt abgeschnittene Ende des Gartenschlauchs, deutlich sichtbar verziert mit Bissspuren.

»Herkules, das ist gerade noch mal gut gegangen. Wenn ich kein Taschenmesser dabeigehabt hätte, um das Ende abzuschneiden, wüsste jetzt jeder, dass du die ganze Aufregung verursacht hast. Ich sach mal – dieses Beweisstück entsorgen wir ganz schnell. Nicht, dass dein süßes Frauchen noch Ärger wegen dir bekommt – wer weiß, ob du versichert bist. Und dann schlage ich vor, dass du dir in Zukunft ein anderes Spielzeug suchst.«

Ich gucke Willi an und bin vom Donner gerührt. Dieser Mann hat gelogen, um mich nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Okay, vielleicht auch, damit Caro keine Schwierigkeiten bekommt. Aber das Ergebnis ist das gleiche – und ich bin schwer beeindruckt von menschlicher Strategie.