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Kurz darauf war er am Apparat. »Dana?«

»Roger, Gott sei Dank, dass ich Sie erreicht habe.«

»Was ist los? Ist alles in Ordnung? Wo sind Sie?«

»Ich bin in Moskau. Ich habe herausgefunden, weshalb Taylor Winthrop und seine Familie ermordet wurden.«

»Was? Mein Gott. Wie haben Sie -«

»Ich erkläre Ihnen alles, wenn wir uns wieder sehen. Ich möchte Ihnen ja ungern schon wieder zur Last fallen, Roger, aber ich habe ein Problem. Ein wichtiger russischer Funktionär möchte nach Amerika fliehen. Sascha Schdanoff heißt er. Er ist hier in Lebensgefahr. Er weiß über alles Bescheid, was vorgefallen ist. Wir müssen ihn außer Landes schaffen, und zwar rasch! Können Sie mir dabei helfen?«

»Dana, keiner von uns sollte sich auf so etwas einlassen. Wir könnten beide Schwierigkeiten bekommen.«

»Wir müssen es darauf ankommen lassen. Uns bleibt nichts anderes übrig. Die Sache ist zu wichtig. Es muss sein.« »Das gefällt mir ganz und gar nicht, Dana.«

»Tut mir Leid, wenn ich Sie da mit hineinziehe, aber ich wüsste nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte.«

»Verdammt, ich -« Er stockte. »Na schön. Sie bringen ihn am Besten gleich in die amerikanische Botschaft. Dort ist er vorerst in Sicherheit, bis uns etwas eingefallen ist, wie wir ihn in die Vereinigten Staaten schaffen können.«

»Er möchte nicht in die amerikanische Botschaft gehen. Er traut dem Personal nicht.«

»Es gibt keine andere Möglichkeit. Ich werde den Botschafter auf einer sicheren Leitung anrufen und ihm sagen, dass er für die nötigen Sicherheitsvorkehrungen sorgen soll. Wo ist Schdanoff im Augenblick?«

»Er wartet in den Tschiaka-Apartments auf mich. Er wohnt bei einer Freundin. Ich soll mich dort mit ihm treffen.«

»In Ordnung. Dana, begeben Sie sich unverzüglich zur amerikanischen Botschaft, wenn Sie ihn dort abholen. Halten Sie unterwegs nirgendwo an.«

Dana war zutiefst erleichtert. »Danke, Roger. Vielen herzlichen Dank!«

»Seien Sie vorsichtig, Dana.«

»Bestimmt.«

»Wir unterhalten uns später.«

Danke, Roger.

Vielen herzlichen Dank.

Seien Sie vorsichtig, Dana.

Bestimmt.

Wir unterhalten uns später.

Ende der Aufnahme.

Um halb acht stahl sich Dana aus dem Lieferanteneingang des Sojus-Hotels. Sie ging eine schmale Gasse entlang, durch die ein eisiger Wind fegte. Sie raffte den Mantel eng um sich, doch die Kälte drang ihr bis in die Knochen. Dana lief zwei Straßenzüge weiter, überzeugte sich dabei, dass ihr niemand folgte. An der ersten halbwegs belebten Ecke hielt sie ein Taxi an und nannte dem Fahrer die Adresse, die Sascha Schdanoff ihr gegeben hatte. Eine Viertelstunde später blieb das Taxi vor einem unscheinbaren Mietshaus stehen.

»Ich warten?«, fragte der Fahrer.

»Nein.« Kommissar Schdanoff hatte vermutlich einen Wagen. Dana holte ein paar Dollar aus ihrer Handtasche und hielt sie dem Fahrer hin, worauf der einmal kurz schnaubte und alle nahm. Dana blickte ihm hinterher, als er wegfuhr, und begab sich dann in das Gebäude. Das Treppenhaus war menschenleer. Sie warf einen Blick auf den Zettel, den sie in der Hand hatte - Apartment 2BE. Sie ging zu den abgetretenen Stufen und stieg in den zweiten Stock hinauf. In dem langen Flur, der sich vor ihr erstreckte, war weit und breit niemand zu sehen.

Dana ging ihn langsam entlang und musterte die Zahlen an den Türen. 5BE ... 4BE ... 3BE. Die Tür von Apartment Nummer 2BE stand offen. Dana straffte sich. Vorsichtig stieß sie die Tür ein wenig weiter auf und trat hinein. In der Wohnung war es dunkel.

