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»Was?« Hazelhurst sprang mit einem Satz vom Stuhl auf.

»Konnten Sie das nicht an meinem Gesicht erkennen? Die maskenhaften Züge wiesen eindeutig darauf hin. Ich habe Leute gepflegt, die daran erkrankt waren - daheim, in Kaiserville, weil ich es selbst gehabt hatte und es nicht mehr bekommen konnte.«

Steelton fragte: »Was sagen Sie dazu, Doktor? Haben Sie jemals einen Fall gesehen?«

»Neuntagefieber? Nein. Zur Zeit der zweiten Expedition besaß man ein Serum dagegen. Natürlich sind mir die klinischen Einzelheiten bekannt.«

»Aber an diesen Bildern können Sie nichts feststellen?«

Hazelhurst drückte sich vorsichtig aus: »Ich würde sagen: was wir gesehen haben, ist mit dem mir bekannten Krankheitsbild vereinbar, aber es ist nicht eindeutig.«

»Nicht eindeutig?« widersprach Mary scharf. »Ich habe Ihnen doch erklärt, daß es Neuntagefieber ist!«

»Wir müssen Gewißheit haben«, entschuldigte sich Steelton.

»Genügen Ihnen meine Worte nicht?«

Mary war nahe daran, ihre Selbstbeherrschung zu verlieren.

Steelton begütigte: »Meine Liebe, Sie haben meiner Ansicht nach Ihre Behauptung bewiesen. Aber erklären Sie mir noch eines: wir haben immer geglaubt, Sie besäßen von diesem Zeitabschnitt keine bewußte Erinnerung mehr, und meine Untersuchung bestätigte dies. Nun reden Sie, als könnten Sie sich doch entsinnen.«

Mary sah erstaunt drein. »Es fällt mir gerade eben ein. Ich habe viele Jahre nicht mehr daran gedacht.«

»Das kann ich verstehen.« Er wandte sich an Ha-zelhurst. »Nun, Doktor? Besitzen wir eine Kultur dieser Erreger? Haben Ihre Leute daran gearbeitet?«

Hazelhurst schien niedergeschmettert. »Natürlich nicht! Kommt auch nicht in Frage! Neuntagefieber! Ebensogut ließen sich Kinderlähmung oder Typhus anwenden. Eher könnte ich eine Stecknadel mit einer Axt spalten!«

Ich zupfte Mary am Ärmel. »Gehen wir, Liebling. Ich glaube, daß wir genug Schaden angerichtet haben.« Sie zitterte, und ihre Augen standen voll Tränen. Ich führte sie in die Offiziersmesse, um ihre Nerven mit destilliertem Alkohol zu behandeln.

Später brachte ich Mary zu Bett, damit sie sich ein wenig ausruhte, und blieb bei ihr sitzen, bis sie eingeschlummert war. Dann suchte ich meinen Vater im

Zimmer auf, das man ihm angewiesen hatte. »Wie geht es?« fragte ich.

Er sah mich nachdenklich an. »Nun, Elihu, ich höre, daß du das große Los gezogen hast.«

»Mir wäre es lieber, du nenntest mich Sam«, ent-gegnete ich.

»Also gut, Sam. Der Erfolg hat dir recht gegeben. Trotzdem kommt mir das große Los eher wie eine Niete vor. Ich bin enttäuscht. Neuntagefieber! Kein Wunder, daß die Kolonie ausstarb und die Parasiten dazu. Ich sehe noch keinen Weg, wie wir aus der Entdeckung Nutzen ziehen könnten. Nicht jeder besitzt Marys unbezähmbaren Lebenswillen.«

Ich verstand ihn. Bei diesem Fieber verliefen über neunzig Prozent der Fälle für nicht geimpfte Erdmenschen tödlich. Hatten die Leute ein Schutzserum dagegen erhalten, sank dieser Prozentsatz tatsächlich auf Null; aber das zählte nicht. Wir brauchten einen Bazillus, der dem Menschen nur leichten Schaden zufügte, den Parasiten aber vernichtete. »Doch das ist im Augenblick gleichgültig«, überlegte ich. »Wahrscheinlich wirst du innerhalb der nächsten sechs Wochen im ganzen Mississippital Typhus oder Pest, vielleicht beides vereint, erleben.«

»Oder die Schneckenwesen haben in Asien etwas dazugelernt und sorgen nun für gründliche Sauberkeit«, antwortete er. Der Gedanke erschütterte mich so, daß ich seine nächsten Worte beinahe überhört hätte.

