Ich mußte handeln. Die Aussichten, einen Parasiten zu fangen und sein Bild über die Fernsehkabel ins Weiße Haus zu leiten, waren hier günstiger als in einer dichten Menschenmasse. Ich warf einen Blick auf meine Kameraden; sie waren auf dem Sprung, und Jarvis hielt die Kamera bereit.
Als der Farmer sich umwandte, stellte ich ihm ein Bein. Er fiel nieder, ich klammerte mich an seinen Rük-ken und riß ihm das Hemd herunter. Jarvis näherte sich und machte eine Großaufnahme. Ehe der Mann zum Schnaufen kam, hatte ich den Rücken entblößt.
Doch der war leer - ohne einen Parasiten -, und weder an ihm noch an einer anderen Körperstelle war eine Spur davon zu finden.
Ich war dem Mann beim Aufstehen behilflich und säuberte ihn, weil seine Kleider voll Asche waren. »Es tut mir schrecklich leid«, murmelte ich.
Er bebte vor Wut. Er blickte uns an, und um seinen Mund zuckte es. »Ich werde euch anzeigen. Wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre, würde ich euch alle drei verhauen.«
»Glaube mir, guter Alter, es war ein Mißverständnis.«
»Mißverständnis!« Sein Gesicht verzerrte sich, und ich glaubte, er würde weinen. »Ich komme aus Oklahoma zurück und finde mein Haus niedergebrannt, meine halbe Viehherde ist verschwunden und mein Schwiegersohn nirgends zu entdecken. Dann mache ich mich auf, um nachzusehen, warum hier Fremde auf meinem Grund und Boden herumschnüffeln, und werde noch überfallen! Soll mir das vielleicht angenehm sein? >in Mißverständnis!< Ich begreife diese Welt nicht mehr.«
Ich hatte ihm ein Licht anstecken können, aber ich verzichtete darauf. Doch für die Unbill, die er erlitten hatte, wollte ich ihn mit Geld entschädigen; aber er schlug mir die Banknote aus der Hand, daß sie zu Boden flatterte. Recht betreten zogen wir von dannen.
»Wohin geht es nun?«
»WDES Hauptstation. Bei der wird es kein Mißverständnis geben.«
An den Schranken der Einfahrt nach Des Moines zögerte der Aufsichtsbeamte, uns durchzulassen. Er blickte in sein Notizbuch und dann auf unser Nummernschild. »Der Sheriff sucht diesen Wagen«, sagte er. »Fahrt rechts heran und bleibt stehen.«
»Schon gut«, bemerkte ich gelassen, fuhr neun Me-ter zurück und gab Gas. Erfreulicherweise waren die Wagen der Abteilung so stark gebaut, daß es kaum ein Hindernis für sie gab. So fiel denn auch diese Schranke, obwohl sie nicht von Pappe war.
Ich fuhr so schnell, daß mich kein Verfolger einholen konnte. Vor der Sendestation zog ich die Bremsen, daß es krachte, und wir sprangen aus dem Wagen. Wir eilten in den ersten Aufzug und drückten auf den Knopf, der zu Barnes' Stockwerk führte. Als wir es erreichten, ließ ich die Tür des Lifts offen. Die Empfangsdame im Vorraum versuchte uns aufzuhalten, aber wir rannten an ihr vorbei. Die Mädchen blickten verblüfft hoch. Ich ging geradewegs zur Tür, die in Barnes' Büro führte, und versuchte sie zu öffnen; sie war versperrt. Ich wandte mich an die Sekretärin. »Wo steckt Barnes?«
»Wen darf ich bitte melden?« frage sie mit aalglatter Höflichkeit. Ich blickte auf ihre Schultern hinunter. Buckelig. Bei Gott, sagte ich mir, dieses Mädel muß einen Parasiten tragen. Es war hier, als ich Barnes tötete.
So beugte ich mich über sie und riß ihr die Woll-bluse hoch.
Ich hatte mich nicht geirrt. Zum zweitenmal starrte ich auf eines der schleimigen Geschöpfe.
Das Mädchen wehrte sich verzweifelt. Ich versetzte ihm einen Judoschlag, und das Mädchen sackte zusammen. Mit drei Fingern packte ich es vorn am Rock und riß es herum. »Jarvis, mach eine Großaufnahme«, brüllte ich.
Der Dummkopf hantierte an seinem Gerät herum, wobei sein breiter Rücken zwischen mir und der Kamera war. Dann richtete er sich auf. »Der Traum ist aus. Röhre durchgebrannt«, sagte er.
