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»Aber es gibt bei Ihnen Menschen, die den Kontinent besuchen ... und dort nach allerlei Artefakten suchen ...«

»Gewiss, die gibt es. Zwei, drei tollkühne Kapitäne. Aber die interessiert nur das Geschäft. Sie dürften sich jedoch für etwas anderes interessieren.«

»Ja.«

»Können Sie mir vielleicht ein wenig über die Hintergründe berichten?« In Dietrichs Stimme schwang ein bittender Unterton mit.

»Ja«, antwortete ich. »Also ... es existieren viele Welten, die der Erde vergleichbar sind. Im Grunde sind das auch alles Erden. Nur ist jede anders.«

»Verstehe ...« Dietrich sah mich ehrfürchtig an.

»Diese Welten ... sind im Raum verteilt. Meiner Ansicht nach jedoch nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit. In manchen Welten leben Menschen. In anderen gibt es keine Zivilisationen.«

»Das wäre in der Tat eine mögliche Theorie«, sagte Dietrich nachdenklich. »Ich habe lange über diese Fragen nachgedacht ...«

»Das ist leider keine Theorie. Ich bin in verschiedenen Welten gewesen. Ich komme selbst aus einer anderen Welt. Und ich glaube, meine Welt ist Ihre Vergangenheit.«

»Halt!« Dietrich fuchtelte mit der Hand. »Das ist nun wirklich blanker Unsinn! Ich habe diese Abenteuerromane gelesen, in denen sich der Held auf Zeitreise begibt. Das ist ein interessantes Gedankenspiel. Aber die Autoren räumen selbst ein, dass dergleichen unmöglich ist. Solche Reisen würden uns vor ein Paradoxon stellen. Wenn Sie tatsächlich aus unserer Vergangenheit stammen, dann würden Sie mit Ihrer Rückkehr Ihre Gegenwart ändern und folglich unsere Zukunft. Damit würde es unsere Zukunft nicht mehr geben, und Sie könnten gar nicht hier sein.«

»Und wenn sich die Zeit verästelt?«, wandte ich ein. »Wenn jede Reise einen neuen Zweig der Zukunft hervorbringt? Lass uns ... Lassen Sie uns der Einfachheit halber mal annehmen ...«

»Dann lassen Sie uns der Einfachheit halber auch zum Du übergehen.«

»Gern. Stellen wir uns einmal vor, ich hätte eure Zukunft gesehen, würde zurückkehren und unsere Zukunft würde daraufhin anders aussehen. Aber eure würde es auch noch geben.«

»Ich glaube, die Paradoxa wären damit nicht aus der Welt.« Dietrich runzelte die Stirn. »Aber im Grunde kann ich mich sowieso nicht auf diese Hypothese einlassen. Bist du sicher, dass du aus unserer Vergangenheit stammst?«

»Also zumindest komme ich aus einer Welt, die sehr stark an eure Vergangenheit erinnert«, lenkte ich ein. »Aber hundertprozentig sicher bin ich mir nicht. Ich versuche selbst noch dahinterzukommen. Gut, nehmen wir mal an, alle Welten würden sich auf verschiedenen Entwicklungsstufen befinden. In manchen Welten verlief die Geschichte so, in anderen so. Hier schneller, dort langsamer. Wärst du bereit, diese Hypothese zu akzeptieren?«

»Ja«, sagte Dietrich. »Und dann sind die Menschen-über-den-Menschen ...«

»Normalerweise heißen sie Funktionale.« Ich stieß einen Seufzer aus. »Sie ähneln den Menschen in vielem, aber jeder hat eine Spezialfunktion, einen Beruf, in dem er es zu Vollkommenheit gebracht hat, in dem er ein Niveau erreicht, das einfache Menschen nie erreichen. Trotzdem solltest du sie nicht beneiden. Die meisten Funktionale sind extrem eingeschränkt. Andere Sachen kriegen sie nämlich kaum noch hin. Außerdem sind sie, um es einmal bildlich auszudrücken, an das Gebäude gebunden, in dem sie ihren Beruf ausüben. Ein Friseur an seinen Laden, ein Arzt an sein Krankenhaus ...«

»Ein Schuster an seine Leisten. Stimmt schon, das ist nicht gerade angenehm.«

»Ich bin ein solches Funktional gewesen. Meine Arbeit war insofern besonders, als sie interessanter als alle anderen Tätigkeiten war, jedenfalls meiner Meinung nach. Ich war ein Zöllner. In meinem Haus gab es Türen in andere Welten.«

»Kaum zu glauben ...« Dietrich sah mich voller Respekt an. »Und ... wozu dient das alles?«

»Warte. Dazu kommen wir noch. Über den normalen Funktionalen sitzen die Sonderfunktionale.«

»Wie sollte es auch anders sein?« Dietrich schnaubte. Ich ließ ihn meine Worte ungehindert kommentieren, anscheinend bewältigte er auf diese Weise seinen inneren Aufruhr.

