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»Du mir auch. Bist du noch in Florida?«

»Ja.«

»Wie sieht es aus?«

»Nicht gut.« Sie hörte, wie er kurz zögerte. »Genau genommen sogar ziemlich schlecht. Rachel hat morgen einen OP-Termin. Sie muss sich die Brust abnehmen lassen.«

»O nein!«

»Sie kommt damit nicht gut klar.«

»Das tut mir schrecklich Leid.«

»Ich weiß. Es ist ein elender Mist. Mein Liebes, ich kann’s kaum erwarten, wieder bei dir zu sein. Habe ich dir schon mal gesagt, dass ich verrückt nach dir bin?«

»Mir geht’s genauso, mein Liebster.«

»Brauchst du irgendwas, Dana?«

Dich. »Nein.«

»Was macht Kemal?«

»Der kommt prima zurecht. Ich habe eine neue Haushälterin, die er mag.«

»Das ist ja eine gute Nachricht. Ich kann’s kaum erwarten, bis wir wieder alle beisammen sind.«

»Ich auch nicht.«

»Pass gut auf dich auf.«

»Mach ich. Ich kann dir gar nicht sagen, wie Leid es mir wegen Rachel tut.«

»Ich werd’s ihr ausrichten. Gute Nacht, Liebste.«

»Gute Nacht.«

Dana öffnete ihren Koffer und nahm ein Hemd von Jeff heraus, das sie aus ihrer Wohnung mitgenommen hatte. Sie zog es unter ihrem Nachthemd an und kuschelte sich hinein. Gute Nacht, mein Liebster.

Am nächsten Morgen flog Dana in aller Frühe nach Washington zurück. Bevor sie ins Büro ging, fuhr sie kurz zu ihrer Wohnung, wo sie fröhlich von Mrs. Daley begrüßt wurde.

»Ist ja großartig, dass Sie wieder da sind, Mrs. Evans. Ihr Junge liefert mich sonst noch.« Aber sie sagte es mit einem Augenzwinkern.

»Ich hoffe, er macht Ihnen nicht zu viel Ärger.«

»Ärger? Ganz und gar nicht. Ich freue mich, dass er mit seinem neuen Arm so gut zurechtkommt.«

Dana blickte sie erstaunt an. »Trägt er ihn etwa?«

»Selbstverständlich. Er trägt ihn in der Schule.«

»Das ist ja wunderbar. Das freut mich sehr.« Sie blickte auf ihre Uhr. »Ich muss ins Studio. Ich komme heute Nachmittag vorbei und kümmere mich um Kemal.«

»Der wird aber froh sein, wenn er Sie wieder sieht. Er hat Sie vermisst, wissen Sie? Machen Sie nur weiter. Ich packe Ihre Sachen aus.«

»Vielen Dank, Mrs. Daley.«

Dana ging in Matts Büro und berichtete ihm, was sie in Aspen erfahren hatte.

Ungläubig schaute er sie an. »Am Tag nach dem Brand ist der Elektriker einfach verschwunden

»Ohne den ausstehenden Lohn abzuholen.«

»Und am Tag bevor der Brand ausbrach, war er im Haus der Winthrops?«

»Ja.«

Matt schüttelte den Kopf. »Das wird ja immer merkwürdiger.«

»Matt, Paul Winthrop war das nächste Familienmitglied, das ums Leben kam. Kurz nach dem Brand ist er in Frankreich mit dem Auto tödlich verunglückt. Ich möchte dort hinfahren. Mal sehen, ob es irgendwelche Zeugen des Unfalls gibt.«

»Gut. Elliot Cromwell hat sich nach Ihnen erkundigt«, fügte er dann hinzu. »Er möchte, dass Sie gut auf sich aufpassen.«

»Da ist er nicht der Einzige«, erwiderte Dana.

Dana wartete bereits, als Kemal aus der Schule nach Hause kam. Kemal trug seine Armprothese, und Dana hatte den Eindruck, dass er viel ruhiger wirkte.

»Da bist du ja wieder.« Er umarmte sie.

»Hallo, mein Schatz. Du hast mir gefehlt. Wie war’s in der Schule?«

»Nicht schlecht. Wie war die Reise?«

»Die war prima. Ich habe dir etwas mitgebracht.« Sie gab Kemal den handgewebten indianischen Beutel und die Mokassins, die sie in Aspen erstanden hatte. Danach kam der schwierige Teil. »Kemal, ich muss leider noch mal ein paar Tage weg.« Dana wappnete sich bereits für das Schlimmste, doch Kemal sagte lediglich: »Okay.«

Nicht einmal die Andeutung eines Wutanfalls. »Ich bringe dir wieder was Schönes mit.«

»Ein Geschenk für jeden Tag, den du weg bist?«

Dana lächelte. »Hör mal, du gehst doch erst in die siebte Klasse, aber du klingst wie ein angehender Anwalt.«

Er saß gemütlich in einem Lehnsessel, hatte ein Glas Scotch in der Hand und ließ den Fernseher laufen. Auf dem Bildschirm vor ihm sah er Dana und Kemal am Tisch sitzen, während Mrs. Daley das Abendessen auftrug, offenbar Irish Stew.

