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Sie besuchten einen Club nach dem anderen, alle laut und überlaufen, bis Rachel irgendwann erschöpft war.

Roderick Marshall setzte sie vor dem Hotel ab. »Schlafen Sie gut. Morgen wird sich Ihr ganzes Leben verändern.«

Um sieben Uhr morgens war Rachel in der Maske. Bob Van Dusen, der Maskenbildner, musterte sie mit anerkennendem Blick. »Und dafür bekomme ich auch noch Geld?«, sagte er.

Sie lachte.

»Sie brauchen nicht viel Make-up. Dafür hat Mutter Natur bereits gesorgt.«

»Besten Dank.«

Als Rachel fertig war, half ihr eine Kostümschneiderin beim Anlegen des Kleides, das sie am Nachmittag zuvor anprobiert hatten. Ein Regieassistent brachte sie in das riesige Aufnahmestudio.

Roderick Marshall und das Team erwarteten sie bereits. Der Regisseur musterte Rachel einen Moment lang. »Bestens«, sagte er dann. »Wir machen die Probeaufnahme in zwei Teilen, Rachel. Zunächst setzen Sie sich auf diesen Stuhl, und ich stelle Ihnen aus dem Off ein paar Fragen. Seien Sie ganz natürlich.«

»Gut. Und der zweite Teil?«

»Die kurze Probeszene, die ich bereits erwähnt habe.«

Rachel setzte sich hin, und der Kameramann stellte Schärfe und Belichtung ein. Roderick Marshall stand so, dass er nicht im Bild war. »Sind Sie bereit?«

»Ja.«

»Gut. Ganz locker. Sie machen das bestimmt wunderbar. Kamera ab. Action. Guten Morgen.«

»Guten Morgen.«

»Ich habe gehört, dass Sie Model sind.«

Rachel lächelte: »Ja.«

»Wie sind Sie dazu gekommen?«

»Ich war fünfzehn. Der Besitzer einer Model-Agentur sah mich mit meiner Mutter in einem Restaurant, kam her und hat sie angesprochen, und ein paar Tage später war ich Model.«

Das Interview dauerte eine gute Viertelstunde, die Rachel mit der ihr eigenen Intelligenz und Selbstsicherheit mühelos hinter sich brachte.

»Schnitt! Wunderbar!« Roderick Marshall reichte ihr den Text zu einer kurzen Probeszene. »Wir machen erst mal eine Pause. Lesen Sie das. Wenn Sie so weit sind, sagen Sie mir Bescheid, und wir drehen dann. Das machen Sie mit links, Rachel.«

Rachel las den Text. Es ging um eine Frau, die ihren Mann um die Einwilligung zur Scheidung bat. Rachel las ihn noch einmal.

»Ich bin bereit.«

Rachel wurde Kevin Webster vorgestellt, der ihren Widerpart spielen sollte - ein gut aussehender junger Mann, wie es sie in Hollywood zuhauf gab.

»In Ordnung«, sagte Roderick Marshall. »Dann drehen wir. Kamera ab. Action.«

Rachel schaute Kevin Webster an. »Ich habe heute Morgen mit einem Scheidungsanwalt gesprochen, Cliff.«

»Ich habe es schon gehört. Hättest du nicht erst mit mir reden können?«

»Ich habe mit dir darüber geredet. Ich rede schon seit einem Jahr mit dir darüber. Unsere Ehe besteht doch nur noch auf dem Papier. Du hast bloß nicht zugehört, Jeff.«

»Schnitt«, sagte Roderick. »Rachel, er heißt Cliff.«

»Tut mir Leid«, erwiderte Rachel betreten.

»Machen wir’s nochmal. Take two.«

In dieser Szene geht es im Grunde genommen um Jeff und mich, dachte Rachel. Unsere Ehe besteht doch nur noch auf dem Papier. Wie sollte es auch anders sein? Jeder führt sein eigenes Lehen. Wir sehen uns kaum. Wir lernen beide attraktive Menschen kennen, aber wir dürfen uns nicht mit ihnen einlassen, weil es einen Vertrag gibt, der nichts mehr zu bedeuten hat.

»Rachel!«

»Tut mir Leid.«

Sie fingen noch mal von vorn an.

Als Rachel mit der Probeaufnahme fertig war, hatte sie zwei Entschlüsse gefasst. Erstens, dass sie in Hollywood nichts verloren hatte.

Und außerdem wollte sie sich scheiden lassen ...

Ich habe einen Fehler gemacht, dachte sie jetzt, als sie in Rio im Bett lag, sich elend und erschöpft fühlte. Ich hätte mich niemals von Jeff scheiden lassen sollen.