»Zum einen sind das die Polizistenfunktionale. Auch sie sind jeweils an ihren Abschnitt gebunden. Zum anderen gibt es Hebammen. Nein, sie assistieren dir nicht bei den Wehen, sondern verwandeln einen vorher bestimmten Menschen in ein Funktional. Wenn ein Mensch ein Funktional wird, wird er praktisch aus seinem bisherigen Leben ausradiert. Seine Freunde und Verwandte vergessen ihn. Sogar sämtliche Institutionen in seiner Welt vergessen ihn.«

»Auch nicht sehr schön.«

»Das kannst du laut sagen. Aber weiter: In jeder Welt gibt es einen Kurator. Er steht über den Polizisten und Hebammen und ordnet an, welche Person zu welcher Art Funktional zu verwandeln ist. Er hat große Macht und enorme Möglichkeiten. Aber auch er ist nicht frei. Er bekommt seine Befehle wiederum aus einer Welt namens Arkan. Das dürfte die technisch am weitesten entwickelte Welt sein. Soweit ich es begriffen habe, gehören Funktionale dort zum Alltag und sind eine normale Erscheinung dieser Zivilisation.«

»Aber damit hört es auch noch nicht auf, oder?«, wollte Dietrich wissen.

»Genau, damit hört es auch noch nicht auf. Ich habe guten Grund zu der Annahme, dass die ersten Funktionale aus eurer Welt gekommen sind. Als sie unbewohnbar wurde ... da sind sie wahrscheinlich großteils nach Arkan ausgewandert. Sie hatten die Möglichkeit entdeckt, sich in Raum und Zeit zu bewegen, und sind dort hingegangen. Aber sie haben es nicht dabei belassen, Arkan zu erobern und nach ihren Bedürfnissen umzuformen. Sie haben sich auch in die Angelegenheiten anderer Welten eingemischt. Sie lenken ihre Entwicklung in die Richtung, die ihnen genehm ist. Arkan ist ihre Basis. Eure Welt ist ihre Heimat. Sie ... sie sind nicht gerade zimperlich. Sie töten, ohne mit der Wimper zu zucken, noch weniger Gedanken verschwenden sie daran, das Schicksal eines Menschen umzuschreiben. Normale Funktionale, selbst die Hebammen und Kuratoren, sind bloß ihre Angestellten oder besser gesagt ihre Sklaven. Ich glaube, sie haben nicht ohne Grund in einer der Welten bis heute die Sklavenhaltergesellschaft aufrechterhalten. Das interessiert sie halt.«

»Was?«

»Die Beziehungen zwischen Sklaven und Herrn.«

»Wir sind keine Sklaven«, sagte Dietrich ernst.

»Nein, ihr seid keine Sklaven. Wahrscheinlich haben sie sich eurer Welt gegenüber gewisse herzliche Gefühle bewahrt. Aber trotzdem experimentieren sie auch mit euch. Euer Planet ist unbewohnbar und lebensgefährlich, nur auf einer einzigen namenlosen Insel gibt es eine friedliche, patriarchalische, mit der schlichten Existenz zufriedene ...«

»Manchmal glaube ich, das ist Kreta.«

»Was?«

»Ich habe versucht, aus alten Büchern herauszukriegen, wie unsere Insel heißen könnte. Zunächst habe ich geglaubt, es sei Formosa. Aber dann bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es Kreta ist. Ich weiß es nicht. Wir nennen sie jedenfalls einfach nur Insel.«

Was für eine Ironie und Symbolik, schoss es mir durch den Kopf. Die Insel im Mittelmeer, einst die Wiege der menschlichen Zivilisation, dient ihr heute als Totenbett.

»Das ist interessant«, sagte ich. »Aber es spielt kaum eine Rolle. Ob es nun Grönland, Formosa, Madagaskar, Kreta ...«

»Aber es spielt eine Rolle, dass die Funktionale aus unserer Welt sind. Und dass bei uns ...« Er schielte zum Turm rauf. »... der da steht.«

»Das stimmt.«

Dietrich versank in seine Gedanken. »Und du bist also ein ehemaliges Funktional?«

»Ja. Ein Zöllner.«

»Wie sind deine Beziehungen zu den anderen Funktionalen?«

»Wie?« Ich zuckte die Schultern. »Ein paar von ihnen habe ich ermordet.«