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»Ich habe die Tür nach Arkan geöffnet«, setzte ich ihn ins Bild, während ich eine Garnele an dem nicht vom Teigmantel umhüllten Schwanz packte. »Das Essen hier ist wirklich lecker! Ich habe also diese Tür geöffnet. Wer hatte Ihnen eigentlich vorgelogen, Arkan sei unserer Welt um fünfunddreißig Jahre voraus?«

»Nicht genau fünfunddreißig. Plus, minus ...«

»Es bleibt hinter uns zurück.«

»Was?« Dima erstarrte. Er nippte an seinem Wein und schaute durch mich hindurch ins Nirgendwo.

Mir entging nicht, dass sein Gehirn jetzt auf Hochtouren lief. Leute mit langer Leitung kriegen in der Politik keinen Fuß in die Tür, vor allem nicht in unserer. Darüber hinaus bietet die Politik für Altruismus keinen Raum. Momentan versuchte Dima zu entscheiden, welchen Nutzen er aus Arkan ziehen konnte.

»Es ist wertlos«, meinte ich. »Arkan können wir vergessen. Haben Sie schon einmal etwas von Erde-1 gehört?«

»Eine hypothetische Welt, aus der die ersten Funktionale gekommen sind«, antwortete Dima, ohne zu überlegen. »Seine Existenz wird abgestritten ...«

Er sah mir in die Auge.

»Richtig«, erklärte ich. »Genau das ist Arkan. Sie können es nicht als Experimentierfeld benutzen, weil wir selbst das Experimentierfeld sind. Erde-1 führt ihre Experimente in allen Welten durch, die sie findet. Irgendwie gelingt es ihr, die Entwicklung dieser Welten in die eine oder andere Richtung zu lenken. Soweit ich es verstanden habe, wird bei uns die Existenz von Supermächten erprobt.«

Im Grunde war mir dieser Gedanke eben erst in den Sinn gekommen. Doch als ich sah, wie der Politiker darauf ansprang, baute ich ihn prompt weiter aus: »Anfangs haben sie beobachtet, was bei einem Gleichgewicht der Kräfte von zwei antagonistischen Supermächten passiert. Anscheinend haben sie alles in Erfahrung gebracht, was diese Variante hergibt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion experimentieren sie nun mit Amerika, der einzigen verbliebenen Supermacht. Außerdem treiben sie vermutlich bei uns die Entwicklung der Technik voran.«

»Tolle Entwicklung«, legte der Politiker Widerspruch ein. »Die Raumfahrt haben wir fast abgewickelt.«

»Die brauchen sie halt nicht. Wenn es tatsächlich außerirdische Zivilisationen gäbe, wären sie womöglich imstande, sich der Kontrolle von Erde-1 zu entziehen. Aber allerlei Elektronik ...«

»Weißt du das sicher?«, erkundigte sich Dima.

»Nein, das ist nur eine Vermutung. Vielleicht irre ich mich auch.«

»Und was sagen ... deine Leute? Wie sehen sie das, dass man mit ihnen herumexperimentiert?«

»Die Funktionale?« Ich breitete die Arme aus. »Ich habe keine Ahnung. Aber ich fürchte, es wird ihnen egal sein. Wer hat sie denn zu Meistern gemacht? Diejenigen von Erde-1. Also sind sie ihnen dankbar. Abgesehen davon fürchten sie sie. Wer jemanden zum Funktional machen kann, kann ihm diese Gabe auch wieder wegnehmen.«

»Teufel auch, alles genau wie bei uns, in der Politik!« Theatralisch schlug Dima die Hände überm Kopf zusammen und lachte leicht gequält. »Gut. Was sollen wir jetzt machen? Diese Kräfte, die dürfen wir doch nicht einfach ungenutzt lassen. Mich selbst interessiert dabei nur eins: Wie wir eure Möglichkeiten zugunsten unseres Landes einsetzen können.«

Ich murmelte etwas Unverständliches.

»Du glaubst mir nicht?« Der Politiker lehnte sich im Sessel zurück, um mich aufmerksam zu betrachten. »Das ist ein Fehler. Gewiss, die Macht ist ein Glücksspiel ohne Regeln. Aber im Unterschied zum Geld ist die Macht nicht an sich interessant, sondern nur im Zusammenspiel mit der Reaktion der anderen. Macht ist Geltungssucht. Einen Politiker muss man entweder lieben oder fürchten. Aber jedenfalls respektieren und vergöttern! Weshalb solltest du nach Macht streben, wenn du genau weißt, dass du in die Geschichte als feiger Trittbrettfahrer, Versager, Duckmäuser und Schwächling eingehst?! Wenn man sich an dich nicht wegen etwas erinnert, das du vollbracht, sondern wegen etwas, das du heruntergebracht hast? Das ist uninteressant! Dir schmeckt dein Essen besser und du schläfst ruhiger, wenn du einen großen Bogen um die Politik machst. Tausende von Menschen begreifen das früh genug und lassen die Finger davon. Allerdings gibt es bei uns leider auch einige, die aus der Politik ein Geschäft gemacht haben. Darauf kann ich verzichten. Meine Geltungssucht ist stärker als meine Gier.«

