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Anduin blickte den Stein an. „Dort stehen dein Name und das Wort... Heim“, sagte er.

„Das stimmt. Offensichtlich hast du deine Studien fortgesetzt. Ich habe ihn für dich gemacht, da ich mir dachte, dass du vielleicht dein altes Tantchen Jaina besuchen möchtest.“

Er blickte sie finster an und schob eine blonde Locke aus dem Gesicht. „Du bist nicht alt“, sagte er.

„Und du solltest bei der Diplomatie bleiben“, entgegnete sie grinsend. „Aber ja. Er wird Ruhestein genannt.“

„Aber die Rune bedeutet Heim“.

„Ja, das stimmt. Doch Heimstein klingt so seltsam. Ruhestein ist melodischer.“

Anduin lachte, bewegte den Ruhestein in seiner Hand hin und her und sagte in leicht überheblichem Tonfalclass="underline" „Vertraue einem Mädchen bei solchen Dingen.“

„Manche Königreiche sind wegen weniger entstanden oder untergegangen“, sagte Jaina.

„Das stimmt“, gab er zu. „Also, wie funktioniert dieser Ruhestein?“

„Schließ deine Hand fest darum und konzentrier dich.“

Überrascht öffnete er die Augen und beobachtete, wie ein schwaches blaues Licht erst ihre Hand umgab, dann seine.

„Das bindet dich an den Stein“, sagte Jaina leise. Er nickte verständnisvoll und schloss erneut die Augen. „Konzentrier dich. Nimm den Stein in dich selbst auf. Mach ihn dir zu eigen.“

Anduin gehorchte.

Jaina stand auf, trat zu ihm und legte ihre Hand darüber. Ein schwaches blaues Licht umgab erst ihre und schließlich auch seine Hand.

Anduin blickte den Stein an und grinste fasziniert. „Das ist reine Magie, richtig? Keine Erfindung der Gnome?“

Jaina nickte. „Es tut mir leid, aber er wird dich nur nach Theramore und von dort wieder nach Hause bringen.“

„Ich will ja nicht die Zwerge und ihre Greifen um ihre Arbeit bringen“, sagte Anduin mit diesem seltsamen Anflug von Pragmatismus, der sich ab und zu bei ihm bemerkbar machte.

„Sei vorsichtig, wenn du ihn benutzt“, warnte Jaina und erhob sich. „Er wird dich direkt zu meiner Feuerstelle bringen. Der frühe Nachmittag ist eine gute Zeit dafür.“

Anduin beobachtete den Stein weiter, lächelte, und Jainas Herz hob sich. Sie hatte genau das Richtige getan. Als sie ihm ihre Arme entgegenstreckte, erhob Anduin sich von seinem Bett und drückte sie. Er wurde erwachsen, dachte sie und umarmte ihn. Seine Schultern waren breiter als in ihrer Erinnerung. Anduins Kopf lag auf ihrer Schulter. Dieser Junge kannte nichts als Herausforderungen, Mühsal und Verlust, und dennoch konnte er lachen, konnte sein „Tantchen“ umarmen und aufgeregt sein bei der Vorstellung, das Grenzgebiet zu besuchen.

Licht, lass ihn noch ein wenig länger ein Junge sein. Lass ihn zumindest etwas Frieden erleben, bevor er die Aufgaben eines Erwachsenen übernehmen muss... wieder einmal.

„Du könntest das bereuen, Tante Jaina“, sagte er, löste sich aus ihren Armen und betrachtete sie ernsthaft.

Ihr Herz bebte beim Tonfall seiner Stimme. „Warum sagst du das, Anduin?“

„Weil ich dich vielleicht ständig besuchen werde.“

Erleichterung überkam sie. „Das werde ich gerade noch so ertragen können.“ Jaina Prachtmeer, Herrscherin von Theramore und mächtige Zauberin, lachte wie ein junges Mädchen und zerzauste das goldene Haar des Prinzen von Sturmwind.

8

Zur Abwechslung war das Wetter einmal trocken und der Himmel größtenteils klar, als die beiden Orcs auf ihren Wölfen durch die Düstermarschen ritten. Es waren männliche Orcs, der eine älter als der andere. Mit ihrer alten, schmutzigen Bekleidung machten sie den Eindruck, bereits seit Wochen in dem Sumpfgebiet unterwegs zu sein. Sie hatten übergroße Umhänge um ihre Leiber geschlungen, eine weise Vorsichtsmaßnahme an einem Ort, an dem es für gewöhnlich häufig regnet. Ihre Wölfe hatten ein überraschend dünnes Fell und schienen zu gesund, um solch offensichtlich armseligen Herren zu gehören, obwohl auch sie jetzt verdreckt waren von dem weiten Weg durch Matsch und Schlamm.

