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Tom Hawkins, der Produzent ihrer Sendung, kam in Danas Büro. »Gestern Abend haben wir die Konkurrenz wieder abgehängt.«

»Großartig.« Dana dachte einen Moment lang nach. »Tom, kennen Sie jemanden bei der Telefongesellschaft?«

»Klar. Wollen Sie einen neuen Anschluss?«

»Nein. Ich möchte feststellen, ob jemand möglicherweise eine Geheimnummer hat. Meinen Sie, Sie könnten das in Erfahrung bringen?«

»Wie lautet der Name?«

»Sinisi. Joan Sinisi.«

Er runzelte die Stirn. »Wieso kommt mir der Name irgendwie bekannt vor?«

»Sie war in einen Rechtsstreit mit Taylor Winthrop verwickelt.«

»Ach ja. Jetzt fällt’s mir wieder ein. Ist vielleicht ein, zwei Jahre her. Sie waren damals in Jugoslawien. Ich dachte, das gibt eine heiße Story, aber die Sache wurde ziemlich rasch beigelegt. Vermutlich steckt sie mittlerweile irgendwo in Europa, aber ich will mal sehen, ob ich was rausfinde.«

Eine Viertelstunde später meldete sich Olivia Watkins. »Tom möchte Sie sprechen.«

»Tom?«

»Joan Sinisi wohnt nach wie vor in Washington. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen ihre Geheimnummer geben.«

»Wunderbar«, sagte Dana. Sie nahm einen Stift. »Schießen Sie los.«

»Fünf-fünf-fünf-zwo-sechs-neun-null.«

»Vielen Dank.«

»Schenken Sie sich das Dankeschön. Laden Sie mich lieber zum Lunch ein.«

»Wird gemacht.«

Die Bürotür ging auf, und Dean Ulrich, Robert Fenwick und Maria Toboso, drei Autoren, die für die Fernsehnachrichten tätig waren, kamen herein.

»Das wird heute Abend eine ziemlich blutrünstige Nachrichtensendung«, sagte Robert Fenwick. »Wir haben zwei Eisenbahnunglücke, einen Flugzeugabsturz und einen schweren Erdrutsch.«

Alle vier nahmen sich die eingehenden Nachrichten vor. Als die Besprechung zwei Stunden später vorüber war, griff Dana zu dem Zettel mit Joan Sinisis Nummer und rief an.

Eine Frauenstimme meldete sich. »Bei Miss Sinisi.«

»Könnte ich bitte Miss Sinisi sprechen? Mein Name ist Dana Evans.«

»Mal sehen, ob sie an den Apparat kommen kann. Einen Moment bitte.«

Dana wartete. Kurz darauf meldete sich eine andere Frauenstimme, leise und zaghaft. »Hallo .«

»Miss Sinisi?«

»Ja.« »Dana Evans hier. Ich wollte fragen, ob -«

»Die Dana Evans?«

»Äh - ja.«

»Oh! Ich sehe mir jeden Abend Ihre Sendung an. Ich bin ein großer Fan von Ihnen.«

»Vielen Dank«, sagte Dana. »Sehr schmeichelhaft. Ich wollte Sie fragen, ob Sie vielleicht ein paar Minuten Zeit für mich hätten, Miss Sinisi. Ich möchte mit Ihnen sprechen.«

»Wirklich?« Sie klang angenehm überrascht, fast freudig.

»Ja. Könnten wir uns irgendwo treffen?«

»Na ja, sicher. Möchten Sie hierher kommen?«

»Das wäre bestens. Wann würde es Ihnen passen?«

Ein kurzes Zögern. »Jederzeit. Ich bin den ganzen Tag über hier.«

»Wie wäre es mit morgen Nachmittag, sagen wir gegen zwei Uhr?«

»In Ordnung.« Sie nannte Dana die Adresse.

»Dann bis morgen«, sagte Dana. Sie legte den Hörer auf. Wieso mache ich überhaupt weiter? Na ja, dieses eine Gespräch noch, dann ist Schluss damit.

Am folgenden Nachmittag um vierzehn Uhr fuhr Dana vor dem Hochhaus an der Prince Street vor, in dem Joan Sinisi wohnte. Ein Pförtner in Uniform stand an der Tür. Dana blickte zu dem eindrucksvollen Gebäude auf und dachte: Wie kann sich eine Sekretärin hier eine Wohnung leisten? Sie stellte ihren Wagen ab, ging in die Eingangshalle und begab sich zu dem Mann an der Rezeption.

»Kann ich Ihnen behilflich sein?«

»Ich bin mit Miss Sinisi verabredet. Dana Evans ist mein Name.«

»Ja, Miss Evans. Sie erwartet Sie. Fahren Sie mit dem Aufzug ins Penthouse. Apartment A.«

Ins Penthouse?

