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»Noch nicht.«

»Dann sieh zu, dass dein Handy angestellt ist«, sagte Jeff. »Ich habe vor, das eine oder andere unsittliche Gespräch mit dir zu führen.«

Dana lächelte. »Versprochen?«

»Versprochen. Pass auf dich auf, mein Schatz.«

»Du auch.« Damit endete das Gespräch. Dana unterbrach die Verbindung, saß aber noch eine ganze Weile da und dachte über Jeff und Rachel nach. Dann stand sie auf und ging in die Küche.

»Noch einen Pfannkuchen?«, sagte Mrs. Daley gerade zu Kemal.

»Ja, danke.«

Dana stand da und betrachtete die beiden. In der kurzen Zeit, seitdem Mrs. Daley da war, hatte sich Kemal ungemein verändert. Er wirkte ruhig, ausgeglichen und fröhlich. Dana verspürte plötzlich heftige Eifersucht. Vielleicht bin ich die falsche Bezugsperson für ihn. Schuldbewusst dachte sie an die langen Arbeitstage, wenn sie bis spätnachts im Studio war. Vielleicht hätte ihn jemand wie Mrs. Daley adoptieren sollen. Sie riss sich zusammen. Was ist nur mit mir los? Kemal liebt mich doch.

Dana setzte sich an den Tisch. »Macht dir die neue Schule immer noch Spaß?«

»Die ist cool.«

Dana ergriff seine Hand. »Kemal, ich muss leider noch mal weg.«

»Ist schon okay«, erwiderte er ungerührt.

Wieder regte sich die Eifersucht.

»Wo geht’s denn diesmal hin, Miss Evans?«, fragte Mrs. Daley.

»Nach Alaska.«

Mrs. Daley wirkte einen Moment lang nachdenklich. »Passen Sie auf die Grizzlybären auf«, riet sie ihr dann.

Der Flug von Washington nach Juneau mit einer Zwischenlandung in Seattle dauerte neun Stunden. Im Flughafengebäude von Juneau begab sich Dana sofort zum Mietwagenschalter.

»Mein Name ist Dana Evans. Ich -«

»Ja, Miss Evans. Wir haben einen hübschen Landrover für Sie. Stellplatz Nummer 10. Unterschreiben Sie hier.«

Der Angestellte reichte ihr die Schlüssel, worauf Dana zur Rückseite des Gebäudes ging. Dort standen ein gutes Dutzend Fahrzeuge auf nummerierten Stellplätzen. Dana ging zu Stellplatz zehn. Ein Mann kniete hinter einem weißen Landrover und arbeitete am Auspuff. Er blickte auf, als Dana näher kam.

»Hab’ grade das Auspuffrohr festgeschraubt, Miss. Sie können losfahren.« Er stand auf.

»Vielen Dank«, sagte Dana.

Er schaute ihr nach, als sie wegfuhr.

Im Keller eines Verwaltungsgebäudes der Bundesregierung blickte ein Mann auf einen Computermonitor, auf dem eine digitale Landkarte abgebildet war. Er sah, wie der weiße Landrover nach rechts abbog.

»Zielperson fährt in Richtung Starr Hill.«

Die Hauptstadt von Alaska war für Dana eine einzige Überraschung. Auf den ersten Blick wirkte Juneau wie eine große Stadt, doch die engen, gewundenen Straßen erzeugten eine fast ländliche Stimmung, sodass man sich beinahe vorkam wie in einem Dorf mitten in einer eiszeitlichen Wildnis.

Dana stieg in dem beliebten Inn at The Waterfront ab, einem ehemaligen Bordell in der Innenstadt.

»Sie kommen gerade rechtzeitig zu einem großartigen Skiurlaub«, erklärte ihr der Mann an der Hotelrezeption. »Wir haben hervorragende Schneeverhältnisse. Haben Sie Ihre Skier dabei?«

»Nein, ich -«

»Na ja, nebenan ist ein Skigeschäft. Die haben bestimmt was Passendes für Sie.«

»Vielen Dank«, sagte Dana. Das ist kein schlechter Ansatzpunkt. Dana packte ihre Sachen aus und ging in das Skigeschäft.

Der Verkäufer legte sofort los, kaum dass Dana den Laden betreten hatte. »Hi! Ich bin Chad Donohoe. Also, bei uns sind Sie garantiert richtig.« Er deutete auf einen Haufen Skier. »Wir haben grade die Freerider hier reingekriegt. Damit kommt man auf jeder Buckelpiste zurecht.« Er deutete auf den nächsten Stapel. »Oder die hier - das sind Salo-mon X-Scream 95. Die sind schwer gefragt. Letztes Jahr sind sie uns ausgegangen, und wir haben keine Nachlieferung mehr gekriegt.« Er sah Danas ungeduldige Miene und begab sich hastig zum nächsten Ständer. »Wenn Sie lieber was anderes möchten, hätten wir hier den Vocal Vertigo G30 oder den Atomic 10.20.« Erwartungsvoll blickte er Dana an. »Welche wären Ihnen denn -?«

