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Immer mehr Grimmtotems traten vor, bis ungefähr ein Viertel der Gefangenen vor Baine kniete. Er war nicht so vertrauensselig zu glauben, dass er sie nicht im Auge behalten musste. Er würde ihnen jegliche Möglichkeit nehmen müssen zu kämpfen, zumindest für eine gewisse Zeit. Wer mit Magatha in die Verbannung ging, hatte nichts als Scham und Bedeutungslosigkeit zu erwarten. Deshalb hatten wohl viele einen so plötzlichen Gesinnungswandel durchgemacht. Doch einige von ihnen, das wusste er auch, bezeugten ihm aus lauteren Gründen ihre Loyalität. Vielleicht würden sich die anderen ja auch noch ändern. Es war ein Risiko, das er eingehen musste, wenn er wirklich erreichen wollte, dass sein Volk geheilt wurde.

Baine gestattete sich, bei Magathas Anblick, als immer mehr ihrer ach so loyalen Grimmtotems die Seite wechselten, ein wenig Freude zu empfinden. Er vermutete, dass sein Vater mit seinem Vorgehen einverstanden gewesen wäre.

„Noch jemand?“, fragte er. Als die restlichen Grimmtotems dort stehen blieben, wo sie waren, nickte er. „Zwei Dutzend Behüter von Donnerfels werden euch in eure neue Heimat bringen. Ich kann nicht wirklich sagen, dass ich euch Glück wünsche, doch zumindest wünsche ich euch nicht den Tod.“

Unverzüglich wurden sie zu den Aufzügen geführt, und er beobachtete einen Moment lang ihren Abmarsch. Magatha blickte nicht zurück.

Meine Worte waren kein leeres Geschwätz, Magatha Grimmtotem. Wenn ich Euch jemals wiedersehen sollte, werde ich mich nicht zurückhalten, selbst wenn An’she mich führt.

Garrosh hatte sich einst seiner Herkunft geschämt, und es hatte einige Zeit gebraucht, bis er verstanden und akzeptiert hatte, wer er war und woher er kam. Schließlich hatte er es sogar begrüßt. Mit Zuversicht erfüllt, hatte er Ehre für sich und die Horde errungen und sich an Schmeicheleien gewöhnt. Doch als er und sein Gefolge nun die sich windende Rampe zum vereinbarten Treffpunkt in den Landen der Tausend Nadeln hinaufstiegen, spürte er die Blicke der Tauren auf sich ruhen, und seine Nervosität nahm zu.

Es war kein gutes Gefühl, Unrecht gehabt zu haben. Tatsächlich hätte er sich gewünscht, Cairne in einem ehrenhaften Kampf besiegt zu haben. In einem Kampf, in dem er und der Tauren, den er für einen edlen Krieger hielt, Respekt erworben hätten. Magatha hatte ihm diese Möglichkeit geraubt und einen hässlichen Schatten auf seinen Ruf geworfen. Und das in den Augen vieler... zu vieler. Warum dachten sie so schlecht von ihm? Er war doch ebenso ein Opfer wie Cairne.

Er straffte sich und beschleunigte seine Schritte. Baine wartete auf ihn. Er war größer als Cairne – vielleicht stand er aber auch nur aufrechter da, als der alte Bulle es für gewöhnlich getan hatte. Baine hielt das riesige Totem seines Vaters an der Seite. Hamuul Runentotem, Sturmlied Grimmtotem und mehrere andere standen hinter ihm und warteten.

Garrosh betrachtete den Tauren von oben bis unten und schätzte ihn ab. Groß, kräftig, mit einer Ruhe gesegnet, wie Garrosh sie auch bei Cairne beobachtet hatte, wartete er gelassen.

„Garrosh Höllschrei“, sagte Baine mit seiner tiefen Stimme und neigte den Kopf.

„Baine Bluthuf“, antwortete Garrosh. „Ich denke, wir haben viel zu besprechen.“

Baine nickte Hamuul zu. Der alte Erzdruide warf den anderen, die hinter Baine standen, einen Blick zu und gab ihnen ein Zeichen. Sie neigten die Köpfe und traten mehrere Schritte zurück, sodass die beiden Anführer sich unter vier Augen unterhalten konnten.

„Ihr habt mich meines Vaters beraubt, den ich sehr geliebt habe“, sagte Baine geradeheraus.

So also sollte gespielt werden: keine falschen Höflichkeiten, die Garrosh sowieso verachtete. Also gut.

