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Meine Nasenspitze ist kalt, die Decken sind vom Bettgestell gerutscht und eine kleine Katze schläft darauf. Erneut niste ich mich ein und das kleine Kätzchen liegt nun schnurrend neben mir. In der Ferne höre ich mehrmals das Brüllen einer Raubkatze.

Entweder ein Löwe oder ein Leopard, überlege ich kurz, bevor ich wieder einschlafe. Am nächsten Morgen erfahre ich von Giuliani, dass es sich um einen der hier noch relativ zahlreich lebenden Leoparden handelte.

Gottesdienst in den Ndoto-Bergen

Heute ist nicht nur Sonntag, sondern auch Alberts Geburtstag. Natürlich möchte er es verheimlichen, was ihm selbstverständlich nicht gelingt. Dafür habe ich vorgesorgt. Schon zum Frühstück wird ein Ständchen gettällert, wobei Giulianis Stimme alle anderen übertönt. Danach muss der Pater sich vorbereiten und uns bleibt bis zur Messe noch eine Stunde Zeit. Klaus nimmt seine Kameraausrüstung und wir drei marschieren den Weg entlang, auf dem gestern die Kühe nach Hause trabten. Nach kurzer Zeit erreichen wir das ausgetrocknete Flussbett, das von schönen Felsen durchzogen ist. Klaus und ich finden, dies sei der richtige Platz, um Alberts Geburtstag den gebührenden Rahmen zu verleihen. Wir setzen uns auf Felsen und ich überreiche ihm meine Geschenke, während Klaus filmt. Schließlich kann nicht jeder von sich sagen, dass er seinen Geburtstag im hintersten afrikanischen Busch in einem Bachbett gefeiert hat und dabei Päckchen aus der Bahnhofstraße in Zürich öffnen durfte. Albert ist gerührt und wir lachen herzlich.

Wie schon so häufig haben wir auch bei dieser kleinen Geburtstagszeremonie Zaungäste. Kaum haben wir uns niedergelassen, da tauchen auch schon wie aus dem Boden gewachsen ein paar Kinder auf.

Begegnung mit einer Samburufrau am Fluss

Das neue Haus von James

Unterwegs besuchen wir alte Bekannte

Mama Natascha mit ihrem jüngsten Kind

In einigen Metern Entfernung stehen die Kinder einfach da und beobachten mit regungslosem Gesicht unser Treiben. Erst nach einer guten halben Stunde scheint ihr Interesse zu schwinden und sie ziehen langsam und lautlos weiter.

Wir kehren gerade rechtzeitig zurück, als sich die ersten Besucher in der Mission einfinden. Fast ausnahmslos sind es traditionell gekleidete Frauen und Mädchen. Die meisten haben Kinder bei sich. Diese bekommen zuerst eine Tasse Ut-schi, einen flüssigen Maisbrei, bevor sie sich mit den Müttern auf den Kirchenbänken niederlassen. Immer mehr Menschen füllen die Kirchen-Manyatta. Einige bleiben einen Moment irritiert stehen, als sie uns und vor allem Klaus mit der Kamera erblicken, andere beachten uns kaum. Die meisten Kinder fragen ein einfaches rotes Schul röckchen, die Frauen dagegen haben sich besonders schön geschmückt und ihre farbenfrohen Kangas sehen strahlend sauber aus. Ihre Gesichter glänzen, da sie mit Fett eingerieben sind, und ihre Köpfe zieren farbige Stirnbänder. Einzelne haben sogar den immer seltener werdenden Halsschmuck aus Giraffenhaar umgelegt, der normalerweise nur bei großen Festen getragen wird.

Der Sonntag in der Kirche scheint für diese Frauen durchaus ein Festtag zu sein. Sie singen und klatschen mit solch einer Hingabe und Freude die wunderschönen afrikanischen Kirchenlieder, dass mir warm ums Herz wird.

Begleitet wird der Gesang von einer kleinen Trommel und zwei aus Weiden-ästchen und leeren Flaschcndeckeln gebastelten Tamburinen. Die Lieder klingen lebensfroh und rhythmisch. Einige Frauen sind so versunken, dass sie mit dem Kopf wippen, wie bei den traditionellen Tänzen. Meist singt eine mit einer kräftigen hellen Stimme vor und alle stimmen mir ein. Dies wiederholt sich so lange, bis Pater Giuliani mit einem Metallköfferchen erscheint, sein Messgewand herausholt und es über seine zivilen Kleider streift. Er deckt den einfachen Tischaltar mit einem farbigen Tuch und stellt einen Becher mit Wein und das Schälchen mit den Hostien darauf.

