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Der blieb so unbekümmert und gelassen sitzen, als merke er nicht, daß einer seiner ältesten Freunde eben seinen guten Namen zerpflückte und dadurch die Sicherheit der Republik gefährdete. Er las die Zeilen, dann blickte er ohne Hast den Alten an. Der nickte.

Der Präsident stieß den Senatspräsidenten an, der sich daraufhin zu ihm herabbeugte. Sie flüsterten miteinander.

Gottlieb polterte noch immer weiter. Der Senatspräsident schlug mit dem Hammer auf den Tisch. »Bitte, Herr Senator!«

Gottlieb machte ein verdutztes Gesicht und erklärte: »Ich nehme nichts zurück.«

»Darum wird der Senator nicht gebeten. Wegen der Bedeutsamkeit seiner Worte wird der Senator ersucht, auf der Rednertribüne zu sprechen.«

Gottlieb wunderte sich offensichtlich, aber er ging langsam nach vorne. Marys Stuhl verstellte die Stufen, die auf die Tribüne hinaufführten. Statt auszuweichen, tändelte sie herum, drehte sich und hob den Stuhl hoch, so daß sie noch mehr im Wege war. Gottlieb blieb stehen, und sie streifte ihn. Er faßte sie am Arm, um sich wie auch ihr Halt zu geben. Nun sprach sie mit ihm, aber man konnte die Worte nicht verstehen. Schließlich ging Gottlieb zur Stirnseite der Rednertribüne weiter.

Der Alte zitterte. Mary hob den Kopf und nickte. »Packe ihn!« befahl mein Chef.

Mit einem gewaltigen Satz flog ich über das Geländer und landete auf Gottliebs Schulter. »Handschuhe, mein Sohn, nimm Handschuhe!« hörte ich den Alten brüllen. Ich hielt mich nicht damit auf, sie anzuziehen. Mit bloßen Händen riß ich dem Senator die Jacke herab und sah sofort den Parasiten unter seiner Wäsche pulsieren. Ich zerrte das Hemd herunter, und nun konnte sich jeder mit eigenen Augen überzeugen.

Sechs Stereokameras hätten nicht festhalten können, was sich in den nächsten paar Sekunden zutrug. Ich versetzte Gottlieb einen Fausthieb, damit er aufhörte, um sich zu schlagen. Mary kniete auf seinen Beinen. Der Präsident stand über mir und rief: »Da! Da! Nun können Sie es alle selbst sehen!« Der Senatspräsident war wie betäubt und schwang den Hammer. Frauen kreischten, und der Kongreß verwandelte sich in eine johlende Horde, während der Alte der Leibwache des Staatsoberhaupts gellend Befehle zuschrie.

Vereint halfen die Pistolen der Wachen und der Lärm des Hammers die Ordnung wiederherzustellen. Der Präsident fing zu sprechen an. Er erklärte ihnen, daß das Schicksal selbst ihnen eine Gelegenheit geboten habe, das wahre Wesen des Feindes zu erkennen, und er schlug vor, sie sollten einer nach dem anderen vorbeigehen und sich persönlich einen der Titanier vom größten Mond des Saturn betrachten. Ohne ihre Zustimmung abzuwarten, wies er auf die erste Bankreihe und forderte die Abgeordneten auf, zu ihm heraufzukommen. Und sie kamen.

Mary blieb auf der Tribüne. Etwa zwanzig waren vorbeigezogen, und ein weibliches Mitglied des Kongresses hatte einen hysterischen Anfall erlitten, als ich bemerkte, daß Mary dem Alten wieder ein Zeichen gab. Doch diesmal kam ich seinem Befehl um Haaresbreite zuvor. Wären nicht zwei Leute in der Nähe gewesen, hätte ich sicher einen schweren Kampf bestehen müssen. Dieser Verdächtige war jung und kräftig, ein ehemaliger Matrose. Wir legten ihn neben Gottlieb.

Von nun an wurden die Schaulustigen selbst unter die Lupe genommen, ob es ihnen behagte oder nicht.

Die Mehrzahl der Parasiten wäre entronnen, wenn der Geschäftsführer der Regierungspartei nicht Hilfe organisiert hätte. So konnten wir mit ihrer Hilfe dreizehn Parasiten fangen, von denen zehn am Leben blieben. Nur eines ihrer Opfer wurde schwer verwundet.

13

Der Präsident erhielt seine Vollmacht, und der Alte wurde in aller Öffentlichkeit zum Chef des Stabes ernannt; endlich konnten wir etwas unternehmen. Die geplanten Maßnahmen waren einfach.

Die Losung hieß: Rücken frei! Sie sollte den ersten Schritt im >Unternehmen Parasit< darstellen.

