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»Der Eingang ist vor dir«, sagte der Roboter. »Wenn ich mich ihm nähere, riskiere ich, zerstört zu werden.«

»Verstehe ...«

»Du gehst zur Glastür. Sie öffnet sich, und du trittst ein. Dir werden ein paar Fragen gestellt. Leider kann ich die Informationen auf keinem mir zur Verfügung stehenden Wege einlesen, denn du musst dich mit dem Rücken zu mir stellen, und die Tür reagiert nicht auf Schallschwingungen.«

»Schade.« Ich holte die Schachtel Zigaretten heraus. Die von der Erde hatte ich bereits aufgeraucht, aber ich hatte das Päckchen mit den hiesigen aufgefüllt.

»Sei ganz ruhig«, meinte der Roboter sanft. »Entspann dich. Du bist im Vorteil, denn du hast das Wesen eines Funktionals, und das Gebäude muss das spüren. Du hast es sofort gesehen. Die anderen, die ich hierhergebracht habe, mussten sich, selbst als sie schon davorstanden, erst eine Weile einsehen, damit sie die Wirklichkeit um sich herum wahrnahmen. Ich glaube, du hast eine Chance.«

»Danke.« Ich zog ein paar Mal tief an der Zigarette. »Das beruhigt mich ungeheuer.«

»Zu schießen würde dir nichts nützen. Ich denke, du kannst die MPi ruhig behalten, aber dem Gebäude wird sie keinen Schaden zufügen. Und vergiss nicht, mich reinzulassen.«

»Keine Angst, Eiserner«, murmelte ich. »Wird schon alles schiefgehen.«

Darauf erwiderte er kein Wort. Ich nahm einen letzten Zug, warf die Zigarette weg und ging zur Tür.

Das Gebäude wirkte natürlich bedrückend. Die Wolkenkratzer auf der Erde, selbst die höchsten von ihnen, sind von anderen Bauten umgeben. Und die riesigen ägyptischen Pyramiden sind, obwohl in der Wüste erbaut, Fleisch vom Fleisch der Erde. Aber dieses Bauwerk auf der Spitze des Berges wirkte absolut deplatziert. Als ob ein Kind gespielt, an einer absolut unpassenden Stelle einen Turm aus Bauklötzen gebaut und dann gesagt hätte: »Der bleibt hier stehen!«

Die Glastür war völlig durchsichtig und sauber. Dahinter bemerkte ich ein ziemlich großes Foyer mit sanft leuchtenden Deckenlampen. Mitten im Foyer stand ein Tresen, der mir etwa bis zur Brust reichte. Das Ganze erweckte den Eindruck, als käme gleich ein freundlicher Portier, würde sich dahinter aufbauen und mich fragen: »Haben Sie reserviert?«

Ja, ich hatte reserviert. Seit dem Zeitpunkt, als ich nicht mehr in meine eigene Wohnung kam. Seit mein Hund mich verbellt hatte. Seit mein Ausweis sich in meinen Händen aufgelöst und mein Vater meine Stimme nicht mehr erkannt hatte. Ich hatte ein Recht, durch diese Tür zu gehen. Hindurchzugehen - und zu tun, was ich für nötig hielt!

Als mich nur noch wenige Schritte von der Tür trennten, schien sich auf dem Glas ein Riss abzuzeichnen. Die Flügel glitten gleichmäßig seitwärts auseinander. Ach, wie primitiv! Hätte sich die Tür nicht wenigstens in Luft auflösen, im Boden verschwinden oder sich neu einstellen können wie die Blende bei einem Fotoapparat? Aber nein: Schiebetüren. Wie in einem Eisenbahnwaggon ...

Ich schluckte meine Spucke runter und betrat das Foyer.

Hier war es ruhig und warm. Die Luft zitterte leicht, eine unsichtbare Klimaanlage lief. Unwillkürlich hielt ich nach den früheren Besuchern Ausschau. Was hatte ich denn geglaubt vorzufinden? Vermoderte Körper? Skelette? Natürlich entdeckte ich nichts dergleichen.

Ich machte einen weiteren Schritt.

Hinter mir schloss sich die Tür surrend wieder.

»Gehen Sie zum Tresen.«

Die Stimme war leise, höflich, aber im Unterschied zur Stimme des Roboters absolut künstlich. Geschlechtslos und geschliffen. Waschmaschinen und Staubsauger sprechen so.

»Ja«, antwortete ich aus irgendeinem Grund, bevor ich weiterging.

Der Tresen bestand aus hellem Stein oder Plastik, das Stein imitierte. Er war glatt, eine durchgängige Fläche, ohne irgendwelche Knöpfe oder andere Details.

»Legen Sie Ihre Hände auf den Tresen.«

Ich befolgte den Befehl.