Die Reise endete damit, dass sie zu einer der kleinen Inseln an der Küste schwimmen mussten, an einen Ort namens Tidenbucht. Die Reiter schwammen Seite an Seite mit den Wölfen durch das Wasser. Als die Orcs wieder festen Boden unter den Füßen hatten, brachten sie sich rasch in Sicherheit, da die Wölfe das Wasser aus ihrem Fell schütteln würden, sobald sie an Land kamen.

Der jüngere Orc zog ein Fernrohr unter seinem Umhang hervor und hielt es an sein rechtes Auge. „Wir liegen gut in der Zeit“, sagte er.

Eine Jolle näherte sich der Insel. Eine einzelne, in einen weiten Umhang gehüllte Gestalt saß in dem kleinen Boot. Ihre kleinen bleichen und schwielenlosen Hände legten den Schluss nahe, dass die Person weiblichen Geschlechts war – und ein Mensch.

Der jüngere Orc watete ins Wasser, als das Boot der Menschenfrau die Insel fast erreicht hatte. Rasch packte er den Bug, zog das Boot auf den Strand und reichte der Frau eine Hand, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein. Ohne zu zögern, ergriff sie die große raue Hand – die ihre war so klein, dass sie mit ihr kaum zwei Finger des Orcs umfassen konnte – und erlaubte, dass man ihr half.

Nachdem sie aus dem Boot gestiegen war, streifte sie ihre Kapuze ab und enthüllte ihr leuchtend goldenes Haar und ein strahlendes Lächeln.

„Thrall“, sagte Jaina Prachtmeer mit ihrer angenehmen Stimme. „Ich hoffe, dass wir uns irgendwann einmal unter besseren Vorzeichen treffen können.“

„Wenn es nach dem Willen der Ahnen geht, wird dieser Tag wohl nicht so schnell kommen“, knurrte Thrall herzlich mit seiner tiefen Stimme. Auch er schob nun seine Kapuze zurück und enthüllte ein bärtiges orcisches Gesicht und Augen, die so blau wie die Jainas waren.

Jaina drückte seine Hand und wandte sich dann Thralls Begleiter zu, einem älteren Orc mit schütterem Bart. Sein weißes Haupthaar war zu einem Knoten gebunden. „Etrigg“, sagte sie und machte einen leichten Knicks.

„Lady Jaina.“ Etriggs Tonfall war weniger herzlich als Thralls, aber dennoch freundlich. Mit einem Nicken entfernte er sich in Richtung des höher gelegenen Geländes, um dort Wache zu halten, während sein Kriegshäuptling und die Menschenmagierin miteinander sprachen.

Jaina wandte sich wieder an Thrall, ihre Stirn war in Falten gelegt. „Danke, dass du dich hier mit mir triffst. In Anbetracht der... letzten Ereignisse dachte ich, ein anderer Treffpunkt als unser üblicher beim Klingenhügel sei besser geeignet. Die Nachricht von dem... Zwischenfall im Eschental hat sich mittlerweile in Sturmwind verbreitet.“

Thrall verzog das Gesicht und bleckte die Zähne. „Auch ich habe von den Ereignissen im Eschental erfahren.“ Seine Stimme brodelte vor verhaltener Wut.

Jaina gestattete sich ein Lächeln. „Ich wusste, dass du unmöglich dahinterstecken konntest. Die Gerüchte, die besagten, du seist für den Vorfall verantwortlich, konnten nicht zutreffen.“

„Natürlich treffen sie nicht zu!“ Thrall spie die Worte beinahe aus. „Ich würde eine solche Barbarei niemals zulassen. Wenn ich ein Abkommen mit der Allianz treffe, dann beabsichtige ich auch, es einzuhalten.“ Er seufzte und fuhr sich über sein Gesicht. „Doch ich muss eingestehen, dass Orgrimmar und das Brachland dringend Rohstoffe und andere Güter benötigen, von denen es mehr als ausreichend im Eschental gibt.“

„Aber man kann sich doch nicht auf diese Weise ihrer bemächtigen“, sagte Jaina.

„Das weiß ich“, zischte Thrall, fügte dann jedoch in deutlich freundlicherem Tonfall hinzu: „Aber jemand anderes versteht solche... Feinheiten offensichtlich nicht. Jaina, ich habe diesen Überfall nicht befohlen, und ich bin außer mir über das Maß an Brutalität gegen die Wächterinnen. Ich bedaure zutiefst die Verletzung des Vertrags, doch leider sind die Vorgänge im Eschenwald in der Horde auf breite Zustimmung gestoßen.“