»Nein, Sam, du wirst einen besseren Plan aushek-ken müssen.«

»Wieso ich? Ich stehe hier nur in Arbeit.«

»Das war einmal, aber jetzt hast du in dieser Angelegenheit die Führung übernommen.«

»Zum Teufel, wovon redest du? Ich habe hier nichts zu befehlen und hege auch kein Verlangen danach. Du bist mein Vorgesetzter.«

Er schüttelte den Kopf. »Chef ist, wer angibt. Titel und Rangabzeichen kommen später. Sag einmal, glaubst du, daß Oldsfield mich je ersetzen könnte?«

Ich verneinte. Vaters Stellvertreter war ein pflichtgetreuer Beamter, wie er im Buch steht, ein Mann, der etwas ausführen, aber nicht selbständig entscheiden konnte. »Ich habe dich nie in einen höheren Rang erhoben, weil ich wußte, daß du das selbst besorgen würdest, wenn es an der Zeit wäre. Nun ist es soweit. Du hast dich in einer wichtigen Angelegenheit meinem Willen widersetzt, mir deine Ansicht aufgezwungen, und das Ergebnis hat dir recht gegeben.«

»Ach Unsinn! Ich war dickköpfig und habe einmal meine Meinung mit Gewalt durchgedrückt. Euch Neunmalklugen fiel es überhaupt nicht ein, den einzigen erreichbaren Menschen offen zu fragen, der wirklich auf der Venus Bescheid wußte - nämlich

Mary. Aber ich erhoffte mir nicht, irgend etwas von ihr zu erfahren. Ich hatte zufällig Glück.«

»An derlei glaube ich nicht, Sam«, widersprach er. »Glück ist nur eine billige Erklärung, die Mittelmäßige für eine geniale Leistung haben.«

Ich stützte mich mit den Händen auf den Schreibtisch und beugte mich zu ihm. »Na schön, dann bin ich ein Genie. Aber du bringst mich nicht dazu, daß ich mir die Verantwortung aufhalsen lasse. Wenn dieser Zauber vorüber ist, gehen Mary und ich in die Berge und ziehen Katzen und Kinder auf. Ich beabsichtige nicht, Vorgesetzter leicht verrückter Agenten zu werden.«

Er lächelte nachsichtig.

Ich fuhr fort: »Mich gelüstet es nicht, deine Stellung zu übernehmen, verstehst du?«

»Genau das sagte der Teufel auch zum lieben Gott, nachdem er ihn abgesetzt hatte. Nimm's nicht so schwer, Sam. Ich werde den Titel einstweilen noch behalten. Und was haben Sie nun für Pläne, junger Mann?«

31

Das Schlimmste an der Geschichte war, daß er es ernst meinte. Ich versuchte mich zu drücken, aber es gelang mir nicht. Noch an diesem Nachmittag wurde eine Konferenz auf höchster Ebene einberufen. Man benachrichtigte mich, aber ich blieb fern. Kurz darauf erschien eine kleine Stabshelferin, um mir mitzuteilen, daß der Offizier, der den Vorsitz führte, mich erwarte und mich bitten lasse, sofort zu erscheinen.

So ging ich. Doch ich war bestrebt, mich aus den Erörterungen herauszuhalten.

Man ächzte und stöhnte reichlich darüber, daß es unmöglich sei, Neuntagefieber anzuwenden.

»Ja, Herr Nivens?« Es war der kommandierende General, der sich an mich wandte. Ich hatte kein Wort gesprochen, aber Vaters Augen ruhten erwartungsvoll auf mir.

»In dieser Sitzung habe ich viele verzweifelte Reden gehört und viele Ansichten, die meiner Meinung nach auf einer falschen Voraussetzung beruhten. Ich höre dauernd vom >Neuntagefieber<, als ob die neun Tage eine unumstößliche Tatsache wären. Das stimmt nicht.«

Der ranghöchste Offizier zuckte ungeduldig die Achseln.

»Die Bezeichnung paßt durchaus, das Fieber hält durchschnittlich neun Tage an.«

»Ja, aber wieso wissen Sie, daß es auch für einen Parasiten neun Tage währt?« An dem Gemurmel, mit dem meine Worte auf genommen wurden, erkannte ich, daß ich wieder den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.

Man forderte mich auf zu erklären, warum ich glaubte, daß bei den Parasiten das Fieber eine andere Dauer habe, und warum das eine Rolle spiele. Ich trieb mein gewagtes Spiel weiter. »Erstens starb der Parasit in dem einzigen Fall, der uns bekannt ist, in weniger als neun Tagen bedeutend weniger! Jene von Ihnen, die den Bericht über meine Frau eingesehen haben, werden sich erinnern, daß ihr Parasit sie lange vor der Krisis am achten Tage verließ. Wahrscheinlich ist er abgefallen und verendet. Wenn Versuche dies bestätigen, liegt das Problem anders. Ein Mann, der an Fieber leidet, könnte sein Schneckenwesen in, sagen wir, vier Tagen loswerden. Dadurch gewinnt man vier Tage Zeit, um den Erkrankten zu heilen.«