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»Da!« stieß er wütend aus und schob ihnen das Pergament über den Tisch zu. »Haben Sie gesehen, was für eine Sammlung von Märchenfiguren unser Neffe, dieser Affe, uns gesandt hat?« »Mit Ihrer Erlaubnis, Sire«, sagte Glozell, »wenn der junge Krieger, den wir eben draußen gesehen haben, der in dem Schreiben erwähnte König Edmund ist, so würde ich ihn nicht eine Märchenfigur, sondern einen höchst gefährlichen Ritter nennen.« »König Edmund, pah«, sagte Miraz. »Glaubt Eure Lordschaft an die alten Ammenmärchen von Peter, Edmund und den anderen?«

»Ich verlasse mich auf meine Augen, Eure Majestät«, antwortete Glozell.

»Nun, diese Unterhaltung führt zu nichts«, meinte Miraz. »Aber wegen der Herausforderung sind wir, glaube ich wohl, einer Meinung?«

»Das vermute ich auch, Sire«, antwortete Glozell. »Und die wäre also?« fragte der König.

»Die Herausforderung muß unbedingt abgelehnt werden«, erklärte Glozell. »Mich hat wirklich noch niemand einen Feigling nennen können, aber ich muß offen erklären, daß mein Herz zittern würde, wenn ich gegen diesen jungen Mann kämpfen sollte. Und wenn – was anzunehmen ist – sein Bruder, König Peter, noch gefährlicher ist, so, mein Herr König, bei Ihrem Leben, halten Sie sich fern von ihm.«

»Schande über Sie«, rief Miraz. »Einen solchen Rat hatte ich nicht gewünscht. Glauben Sie, ich würde Sie fragen, wenn ich Angst davor hätte, mit diesem Peter zusammenzutreffen – falls es einen solchen Mann überhaupt gibt? Meinen Sie etwa, ich fürchte mich vor ihm? Ich wünschte Ihren Rat, ob es für uns richtig ist, den Kampf anzunehmen, und ob wir unseren augenblicklichen Vorteil in einem Zweikampf aufs Spiel setzen können.«

»Worauf ich nur antworten kann, Eure Majestät«, antwortete Glozell, »daß die Herausforderung in jeder Beziehung abzulehnen ist. In dem Antlitz des fremden Ritters steht Tod.« »Schon wieder dasselbe«, rief Miraz, der ernstlich böse wurde. »Sie versuchen es so darzustellen, als sei ich ebenso ein Feigling wie Eure Lordschaft.«

»Wie es Eurer Majestät beliebt«, entgegnete Glozell verdrossen. »Sie reden wie ein altes Weib, Glozell«, sagte der König. »Was meinen Sie, Lord Seifenspan?«

»Lassen Sie die Hände davon, Sire«, war die Antwort. »Eure Majestät sagte selbst, daß es nicht gut sei, den Vorteil aufs Spiel zu setzen, und traf damit ins Schwarze. Das gibt Eurer Majestät einen ausgezeichneten Grund, abzulehnen, ohne daß die Ehre oder der Mut Eurer Majestät in Frage gestellt werden.« »Mein Himmel«, rief Miraz und sprang auf. »Sind Sie denn heute auch verhext? Glauben Sie denn etwa, ich suche nach Gründen für eine Ablehnung? Sie können mich ebensogut ins Gesicht einen Feigling nennen.« Die Unterhaltung verlief genauso, wie die beiden Lords sie sich wünschten, und also sagten sie nichts weiter. »Ich weiß, woher das kommt«, sagte Miraz, nachdem er sie mit Augen angeblickt hatte, die ihm fast aus dem Kopf zu fallen drohten. »Sie beide sind wahre Hasenfüße und haben die Frechheit, mein Herz nach dem Ihren zu beurteilen. Gründe für eine Ablehnung – so etwas! Entschuldigungen, um nicht kämpfen zu müssen! Sind Sie Krieger? Sind Sie Telmarer? Sind Sie Männer? Wenn ich nun also ablehne, wozu mich Klugheit und Gründe der militärischen Führung drängen könnten, so werden Sie glauben, daß ich mich fürchte, und werden das auch anderen beibringen. Ist es nicht so?«