»Das ist ja köstlich«, sagte Dana gerade.

»Besten Dank. Freut mich, dass es Ihnen schmeckt.«

»Ich hab dir doch gesagt, dass sie eine prima Köchin ist«, sagte Kemal.

Das ist ja fast so, als ob man bei ihnen im Zimmer sitzt, dachte er, statt sie nur von der Wohnung nebenan aus zu beobachten.

»Erzähl mir, wie es in der Schule läuft«, sagte Dana.

»Ich mag meine neuen Lehrer. Mein Mathelehrer ist schwer auf Zack ...«

»Großartig.«

»Die Jungs in dieser Schule sind auch viel netter. Die finden meinen neuen Arm geil.«

»Ganz bestimmt.«

»Ein Mädchen in meiner Klasse ist ziemlich hübsch. Ich glaub, sie mag mich. Lizzy heißt sie.«

»Magst du sie auch, mein Schatz?«

»Klar. Sie ist echt knies.«

Er wird älter, dachte Dana, und wider Erwarten versetzte ihr das einen Stich. Als Kemal im Bett lag, ging sie in die Küche und sprach mit Mrs. Daley.

»Kemal kommt mir so . so ausgeglichen vor. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin«, sagte Dana.

»Sie tun mir einen Gefallen.« Mrs. Daley lächelte. »Ich komm mir vor, als ob ich eins von meinen Kindern wieder hätte. Die sind jetzt alle erwachsen, müssen Sie wissen. Kemal und ich haben mächtig Spaß miteinander.«

»Ich bin ja so froh.«

Dana wartete bis nach Mitternacht, und als Jeff bis dahin immer noch nicht angerufen hatte, ging sie zu Bett. Sie lag da und fragte sich, was Jeff wohl machen mochte, ob er vielleicht mit Rachel schlief, und im gleichen Moment schämte sie sich für ihre Gedanken.

Der Mann in der Wohnung nebenan erstattete Bericht. »Alles ruhig.«

Ihr Handy klingelte.

»Jeff, mein Schatz. Wo bist du?«

»Ich bin im Doctors Hospital in Florida. Die Brustamputation ist überstanden. Der Onkologe ist noch dabei, das Gewebe zu untersuchen.«

»Ach Jeff! Hoffentlich hat es sich nicht schon ausgebreitet.«

»Das hoffe ich auch. Rachel möchte, dass ich noch ein bisschen länger bei ihr bleibe. Ich wollte dich fragen, ob -« »Natürlich. Du musst.«

»Es handelt sich nur um ein paar Tage. Ich rufe Matt an und sage ihm Bescheid. Läuft droben bei euch irgendwas Spannendes?«

Einen Moment lang war Dana versucht, Jeff von Aspen zu erzählen und dass sie weitere Nachforschungen anstellen wollte. Er hat genug um die Ohren. »Nein«, sagte Dana. »Nichts Neues.«

»Gib Kemal einen Kuss von mir. Die übrigen sind für dich.«

Als Jeff den Hörer auflegte, kam eine Schwester auf ihn zu.

»Mr. Connors? Dr. Young möchte Sie sprechen.«

»Die Operation ist gut verlaufen«, teilte Dr. Young Jeff mit, »aber sie wird viel seelischen Beistand brauchen. Sie wird das Gefühl haben, sie wäre keine richtige Frau mehr. Wenn sie aufwacht, wird sie zunächst panisch reagieren. Sie müssen ihr klar machen, dass es völlig normal ist, Angst zu zeigen.«

»Schon verstanden«, sagte Jeff.

»Und die Angst und die Depressionen werden wiederkehren, wenn wir mit der Bestrahlung beginnen, damit sich der Krebs nicht weiter ausbreitet. So etwas kann sehr belastend sein.«

Jeff saß da und dachte über all das nach.

»Hat Sie jemanden, der für sie sorgt?«

»Mich.« Und im gleichen Moment war Jeff klar, dass er der einzige Mensch war, den Rachel hatte.

Der Flug mit der Air France nach Nizza verlief ohne besondere Vorkommnisse. Dana schaltete ihren Laptop ein und ging noch einmal sämtliche Informationen durch, die sie bislang zusammengetragen hatte. Aufregend, aber noch keineswegs schlüssig. Beweise, dachte Dana. Ohne handfeste Beweise keine Story.