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Es gehört zum Menschen, sich der Zerstörung zu widersetzen. Der eigentliche Sinn der menschlichen Existenz besteht in diesem ewigen, wütenden Kampf, der nicht zu gewinnen ist - und dem du dich trotzdem stellen musst.

Dennoch bleibt es sehr schwer, sich aus einem ehemaligen Feind zu einem Freund zu wandeln. Noch schwieriger ist es freilich, einen ehemaligen Feind als Freund zu akzeptieren.

Ich erzählte Illan alles, was ich in Erfahrung gebracht hatte. Ich fing mit dem Politiker und seiner Bitte, Arkan zu finden, an. In knappen Worten berichtete ich ihr vom Zugang nach Nirwana. Zunächst hörte Illan recht unbeteiligt zu, dann wurde sie jedoch hellhörig, als die Rede auf Nastja kam. Aber letzten Endes interessierte sie Erde-1 eben wesentlich stärker.

»Genau wie wir angenommen haben«, sagte sie, nachdem sie sich alles angehört hatte. »Es muss jemanden geben, der von der Sache profitiert. Denn es gibt immer jemanden, der am Ende profitiert!«

Ich sah das Ganze etwas anders. Am Ende bleibt immer bloß der Dumme übrig. Aber ich legte es nicht auf einen Streit an.

»Was willst du jetzt unternehmen, Zöllner?«, fragte Illan. »Hast du dir darüber schon einmal Gedanken gemacht?«

Ja, selbstverständlich hatte ich darüber schon nachgedacht. »Alles, nur keinen offenen Krieg! Und keinen Partisanenkampf! Wir müssen das alles den anderen Funktionalen mitteilen, Illan. Wir müssen ihnen klarmachen, dass unsere Welten nur Dritten als Experimentierfelder dienen.«

»Ach ja?« Illan runzelte die Stirn. »Und wozu sollte das gut sein?«

»Gemeinsam sind wir in der Lage, etwas gegen die Funktionale von Erde-1 auszurichten. Schließlich verfügen wir über dieselben Möglichkeiten wie sie.«

»Nein, das tun wir nicht. Sie können nämlich Menschen in Funktionale verwandeln.«

»Gut, vielleicht haben sie uns das voraus. Aber unsere Welten sind für sie nur als Objekte zum Experiment interessant. Nimm doch nur mal Antik. Dort wird mit einer Gesellschaftsform experimentiert, zu der Sklaverei gehört. Das ist doch richtig, oder? Wenn diese Möglichkeit wegfällt, werden sie sich nicht mehr für diese Welt interessieren. Bei euch interessiert sie das Fehlen von großen Staaten ...«

»Es geht aber immer auch um den technischen Fortschritt. In Antik ist er auf dem Niveau der Mechanik stecken geblieben. In Feste regiert die Kirche, hier liegt ihr Augenmerk auf den biologischen Forschungen.«

»Siehst du!« Ich nickte. »Genau deshalb ist auch eine Zollstelle nötig. Damit keine verbotenen technischen Geräte von einer Welt in eine andere gelangen. Wenn Antik an Dampfmaschinen und Schienen käme, eure Welt an elektrische Geräte und Verbrennungsmotoren ...«

»Vergiss es, schließlich haben wir kein Öl.«

»Gut, dann gehen wir halt nur von elektrischen Geräten und Elektromotoren aus. Trotzdem wäre keine Welt mehr für Erde-1 von Nutzen, sobald die Reinheit des Experiments nicht mehr gewährleistet wäre und sich die einzelnen Welten verändern würden. Dann müssten uns die Funktionale von Erde-1 in Ruhe lassen. Sie müssten sich andere Objekte suchen, die sie erforschen könnten.«

»Bist du sicher, dass sie sie suchen?«, fragte Illan. »Vielleicht erschaffen sie uns ja auch.«

Ich erschauderte. »Ja, ich bin mir sicher«, meinte ich. »Wie sollte man eine Welt ohne Öl erschaffen? Man kann ja wohl schlecht die geologischen Prozesse, die sich vor einer Million Jahren abgespielt haben, manipulieren, oder? Schließlich können sie keine Zeitreisen unternehmen. Und selbst wenn sie das vollbrächten, wären sie noch längst nicht imstande, Berge zu versetzen oder die Atmosphäre zu beeinflussen. Sie suchen, Illan. Vermutlich haben sich ihre Zöllner besser im Griff und finden neue Welten, die genau zu den Vorstellungen der Funktionale von Erde-1 passen. Oder sie haben sehr viele Zöllner, sodass sie in viel mehr Welten gelangen. Kirill Alexandrowitsch hat sich verplappert und erwähnt, sie würden weitaus mehr bewohnte Welten kennen als wir.«