»Nennen Sie Ihre Welt.«

»Erde. Genauer Erde-2. Demos.«

»Das stimmt. Nennen Sie Ihre Funktion.«

»Zöllner.«

Eine Pause. »Das stimmt nicht«, erklang es in unveränderter Gleichgültigkeit. »Die Verbindung zu Ihrer Funktion ist durchtrennt. Sie sind kein Funktional mehr.«

»Man hört nicht auf, ein Funktional zu sein«, wandte ich schnell ein. »Ich bleibe eine veränderte Wahrscheinlichkeit.«

Ein sekundenkurzes Zögern. »Das stimmt. Nennen Sie Ihre Funktion.«

Was sollte das? Machte der sich über mich lustig? Ich sah an die Decke, wo die Stimme herkam. Nein, auf Humor oder Ironie durfte ich hier nicht rechnen. Das war wirklich eine Maschine, ohne jeden Schatten eines menschlichen Gefühls.

»Ich bin ein Funktional, das seine Funktion nicht kennt.«

Eine lange Pause. »Das stimmt. Zweck des Besuchs?«

»Die Erkundung des Gebäudes.«

»Das stimmt. Dauer des Aufenthalts?«

»Unbestimmt«, versuchte ich mich auf seinen Ton einzulassen.

»Das stimmt.«

Sollte das wirklich so einfach sein? Brauchtest du bloß ein Funktional zu sein - und schon wurdest du eingelassen?

»Begründung?«

Ich schwieg kurz, dann antwortete ich: »Einschätzung der Zweckmäßigkeit, das Gebäude zu zerstören.«

»Das stimmt.«

Stille.

Von einem Fuß auf den anderen tretend, wartete ich. Irgendwo in den Tiefen des Gebäudes formulierte der Teil, der imstande war, eine Entscheidung zu treffen, seine nächste Frage.

»Haben Sie die Möglichkeit, das Gebäude zu zerstören?«

»Nein.«

»Das stimmt.«

Ich wartete auf weitere Fragen, doch die erfolgten nicht. Stattdessen ging der Tresen zwischen meinen Händen auseinander. Ein elastischer Schlauch schlängelte sich heraus, an dessen Ende ein Mundstück saß. Ich zuckte zurück, aber meine Hände waren förmlich an den Tresen festgeklebt.

»Öffnen Sie den Mund und beißen Sie auf den Aufsatz.«

»Wozu?«, schrie ich panisch.

»Zur Desinfektion«, erklärte die Stimme kalt. »Eine Standardprozedur, für Funktionale ohne Gefahr.«

»Und für einen Menschen?«

»Führt sie in einem Zeitraum zwischen dreißig Sekunden und sechs Stunden, zwölf Minuten zum Tod.«

Ich bog den Kopf zur Seite, um dem schlingernden Schlauch zu entkommen.

»Sie verweigern die Desinfektion?«

Das graue, runde Mundstück erstarrte vor meinem Gesicht. Mir fielen kaum erkennbare Einbuchtungen an ihm auf.

Hatte da jemand, gemartert von unerträglichen Zahnschmerzen, reingebissen?

Ich entkam nicht. Meine Hände waren noch immer wie festgeklebt. Und selbst wenn ich von dem Tresen losgekommen wäre - wohin willst du von einem U-Boot schon fliehen?

»Ich wiederhole die Frage: Sie verweigern die Desinfektion?«

Ob das die Standardprozedur war, um Teilfunktionale auszusieben? Oder eine Form, Lügner zu bestrafen? Oder fragte die Maschine ohne jeden Hintergedanken?

Wenn ich kein Funktional mehr war, würde ich sterben. Meine Funktionalsfähigkeiten wurden nur aktiviert, wenn ...

»Habe ich denn eine Wahl?«, schrie ich.

»Ja. Sie haben das Recht zu verweigern.«

»Ich wiederhole die Frage!«, brüllte ich. »Habe ich eine Wahl und sind die Folgen meiner Entscheidung wichtig für mein Schicksal? Verstehst du mich, du elektronischer Idiot?«

Und sofort begriff ich, dass das nicht zutraf. Ich spürte, wie die in den Wänden des Gebäudes liegenden Nervenzentren sich in einem Energiestrom entzündeten, als sie meine Frage analysierten und versuchten, ihren geheimen Sinn zu erfassen. Von wegen Elektronik! Von wegen flüssige Optoneuronenschaltkreise des Universalroboters Kark-E von Erde 46, der die Persönlichkeit des Dichters der Deprivationsschule Anatol Lars in sich aufgenommen hatte! Das war kein Computer, kein Automat, kein Roboter, keine Persönlichkeit, das, was in den Gebäuden der Funktionale lebte, das, was die Kräfte der an sie gekoppelten Menschen speiste, was aus dem Nichts Energie gewann und Informationen in Energie umwandelte. Eine Veränderung der ultrafeinen Strukturen der Materie, das Umkippen eines Elektronenspins von einhalb nach eins oder null, was in unserer Realität zur Überführung des Elektrons aus dem Wahrscheinlichen ins Unmögliche oder Unzulässige führte. Die Elementarteilchen der Materie verwandelten sich in Elemente eines ungeheuer komplizierten Schaltkreises, indem sie irgendwo jenseits der realen Welt in Wechselwirkung traten, dort, wo die Heisenberg’sche Unschärferelation regiert, erweitert und korrigiert durch das Imanishi-Kontinuum ...