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Selbst die Goblins hatten einen Abgesandten geschickt und ebenso die Horde. Es war ein Zeichen höchsten Respekts, den Thrall und die Horde dem Zwergenvolk damit erwiesen. Obwohl viele die Blutelfe und den Tauren misstrauisch beäugten, konnte Anduin nichts Feindseliges an ihrem Verhalten erkennen.

Ratgeber Beigrum war vorgetreten, um die Lücke zu füllen, bis einer der Brüder Magnis gefunden wurde und in Eisenschmiede eintraf. Er war ausgewählt worden, da er keinerlei politische Ambitionen besaß, Eisenschmiede und seine Leute in- und auswendig kannte und seine Loyalität zum Zwergenvolk außer Frage stand. Er fühlte sich ganz offensichtlich zutiefst unwohl in dieser Funktion, wusste jedoch, dass jemand die Zügel der Macht in die Hand nehmen musste, bis sie dem rechtmäßigen Anführer übergeben werden konnten.

Nun trat er vor und blickte die Abgesandten einen nach dem anderen an. „Eure Anwesenheit ist eine große Ehre“, sagte er. Seine Stimme klang belegt. „Ich wünschte, wir hätten einen fröhlichen Anlass, um hier zusammenzukommen. Magni war nicht nur ein großer Zwerg – viele Anführer waren groß. Magni... war auch gut. So etwas ist viel schwerer zu finden. Er wäre erfreut gewesen, euch alle hier zu sehen... Aye, auch Euch“, sagte er zu den Vertretern der Horde. „Weil ihr mit offenem Herzen und großem Respekt hierhergekommen seid.“ Die Blutelfe schien sich nicht sicher zu sein, ob sie beleidigt worden war oder nicht. Doch der Taure nickte ernst.

„Hohepriesterin Tyrande... Euer Glaube und Eure Geduld waren Magni wohl bekannt, und er sprach mit großem Respekt von Eurem Volk. Erzdruide Malfurion, Ihr habt so viel getan, um unserer Welt zu helfen. Magni wäre sehr erfreut gewesen, Euch zu seinen Lebzeiten zu empfangen.“

Sein Blick fiel auf die Menschen. „Lady Jaina... Manchmal wusste Magni nicht, was er von Euch halten sollte, aber er hat Euch immer sehr gemocht. König Varian, Ihr wart wie ein Bruder für ihn. Und Anduin, Junge, Ihr habt keine Ahnung, was Ihr Magni bedeutet habt.“ Anduin biss sich fest auf die Lippe und dachte an den wahrscheinlich unbezahlbaren Stab, den Magni ihm so bereitwillig geschenkt hatte. Vielleicht hatte er doch eine schwache Vorstellung davon, wie der verstorbene König ihn gesehen hatte.

Der ältere Zwerg räusperte sich. „Nun, ahm... ich danke Euch für Euer Kommen.“ Als die Versammelten ihn misstrauisch anblickten, trat Rohan vor.

„Bitte... Ihr alle seid eingeladen, zum Hohen Sitz zu kommen und Eure Geschichten über Magni mit uns zu teilen. Wir halten Erfrischungen für Euch bereit.“

Leises Gemurmel war unter den Ehrengästen zu hören, als sie die Treppen hinuntergingen, weg von der verzerrten, in Edelstein eingefassten Gestalt, die so viel mehr als ein Diamant war und doch letztlich nur einen Diamanten darstellte.

Anduin merkte nicht, dass er den diamantenen Zwergenkönig anstarrte, bis sich eine Hand sanft auf seine Schulter legte. „Prinz Anduin, komm mit“, bat Jaina freundlich.

„Ja, komm, Sohn“, sagte Varian. „Unsere Anwesenheit ist noch für einige Zeit vonnöten.“

Stumm nickte Anduin, löste den Blick von dem diamantenen Magni und betete leise zum Licht, dass Muradin oder Brann bald gefunden würden, nach Eisenschmiede kämen und so ein wenig die Trauer vertrieben, die wie eine schwarze Wolke über der Stadt lag. Er vermutete jedoch, dass die Zwerge niemals völlig über das unvorhergesehene und brutale Ende ihres geliebten Königs hinwegkommen würden.