»Setz eine neue ein - aber flink!«
Am anderen Ende des Zimmers erhob sich eine Stenotypistin und schoß auf unseren Apparat; sie traf ihn. Im nächsten Augenblick hatte Davidson seine Strahlenpistole auf sie gerichtet. Als wäre das ein Signal, stürzten sich etwa sechs andere auf Davidson.
Ich hielt die Sekretärin noch immer fest und feuerte von meinem Platz aus. Mit einem Seitenblick erhaschte ich eine Bewegung, drehte mich um und entdeckte >Barnes Nummer zwei<, der in der Tür stand. Ich schoß ihn durch die Brust, um die Schnecke zu treffen, die auf seinem Rücken sitzen mußte. Dann wandte ich mich wieder dem Raum zu.
Davidson hatte sich freigekämpft. Die nächste Ladung pfiff an meinem Ohr vorbei. »Vielen Dank auch«, sagte ich. »Jarvis, kommt, wir türmen!«
Der Aufzug stand offen; wir rasten hinein, ich schleppte immer noch Barnes’ Sekretärin mit. Dann knallte ich die Tür zu, und wir fuhren abwärts. Davidson zitterte, und Jarvis war weiß wie die Wand.
»Reißt euch zusammen«, mahnte ich. »Ihr habt keine Menschen erschossen, sondern Ungeheuer wie dieses hier.« Ich hielt das Mädchen hoch und blickte auf seinen Rücken.
Da hätte mich beinahe der Schlag getroffen. Mein Musterstück, das einzige, das ich erwischt hatte und lebend heimbringen wollte, war verschwunden. Wahrscheinlich war es während des Spektakels zu Boden geglitten und davongekrochen. »Jarvis, hast du irgend etwas aufnehmen können?« Er schüttelte den Kopf.
Der Rücken des Mädchens war mit einem Hautausschlag bedeckt, der aussah, als wäre sie an der Stelle, wo der Parasit gesessen hatte, von Millionen Stecknadeln geritzt worden. Ich lehnte es im Lift an die Wand. Es war immer noch bewußtlos, so ließen wir es zurück. Als wir durch die Eingangshalle auf die Straße hinausgingen, blieb alles still, und keiner machte Jagd auf uns.
Ein Polizist hatte seinen Fuß auf das Trittbrett unseres Wagens gestellt und schrieb gerade einen Strafzettel aus. Er reichte ihn mir und meinte: »Men-schenskind, hier darf man doch nicht parken.«
Ich entschuldigte mich und unterschrieb. Dann gab ich Gas und sauste davon; dabei wich ich dem Verkehr nach Möglichkeit aus und stieg geradewegs von einer Straße der Innenstadt in die Luft empor. Als ich mein Fahrzeug auf eine gewisse Höhe gebracht hatte, wechselte ich das Nummernschild und die verschlüsselte Kennziffer aus. Unser Alter dachte eben an alles.
Doch von mir hielt er nicht viel. Ich versuchte auf dem Heimweg Meldung zu machen, aber er hieß mich schweigen und befahl uns, in das Abteilungsbüro zu kommen. Dort stand Mary neben ihm. Er ließ mich berichten und unterbrach mich nur hin und wieder mit einem Brummen. »Wieviel habt ihr gesehen?« fragte ich, als ich geendet hatte.
»Als du die Schranke überrannt hattest, wurde die Übertragung unterbrochen. Der Präsident war nicht sehr beeindruckt von dem, was er sah.«
»Das glaube ich.«
Mary war unterdessen im Zimmer herumgewandert. Ich versuchte einen Blick von ihr zu erhaschen, aber sie hatte keinen für mich übrig. Nun blieb sie hinter Jarvis’ Stuhl stehen und - gab dem Alten das gleiche Zeichen wie damals bei Barnes.
Ich schlug Jarvis mit der Pistole auf den Kopf, daß er zusammensackte und aus dem Stuhl fiel.
»Zurück, Davidson!« stieß der Alte hervor. Er hatte die Pistole gezogen und sie auf die Brust des Agenten gerichtet. »Mary, wie steht es mit ihm?«
»Er ist in Ordnung.«
»Und der da?«
»Sam ist auch sauber.«
Die Augen des Alten glitten über uns; ich hatte mich noch nie dem Tode so nahe gefühlt. »Herunter mit den Hemden«, befahl er barsch.
Wir gehorchten. Mary hatte recht gehabt. Doch ich fragte mich, ob ich es merken würde, wenn ich selbst einen Parasiten an mir trüge. »Jetzt Jarvis! Aber nehmt Handschuhe«, befahl der Alte.
Wir legten Jarvis ausgestreckt nieder und schnitten vorsichtig die Kleider auf. Da hatten wir unser lebendes Musterstück.