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„Ich habe immer auf das gehört, was du zu sagen hattest“, antwortete Thrall und fügte hinzu: „Deshalb habe ich dich auch gebeten, Garrosh während meiner Abwesenheit zu beraten. Sprich.“

„Als der Bote mit der Nachricht erschien“, sagte Cairne, „dachte ich, schließlich doch noch senil geworden zu sein und Fieberträume zu haben wie der arme Drek’Thar. Zu lesen, dass du Garrosh Höllschrei zum Anführer der Horde machst, war ein wahrer Schock für mich!“

Er hatte ruhig und ernst begonnen. Cairne wurde nicht schnell ärgerlich, aber es war klar, dass er einige Zeit gehabt hatte, um über diese Sache nachzudenken, und sie ihn sehr verstörte. Seine Stimme wurde tiefer und lauter, während er sprach. Thrall blickte ihn ruhig an. Dies war nicht der Ort, wo er ein solches Gespräch führen wollte.

„Lass uns das in aller Abgeschiedenheit besprechen“, begann Thrall. „Mein Quartier und meine Ohren stehen dir offen.“

„Nein“, antwortete Cairne und stampfte mit Nachdruck mit einem seiner kräftigen Hufe auf. Thrall blickte ihn überrascht an. „Ich stehe hier, im Schatten dessen, was einst dein größter Feind war, und das aus einem guten Grund. Ich erinnere mich an Grom Höllschrei. Ich erinnere mich an seine Leidenschaft, seine Gewaltbereitschaft und seine Unberechenbarkeit. Ich erinnere mich an den Schaden, den er angerichtet hat. Er mag als Held gestorben sein, als er Mannoroth getötet hat, und ich bin der Erste, der das anerkennt. Aber um Himmels Willen, er hat viele Leben genommen und seine Taten glorifiziert. Es dürstete ihn nach Blut, nach Gewalt, und er stillte diesen Durst mit dem Blut Unschuldiger. Es war richtig von dir, Garrosh von den Heldentaten seines Vaters zu berichten. Doch die weniger schönen Dinge, die Grom Höllschrei tat, entsprechen leider ebenfalls der Wahrheit, und sein Sohn muss auch von ihnen erfahren. Ich bin hier, um dich zu bitten, dich dieser Dinge zu erinnern, der dunklen und der hellen, und endlich einzusehen, dass Garrosh der Sohn seines Vaters ist.“

„Garrosh war niemals vom Dämonenblut befleckt wie Grom“, sagte Thrall ruhig. „Er ist starrköpfig, aber das Volk liebt ihn. Er...“

„Das Volk liebt ihn, weil es nur seinen Ruhm sieht!“, zischte Cairne. „Seine Torheit sieht es jedoch nicht.“ Er wurde leiser. „Auch ich sah den Ruhm, sah die taktischen Fähigkeiten und die Weisheit, und mit ein wenig Anleitung und Führung sind das vielleicht die Samen, die in Garroshs Seele Wurzeln schlagen. Aber er handelt viel zu voreilig, ohne nachzudenken, und ignoriert die innere Weisheit. Es gibt Dinge an ihm, die ich respektiere und mag, Thrall. Versteh mich nicht falsch. Doch er ist noch nicht fähig, die Horde zu führen, genauso wenig wie Grom es war. Zumindest nicht ohne dich, der ihn mäßigt, wenn er überreagiert, und besonders nicht jetzt, wo die Dinge mit der Allianz so schlecht stehen. Weißt du, dass viele der Meinung sind, jetzt sei eine gute Zeit, um Eisenschmiede anzugreifen, nachdem Magni in Diamant verwandelt wurde und noch kein Nachfolger gefunden ist?“

Thrall wusste davon. Als er die Nachricht vom Ableben des Zwerges erhalten hatte, war ihm klar gewesen, dass derartige Forderungen aufkommen würden. Aus diesem Grund hatte er so rasch seine Abgesandten zur Trauerfeier geschickt und eine Sin’dorei und einen Tauren dazu auserwählt, von dem er wusste, dass er gemäßigte Ansichten vertrat.

„Natürlich weiß ich das“, seufzte Thrall. „Cairne... es ist doch nicht für lange.“

„Das ist doch egal! Der Junge hat nicht das Temperament eines Anführers, wie du einer bist. Oder sollte ich sagen, wie du es warst? Der Thrall, den ich kenne, der ein Freund der Tauren wurde und ihnen so sehr half, würde nicht leichtfertig die Horde, die er selbst wiederbegründet hat, einem Bürschchen übergeben, das noch grün hinter den Ohren ist!“

Thrall fühlte Zorn in sich aufsteigen. Cairne hatte seinen großen Huf genau auf Thralls Sorgen gelegt, auf die Befürchtungen, die er nicht abschütteln konnte. Doch er wusste, dass er keine andere Wahl hatte. Kein anderer als Garrosh konnte die Verantwortung übernehmen.

