»Ja, ja, das war es, Miss Evans.« Sie klang jetzt weitaus gelöster.
»Aber Sie haben eine Klage gegen ihn angestrengt.«
Wieder warf ihr Joan Sinisi einen furchtsamen Blick zu. »Nein - ich meine, ja. Aber es war ein Fehler, verstehen Sie? Ich habe einen Fehler begangen.«
»Was für einen Fehler?«
Joan Sinisi schluckte. »Ich - ich habe etwas missverstanden, das Mr. Winthrop zu jemand sagte. Ich habe mich dumm benommen. Ich schäme mich dafür.«
»Sie haben ihn verklagt, aber Sie sind damit nicht vor Gericht gegangen?«
»Nein. Er - wir haben uns außergerichtlich geeinigt. Es war ja nichts weiter.«
Dana blickte sich in dem Penthouse um. »Aha. Können Sie mir verraten, wie diese Einigung aussah?«
»Nein, das kann ich leider nicht«, erwiderte Joan Sinisi. »Es ist alles streng vertraulich.«
Dana fragte sich, was es wohl gewesen sein könnte, das diese schüchterne Frau dazu bewegt hatte, eine Klage gegen einen Giganten wie Taylor Winthrop anzustrengen, und wieso sie so davor zurückschreckte, darüber zu sprechen. Wovor hatte sie Angst?
Eine ganze Zeit lang herrschte Schweigen. Joan Sinisi betrachtete Dana, und Dana hatte das Gefühl, dass sie irgendetwas sagen wollte.
»Miss Sinisi -«
Joan Sinisi stand auf. »Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht mehr - wenn das alles war, Miss Evans .«
»Ich verstehe schon«, sagte Dana.
Ich wünschte, es wäre so.
Er legte die Kassette in den Recorder ein, drückte die Abspieltaste.
Ich - ich habe etwas missverstanden, das Mr. Winthrop zu jemand sagte. Ich habe mich dumm benommen. Ich schäme mich dafür.
Sie haben ihn verklagt, aber Sie sind damit nicht vor Gericht gegangen?
Nein. Er - wir haben uns außergerichtlich geeinigt. Es war ja nichts weiter.
Aha. Können Sie mir verraten, wie diese Einigung aussah? Nein, das kann ich leider nicht. Es ist alles streng vertraulich.
Miss Sinisi -
Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht mehr - wenn das alles war, Miss Evans ...
Ich verstehe schon.
Ende der Aufnahme.
Es hatte begonnen.
Dana war am nächsten Morgen mit einem Immobilienmakler verabredet, der ihr ein paar Wohnungen zeigen wollte, doch es war reine Zeitverschwendung. Dana und der Makler gingen etliche Angebote in Georgetown, rund um den Dupont Circle und im Bezirk Adams-Morgan durch. Aber die Wohnungen waren entweder zu klein, zu groß oder zu teuer. Als es auf Mittag zuging, hätte Dana am liebsten aufgegeben.
»Keine Sorge«, beruhigte sie der Immobilienmakler. »Wir werden genau das Richtige für Sie finden.«
»Das will ich doch hoffen«, erwiderte Dana. Und zwar bald.
Joan Sinisi ging Dana nicht mehr aus dem Kopf. Was hatte sie gegen Taylor Winthrop in der Hand, womit hatte sie ihn dazu gebracht, dass er sie mit einem Penthouse und wer weiß was sonst noch allem abfand? Sie wollte mir irgendetwas erzählen, dachte Dana, da bin ich mir völlig sicher. Ich muss noch mal mir ihr reden.
Dana rief in Joan Sinisis Wohnung an. »Guten Tag«, meldete sich Greta.
»Greta, Dana Evans noch mal. Ich möchte bitte mit Miss Sinisi sprechen.«
»Tut mir Leid. Miss Sinisi ist nicht zu sprechen.« Die Verbindung wurde unterbrochen.
Eine blasse Sonne kam gelegentlich zwischen eisgrauen Wolken heraus, als Dana Kemal am folgenden Morgen vor der Schule absetzte. An den Straßenecken in der ganzen Stadt bimmelten Weihnachtsmänner mit ihren Glocken und baten um milde Gaben.
Ich muss bis Silvester eine Wohnung für uns drei finden, dachte Dana.
Im Studio angekommen, setzte sich Dana mit den Mitgliedern der Nachrichtenredaktion zusammen und besprach mit ihnen den ganzen Morgen lang die Themen, die sie behandeln wollten, und die Schauplätze, an denen sie dafür Videobänder aufnehmen mussten. Im einen Fall ging es um einen besonders brutalen Mord, der noch immer ungelöst war, und Dana musste einmal mehr an die Winthrops denken.