„Euer Vater hat mich herausgefordert. Ich hatte keine andere Wahl, als die Herausforderung anzunehmen, da sonst meine Ehre – und die seine – für immer befleckt gewesen wäre.“

Baines Gesichtsausdruck änderte sich nicht. „Ihr habt hinterhältig gehandelt und Gift verwendet, um zu siegen. Das befleckt Eure Ehre weit mehr.“

Garrosh war versucht, eine scharfe Erwiderung vorzubringen, doch stattdessen atmete er tief durch. „Sosehr es mich beschämt, es zuzugeben: Auch ich wurde von Magatha Grimmtotem hereingelegt. Sie hat Blutschrei vergiftet. Ich werde niemals wissen, ob ich Euren Vater in einem fairen Kampf hätte besiegen können. Ich wurde ebenso von ihr betrogen wie Ihr.“

Er fragte sich, ob Baine wusste, wie viel ihn dieses Eingeständnis kostete.

„Ihr steht hier mit Eurer befleckten Ehre, weil sie Euch ausgetrickst hat. Mir wurde mein Vater genommen, und ich musste mir die Leichen der Unschuldigen ansehen, die hingeschlachtet wurden. Einer von uns hat mehr verloren als der andere, denke ich.“

Garrosh schwieg. Seine Wangen glühten, und er wusste, dass Baine recht hatte. „Ich erwarte die Herausforderung, die der Vater ausgesprochen hat, nun von seinem Sohn“, sagte er schließlich.

„Diese Herausforderung werde ich nicht aussprechen.“

Garrosh runzelte die Stirn. Er verstand nicht. Baine fuhr fort: „Glaubt nicht, dass ich nicht gern mit Euch kämpfen würde, Garrosh Höllschrei. Welches Gift auch immer auf der Klinge gewesen sein mag, es war Eure Hand, die meinen Vater niederstreckte. Aber Tauren sind nicht so engstirnig. Die wahre Mörderin ist Magatha, nicht Ihr. Mein Vater forderte ein Mak’gora, und der Streit zwischen euch beiden ist beigelegt, auch wenn es durch Magathas Verrat kein ehrlicher Kampf war. Für Cairne Bluthuf kam immer das Volk der Tauren zuerst. Es braucht so viel Schutz und Unterstützung, wie es durch die Horde bekommen kann, und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit es die auch bekommt. Ich kann nicht behaupten, sein Andenken zu ehren, wenn ich gleichzeitig missachte, was das Beste für mein Volk ist.“

„Auch ich liebte und respektierte meinen Vater und habe mich stets bemüht, sein Andenken in Ehren zu halten. Ich wollte niemals Cairne Bluthuf entehren. Dass Ihr das versteht, zeigt mir, dass Ihr Eurem Volk ein guter Anführer seid.“

Baines Ohren zuckten. Er war noch immer wütend, obwohl Garrosh ihn nicht im Geringsten beleidigte.

„Dennoch... Eure Nachsicht mit den Grimmtotems verwirrt mich. Ich habe gehört, dass Ihr keine Rache an ihnen verübt habt. Hier scheint Euer Mak’gora oder, besser noch, Eure Rache angebracht zu sein. Warum habt Ihr die Grimmtotems nicht getötet? Oder zumindest ihre hinterlistige Matriarchin?“

„Was auch immer die Grimmtotems sein mögen, sie sind Tauren. Mein Vater vermutete bereits, dass Magatha eine Verräterin war, und er behielt sie in der Nähe, um sie unter Kontrolle zu haben. Er wählte diesen Weg, um eine Teilung unseres Volkes und weiteren Streit zu vermeiden. Ich respektiere diesen Wunsch. Es gibt andere Wege, ihre Untaten zu bestrafen, Wege, die möglicherweise mehr als gerecht sind.“

Garrosh dachte einen Moment über Baines Worte nach, und ihm war klar, dass er die Wünsche seines Vaters ebenso respektiert und befolgt hätte. „Es ist gut, die Wünsche des Vaters zu befolgen und die Erinnerung an ihn zu ehren.“

Baine lächelte kalt. „Nachdem ich nun genügend Beweise habe, dass Magatha eine Verräterin ist, habe ich sie verbannt und ihrer Macht beraubt. Dieselbe Bestrafung wird allen Grimmtotems zuteilwerden, die sie begleiten. Viele haben sich von ihr und ihren Handlungen losgesagt und sind bei uns geblieben. Es gibt nun eine separate Grimmtotemfraktion, die Sturmlied anführt, der mir das Leben rettete und sich mir gegenüber als loyal erwiesen hat. Magatha und jeder Grimmtotem, der ihr folgt, wird getötet, sobald sie Taurengebiet betreten. Damit ist dem Wunsch nach Rache ausreichend Genüge getan. Ich werde meine Zeit nicht damit verschwenden, Rache zu üben, wenn meine Kraft beim Wiederaufbau besser eingesetzt werden kann.“