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Vater!“

Die Stimme schnitt ihm das Wort ab, und für eine Sekunde ließ der Druck der Klinge an Moiras Kehle etwas nach. Doch dann hatte Varian sich wieder im Griff. Er ließ die Zwergin nicht aus den Augen, als er antwortete.

„Du solltest nicht hier sein, Anduin. Fort mit dir. Dies ist kein Ort, an dem du dich aufhalten solltest.“

„Aber es ist mein Ort!“ Die Stimme kam näher, bewegte sich mit der Menge auf ihn zu. Moiras Blick wanderte von Varian zu seinem Sohn, doch sie traf keine Anstalten, ihn um Hilfe zu bitten. Vielleicht war ihr klar, dass jede Bewegung unweigerlich damit enden würde, dass Varian ihr sein Schwert tief in ihre bleiche Kehle stieß.

„Du hast mich hierher geschickt! Du wolltest, dass ich das Zwergenvolk kennenlerne, und das habe ich. Ich kannte Magni gut, und ich war hier, als Moira kam. Ich erlebte, welcher Aufruhr mit ihrer Ankunft verbunden war und wie beinahe ein Bürgerkrieg ausbrach, als die Leute zu den Waffen griffen, um sich von Moira zu befreien. Was auch immer du von ihr halten magst, sie ist dennoch die rechtmäßige Erbin Magnis!“

„Vielleicht hat sie das richtige Blut“, zischte Varian, „aber auf ihren Geist trifft das nicht zu. Sie steht unter einem Zauber, mein Sohn. Davon war Magni stets überzeugt. Sie wollte dich als Gefangenen hier festsetzen und hielt eine ganze Menge anderer Leute ohne Grund gefangen.“ Er neigte leicht den Kopf. „Sie eignet sich nicht als Anführerin, denn sie vernichtet alles, was Magni geschaffen hat! Alles, für das er... gestorben ist!“

Anduin trat vor, eine Hand flehentlich ausgestreckt. „Sie wurde nicht verzaubert, Vater. Magni zog es vor, das zu glauben und die Wahrheit zu verkennen: Er selbst hat Moira vertrieben, weil sie nicht der männliche Erbe war, den er sich immer so sehnlich gewünscht hatte.“

Varians schwarze Augenbrauen zogen sich zusammen. „Du besudelst das Andenken eines ehrenvollen Mannes, Anduin.“

Sein Sohn wich nicht zurück. „Du kannst ein ehrenhafter Mann sein und dennoch Fehler machen“, fuhr er unerbittlich fort. Die Augen seines Vaters zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, und er wusste, dass er vorsichtig sein musste. „Moira wurde von den Dunkeleisenzwergen angenommen. Sie verliebte sich, heiratete nach den Gesetzen ihres Volkes und gebar ihrem Mann ein Kind. Sie ist die rechtmäßige Zwergenerbin. Nur die Zwerge dürfen entscheiden, ob sie Moira als ihre Königin anerkennen oder nicht. Es ist nicht unsere Stadt.“

„Sie hat dich als Geisel gehalten, Anduin!“, hallte Varians Stimme durch den Saal, und Anduin zuckte leicht zusammen. „Dich, meinen Sohn! Das dürfen wir ihr nicht durchgehen lassen! Ich lasse nicht zu, dass sie dich und eine ganze Stadt zu Geiseln macht. Das tue ich auf keinen Fall, verstehst du?“

Sein Junge, sein schöner Sohn... Es war schwer für Varian, nicht vor Wut zu brüllen und der Thronräuberin die Klinge in den Hals zu rammen, sich nicht daran erfreuen zu können, wie ihr heißes dunkles Blut über seine Hand floss, und nicht sicher sein zu können, dass die Gefahr, die Moira für seinen Sohn darstellte, für immer gebannt war. Er konnte es tun. Er konnte all das tun. Und er wollte es so sehr...

„Dann soll sie sich vor dem Gesetz verantworten, vor ihrem Volk. Vater ... du bist ein guter König, einer, der stets das Beste für sein Volk will. Du glaubst an das Gesetz, an die Gerechtigkeit. Du verübst keine Selbstjustiz. Es ist leicht...“ Anduin unterbrach sich, und ein merkwürdiger Ausdruck lag auf seinem jungen Gesicht... als würde er sich an etwas erinnern. „Es ist leicht, etwas zu zerstören. Etwas Gutes zu erschaffen, etwas Richtiges, etwas, das bleibt – das ist schwer. Es ist leicht, sie zu töten. Doch du musst daran denken, was das Beste für Eisenschmiede ist. Für die Zwerge – und zwar für sie alle. Was ist falsch daran, den Zwergen die Entscheidung zu überlassen, wie viel oder wie wenig sie mit der Weltpolitik zu tun haben wollen? Was ist falsch daran, den Dunkeleisenzwergen die Hand entgegenzustrecken, wenn sie dazu bereit sind?“

Gemurmel wurde laut. Varian blickte sich um und schnaufte. Rohan räusperte sich.