„Du bist mein ältester Freund in diesem Land, Cairne Bluthuf“, sagte Thrall, und seine Stimme klang gefährlich ruhig. „Du weißt, dass ich dich respektiere. Aber die Entscheidung ist getroffen. Wenn du wegen Garroshs Unreife besorgt bist, dann nimm ihn an die Hand, wie ich dich gebeten habe. Lass ihn an deiner großen Weisheit und Erfahrung teilhaben. Ich... brauche dich jetzt, Cairne. Ich benötige deine Unterstützung, nicht deine Ablehnung. Dein kühler Kopf mäßigt Garrosh, doch dein Tadel spornt ihn nur weiter an.“

„Du bittest mich um Weisheit und Erfahrung. Ich habe darauf nur eine einzige Antwort: Übertrage Garrosh nicht diese Macht. Dreh deinem Volk nicht den Rücken zu und überlass es nicht diesem arroganten Hitzkopf. Das ist mein Rat, Thrall, die Weisheit vieler Jahre, die mit Blut, Leid und Kampf erkauft wurde.“

Thrall versteifte sich. Das war das Letzte, was er wollte. Doch es war nun einmal geschehen, und als er sprach, war seine Stimme kalt und schneidend.

„Dann haben wir uns nichts mehr zu sagen. Meine Entscheidung ist gefallen. Garrosh wird die Horde während meiner Abwesenheit führen. Und es liegt an dir, ob du ihm zur Seite stehst oder die Horde den Preis für deine Sturheit zahlen lässt.“

Ohne ein weiteres Wort wandte Thrall sich um und ging in die Finsternis der schwülen Nacht hinaus. Er hoffte, dass Cairne ihm folgen würde, doch der alte Bulle blieb, wo er war. Thralls Herz war schwer, als er zu dem Wyvern trat, den Sack festzurrte und sich in den Sattel schwang. Der Wyvern sprang himmelwärts. Seine ledrigen Flügel schlugen ruhig und rhythmisch und verursachten eine kühle Brise, die dem Orc über das Gesicht strich.

Cairne blickte seinem alten Freund nach. Niemals hätte er gedacht, dass es so weit kommen würde – ein Streit über etwas, das ein derart offensichtlicher Fehler war. Er wusste, dass Thrall im Grunde genauso dachte, doch aus irgendwelchen Gründen verfolgte der Orc seinen Weg unbeirrt weiter.

Thralls Worte taten Cairne weh. Er hatte nicht erwartet, dass der Orc seine Bedenken so schnell und entschieden übergehen würde. In Garrosh steckte Tugend, Cairne hatte es gesehen. Doch die Rücksichtslosigkeit, das taube Ohr für klugen Rat, die brennende Sucht nach Lob und Anerkennung – Cairnes Schwanz peitschte hin und her, und seine Gedanken wühlten ihn auf. Diese Charaktereigenschaften Garroshs mussten gezügelt werden, und natürlich würde Cairne dabei eine Rolle spielen. Garrosh würde seine Worte ignorieren, doch Cairne würde ihm seinen Rat zumindest anbieten.

Er blickte zu Mannoroths Schädel auf und schaute in die dunklen Augenhöhlen.

„Grom, wenn dein Geist hier ist, dann hilf uns, deinen Sohn anzuleiten. Du hast dich für die Horde geopfert. Ich weiß, du willst nicht, dass dein Sohn sie zerstört.“

Er bekam keine Antwort. Wenn Grom tatsächlich hier war, zusammen mit dem großen Bösen, das er vernichtet hatte, so sprach er nicht zu ihm. Cairne war auf sich allein gestellt.

2. TEIL

... und die Welt wird auseinanderbrechen

17

Aggra rannte leichtfüßig über die Oberfläche des Himmelsweisensees, und ihre nackten braunen Füße hinterließen nur leichte Kringel auf dem Wasser. Normalerweise lief sie nicht, sondern ging und genoss das Gefühl dieses Ortes der Macht. Doch der Wind hatte ihr die Worte von Großmutter Geyah ins Ohr geflüstert: Komm, Kind, ich habe Neuigkeiten für dich.

So sanft die Worte gewesen waren, so sehr beeilte sich Aggra, ihnen Folge zu leisten. Sie war zum Thron der Elemente gekommen, um still zu Füßen der großen Elementare – Aborius, Gordawg, Kalandrios und Incineratus – zu sitzen, in der Hoffnung, sie würden vielleicht heute zu ihr sprechen. Aggra hatte sich gerade nahe Kalandrios gesetzt, dem Zorn der Luft, als Geyahs Worte sie erreichten. Deshalb lief sie jetzt zurück nach Garadar, der Festung der Horde im Lande Nagrand, um zu erfahren, welche Nachrichten so wichtig waren, dass sie nicht warten konnten.