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Ein Mann in Zivil nahm Dana draußen in Empfang. »Ich bringe Sie zu General Boosters Büro, Miss Evans.«

Sie fuhren mit einem Fahrstuhl in den fünften Stock und gingen einen langen Korridor entlang, bis sie zu einer Büroflucht am anderen Ende kamen.

Sie betraten ein großes Empfangsbüro mit zwei Schreibtischen für die Sekretärinnen. »Der General erwartet Sie bereits, Miss Evans«, sagte eine der Sekretärinnen. »Gehen Sie bitte rein.« Sie drückte auf einen Knopf, und die Tür zum Chefbüro sprang auf.

Dana gelangte in ein geräumiges Büro mit dickem Schallschutz an Decke und Wänden. Sie wurde von einem großen, schlanken und attraktiven Mann um die vierzig empfangen, der ihr mit ausgestreckter Hand entgegenkam. »Major Jack Stone«, sagte er. »Ich bin General Boosters Adjutant.« Er deutete auf einen Mann, der an einem Schreibtisch saß. »Das ist General Booster.«

Victor Booster war Afroamerikaner. Er hatte ein scharf geschnittenes Gesicht und harte, wie aus Obsidian wirkende Augen. Sein glatt rasierter Schädel glänzte im Schein der Deckenlampen.

»Setzen Sie sich«, sagte er mit tiefem, grollendem Bass.

Dana nahm Platz. »Danke, dass Sie mich empfangen, General.«

»Sie sagten, es geht um Taylor Winthrop?«

»Ja. Ich wollte -«

»Arbeiten Sie an einer Story über ihn, Miss Evans?«

»Nun ja, ich -«

Er schlug einen härteren Tonfall an. »Könnt ihr Scheißjournalisten die Toten nicht in Frieden lassen? Ihr seid doch alle eine Bande von Aasgeiern und Leichenschändern, die bloß im Dreck rumwühlen wollen.«

Dana saß da wie vom Donner gerührt.

Jack Stone wirkte betreten.

Dana riss sich zusammen. »General Booster, ich versichere Ihnen, dass mir nicht daran gelegen ist, irgendwelchen Dreck aufzuwühlen. Bislang kenne ich nur all die sagenhaften Geschichten, die man sich über Taylor Winthrop erzählt. Aber ich möchte mir ein Bild davon machen, was für ein Mensch er persönlich war. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir darüber etwas erzählen könnten.«

General Booster beugte sich vor. »Ich weiß nicht, worauf Sie aus sind, aber eins kann ich Ihnen sagen: Der Mann war sagenhaft. Ich habe unter Taylor Winthrop gearbeitet, als er Leiter der FRA war. Er war der beste Direktor, den diese Behörde jemals hatte. Alle haben ihn bewundert. Was ihm und seiner Familie zugestoßen ist, ist die reinste Tragödie. Ich kann es immer noch nicht fassen.« Mit verkniffener Miene blickte er sie an. »Offen gestanden, Miss Evans, kann ich die Presse nicht leiden. Meiner Meinung nach seid ihr alle außer Rand und Band geraten. Ich habe mir Ihre Berichte aus Sarajevo angeschaut. Ihre Herz-Schmerz-Reportagen waren alles andere als nützlich für uns.«

Mühsam unterdrückte Dana ihren Unmut. »Ich war auch nicht dort, um Ihnen nützlich zu sein, General. Ich war dort, um zu berichten, was den unschuldigen -«

»Was auch immer. Nur damit Sie es wissen: Taylor Winthrop war einer der größten Politiker, die dieses Land jemals hatte.« Mit stechendem Blick schaute er sie an. »Falls Sie vorhaben sollten, sein Andenken in den Dreck zu ziehen, werden Sie sich eine Menge Feinde einhandeln. Lassen Sie sich eins gesagt sein: Wenn Sie Ärger machen, kriegen Sie’s mit mir zu tun. Das verspreche ich Ihnen. Ich warne Sie, lassen Sie die Finger davon. Auf Wiedersehen, Miss Evans.«

Dana starrte ihn einen Moment lang an, dann stand sie auf. »Ich danke Ihnen vielmals, General.« Forschen Schrittes verließ sie das Büro.

Jack Stone hastete ihr hinterher. »Ich bringe Sie raus.«

Auf dem Korridor atmete Dana tief durch und sagte wütend: »Ist er immer so?«

Jack Stone seufzte. »Ich möchte mich für ihn entschuldigen. Er kann manchmal ein bisschen schroff werden. Er meint es nicht so.«

»Wirklich?«, versetzte Dana gepresst. »Ich hatte das Gefühl, dass er es todernst meint.«

»Jedenfalls bitte ich Sie meinerseits um Entschuldigung«, sagte Jack Stone. Er wollte sich abwenden.