»Sie wissen, dass Ihnen niemand glauben wird«, sagte ich aufrichtig. »Niemandem, der an der Macht ist, glaubt man. So läuft es bei uns nun mal - die Menschen stehen auf der einen Seite, die Macht auf der anderen. Eine Hundezüchterin, die ich kenne, hat mir einmal erzählt, ihr blute das Herz, wenn jemand von der Rubljowka zu ihr komme, um einen Welpen zu kaufen. Ein einfacher Mensch hält diejenigen von der Rubljowka a priori für absolut nichtsnutzig. Er hält sie nicht einmal für imstande, einen Hund zu lieben.«

»Ich weiß, Kirill. Auch wenn ich nicht auf der Rubljowka wohne. Gerade deshalb brauche ich ja ein Wunder. Deshalb brauche ich ja etwas von euch, den Funktionalen.«

»Kraft?«

»Worin liegt denn die Kraft?« Dima lächelte. »In den Muskeln? Im Geld? In Informationen? Im Charme? Es gibt verschiedene Arten von Kraft. Und man muss sie in all ihren Erscheinungsformen einzusetzen wissen ... Könnte ich mich denn an den anderen Welten bereichern?«

»Indem Sie Waren noch und noch durch den Turm bringen, wie ein kleiner Händler, der sein Sortiment billig im Ausland einkauft? Kaum. Man würde Ihnen für die Sachen Zollgebühren abverlangen.«

»Eben. Aber an Informationen aus Arkan komme ich nicht ran. Vielleicht ...« Er geriet ins Stocken. »... könntest du mir bei etwas anderem helfen?«

»Soll ich jemandem die Fresse polieren?«, fragte ich. »Mit etwas anderem kann ich nämlich nicht mehr aufwarten.«

»Doch.« Der Politiker lachte. »Es ist etwas geblieben. Die Technologie.«

»Die Erde ist am weitesten entwickelt.«

»Das stimmt nicht ganz. Denk zum Beispiel einmal an Feste.«

»Es ist verboten, unbekannte Technologien aus einer Welt in eine andere einzuführen.«

»Und von wem stammt dieses Verbot?« Dima starrte auf die Weinflasche, goss sich jedoch Mineralwasser ein. »Doch wohl von denen, die mit uns herumexperimentieren, oder? Sag mal, Kirill, hältst du es für klug, wenn ein Meerschweinchen zum anderen sagt: ›Wir dürfen nicht aus dem Käfig fortlaufen, der Experimentator hat es verboten‹?«

»Natürlich nicht. Nur befürchte ich, die anderen Funktionale würden mich in diesem Fall nicht verstehen.«

Der Politiker schnaubte. Er spielte mit seinem Glas herum und trank einen Schluck. »Es ist doch immer dasselbe ...«, sinnierte er. »Damals, als ich in die Politik gegangen bin, habe ich gedacht, ich könnte etwas erreichen. Sowohl für mich persönlich als auch für mein Land. Und für die Welt insgesamt. Aber dann bin ich hinter die Wahrheit gekommen. Ich musste einsehen, dass unsere Regierungschefs genau wie die amerikanischen Präsidenten längst nicht diejenigen sind, die in dieser Welt das Sagen haben. Dass es Meister gibt. Die sitzen zwar nicht an den Schalthebeln der Macht ... aber man gibt etwas auf ihre Meinung. Das ist der Realität gewordene Albtraum des Russophilen von den Freimaurern ... Und jetzt kommt auch noch heraus, wozu die Meister das alles machen ... Was meinst du, kann ich damit zum Präsidenten gehen und ihm die Wahrheit enthüllen?«

»Woher soll ich wissen, ob Sie das können?«, entgegnete ich. »Mich würde man gar nicht erst vorlassen, bei Ihnen vermag ich das nicht einzuschätzen.«

»Jetzt mal ernsthaft!«

»Ich habe keinen blassen Schimmer. Vielleicht wissen die oben an der Spitze ja ohnehin alles. Vielleicht würden Sie niemandem ein Geheimnis enthüllen. Und selbst wenn, was heißt das schon? Wird man daraufhin weltweit Funktionale jagen? Wird man auf die Türme und Keller Thermonuklearbomben abwerfen? Was sollte das bringen? Der eine oder andere würde es schaffen, sich in eine andere Welten abzusetzen. Der Rest würde einfach abtauchen. Schließlich können Sie Funktionale nicht von normalen Menschen unterscheiden.«