„Der Junge spricht die Wahrheit, Euer Majestät. Etwas von dem, was Moira sagt, ist weise. Nur hat sie sich recht närrisch verhalten. Aber dennoch sie ist unsere Prinzessin, und wenn sie gekrönt wurde, ist sie unsere Königin.“

„Wenn Moira stirbt und es keinen Erben gibt, dessen Anspruch auf den Thron unzweifelhaft ist, wird ein Bürgerkrieg ausbrechen!“, fuhr Anduin fort. „Glaubst du wirklich, dass das für das Zwergenvolk das Beste ist? Glaubst du, Magni hätte das gewollt? Das würde auch Sturmwind mit in den Krieg ziehen – und die Nachtelfen und die Gnome. Kannst du auch für sie Entscheidungen treffen?“

Varians Hand zitterte ein wenig, und Moira stöhnte leise, als die Klinge ihre Kehle leicht ritzte. Ein Blutstropfen lief ihren Hals hinab.

Du verübst keine Selbstjustiz.

Es ist leicht, etwas zu zerstören.

Ich will das Richtige tun, dachte Varian. Aber wie kann ich etwas erschaffen, das von Dauer ist? Sie ist die rechtmäßige Erbin, und die Zwerge dürfen sich einander zuwenden. Es ist nicht meine Stadt. Dies ist ihre Stadt, ihre Königin oder ihre Thronräuberin. Wenn wir nur B rann finden könnten oder Muradin, dann...

Er blinzelte.

„Sosehr ich auch wünschte, dass es nicht stimmt“, sagte er barsch zu Moira, die ihn aus weiten, erschreckten Augen anblickte, „habt Ihr tatsächlich einen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron. Aber genau wie ich, Moira Bronzebart, müsst Ihr versuchen, besser zu sein, als Ihr es derzeit seid. Ihr braucht mehr als nur den richtigen Stammbaum, um Euer Volk weise zu regieren. Ihr müsst Euch den Respekt und die Liebe Eurer Untertanen verdienen.“

Er stieß sie von sich. Moira taumelte zurück, schien jedoch nicht fliehen zu wollen. Wie konnte sie auch? Sie war von der Bevölkerung der Stadt umzingelt, die sie mit harter, grausamer Hand hatte beherrschen wollen.

„Offensichtlich kann man Euch nicht zutrauen, frei und gerecht über Eisenschmiede zu herrschen. Zumindest nicht allein. Das habt Ihr deutlich klargemacht. Diese Leute sind nicht irgendwelche Dunkeleisenzwerge, über die zu herrschen Ihr gewohnt seid. Diese Zwerge bestehen aus drei Klans. Dunkeleisen, Bronzebart und Wildhammer. Ihr wollt die Zwergenvölker zusammenbringen? Schön. Dann braucht jeder dieser Klans einen Vertreter. Eine Stimme, der Ihr... beim Licht, der Ihr zuhören werdet!“ Varian überlegte noch, während er sprach. Die Wildhammerzwerge hatten offensichtlich wenig Interesse an Eisenschmiede gezeigt, lebten weit entfernt und bildeten eine eigene Nation. Moira würde nicht ihre Königin sein.

Doch hier ging es um mehr als nur um den Titel. Es ging um die Zwerge als ein Volk. Und es ging darum, wie Anduin es bereits gesagt hatte, einen Bürgerkrieg zu verhindern. Es fühlte sich richtig an – richtig genug, um abzuwarten, ob es gelang. Am Ende würden die Zwerge das selbst entscheiden müssen.

Moira sagte nichts, blickte sich nur mit weiten, angsterfüllten Augen um. Sie sah tatsächlich wie ein kleines erschrecktes Mädchen aus, wie sie da in ihrem Nachthemd stand...

„Drei Klans, drei Anführer. Drei... Hämmer“, sagte Varian. „Ihr sprecht für die Dunkeleisenzwerge, in die Ihr eingeheiratet habt, Falstad steht für die Wildhammerzwerge und Muradin oder Brann oder wen auch immer wir finden, für die Bronzebärte. Ihr werdet ihren Wünschen und Bedenken Gehör schenken und mit ihnen für das Wohl des Zwergenvolks arbeiten, nicht um Eure Eitelkeit zu befriedigen. Habt Ihr mich verstanden?“

Moira nickte...

„Wir behalten Euch im Auge. Sehr genau sogar. Statt Euer Leben hier auf dem Boden des Hohen Sitzes enden zu lassen, habt Ihr eine zweite Chance bekommen. Eine Chance, um zu beweisen, dass Ihr die Zwerge anführen könnt.“ Er beugte sich über sie. „Enttäuscht mich nicht.“