»Du schlägst also vor, wir sollten die Technologien der verschiedenen Welten mixen?«

»Ich schlage vor, die Reinheit des Experiments zu zerstören.« Ich grinste. »Stell dir doch mal vor, du würdest verschiedene chemische Experimente durchführen. Über deinem Bunsenbrenner köcheln und kochen in aller Ruhe reine Lösungen. Und plötzlich kommt jemand und vermengt nach und nach die Flüssigkeiten aus den fünf Reagenzgläsern. Was dann?«

»Erstens könnte eines der Reagenzgläser explodieren«, antwortete Illan. »Zweitens gießt der Chemiker die verunreinigten Lösungen weg und spült die Reagenzgläser aus.«

Es trat Stille ein.

»Woher haben sie diese Möglichkeiten?«, fragte Kotja leise. Er wirkte völlig niedergeschmettert. »Würden sie wirklich ... einen Atomkrieg bei uns anzetteln?«

»Warum denn nicht?«, fragte ich achselzuckend. »Woher wollen wir wissen, welchen Einfluss sie auf unsere Politiker ausüben? Jemand könnte sich damit einverstanden erklären, einen Krieg anzufangen, sofern er dafür Asyl in einer anderen Welt, genauer auf Erde-1, gewährt bekommt.«

»Ich habe im Grunde ja nichts gegen deinen Plan einzuwenden, Kirill«, meinte Illan seufzend. »Er ist wirklich nicht dumm. Aber allein kannst du einfach nichts ausrichten. Die Mehrheit der Funktionale müsste dich unterstützen. Sie müssten einen Krieg gegen Erde-1 anfangen.«

»Und du glaubst, sie ließen sich darauf nicht ein?«

»Weshalb sollten sie das, Kirill? Ein Krieg käme einem Erdbeben gleich - und zwar in allen Welten. Und wer wollte schon, dass das bequeme Leben zusammenbricht und alles um einen herum in Aufruhr gerät? Doch wohl nur diejenigen, die nichts zu verlieren haben. Aber die Funktionale haben etwas zu verlieren. Eine ganze Menge sogar.«

»Aber was ist denn das für ein Leben - als Versuchskaninchen?«

Zum ersten Mal schenkte Illan mir einen freundschaftlichen Blick. »Eben, das sehe ich ganz genauso. Aber ich fürchte, die meisten ahnen das ohnehin. Und sie ändern nichts daran, sondern nehmen es einfach hin.«

»Gut.« Ich nickte. »Und was schlägst du vor? Hast du einen Plan?«

Eine Sekunde lang glaubte ich, sie würde etwas sagen. Doch Illan schüttelte nur den Kopf.

»Ich gehe zu Felix«, erklärte ich.

»Das wird nichts nützen. Ich habe dir doch schon gesagt, wie er ...«

»Damals hat er nichts von Erde-1 gewusst.«

»Bist du dir da sicher?«

Ich ließ mir die Frage kurz durch den Kopf gehen und musste zugeben, dass es mit meiner Überzeugung nicht weit her war.

»Dann werde ich zunächst mit allen anderen Funktionalen sprechen«, schlug ich unsicher vor. »Sie werden mich unterstützen. Danach gehen wir zu Felix ...«

»Wieso glaubst du, sie würden dich, einen Frischling, unterstützen? Felix ist eine Autoritätsperson, genießt Respekt ...«

»Na klar, schließlich bewirtet er alle mit vorzüglichem Essen.«

»Das kommt hinzu. Aber wenn du damit anfängst, das Volk aufzurütteln, wird dir bestimmt niemand glauben. Und Felix wird dir diesen Schritt verübeln.«

»Dann gehe ich halt doch zu ihm.«

»Bist du wirklich so dumm?! Was, wenn er selbst von Erde-1 stammt? Wenn er die Situation hier in Kimgim kontrolliert?«

»Stopp!« Kotja, der uns alarmiert ansah, erhob sich. »Stopp! Stopp! Jetzt keinen Streit! Schließlich habt ihr das gleiche Ziel, oder habt ihr das schon vergessen? Ihr wollt der Manipulation unseres Lebens ein Ende machen ...«