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»Barnes«, wiederholte der Präsident sanft. »Andrew, ich hatte gehofft, Ihnen das ersparen zu können, aber ...«, er drückte schnell auf eine Taste an seinem Schreibtisch. »Bitte, die Stereostation WDES, Des Moines und das Büro des Direktors.«

Kurz darauf blinkte ein Bildschirm an seinem Schreibtisch auf. Der Präsident bediente einen anderen Schalter, und in der Wand erschien die leuchtende Fläche eines Vorführgeräts. Wir blickten in den Raum, in dem wir vor ein paar Stunden gewesen waren. Und den Vordergrund beherrschte ein Mann -Barnes!

Oder sein Zwillingsbruder. Wenn ich einen Menschen erschieße, dann erwarte ich, daß er tot bleibt. Ich war erschüttert, aber ich glaubte noch immer an mich und - an meine Strahlenpistole.

Der Mann sagte: »Sie haben nach mir gefragt, Herr Präsident?« Es klang, als sei er von der Ehre verwirrt.

»Ja, Herr Barnes. Erkennen Sie diese Leute wieder?«

Der Mann sah erstaunt drein. »Ich fürchte nein. Erwartet man es von mir?«

Der Alte unterbrach ihn. »Sagen Sie ihm, er solle seine Bürokräfte hereinrufen.«

Der Präsident machte ein spöttisches Gesicht, aber er tat unserem Chef den Gefallen. Sie kamen in Scharen, hauptsächlich Mädchen, und ich erkannte die Sekretärin wieder, die vor der Tür gesessen hatte.

Keine von ihnen erkannte uns wieder. Das war bei dem Alten und mir nicht verwunderlich, aber Mary sah völlig unverändert aus, und ich wette, daß sich ihr Anblick jeder Frau, die sie einmal gesehen hatte, ins Gedächtnis eingebrannt haben müßte.

Doch eines fiel mir an ihnen auf: sie hatten ausnahmslos runde Schultern.

Der Präsident verabschiedete uns huldvoll. Er legte dem Alten die Hand auf die Schulter. »Im Ernst, Andrew, die Republik wird nicht untergehen, wir werden sie schon durchbringen.«

Zehn Minuten später wehte uns der Wind auf der Creek-Plattform um die Ohren. Der Alte sah richtig eingefallen aus.

»Was nun, Chef?«

»Wie? Für euch zwei gibt es nichts zu tun. Ihr habt beide Urlaub, bis ich euch rufe.«

»Ich würde gern das Büro dieses Herrn Barnes nochmals aufsuchen.«

»In Iowa hast du nichts verloren. Das ist ein Befehl.«

»Hmmm - was hast du vor, wenn ich fragen darf?«

»Ich fahre nach Florida, lege mich in die Sonne und warte darauf, daß die Welt zum Teufel geht. Wenn du einen Funken Verstand hast, machst du es mir nach. Uns bleibt nur noch verdammt wenig Zeit.«

Trotzig und ungebeugt stapfte er davon. Ich wandte mich um und wollte etwas zu Mary sagen, aber sie war verschwunden. Sofort begann ich sie überall zu suchen, aber sie war nicht zu entdecken. Schließlich trabte ich davon und holte den Alten ein. »Entschuldige, Chef. Wohin ist Mary gegangen?«

»Zweifellos in Urlaub. Fall mir nicht auf die Nerven!«

Ich überlegte, ob ich sie über das Nachrichtennetz der Abteilung finden könnte, aber mir fiel ein, daß ich ihren wahren Namen, ihren Decknamen oder ihre Geheimnummer nicht kannte. Dann fragte ich mich, ob ich mein Ziel mit einer Beschreibung ihrer Person erreichen würde; aber das war unsinnig. Nur in den Akten des Schönheitssalons war verzeichnet, wie ein Agent wirklich aussah, und von dieser Stelle erhielt man keine Auskunft. Ich wußte nur, daß sie zweimal mit roten Haaren herumgelaufen war und daß sie, meinem Empfinden nach, von jener Art war, um die sich die Männer raufen. Nun versuche mal einer, diesen Steckbrief über Funk durchzugeben!

So begnügte ich mich, ein Zimmer für die Nacht zu suchen.

