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Mir war, als müsse ich mich übergeben. Der Gedanke, daß dieses Wesen auf der ganzen Fahrt von Iowa dicht hinter mir gesteckt hatte, war mehr als mein Magen aushalten konnte.
»Lösen wir den Parasiten ab. Vielleicht können wir Jarvis noch retten«, sagte ich, obwohl ich keineswegs daran glaubte, denn zutiefst im Herzen fühlte ich, daß jeder, der von diesen Geschöpfen befallen war, für immer verloren war.
Der Alte winkte ab. »Laßt Jarvis in Ruhe!«
»Aber ...«
»Keine Widerrede! Wenn er noch zu retten ist, dann spielt die Zeit keine Rolle. Auf jeden Fall ...« Er verstummte, und ich hielt ebenfalls den Mund. Ich wußte, was er meinte; es ging hier nicht um uns, sondern um die gesamte Bevölkerung der Vereinigten Staaten.
Der Alte hatte die Pistole gezogen und beobachtete mißtrauisch und unausgesetzt den Parasiten auf Jarvis' Rücken. Schließlich sagte er zu Mary: »Ruf den Präsidenten an. Unter Geheimnummer Null-Null-Null-Sieben.«
Mary trat an den Schreibtisch. Ich hörte sie in die schalldämpfende Muschel sprechen, aber mein
Hauptaugenmerk galt dem Schmarotzer. Er machte keine Anstalten, den Wirt zu verlassen.
Kurz darauf meldete Mary: »Ich kann ihn nicht erreichen. Einer seiner Mitarbeiter ist am Apparat - ein gewisser McDonough.«
Der Alte erschrak sichtlich. McDonough war ein kluger und liebenswerter Mann, der seine Meinung noch nie geändert hatte, seit er im Weißen Haus diente. Aber der Präsident benützte ihn, um sich hinter ihm zu verschanzen.
Jetzt brüllte der Alte los, ohne sich um den Schalldampfer zu kümmern.
Nein, der Präsident sei nicht zu sprechen. Nein, auch eine Nachricht könne ihn nicht erreichen. Nein, er, Donough überschreite keineswegs seine Befugnisse; der Alte stehe nicht auf der Liste der Ausnahmen - sofern es eine derartige Liste überhaupt gebe. Ja, McDonough werde sich glücklich schätzen, eine Zusammenkunft zu vereinbaren, das könne er zusichern. Ob es kommenden Freitag passe? Heute? Unmöglich. Morgen? Ausgeschlossen!
Der Alte legte den Hörer hin und sah aus, als ob ihn gleich der Schlag treffen würde. Dann holte er zweimal tief Atem, seine Gesichtszüge entspannten sich, und er sagte: »Dave, bitte Dr. Graves, er soll hereinkommen. Ihr übrigen haltet euch in angemessener Entfernung.«
Der Leiter des biologischen Laboratoriums erschien darauf. »Doktor, hier haben Sie ein solches Wesen, das noch nicht tot ist«, sagte der Alte.
Graves blickte aus nächster Nähe auf Jarvis' Rük-ken.
»Interessant!« bemerkte er und wollte sich hinknien.
»Zurück!«
Graves blickte auf. »Aber ich muß doch Gelegenheit haben -«
»Sie stellen sich an wie meine irre Tante! Ja, ich wünsche, daß Sie dieses Geschöpf untersuchen, aber zuerst müssen Sie es am Leben erhalten, zweitens müssen Sie verhindern, daß es entkommt, und drittens müssen Sie sich selbst schützen. Führen Sie bitte meine Anordnung aus. Lassen Sie eine Bahre kommen. Und - sehen Sie sich vor!«
Nachdem man Jarvis hinausgerollt hatte, gingen Davidson, Mary und ich in die Kantine, um einen Schnaps zu trinken. Davidson verließ uns bald.
Mary und ich unterhielten uns noch eine Weile und bemühten uns erfolglos, auf unsere Fragen Antwort zu finden. Dann verkündete sie, daß sie müde sei, und begab sich in den Schlafsaal für Frauen. Der Alte hatte alle Mitarbeiter angewiesen, diese Nacht im Hause zu verbringen. So zog auch ich mich in die Männerabteilung zurück und kroch in einen Schlafsack.