»Kein Mann im Alter Eurer Majestät«, erwiderte Glozell, »wird von einem besonnenen Krieger Feigling genannt, wenn er den Zweikampf mit einem in der Blüte seiner Jahre ablehnt.« »So bin ich also nicht nur eine Memme, sondern auch ein Greis mit einem Fuß im Grabe«, brüllte Miraz. »Ich werde Ihnen sagen, meine Herren, wohin das führt. Mit Ihren weibischen Ratschlägen, die um den Kern der Sache herumgehen – nämlich was zweckmäßig ist –, erreichen Sie das Gegenteil von dem, was Sie beabsichtigen. Ich hatte ablehnen wollen. Jetzt aber werde ich annehmen! Ich will mich nicht schämen müssen, weil irgendeine Zauberkraft oder ein Verrat Ihnen das Blut in den Adern gefrieren läßt.« »Wir beschwören Eure Majestät«, sagte Glozell, aber Miraz war bereits aus dem Zelt gestürmt, und sie konnten hören, wie er Edmund laut zuschrie, daß er annehmen wolle. Die beiden Herren blickten einander leise lächelnd an. »Ich wußte wohl, er würde es tun. Man mußte ihn nur richtig in Zorn bringen«, bemerkte Glozell. »Aber ich werde ihm nicht vergessen, daß er mich einen Feigling nannte. Das soll er mir büßen.« Große Erregung herrschte in Aslans Mal, als die Kunde eintraf und den verschiedenen Geschöpfen mitgeteilt wurde. Edmund hatte mit einem der Hauptleute von Miraz schon den Platz für den Kampf bezeichnet, der mit Pfählen und Seilen abgegrenzt wurde. Zwei Telmarer sollten an je zwei Ecken als Kampfrichter stehen und einer in der Mitte der einen Seite. Die Richter für die beiden anderen Ecken und die andere Seite wurden von König Peter gestellt. Peter erklärte Kaspian gerade, daß er keiner dieser drei sein könne, weil es bei diesem Kampf um sein Thronrecht ginge, als eine tiefe, schläfrige Stimme sagte: »Eure Majestät, bitte.« Peter wandte sich um, und da stand der älteste der Wohlbeleibten Bären. »Wenn es Euch beliebt, Eure Majestät«, sagte er, »ich bin ein Bär; das bin ich, so wahr ich hier stehe.« »Sicherlich, das bist du, und noch dazu zweifellos ein guter Bär«, antwortete Peter. »Ja«, sagte der Bär, »und es ist immer das Recht der Bären gewesen, einen Kampfrichter zu stellen.« »Laßt das nicht zu«, flüsterte Trumpkin Peter zu. »Er ist ein gutes Geschöpf, aber er wird uns Schande machen. Er wird an seinen Pfoten saugen und einschlafen. Noch dazu vor den Augen des Feindes.«

»Das läßt sich nicht ändern«, erwiderte Peter, »denn er hat recht. Die Bären hatten dieses Privileg. Ich weiß nicht, warum gerade dies in Erinnerung blieb, obwohl so vieles andere vergessen wurde.«

»Bitte, Eure Majestät«, mahnte der Bär.

»Es ist dein Recht«, sagte Peter. »Du sollst einer der Kampfrichter sein. Aber du mußt daran denken, daß du nicht an deinen Pfoten saugen darfst.« »Natürlich«, entgegnete der Bär mit empörter Stimme.

»Wieso – du tust es sogar in diesem Augenblick!« schrie Trumpkin.

Der Bär ließ die Pfote aus dem Maul gleiten und tat so, als habe er nichts gehört.

»Sire!« meldete sich eine helle Stimme vom Boden her. »Ach so – Riepischiep!« sagte Peter, nachdem er erst auf und ab und um sich geblickt hatte, wie alle es taten, wenn die Maus sie ansprach.

»Sire«, begann Riepischiep, »mein Leben gehört Euch, aber meine Ehre mir. Sire, unter meinen Leuten befindet sich der einzige Trompeter in der Armee Eurer Majestät. Ich hatte daher angenommen, man werde vielleicht uns mit der Herausforderung entsenden. Sire, meine Leute sind bekümmert. Vielleicht, wenn es Euch gefallen würde, mich zum Kampfrichter zu machen, würde es sie versöhnen.«

Als Riepischiep dies gesagt hatte, tönte von irgendwo oben ein donnerähnlicher Lärm. Der Riese Wetterfest war in eines der nicht so besonders klugen Gelächter ausgebrochen, die für die netten Riesen so bezeichnend sind. Er riß sich sofort zusammen und machte ein todernstes Gesicht, als Riepischiep entdeckt hatte, woher der Lärm kam. »Ich fürchte, das wird nicht gehen«, antwortete Peter sehr ernsthaft. »Manche Menschen sind vor Mäusen ängstlich.« »Das habe ich schon beobachtet, Sire«, sagte Riepischiep. »Und es wäre Miraz gegenüber nicht anständig«, fuhr Peter fort, »ihm etwas vor die Augen zu bringen, was seinen Mut auch nur im geringsten beeinträchtigen könnte.« »Eure Majestät ist der Spiegel der Ehre«, sagte die Maus mit einer ihrer bewunderungswerten Verneigungen, »und wir sind hier der gleichen Meinung... Habe ich nicht eben jemanden lachen hören? Wenn irgendeiner der Anwesenden mich zu verspotten wünscht, so stehe ich durchaus zu seinen Diensten – mit meinem Schwert –, wann es ihm gefällt.« Dieser Bemerkung folgte ein betretenes Schweigen, das durch Peters Worte gebrochen wurde: »Der Riese Wetterfest und der Bär und der Zentaur Talsturm sollen unsere Kampfrichter sein. Der Kampf wird um zwei Uhr nachmittags stattfinden. Das Essen bitte Punkt zwölf.«