4

Als der Abend dämmerte, wurde ich munter und blickte durch das Fenster auf die Hauptstadt hinaus, die zu nächtlichem Leben erwachte. Ich habe öfter als die meisten Leute die Hauptstadt bei Nacht gesehen und mir nie viel dabei gedacht. Aber heute hatte ich das Gefühl, als wäre es ein letztes Beieinandersein. Es war nicht die Schönheit des Anblicks, die mir die Kehle zuschnürte, sondern das Bewußtsein, daß unter jenen warmen Lichtern Menschen wohnten, Charaktere voller Leben, die ihren ehrbaren Geschäften nachgingen, sich liebten oder haßten, wie es ihnen behagte; kurz gesagt: jeder von ihnen war ein König in seinem kleinen Reich und konnte nach Belieben schalten und walten, ohne sich vor jemandem fürchten zu müssen. Alle diese netten, gutmütigen Menschen sah ich plötzlich von jenen grauen Mollusken befallen, die ihnen im Nacken hafteten, ihnen wie Marionetten Beine und Arme zappeln ließen und sie zwangen, ihnen alles nach Wunsch und Willen zu tun.

Ich wandte mich ab. Was ich jetzt brauchte, war ein wenig Gesellschaft. Doch mir lag nur eine ganz bestimmte Frau im Sinn eine, die nicht nur eine nette Freundin war, sondern notfalls auch mit der Schuß-

waffe umzugehen verstand. Und ich wußte nicht, wohin sie verschwunden war.

Ich trage immer ein Röhrchen > Tempus fugit<-Pillen bei mir; denn man weiß nie, wann man seine Nerven ein wenig auf rütteln muß, um in einer heiklen Lage durchzuhalten. Obwohl vor dem Gebrauch der Tempus-Pillen gewarnt wird, führen sie bei mir zu keiner schädlichen Gewohnheit.

Schon hatte ich zwei Pillen aus dem Röhrchen genommen und mir ein Glas Wasser geholt. Doch dann steckte ich sie wieder weg, schnallte mir die Pistole um, befestigte mein Funktelefon und verließ das Hotel. Ich schlug den Weg zur Kongreß-Bibliothek ein.

Unterwegs suchte ich noch ein Lokal auf und sah mir die Nachrichten an. Aus Iowa nichts Neues, aber wann hörte man aus diesem Erdenwinkel schon etwas?

In der Bibliothek ging ich zum Katalog, setzte die Brille auf und blätterte unter den entsprechenden Stichworten nach; von fliegenden Untertassen< gelangte ich zu fliegenden Scheiben<, dann zum >Pro-jekt Untertasse<, >Lichtern am Himmel<, >Feuerku-geln< sowie zu einer >kosmischen Diffusionstheorie über den Ursprung des Lebens<, dabei verrannte ich mich in zwei Dutzend Sackgassen und Seitenwege merkwürdigster Literaturzweige. Ich hätte einen Geigerzähler gebraucht, um mir zu sagen, was sich nicht anzusehen lohnte, zumal sich das Gebiet, das ich erkunden wollte, bestimmt hinter einem Zauberwort versteckte, das zwischen Äsops Fabeln und den Sagen von versunkenen Kontinenten stand.

Trotzdem hatte ich nach einer Stunde eine Handvoll Auswahlkarten beisammen. Ich reichte sie der vestalischen Jungfrau an der Ausgabestelle und wartete, während sie meinen Wunschzettel in die Bestellklappe schob. Bald darauf erklärte sie: »Die meisten der verlangten Filme sind bereits ausgegeben. Die übrigen lasse ich ins Studio 9-A bringen. Benützen Sie bitte die Rolltreppe.«

In Raum 9-A befand sich bereits jemand, der hochblickte und sagte: »Ach! Wie hast du mich entdeckt? Ich hätte schwören können, daß ich dir entwischt sei.«

»Hallo, Mary«, rief ich.

»Guten Tag«, sagte sie, »und auf Wiedersehen. Johanna ist immer noch nicht >willig<. Ich habe zu arbeiten.«

Das langte mir. »Hör mal, du eingebildeter Gartenzwerg, so unglaubwürdig es scheinen mag, aber ich bin nicht hierhergekommen, um deinen zweifellos schönen Körper zu bewundern. Hin und wieder arbeite ich nämlich auch. Sobald meine Filmspulen hier sind, werde ich wie der Blitz verschwinden und mir ein anderes Studio aussuchen - nur für Herren!«

Anstatt zornig aufzubrausen, wurde sie sogleich sanft. »Entschuldige, Sam. Eine Frau hört immer wieder das gleiche. Setz dich hin.«