Sirenengeheul weckte mich. Taumelnd schlüpfte ich in die Kleider, während die Sirenen gurgelnd verstummten. Dann brüllte über die Lautsprecher der Hausanlage die Stimme des Alten: »Gas- und Strahlungswarnung! Ausgänge sperren! Alles in den Konferenzraum. Sofort!«
Da ich im Außendienst tätig war, hatte ich im Haus keine besonderen Pflichten und ging ohne Eile den Tunnel zu den Büros hinunter. Der Alte stand bereits in dem großen Saal und blickte grimmig drein. Ich wollte ihn fragen, was los sei, aber ein Dutzend Schreiber, Agenten, Stenographen usw. waren schon vor mir eingetroffen. Nach einer Weile schickte mich der Alte hinaus, um von der Wache, die am Tor den Dienst versah, die Anwesenheitsliste zu holen. Wir wurden aufgerufen, und bald stellte sich heraus, daß sich alle, die am Eingang registriert worden waren, eingefunden hatten, nur Jarvis und die Wache fehlten noch. Die Liste stimmte, denn jeder, der aus und ein ging, wurde genau aufgeschrieben.
Erneut wurde ich ausgesandt, um die Wache zu holen. Doch ehe der Mann sich entschloß, seinen Posten zu verlassen, rief er nochmals den Alten an; dann drückte er auf einen Hebel, der automatisch den Eingang verriegelte, und folgte mir. Als wir in den Saal kamen, war auch Jarvis, von Graves und einem Laboranten begleitet, anwesend. Man hatte ihm einen Kittel angezogen, wie man ihn in Krankenhäusern verwendet; er war anscheinend bei Bewußtsein, aber noch etwas benommen.
Mir dämmerte langsam, weshalb Alarm gegeben worden war. Der Alte stand mit dem Gesicht zur Versammlung und hielt einen gewissen Abstand. Plötzlich zog er die Pistole. »Einer der Parasiten, die auf der Erde eingedrungen sind, befindet sich mitten unter uns in Freiheit«, sagte er. »Was das bedeutet, ist einigen von euch nur zu gut bekannt. Den übrigen werde ich erklären, worum es sich handelt, denn die Sicherheit aller hier Anwesenden, ja, aller Menschen überhaupt hängt von eurer rückhaltlosen Zusammenarbeit und eurem unbedingten Gehorsam ab.« In knappen Worten erklärte er ihnen, was ein Parasit war und in welcher gefährlichen Lage wir uns befanden. Er schloß: »Kurz gesagt, der Parasit hält sich wahrscheinlich hier in diesem Raum auf. Einer von uns sieht wie ein Mensch aus, ist aber nur ein Automat, der sich nach Wunsch und Willen unseres tödlichsten Feindes bewegt.«
Ein Murmeln ging durch die Reihen. Die Leute musterten sich gegenseitig mit verstohlenen Blicken. Einen Augenblick zuvor hatten wir eine geschlossene Arbeitsgemeinschaft gebildet; jetzt waren wir nur mehr ein zusammengewürfelter Haufen, in dem jeder dem anderen mißtraute.
Graves räusperte sich. »Chef, ich habe jede erdenkliche ...«, begann er.
»Behalten Sie Ihre Weisheit für sich. Bringen Sie Jarvis nach vorn. Ziehen Sie ihm den Kittel aus.« Graves verstummte und führte gemeinsam mit seinem Helfer den Befehl aus. Jarvis schien seine Umgebung nur undeutlich wahrzunehmen. Graves mußte ihn mit einem Mittel betäubt haben.
»Drehen Sie ihn um«, befahl der Alte. Jarvis ließ es mit sich geschehen; auf Schultern und Nacken bemerkte man einen roten Hautausschlag. »Sie sehen, wo sich der Parasit angeheftet hatte. Jetzt müssen wir diese Kreatur wieder in die Hand bekommen! Mehr noch, wir müssen sie lebend fangen. Wo ein Parasit auf einem Menschen sitzt, habt ihr alle gesehen. Ich warne euch; wenn das Geschöpf getötet wird, brenne ich den Mann, der daran schuld ist, nieder. Falls man schießen muß, dann nur auf die Beine. Komm her!« Er richtete seine Waffe auf mich.
Auf halbem Wege zwischen den Leuten und ihm hieß er mich stehenbleiben. »Graves, setzen Sie Jarvis hinter mich. Nein, lassen Sie ihn ausgezogen.« Der Alte wandte sich wieder mir zu. »Wirf deine Pistole zu Boden.«
Er selbst hatte seine auf meinen Leib gerichtet; als ich meine zog, hütete ich mich vor jeder verdächtigen Bewegung. Ich ließ die Waffe zwei Meter von mir wegschlittern.
»Zieh alle deine Kleider aus.«
Diesem Befehl Folge zu leisten war peinlich, doch die Pistole des Alten beseitigte jede Hemmung.
Nachdem mich der Alte genau besehen hatte, befahl er mir, meine Waffe wieder an mich zu nehmen.
Nachdem ich mich in mein Schicksal ergeben hatte, entledigten sich auch die anderen ihres Auftrags ganz geschäftsmäßig, wenn einige auch etwas verlegen waren.