Dana stieg im obersten Stockwerk aus dem Fahrstuhl und klingelte an der Tür von Apartment A. Ein Dienstmädchen in Uniform öffnete ihr.

»Miss Evans?«

»Ja.«

»Treten Sie bitte ein.«

Joan Sinisi lebte in einer Zwölf-Zimmer-Wohnung mit einer riesigen Dachterrasse, von der aus man über die ganze Stadt blicken konnte. Das Dienstmädchen führte Dana durch einen langen Korridor in einen großen Salon, der ganz in Weiß gehalten und herrlich ausgestattet war. Eine kleine, schlanke Frau saß auf der Couch. Sie erhob sich, als Dana eintrat.

Joan Sinisis Anblick überraschte Dana. Sie hatte nicht gewusst, worauf sie sich gefasst machen sollte, doch so jemanden wie die Frau, die soeben aufgestanden war, um sie zu begrüßen, hatte sie gewiss nicht erwartet. Joan Sinisi war schmächtig und unscheinbar, mit stumpfen braunen Augen, die sie hinter einer dicken Brille versteckte. Sie klang schüchtern und war kaum zu verstehen.

»Es ist mir eine große Freude, Sie persönlich kennen zu lernen, Miss Evans.«

»Danke, dass Sie mich empfangen«, sagte Dana. Sie nahm neben Joan Sinisi auf einer großen weißen Couch vor der Dachterrasse Platz.

»Ich wollte gerade Tee trinken. Möchten Sie vielleicht auch eine Tasse?«

»Vielen Dank.«

Joan Sinisi wandte sich an das Dienstmädchen. »Greta, könnten Sie uns vielleicht eine Kanne Tee bringen?«, sagte sie beinahe unterwürfig.

»Ja, Ma’am.«

»Danke, Greta.«

Irgendwie hat das Ganze hier etwas Unwirkliches an sich, dachte Dana. Joan Sinisi passt einfach nicht in dieses Penthouse. Wie kann sie sich das leisten? Auf was für einen Vergleich hat Taylor Winthrop sich da eingelassen? Und worum ging es in dem Rechtsstreit überhaupt?

»... und ich lasse mir Ihre Sendung nie entgehen«, sagte Joan Sinisi gerade mit leiser Stimme. »Ich finde Sie ganz wunderbar. «

»Vielen Dank.«

»Ich weiß noch genau, wie Sie aus Sarajevo berichtet haben, als rundum geschossen wurde und überall Bomben fielen. Ich hatte immerzu Angst, dass Ihnen etwas zustoßen könnte.«

»Ich ehrlich gesagt auch.«

»Es muss eine schreckliche Erfahrung gewesen sein.«

»Ja, in gewisser Hinsicht schon.«

Greta brachte ein Tablett mit einer Teekanne und Kuchen. Sie stellte es auf dem Tisch vor den beiden Frauen ab.

»Ich gieße ein«, sagte Joan Sinisi.

Dana sah zu, wie sie den Tee eingoss.

»Möchten Sie ein Stück Kuchen?«

»Nein, danke.«

Joan Sinisi reichte Dana eine Tasse Tee, dann goss sie sich ebenfalls eine ein. »Wie gesagt, ich bin ganz begeistert, Sie kennen zu lernen, aber ich - ich habe keine Ahnung, worüber Sie mit mir reden wollen.«

»Ich möchte mit Ihnen über Taylor Winthrop sprechen.«

Joan Sinisi zuckte zusammen und kippte sich etwas Tee über den Schoß. Ihr Gesicht war kreidebleich geworden.

»Ist alles in Ordnung?«

»Ja, mir - mir fehlt nichts.« Sie tupfte sich den Rock mit einer Serviette ab. »Ich - ich wusste nicht, was Sie von mir wollen ...« Sie verstummte.

Die Stimmung war mit einem Mal umgeschlagen. »Sie waren Taylor Winthrops Sekretärin, nicht wahr?«, sagte Dana.

»Ja«, sagte Joan Sinisi vorsichtig. »Aber ich bin vor knapp zwei Jahren bei Mr. Winthrop ausgeschieden. Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.« Die Frau zitterte regelrecht.

»Ich habe so viel Gutes über Taylor Winthrop gehört«, sagte Dana beruhigend. »Ich habe mich nur gefragt, ob Sie ebenfalls etwas dazu beitragen können.«

Joan Sinisi wirkte erleichtert. »O ja, aber natürlich. Mr. Winthrop war ein großer Mann.«

»Wie lange waren Sie für ihn tätig?«

»Fast drei Jahre.«

Dana lächelte. »Es muss eine wunderbare Erfahrung gewesen sein.«