Jetzt, dachte Thrall, beginnt der weniger feierliche Teil.
„Wir sind froh und dankbar, dass so viele unserer tapferen Krieger sicher heimgekehrt sind, um das, was sie gelernt haben, in die Horde einzubringen“, begann Thrall. „Es ist richtig, zu feiern und das Erreichte zu ehren. Doch der Krieg hat seinen Preis, bezahlt sowohl mit den Leben der Gefallenen als auch mit Gold, um die Soldaten versorgen zu können. Durch einen Sturm auf hoher See, der mehrere unserer Schiffe zerstörte, haben wir Soldaten und dringend benötigte Vorräte verloren.
Der Sturm kostete uns nicht nur diese wertvollen Dinge. Diese Naturgewalt war kein Einzelereignis, und aus Kalimdor und selbst aus den Östlichen Königreichen habe ich Berichte über ähnliche Ereignisse erhalten. Diejenigen von euch, die wie ich in Orgrimmar leben, wissen von der Dürre, die so verheerende Auswirkungen hatte. Und wir spürten, wie die Erde unter unseren Füßen von Zeit zu Zeit bebte.
Ich habe mit vielen meiner Schamanen gesprochen und auch mit Mitgliedern des Irdenen Rings.“ Ein erneutes Stechen durchfuhr ihn, als er an den einen Schamanen dachte, dem er am meisten vertraut hatte, dessen Beurteilungen mittlerweile jedoch so unzuverlässig waren wie die eines kleinen Kindes. Drek’Thar, ich habe deine Erkenntnisse nie mehr gebraucht als jetzt. Doch nun ist es zu spät für dich, sie mit mir zu teilen.
„Wir tun alles, um herauszufinden, was die Elemente beunruhigt, wenn es denn so sein sollte. Oder umgekehrt, um herauszufinden, ob dies alles lediglich ein normaler Zyklus der Natur ist.“
„Normal?“, erklang eine barsche Stimme aus den hinteren Reihen. Thrall konnte den Sprecher nicht sehen, doch er klang wie ein Orc. „Dürre in einigen Gebieten, Überflutungen in anderen, Erdbeben – wie kann das normal sein?“
„Die Natur hat ihren eigenen Rhythmus“, sagte Thrall, völlig unbeirrt von der Unterbrechung. Er mochte Herausforderungen, denn sie hielten ihn geistig rege, und oft ließen sie ihn Wege erkennen, die ihm zuvor verborgen geblieben waren. „Es mag uns nicht gefallen, aber wir müssen uns ändern, um uns ihr anzupassen. Ein Feuer mag eine Stadt zerstören, doch es macht auch Platz für etwas Neues, und andere Pflanzen können wachsen. Es verbrennt Krankheiten und gefährliche Insekten. Es düngt den Boden. Überflutungen schwemmen Mineralien an Orte, wo sie zuvor nicht zu finden waren. Und was Erdbeben angeht, nun...“ Er lächelte. „Es sei Mutter Erde gegönnt, von Zeit zu Zeit zu grummeln.“
Leises Gelächter kam auf, und Thrall spürte, wie sich die Stimmung löste. Er selbst war sich nicht völlig sicher, ob das, was berichtet wurde, normal war. Anhand der Schlüsse, die er daraus zog, war er eher geneigt, das Gegenteil anzunehmen. Die Elemente schienen... chaotisch und erschüttert zu sein. Sie sprachen nicht klar zu ihm, wie sie es normalerweise taten, und er war besorgt. Doch es gab keinen Grund, sein Volk damit zu belasten, wenn es nicht unbedingt erforderlich war. Vielleicht wurde er zu sehr von anderen Dingen abgelenkt, denen er sich ebenfalls widmen musste. Die Ahnen wussten, dass es genug andere Dinge gab, die den Kriegshäuptling der Horde tatsächlich ablenkten.
„Es stimmt, dass Durotar, die neue Heimat der Orcs, ein rauer Ort ist. Doch das ist nichts Neues. Es ist schon immer eine schwierige Umgebung gewesen. Aber wir sind Orcs, und das Land nützt uns. Es nützt uns, weil es so rau ist, weil es brutal ist, weil nur wenige andere Wesen außer Orcs Leben daraus gewinnen können. Wir kamen von Draenor auf diese Welt, nachdem die Kriegsmagier es zum größten Teil leblos gemacht hatten. Wir hätten dieser Welt dasselbe antun können. Als ich die Horde wiederaufbaute, hätte ich durchaus fruchtbareres Land wählen können, aber ich tat es nicht.“
Ein Murmeln ging durch die Halle. Cairne blickte ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Ohne Zweifel fragte er sich, warum Thrall sein Volk daran erinnerte, dass Durotar bestenfalls ein schwieriges Land war. Thrall nickte seinem alten Freund beinahe unmerklich zu und versicherte ihm so, dass er sehr wohl wusste, was er sagte.