„Gut, das ist der Letzte“, sagte Thrall. Er setzte die Feder ab und betrachtete ernst das Pergament. Dies war die letzte offizielle Amtshandlung, die er für längere Zeit vornehmen würde: die Genehmigung für den Wiederaufbau der zerstörten Gebäude in Orgrimmar. Wieder einmal war das notwendig geworden. Es schien ihm, dass die Stadt gerade erst begonnen hatte, sich von dem Krieg gegen den Albtraum zu erholen, als sie ein zweiter Schicksalsschlag ereilt hatte. Gazlowe hatte den Preis für die Arbeiten ein zweites Mal gesenkt, und Thrall war von dieser Geste sehr bewegt gewesen, auch wenn das verlangte Honorar noch immer viel zu hoch war. Auch hatte der Goblin einer Ratenzahlung statt der üblichen Vorauszahlung zugestimmt und angedeutet, den Preis nochmals zu korrigieren, wenn er bestimmte Materialien nicht selbst besorgen musste. Thrall war ein wenig erleichtert, dass er solch lästige Details wie Kosten, Bauanweisungen und Vorratshaltung fortan Garrosh überlassen konnte. Solch „langweilige“ Dinge waren ein notwendiger Teil des Lernprozesses, um ein guter Anführer zu werden, und Garrosh würde nicht umhinkommen, sich damit zu beschäftigen.

Mit einem zufriedenen Nicken ließ er die Schriftrollen für Garrosh liegen und erhob sich. Er würde die Reise allein machen. Auf seinen Befehl hin würde ihn kein Kor’kron begleiten. Ihre Aufgabe war nun, Garrosh Höllschrei zu beschützen, den derzeitigen Kriegshäuptling der Horde. Sie wurden nicht gebraucht, um einen einzelnen Schamanen zu bewachen, der zu einer anderen Welt reiste, um dort nach Wissen zu suchen. Sein Abschied wurde nicht mit Fanfaren oder einem großen Spektakel verkündet. Zum einen waren solche Spielereien zu teuer, zum anderen wollte er vermeiden, dass seine Abreise für die Horde eine zu große Bedeutung erhielt. Obwohl er kein Geheimnis daraus machte – das wäre seiner Ansicht nach ebenso unsinnig gewesen, wie seine Reise herauszuposaunen –, wünschte er, dass die Reise und seine zeitweise Abwesenheit als eine unbedeutende Angelegenheit angesehen wurden.

Natürlich hatte er Cairne benachrichtigt. Er hatte seinen alten Freund über seine Entscheidung informiert, die Gründe dafür erklärt und Cairnes Rat für Garrosh erbeten, für den Fall, dass er gebraucht wurde. Er hatte bislang noch keine Antwort erhalten, was ihn überraschte. Cairne war für gewöhnlich sehr schnell in solchen Dingen. Thrall vermutete, dass der Taurenanführer noch genug mit den Nachwirkungen des Krieges zu tun hatte.

„Leb wohl, mein alter Freund“, sagte Thrall zu Etrigg. „Achte darauf, dass der Junge die kleinen Dinge ebenso gut erledigt wie die großen.“

„Das werde ich, Kriegshäuptling“, sagte Etrigg. „Bleib nicht zu lange in unserer Heimat. Garrosh wird sein Bestes geben, aber er kann dich nicht ersetzen.“

Thrall umarmte seinen Freund, klopfte ihm herzlich auf den Rücken und nahm den kleinen Sack auf, in dem sich die wenigen Dinge befanden, die er mitnehmen wollte. Ohne großes Aufsehen verließ der Kriegshäuptling der Horde die Feste Grommash und ging durch die immer noch heiße Nachtluft in Richtung des Flugturms.

„Du machst einen schrecklichen Fehler“, erklang plötzlich eine tiefe, donnernde Stimme in der Dunkelheit.

Überrascht von diesen Worten hielt Thrall inne und wandte sich zu Cairne Bluthuf um. Cairne stand unter dem toten Baum, der den Schädel des Dämons und seine einstmals undurchdringliche Rüstung trug. Der große und hochgewachsene Oberhäuptling der Tauren hatte seine Arme vor der breiten Brust verschränkt, und sein Schwanz zuckte hin und her. Sein Gesicht zeigte offene Missbilligung.

„Cairne! Es tut gut, dich zu sehen. Ich hatte gehofft, von dir noch vor meiner Abreise zu hören“, sagte Thrall.

„Ich glaube nicht, dass du sehr erfreut sein wirst. Das, was ich dir zu sagen habe, wird dir nicht gefallen“, entgegnete der Taure.