Als Kemal am Dienstag aus der Schule kam, brachte Dana ihn zu dem Therapeuten, der mit ihm den Umgang mit der Armprothese übte. Der künstliche Arm wirkte wie echt und funktionierte gut, aber Kemal hatte Schwierigkeiten, sich daran zu gewöhnen, und zwar sowohl körperlich als auch psychisch.

»Er kommt sich vor, als hätte man ihm einen Fremdkörper angeschnallt«, hatte der Therapeut Dana erklärt. »Unsere Aufgabe ist es, ihn soweit zu bringen, dass er ihn als Teil seines Körpers akzeptiert. Er muss sich daran gewöhnen, dass er wieder mit beiden Händen zugreifen kann. Diese Eingewöhnungszeit dauert für gewöhnlich zwei bis drei Monate. Ich muss Sie allerdings vorwarnen - es kann eine sehr schwierige Zeit werden.«

»Wir kommen schon damit zurecht«, versicherte ihm Da-na.

Es war nicht so einfach. Am nächsten Morgen kam Kemal ohne seine Prothese aus dem Arbeitszimmer. »Ich bin soweit.«

Dana blickte ihn erstaunt an. »Wo ist dein Arm, Kemal?«

Trotzig hob Kemal die linke Hand. »Hier ist er.«

»Du weißt genau, was ich meine. Wo ist deine Prothese?«

»Die ist ätzend. Ich trag sie nicht mehr.«

»Du wirst dich daran gewöhnen. Ich versprech’s dir. Du musst es nur versuchen. Ich helfe dir da -«

»Niemand kann mir helfen. Ich bin einfukati, Krüppel ...«

Dana suchte Detective Marcus Abrams noch mal auf. Als sie eintrat, saß Abrams an seinem Schreibtisch und war mit dem Ausfüllen von allerlei Formularen beschäftigt. Mit finsterer Miene blickte er auf.

»Wissen Sie, was ich an diesem verdammten Job nicht ausstehen kann?« Er deutete auf einen Stapel Akten. »Das da. Ich wünschte, ich wäre draußen auf der Straße und könnte auf ein paar Kriminelle schießen. Ach, vergessen Sie’s. Sie sind Journalistin, nicht wahr? Zitieren Sie mich nicht.«

»Zu spät.«

»Und womit kann ich Ihnen dienen, Miss Evans?«

»Ich wollte Sie noch mal nach dem Fall Sinisi fragen. Hat man eine Autopsie vorgenommen?« »Pro forma.« Er holte ein paar Papiere aus seiner Schreibtischschublade.

»Stand im Autopsiebericht irgendwas Verdächtiges?«

Sie sah, wie Detective Abrams das Formular überflog. »Kein Alkohol ... keine Drogen ... Nein.« Er blickte auf. »Sieht so aus, als ob die gute Frau Depressionen hatte und einfach beschlossen hat, dem Ganzen ein Ende zu machen. Ist das alles?«

»Das ist alles«, sagte Dana.

Danach schaute sie bei Detective Phoenix Wilson vorbei.

»Guten Morgen, Detective Wilson.«

»Und was führt Sie in mein bescheidenes Büro?«

»Ich wollte wissen, ob es irgendwelche Neuigkeiten in der Mordsache Gary Winthrop gibt.«

Detective Wilson seufzte und kratzte sich an der Nase.

»Nicht das Geringste. Eigentlich hätte mittlerweile eins der Bilder irgendwo auftauchen müssen. Darauf haben wir uns verlassen.«

Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun, hätte Dana am liebsten gesagt. Doch sie hielt den Mund. »Keinerlei Hinweise?«

»Nicht ein einziger. Die Mistkerle haben sich einfach mir nichts, dir nichts abgeseilt. Wir haben hier nicht allzu oft mit Kunstdiebstählen zu tun, aber normalerweise laufen die immer nach dem gleichen Schema ab. Das ist ja das Erstaunliche daran.«

»Erstaunlich?«

»Ja. In diesem Fall sieht das anders aus.«

»Anders . inwiefern?«

»Kunstdiebe bringen keine unbewaffneten Menschen um, und die zwei hatten keinerlei Grund, Gary Winthrop kaltblütig niederzuschießen.« Er hielt inne. »Haben Sie ein besonderes Interesse an diesem Fall?« »Nein«, log Dana. »Ganz und gar nicht. Reine Neugier. Ich wollte nur -«

»Gut«, sagte Detective Wilson. »Melden Sie sich wieder.«

Als die Konferenz in General Boosters Büro in der hermetisch von der Außenwelt abgeriegelten Zentrale der FRA zu Ende ging, wandte sich der General an Jack Stone. »Was treibt eigentlich diese Evans?«

»Sie läuft durch die Gegend und stellt allerlei Fragen, aber meiner Meinung nach ist sie harmlos. Sie kommt keinen Schritt weiter.«