„Ich tat es nicht, weil wir dieser Welt Unrecht angetan haben. Aber dennoch waren wir hier und hatten das Recht zu leben, eine Heimat zu finden. Ich wählte einen Ort, den wir zu unserem machen konnten – ein Land, das uns all das abverlangte, was es uns geben konnte. Hier zu leben hat viel dazu beigetragen, uns von dem Fluch zu reinigen, der unserem Volk so sehr schadete. Es hat uns stärker gemacht, härter, orcischer, als wir in einem fruchtbareren Land je geworden wären.“
Cairne entspannte sich, als das Murmeln sich in Zustimmung verwandelte. „Ich stehe zu dieser Entscheidung. Ich weiß sehr gut, was die Söhne und Töchter von Durotar in Nordend gegeben haben. Doch unser Land gab uns auch etwas. Niemand hätte die hohen Kosten für den Feldzug vorhersehen können. Aber hätten wir uns dem Ruf verweigern sollen?“
Niemand sprach. Keiner der Anwesenden hätte die Bitte um Hilfe abgeschlagen, wie hoch auch immer die Kosten gewesen sein mochten. „Das ist es, was unser Land uns gegeben hat. Und das, bis es beinahe nichts mehr zu geben hatte. Der Krieg im Norden ist beendet. Wir müssen unsere Aufmerksamkeit nun auf unser eigenes Land richten und auf unsere eigenen Bedürfnisse. Es ist eine unglückliche Konsequenz der Ereignisse bei der Pforte des Zorns, dass die Allianz jetzt einen neuen Grund hat, sich gegen uns zu stellen. Einigen bedeutet das nichts, und andere sind sogar froh darüber. Doch ich versichere euch, dass niemand froh über die Tatsache sein kann, dass die Nachtelfen jeglichen Handel mit uns eingestellt haben.“
Jeder der Anwesenden wusste, was das bedeutete: kein Bauholz, keine Jagdrechte im Eschental, kein sicherer Durchgang dort, wo die Wächter patrouillierten. Für einen Moment herrschte betroffene Stille, bevor ein sorgenvolles Geraune anhob.
„Kriegshäuptling, wenn ich darf?“
Das war Cairne, mit seiner langsamen, ruhigen Stimme. Thrall lächelte seinem alten Freund zu. „Bitte. Dein Rat ist uns stets willkommen.“
„Unser Volk hat noch recht gute Verbindungen zu den Nachtelfen, über die die anderen Völker der Horde nicht verfügen“, fuhr Cairne fort. „Das Volk der Nachtelfen und das meine sind Anhänger der Lehren des Cenarius. Wir haben sogar ein gemeinsames Heiligtum, die Mondlichtung, wo wir uns friedlich zum Gespräch treffen, unser Wissen miteinander teilen und die Weisheit, die wir erlangt haben. Obwohl ich weiß, dass die Nachtelfen wütend auf die Horde sind, glaube ich doch nicht, dass alle Bande bereits zerschnitten sind. Ich denke, die Druiden wären gute Botschafter, um die Gespräche wiederaufzunehmen. Erzdruide Hamuul Runentotem kennt viele der Kaldorei.“
Cairne nickte dem Erzdruiden zu, der sich nun erhob. „In der Tat, Kriegshäuptling. Ich pflege mit ihnen eine Freundschaft, die schon seit vielen Jahren besteht. Sie mögen uns als Volk ablehnen, doch ihnen wäre der Gedanke an verhungernde Kinder kein Vergnügen, selbst wenn es die Kinder ihrer sogenannten Feinde sind. Ich habe eine hohe Position im Zirkel des Cenarius. Die Verhandlungen könnten eventuell wieder in Gang kommen, ganz besonders im Lichte der Kooperation, die wir durch das Abkommen erreicht haben. Wenn der Kriegshäupfling mir erlauben würde, an sie heranzutreten, könnten wir uns vielleicht durchsetzen, damit sie...“