»Kommissar ...?« Sie wartete. Keine Antwort. »Kommissar Schdanoff?« Die Stille war bedrückend. Dana ging auf das Schlafzimmer zu, das vor ihr lag. »Kommissar Schda-noff .«

Als sie in das dunkle Schlafzimmer trat, stolperte sie über irgendetwas und stürzte zu Boden. Sie lag auf etwas Weichem, Nassem. Voller Ekel rappelte sie sich auf. Dana tastete sich an der Wand entlang, bis sie auf einen Lichtschalter stieß. Sie drückte darauf, und das Zimmer wurde in helles Licht getaucht. Ihre Hände waren voller Blut. Dann blickte sie auf den Boden und sah, worüber sie gestolpert war: Sascha Schdanoffs Leiche. Er lag auf dem Rücken, seine Brust war klatschnass vom Blut, die Kehle vom einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt.

Dana schrie laut auf. Und dabei blickte sie zum Bett und sah den blutigen Leib einer Frau mittleren Alters, um deren Kopf eine Plastiktüte geschnürt war. Dana hatte das Gefühl, als ob ihre ganze Haut kribbelte.

Völlig aufgelöst rannte sie die Treppe hinab.

Er stand am Fenster einer Mietwohnung in dem Haus auf der anderen Straßenseite und schob ein Magazin in das mit einem Schalldämpfer bestückte Gewehr vom Typ AR-7. Er benutzte ein starkes Zielfernrohr, das bis auf fünfundsechzig Meter genau ging. Seine Bewegungen waren ruhig und gelassen, beinahe geschmeidig, wie es sich für einen Profi gehörte. Das hier war ein leichter Auftrag. Die Frau musste jeden Moment aus dem Haus kommen. Er lächelte beim Gedanken daran, welche Panik sie empfunden haben musste, als sie die beiden blutüberströmten Leichen gefunden hatte. Jetzt war sie an der Reihe. In aller Ruhe legte er das Gewehr an, sobald die Tür des Mietshauses auf der gegenüberliegenden Straßenseite aufflog. Durch das Zielfernrohr sah er Danas Gesicht, als sie auf die Straße stürmte, sich gehetzt umblickte, überlegte, in welche Richtung sie laufen sollte. Er zielte sorgfältig, achtete darauf, dass sie genau im Fadenkreuz war, und drückte behutsam den Abzug durch.

Im selben Augenblick hielt ein Bus vor dem Haus, sodass die Kugeln in das Dach einschlugen und Blechspäne herausrissen. Ungläubig blickte der Scharfschütze hinab. Ein paar Querschläger hatten die Ziegelwand des Hauses getroffen, doch die Zielperson war unversehrt. Schreiende Menschen stürzten aus dem Bus. Er wusste, dass er sich schleunigst absetzen musste. Die Frau rannte die Straße entlang. Nur keine Sorge. Die anderen kümmern sich schon um sie.

Ein eisiger Wind heulte durch die Straßen, doch Dana nahm die Kälte überhaupt nicht wahr. Sie war außer sich vor Angst. Zwei Straßenzüge weiter kam sie zu einem Hotel und rannte ins Foyer.

»Telefon?«, sagte sie zu dem Mann an der Rezeption.

Er blickte auf ihre blutigen Hände und schreckte zurück.

»Telefon!« Dana schrie beinahe.

Nervös deutete der Portier auf eine Telefonzelle in der hinteren Ecke des Foyers. Dana stürmte hinein. Sie zog eine Telefonkarte aus ihrer Handtasche und wählte mit zitternden Fingern die Vermittlung.

»Ich möchte mit einem Anschluss in Amerika verbunden werden.« Zähneklappernd nannte sie der Vermittlung ihre Kreditkartennummer, Roger Hudsons Telefonnummer und wartete. Nach einer halben Ewigkeit, so jedenfalls kam es ihr vor, meldete sich Cesar.

»Bei Hudson.«

»Cesar! Ich muss Mr. Hudson sprechen.« Sie brachte kaum einen Ton heraus.

»Miss Evans?«

»Schnell, Cesar, es ist dringend!«

Im nächsten Moment hörte sie Rogers Stimme. »Dana?«

»Roger!« Tränen strömten ihr über das Gesicht. »Er - er ist tot. M-man hat ihn und seine Freundin ermordet.«

»Was? Mein Gott, Dana. Ich weiß nicht, wa - sind Sie verletzt?«

»Nein ... aber man hat versucht, mich umzubringen.«

»Nun hören Sie mal gut zu. Um Mitternacht fliegt eine Maschine der Air France nach Washington. Ich werde einen Platz für Sie reservieren. Sorgen Sie dafür, dass Ihnen niemand zum Flughafen folgt. Nehmen Sie kein Taxi. Begeben Sie sich unverzüglich zum Hotel Metropol. Von dem Hotel aus verkehren regelmäßig Busse zum Flughafen. Nehmen Sie einen davon. Mischen Sie sich unter die Leute. Ich erwarte Sie, sobald Sie in Washington eintreffen. Um Gottes willen, passen Sie auf sich auf.«