»Ich möchte ein paar Auskünfte.«

Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Auskünfte?«

»Ja. Hat Julie Winthrop ihre Skier hier gekauft?«

Er musterte Dana genauer. »Ja. Und ich weiß sogar, welche. Sie fuhr am liebsten diese spitzenmäßigen Volant TI, reine Rennski. Hat drauf geschworen. Schreckliche Sache, was ihr da droben am Eaglecrest passiert ist.«

»War Miss Winthrop eine gute Skifahrerin?«

»Gut? Sie war die Beste. Sie hatte einen ganzen Schrank voller Pokale.«

»Wissen Sie, ob sie allein hier war?«

»Soweit ich weiß, ja.« Er schüttelte den Kopf. »Und das Sonderbarste dabei ist, dass sie den Eaglecrest kannte wie ihre Westentasche. Ist jedes Jahr hier Ski gefahren. Da möchte man doch meinen, dass so ein Unfall gar nicht hätte passieren können, oder?«

»Ja, vermutlich«, sagte Dana bedächtig.

Das Polizeipräsidium von Juneau war nur zwei Straßen vom Hotel entfernt.

Dana trat in den kleinen Empfangsraum, in dem die Flagge des Staates Alaska, die Flagge von Juneau und das Sternenbanner hingen. Der Teppichboden war blau, ebenso die Couch und der einzige Sessel.

»Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«, fragte ein Polizist in Uniform.

»Ich hätte gern ein paar Auskünfte zum Tod von Julie Winthrop.«

Er runzelte die Stirn. »Da müssten Sie sich an Bruce Bowler wenden. Er leitet den Rettungsdienst. Sein Büro ist einen Stock höher. Aber im Moment ist er nicht da.«

»Wissen Sie, wo ich ihn finden könnte?«

Der Polizist warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Um die Zeit müssten Sie ihn am ehesten im Hanger of The Wharf antreffen können. Das ist zwei Straßen weiter, drunten am Marine Way.«

»Ich danke Ihnen vielmals.«

Das Hanger on The Wharf war ein großes Restaurant, das zur Mittagszeit bis auf den letzten Platz besetzt war.

»Tut mir Leid«, sagte die Oberkellnerin zu Dana, »aber im Augenblick ist kein Tisch frei. Wenn Sie zwanzig Minuten warten -«

»Ich suche einen Mr. Bruce Bowler. Wissen Sie, ob -?«

Die Oberkellnerin nickte. »Bruce? Der sitzt da drüben.«

Dana blickte hin. Ein freundlich wirkender Mann mit einem markanten, wettergegerbten Gesicht saß allein an einem Tisch.

»Vielen Dank.« Dana ging zu ihm. »Mr. Bowler?«

Er blickte auf. »Ja?«

»Ich bin Dana Evans. Man hat mich an Sie verwiesen.«

Er lächelte. »Sie haben Glück, wir haben ein Zimmer frei. Ich ruf gleich an und sag Judy Bescheid.«

Dana blickte ihn verdutzt an. »Wie bitte?«

»Wollen Sie etwa gar nicht ins Cozy Log, unsere Pension?«

»Nein. Ich möchte mit Ihnen über Julie Winthrop sprechen.«

»Oh«, sagte er verlegen. »Tut mir Leid. Nehmen Sie doch bitte Platz. Judy und ich besitzen eine kleine Pension außerhalb der Stadt. Ich dachte, Sie suchen ein Zimmer. Haben Sie schon zu Mittag gegessen?«

»Nein, ich -«

»Leisten Sie mir Gesellschaft.« Einladend lächelte er sie an.

»Vielen Dank«, sagte Dana.

»Was wollen Sie denn über Julie Winthrop wissen?«, fragte Bruce Bowler, als Dana bestellt hatte.

»Es geht um ihren Tod. Könnte es sein, dass es sich nicht um einen Unfall gehandelt hat?«

Bruce Bowler runzelte die Stirn. »Wollen Sie von mir etwa wissen, ob sie womöglich Selbstmord begangen haben könnte?«

»Nein. Mir geht es darum, ob ... ob jemand sie ermordet haben könnte.«

Er blinzelte. »Ermordet? Julie? Nie und nimmer. Es war ein Unfall.«

»Können Sie mir sagen, wie es dazu kam?«

»Klar.« Bruce Bowler überlegte einen Moment lang, womit er anfangen sollte. »Hier gibt’s dreierlei Abfahrtsstrek-ken. Zunächst mal die Anfängerpisten: Muskeg, Dolly Varden und Sourdough . Dann die schwierigeren, Sluice Box, Mother Lode und Sundance ... Und danach kommen die richtig schweren, die Insane, Spurce Chute und Hang Ten ... Und dann gibt’s da noch die Steep Chutes. Das ist die allerschwerste.«