Wieder rief sie bei Joan Sinisi an.
»Guten Tag.«
»Greta, ich muss unbedingt mit Miss Sinisi sprechen. Bestellen Sie ihr, dass Dana Evans -«
»Sie will nicht mit Ihnen sprechen, Miss Evans.« Die Verbindung wurde unterbrochen.
Was geht da vor sich?, fragte sich Dana.
Dana suchte Matt Baker auf. Abbe Lasmann begrüßte sie.
»Herzlichen Glückwunsch! Soweit ich weiß, steht der Termin für die Hochzeit fest.«
Dana lächelte. »Ja.«
Abbe seufzte. »Was für ein romantischer Antrag.«
»So ist mein Zukünftiger eben.«
»Dana, unsere Ratgeberin in Sachen Liebeskummer sagt, man soll nach der Hochzeit losziehen, ein paar Tüten mit Lebensmittelkonserven kaufen und sie im Kofferraum des Wagens verstauen.«
»Wozu, um Himmels willen ...?«
»Sie sagt, wenn man irgendwann im Laufe der Zeit mal Lust auf ein bisschen Spaß außer der Reihe kriegt, zu spät nach Hause kommt und der liebe Gatte dann fragt, wo man gewesen ist, kann man einfach die Tüten vorweisen und sagen: >Einkaufen<. Dann -«
»Besten Dank, meine gute Abbe. Ist Matt zu sprechen?«
»Ich sage ihm Bescheid, dass Sie da sind.«
Kurz darauf trat Dana in Matts Büro.
»Setzen Sie sich, Dana. Gute Nachrichten. Wir haben gerade die neuesten Nielsen-Quoten erhalten. Wir haben die Konkurrenz gestern Abend wieder um Längen geschlagen.«
»Großartig, Matt. Ich habe mit einer ehemaligen Sekretärin von Taylor Winthrop gesprochen, und sie -«
Er grinste. »Ihr Jungfrauen lasst wohl nie locker, was? Sie haben mir doch gesagt, dass Sie -«
»Ich weiß, aber hören Sie mal zu. Sie hat Taylor Winthrop seinerzeit verklagt, als sie noch für ihn gearbeitet hat. Die Sache kam nie vor Gericht, weil er sich vorher mit ihr geeinigt hat. Sie wohnt in einem riesigen Penthouse, das sie sich mit einem Sekretärinnengehalt niemals leisten könnte, folglich muss sie eine gewaltige Abfindung bekommen haben. Als ich den Namen Winthrop erwähnte, war die Frau mit einem Mal verängstigt, völlig verängstigt. Sie benahm sich so, als ob sie um ihr Leben fürchtet.«
»Hat sie gesagt, dass sie um ihr Leben fürchtet?«, sagte Matt Baker geduldig.
»Nein.«
»Hat sie gesagt, dass sie Angst vor Taylor Winthrop hatte?«
»Nein, aber -«
»Dann könnte sie also genauso gut Angst vor einem gewalttätigen Freund haben oder vor Einbrechern unter ihrem Bett. Sie haben nicht das Geringste in der Hand, oder?«
»Na ja, ich -« Dana sah seinen Gesichtsausdruck. »Nichts Konkretes.«
»Genau. Also, was die Nielsens angeht ...«
Joan Sinisi sah sich die Abendnachrichten auf WTN an. »... und nun zu dem Neuesten aus dem Inland«, sagte Dana gerade. »Die Zahl der in den Vereinigten Staaten begangenen Straftaten ist in den letzten zwölf Monaten um siebenundzwanzig Prozent gesunken. Den größten Rückgang in der Verbrechensstatistik haben Los Angeles, San Francisco und Detroit zu verzeichnen .«
Joan Sinisi musterte Danas Gesicht, betrachtete ihre Augen und versuchte eine Entscheidung zu treffen. Sie schaute sich die ganze Nachrichtensendung an, und als sie vorüber war, hatte sie einen Entschluss gefasst.
7
»Guten Morgen«, sagte Olivia, als Dana am Montagmorgen in ihr Büro kam. »Eine Frau hat schon dreimal angerufen und wollte Sie sprechen. Sie wollte ihren Namen nicht nennen.«
»Hat sie eine Nummer hinterlassen?«
»Nein. Sie sagte, sie ruft noch mal an.«
Eine halbe Stunde später meldete sich Olivia bei ihr. »Die Frau ist wieder dran. Möchten Sie mit ihr sprechen?«