In Windeseile stellten wir einen Film zusammen, der über den Fernsehsender laufen sollte, während der Präsident seine Ansprache an die Nation hielt. Durch schnelles Handeln waren sieben der Parasiten, die wir in den geheiligten Hallen des Kongresses aufgestöbert hatten, geborgen worden; sie hausten nun auf Tieren.

In einer einzigen Nacht hatten wir den Schlachtplan vorbereitet. Den überwältigenden Höhepunkt sollte am Schluß eine Aufnahme des Kongresses bilden, der in einer Sitzung die Lage erörterte; Männer, Frauen und Angestellte würden allesamt mit entblößtem Rücken daran teilnehmen.

Achtundzwanzig Minuten fehlten noch bis zum Beginn der Stereoübertragung, als der Präsident einen Anruf erhielt. Ich war zugegen. Der Alte hatte die ganze Nacht beim Präsidenten zugebracht und mich für allerlei Aufträge eingesetzt. Wir trugen alle kurze

Hosen; im Weißen Haus hatte man die ausgegebene Losung bereits befolgt. Der Präsident ließ uns mithören, was er in dem Gespräch sagte. »Ich bin am Apparat«, meldete er sich. Kurz darauf meinte er: »Bist du dessen sicher? Nun gut, John, was rätst du? ... Ich verstehe. Nein, ich glaube nicht, daß es so geht ... Ich komme lieber selbst. Richte ihnen aus, sie sollten sich bereithalten.«

Er schob das Telefon zurück und wandte sich an einen Angestellten. »Lassen Sie die Stereosendung noch etwas hinausschieben.« Zum Alten gewandt, erklärte er: »Kommen Sie, Andrew, wir müssen zum Kapitol.«

Er rief seinen Kammerdiener herbei und zog sich in den Ankleideraum zurück, der neben seinem Amtszimmer lag; als er heraustrat, war er feierlich wie zu einem großen Staatsakt zurechtgemacht. Warum er das getan hatte, erläuterte er uns nicht. Wir übrigen blieben in unserem Gänsehautaufzug und begaben uns gemeinsam zum Kapitol.

Alle waren vollzählig versammelt.

Offenkundig gibt es Menschen, die lieber sterben als ihrer Würde etwas zu vergeben. Dazu gehören vor allem Senatoren. Kongreßmitglieder nicht minder. Sie hatten dem Präsidenten die Vollmacht bewilligt, um die er gebeten hatte; die Vorschrift, den Rük-ken frei zu machen, war erörtert und gebilligt worden, aber sie sahen nicht ein, daß sie auch für sie selbst galt. Schließlich waren sie untersucht und von Parasiten gesäubert worden. Vielleicht merkten manche die Lücken in dieser Schlußfolgerung, aber keiner wollte in einem öffentlichen Entkleidungsschauspiel der erste sein. Zugeknöpft bis zum Hals klebten sie auf ihren Sitzen.

Nachdem der Präsident die Rednertribüne bestiegen hatte, wartete er, bis es mäuschenstill war. Dann fing er langsam und gelassen an, sich auszuziehen. Er hielt erst inne, bis er mit nacktem Oberkörper vor ihnen stand. Dann wandte er sich um und hob die Arme. Schließlich sprach er:

»Dies habe ich getan, damit Sie sehen können, daß der leitende Mann des Staates kein Gefangener des Feindes ist.« Er machte eine Pause.

»Aber wie steht es mit Ihnen?« Das letzte Wort schleuderte er wütend der Versammlung entgegen.

Und schon im nächsten Augenblick rief er: »Mark Cummings sind Sie ein staatstreuer Bürger oder ein Spion jener Ungeheuer? Ziehen Sie Ihr Hemd aus!«

Während Cummings noch linkisch an seiner Jacke zerrte, erhob sich in der Mitte des Saales ein Mann -Senator Gottlieb. Er sah aus, als hätte er lieber im Bett bleiben sollen; die Wangen waren grau und eingefallen, und die Lippen hatten eine bläuliche Färbung. Aber er hielt sich kerzengerade und folgte mit unglaublicher Würde dem Beispiel des Präsidenten. Dann drehte auch er sich ganz herum; auf seinem Rücken sah man die grellroten Spuren des Parasiten. Dann ergriff er das Wort.

»Gestern abend stand ich hier und sagte Dinge, die so ungeheuerlich waren, daß ich mir früher lieber die Haut hätte abziehen lassen, als sie zu äußern. Doch gestern abend war ich nicht Herr meiner selbst. Heute bin ich wieder ein freier Mann. Seht ihr nicht, daß Rom brennt?« Plötzlich hatte er eine Pistole in der Hand. »Wollt ihr wohl aufstehen? Zwei Minuten gebe ich euch Frist, einen freien Rücken zu zeigen, dann schieße ich!«