Mittlerweile ist die Rundhütte, in der lediglich ein schlichtes Holzkreuz und einige einfache Papierbilder von der heiligen Maria und dem Jesuskind auf eine christliche Kirche hinweisen, bis auf den letzten Platz gefüllt. In der hintersten Reihe sitzen sogar einige ältere Männer, was für Pater Giuliani spricht. Um einen Samburu in eine Kirche zu locken, muss man sich schon einiges einfallen lassen. Zwischen den Gesängen erzählt Giuliani Geschichten auf Kisuaheli, die von einem Samburu in Maa übersetzt werden. Gegen Ende der Messe wird die Hostie verteilt und anschließend erneut gesungen. Zum Schluss reichen sich alle gegenseitig die Hände. Ich blicke in die schönen markanten Gesichter der Frauen und habe den Eindruck, dass der Kirchenbesuch ihnen nicht nur Abwechslung, sondern auch Freude bereitet. Die Messe ist zu Ende und Giuliani verstaut sorgfältig seine Utensilien, während der Übersetzer den Alten noch etwas Kautabak für den Nachhauseweg in die Hände drückt. Für uns war dieser Gottesdienst ein beeindruckendes Erlebnis, das noch lange in unserer Erinnerung bleiben wird.

Abschiedsfest

Nun wird es jedoch höchste Zeit, nach Barsaloi aufzubrechen. Giuliani wird uns wieder eine Wegstrecke begleiten, da er nach Nairobi fahren muss. Mit Besorgnis sehen wir in der Ferne dunkle Wolken am Himmel.

Das könnte bedeuten, dass der Fluss schon bald Wasser führt und wir den weiten Umweg fahren müssen.

Giuliani ist schnell reisefertig. Wie ein Samburu kann er sich ohne große Vorbereitung auf den Weg machen. Als wir den Fluss erreichen, sehen wir an den Rändern bereits dunklen Sand. Der Wasserspiegel ist unterirdisch also bereits angestiegen. Wir beschließen daraufhin, den Umweg zu fahren, was sich später als sehr sinnvoll erweisen wird.

Nach längerer Fahrt erreichen wir den Außenbezirk von Baragoi, dem Hauptort derTurkana. Unwillkürlich denke ich an den Überfall vor ein paar Jahren. Von hier aus griffen die Turkana die Samburu an. Wir biegen kurz vor der Siedlung ab, als sich ein heftiger Regenschauer über uns ergießt. Es schüttet wie aus Kübeln. Man sieht kaum noch die Fahrbahn, auf der uns braunes Wasser entgegen rauscht. Zum Glück ist dies erst der Beginn der Regenzeit. Da die Erde noch sehr trocken ist, weicht sie nicht so schnell auf und ist noch befahrbar. Ich hoffe nur, dass es in Barsaloi nicht regnet, sonst wird es schwierig, die zahlreichen Feuer für unser Festessen in Gang zu halten. Giuliani beruhigt mich, meint aber, dass die Filmleute in Wamba sicher etwas Wasser abbekommen werden.

Nach einer längeren Fahrt auf regennassen Pisten kommen wir an der Stelle vorbei, an der Lketinga und ich wegen einer kaputten Autobatterie stecken geblieben waren. Lketinga musste einige Stunden zurücklaufen und Giuliani um Hilfe bitten, während ich hier draußen mit unserem Baby allein in der brütenden Hitze vier Stunden ausharrte. Die einzige Abwechslung waren damals Zebraherden und Strauße, die vorbeikamen. Giuliani an diese Situation erinnert, schüttelt den Kopf und meint lachend: „Nun, Corinne, das war nicht das einzige Mal, dass ich dir aus der Patsche helfen musste.“

Bald erreichen wir Barsaloi und zu meiner Erleichterung ist es zwar bewölkt, aber regenfrei. Pater Giuliani allerdings muss sich beeilen, wenn er den gefährlichen Wamba-River noch überqueren möchte. Wir verabreden zuletzt ein gemeinsames Abendessen in Nairobi, verabschieden uns herzlich von ihm und schon braust er in hohem Tempo in Richtung Wamba davon.

Im Missionsgelände beginnen die Fahrer mit dem Aufbau der Schlafplätze. Wir begeben uns zum Kral, in dem bereits viele Festgäste auf uns warten. James kommt uns sichtlich erleichtert entgegen: „Gott sei Dank seid ihr da! Wir haben den ganzen Tag über riesige Mengen gekocht. Die ersten Besucher sind schon am Vormittag gekommen und jetzt sind alle hungrig. Aber ich habe ihnen gesagt, dass es das Essen erst gibt, wenn ihr zurück seid.“ Ich frage nach Lkeringa und erfahre, dass auch er viel gearbeitet hat. Gemeinsam mit dem älteren Bruder hat er die vier Ziegen geschlachtet und das Fleisch zum Kochen in die verschiedenen Hütten verteilt.