Dana fasste ihn am Ärmel. »Warten Sie. Ich möchte mit Ihnen reden. Es ist zwölf Uhr. Könnten wir irgendwo zu Mittag essen?«

Jack Stone warf einen kurzen Blick auf die Tür zum Büro des Generals. »Na schön. In einer Stunde in Sholl’s Colonial Cafeteria an der K Street?«

»Bestens. Vielen Dank.«

»Bedanken Sie sich nicht zu früh, Miss Evans.«

Dana erwartete ihn bereits, als er in die halb leere Cafeteria kam. Jack Stone blieb einen Moment lang in der Tür stehen und überzeugte sich davon, dass ihn in dem Restaurant niemand kannte, dann setzte er sich an Danas Tisch.

»General Booster würde mir an den Kragen gehen, wenn er wüsste, dass ich mit Ihnen spreche. Er ist ein prima Kerl. Er hat eine harte und heikle Aufgabe, und er erfüllt sie sehr, sehr gut.« Er zögerte kurz. »Aber die Presse kann er leider nicht ausstehen.«

»Das dachte ich mir schon«, versetzte Dana trocken.

»Ich muss etwas klarstellen, Miss Evans. Dieses Gespräch muss streng vertraulich bleiben.«

»Verstehe.«

Sie nahmen sich zwei Tabletts und suchten sich ihr Essen aus. »Ich möchte nicht, dass Sie einen falschen Eindruck von unserer Behörde bekommen«, sagte Jack Stone, als sie wieder Platz nahmen. »Wir sind die Guten. Deswegen machen wir die Sache ja überhaupt. Wir haben die Aufgabe, unterentwickelten Ländern zu helfen.«

»Das weiß ich wohl zu würdigen«, sagte Dana.

»Was soll ich Ihnen denn über Taylor Winthrop erzählen?«

»Bislang habe ich nur lauter Heiligenlegenden gehört. Der Mann muss doch auch ein paar Schwächen gehabt haben.«

»Hat er auch«, räumte Jack Stone ein. »Aber ich will Ihnen erst mal die guten Seiten aufzählen. Ich habe noch nie einen Mann kennen gelernt, der so viel für andere Menschen übrig hatte wie Taylor Winthrop.« Er hielt inne. »Und ich meine damit, dass er wirklich etwas für sie übrig hatte. Der hat an jeden Geburtstag oder Hochzeitstag gedacht, und alle, die unter ihm arbeiteten, haben ihn verehrt. Er hatte einen messerscharfen Verstand, war entschlussfreudig und einfallsreich, wenn es irgendein Problem zu lösen gab. Und obwohl er sich bei allem, was er machte, mit Leib und Seele ins Zeug gelegt hat, war er doch im Grunde seines Herzens ein Familienmensch. Er liebte seine Frau und seine Kinder.« Er stockte.

»Und die schlechte Seite?«, sagte Dana.

Jack Stone zögerte einen Moment. »Taylor Winthrop war ein Mann, auf den die Frauen fliegen. Er hatte Ausstrahlung, sah gut aus, war reich und mächtig. Die Frauen fanden das offenbar unwiderstehlich. Und daher«, fuhr er fort, »ist Taylor ab und zu ... fremdgegangen. Er hatte ein paar Verhältnisse, aber ich kann Ihnen versichern, dass nichts Ernstes dabei war, zumal er sehr diskret war. Er hätte niemals etwas getan, was seinem Familienleben hätte schaden können.«

»Major Stone, fällt Ihnen irgendjemand ein, der einen Grund gehabt haben könnte, Taylor Winthrop und seine Familie zu töten?«

Jack Stone legte seine Gabel hin. »Was?«

»Jemand, der es so weit bringt, muss sich doch irgendwann einmal ein paar Feinde gemacht haben.«

»Miss Evans - wollen Sie damit etwa andeuten, dass die Winthrops ermordet wurden?«

»Ich frage ja nur«, erwiderte Dana.

Jack Stone überlegte einen Moment lang. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein«, sagte er. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Taylor Winthrop hat in seinem ganzen Leben niemandem etwas zu Leide getan. Wenn Sie mit irgendeinem seiner Freunde oder Bekannten gesprochen hätten, wäre Ihnen das klar.«

»Ich will Ihnen mal verraten, was ich bislang erfahren habe«, sagte Dana. »Taylor Winthrop war -«

Jack Stone hob die Hand. »Miss Evans, je weniger ich weiß, desto besser. Ich möchte mich da lieber raushalten. Dadurch kann ich Ihnen am ehesten helfen, falls Sie wissen, was ich meine.«