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Harihn stöhnte und kämpfte gegen die heiße Aufwallung seines Blutes, während sein verräterischer Körper seinem anschwellenden Verlangen nachgab. Es war immer dasselbe – seit er sie verführt hatte, auf das Drängen der Stimme hin, die an dem Tag, an dem er den Wald betreten hatte, in seinen Verstand eingedrungen war. Manchmal fragte er sich, ob er recht hatte, der Stimme zu vertrauen – aber sie hatte ihm angeboten, was er haben wollte: die Macht, den Thron seines Vaters zu erlangen, und Rache an Anvar dafür, daß er ihm Aurians Treue gestohlen hatte, die ihm Macht und so vieles mehr hätte schenken können.

»Komm schon, was ist los mit dir? Nimm sie dir, wenn es das ist, was sie will!« fuhr die Stimme ihn an. »Wir brauchen ihre Mitarbeit

Zu Harihns Entsetzen spürte er, wie er unbeabsichtigt einen Schritt nach vorn machte und seine Glieder sich aus eigener Kraft bewegten, während der Eindringling die Herrschaft über sie übernahm.

Rabe sah ihren Geliebten zögernd an. Harihn schien heute abend so seltsam. Sein gelocktes, schwarzes Haar war von silbernen Tröpfchen bekränzt und ließ ihn vor der Zeit ergrauen. Er sah aus, als sei er gealtert, dachte sie. Seine sanften Züge hatten scharfe Kanten angenommen, als hätte sich ein älteres, härteres Gesicht über das seine gelegt. Seine Augen brannten sich in ihre hinein, und zum ersten Mal hatte sie Angst.

»Es wird Zeit«, knurrte Harihn. Nur das – kein Lächeln, kein Kuß, kein Wort des Grußes. Bevor Rabe sich noch bewegen konnte, packte er sie, legten einen Fuß hinter ihren Knöchel und warf sie zu Boden, wo er sie mit seinem Gewicht niederdrückte. Federn flogen wie schwarzer Schnee um sie herum, als ihre Hügel sich in den Büschen verfingen. Er zerriß ihr Gewand, erstickte ihren Protest mit brutalen Küssen, und seine Hände mißhandelten ihre Brüste. Dann war sein Knie zwischen ihren Beinen und stieß sie grob auseinander. »Harihn, nein!« keuchte Rabe. Mit einem Fluch zog er seine Hand zurück, und ihre Wangen brannten, als er sie mit einem heftigen Schlag zum Schweigen brachte. Tränen liefen über ihre Schläfen und erkalteten in der wirren Wolke ihres Haars.

Hart und fordernd stieß er in sie hinein, und Rabe stöhnte vor Schmerz. »Nein!« kreischte sie und schleuderte ihm Rüche in der Sprache der Geflügelten entgegen. Dann wehrte sie sich mit ihren scharfen, klauenartigen Nägeln und versuchte schließlich, sie ihm in die Augen zu bohren.

Harihn wich zur Seite aus; tiefe, klaffende Wunden zogen sich über seine Wangen. »Du Barbarin!« knurrte er. Sein Blut tropfte heiß auf ihr Gesicht, und er küßte sie wieder, diesmal etwas sanfter.

»Vergib mir«, wisperte er. »Wir waren so lange voneinander getrennt, und du bist so schön …«

Seine Hand drängte sich zwischen ihre Leiber, schlüpfte zwischen Rabes Beine, und sie wimmerte vor Vergnügen und wölbte sich ihm entgegen. »Ich hasse dich«, ächzte sie. »Ich hasse dich«, jubilierte sie wieder und wieder zu dem schneller werdenden Rhythmus seiner heftigen Stöße. »Ich werde dich töten! Ah!« Während sie dem Höhepunkt immer näher kam, zerrissen ihre Krallen sein Gewand und bohrten sich in die weiche Haut seines Rückens.

Klebrig, schmutzig, blutend und voller blauer Flecken rollten sie voneinander weg und rangen um Atem. Harihn blinzelte, als wache er gerade aus einem Traum auf. Rabe beobachtete ihn durch ihre Wimpern hindurch, als er plötzlich die Hand hob, um ihr die schweißnassen Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen, die an ihren Wangen klebten. Dann küßte er ihr geschundenes Gesicht, und sein Atem kribbelte leise auf ihrer feuchten Haut. »Armes Kind – kannst du mir verzeihen?« murmelte er. Rabe, die noch ganz im Bann der Leidenschaft stand, die sie schließlich und endlich doch noch ergriffen hatte, nickte nur. Er hatte sich gerade noch rechtzeitig verändert – als wäre er eine Zeitlang jemand anderes gewesen, bevor der wahre Harihn zurückgekehrt war, um sie vor tiefster Demütigung zu bewahren. Dafür war sie sehr dankbar. Er konnte ja nicht wissen, dachte die Prinzessin, daß sie gezwungen war, ihm zu verzeihen. Das Himmelsvolk vermählte sich auf Lebenszeit, und es gab kein Zurück mehr für sie.

Ein Zittern durchlief sie, aber Rabe war nicht umsonst eine Prinzessin. Sie berührte die Kratzer auf Harihns Gesicht, und als er zusammenzuckte, verzogen ihre Lippen sich zu einem selbstgefälligen, kleinen Lächeln. »Ich hab’s dir heimgezahlt«, sagte sie zu ihm, und der Schatten hob sich aus seinen Augen.

»Hexe«, murmelte er.

»Das geschieht dir ganz recht!« Es war einer der Ausdrücke, die Nereni so oft gebrauchte, und bei der Erinnerung daran richtete Rabe sich plötzlich mit einem Ruck auf. »Yinze auf einem Baumwipfel! Nereni erwartet mich schon lange zurück.«

Harihns Lächeln erlosch. Dann, wie die Sonne, die sich hinter einer Wolke verbarg, bevor sie wieder erschien, kehrte es zurück, aber finsterer diesmal. Jetzt war es wieder wie am Anfang, als er sie so gewaltsam genommen hatte … Rabe streckte ihre Krallen aus, aber Harihn rührte sich nicht. »Ich habe eine Überraschung für dich, Prinzessin«, sagte er zu ihr. »Die Magusch sind sicher aus der Wüste zurückgekehrt, und Nereni plant, das glückliche Wiedersehen mit einem Festmahl zu feiern.«

»Ein Festmahl?« rief Rabe. »Während mein Königreich dem Untergang geweiht ist und keiner von ihnen auch nur einen Finger hebt, um mir zu helfen …«

»Pst.« Harihn brachte sie mit einem Kuß zum Schweigen. Beim Schnitter, was für eine leichtgläubige Närrin sie doch war! »Du brauchst sie nicht, mein Juwel, denn unsere Zeit ist reif. Du weißt, ich habe einen machtvollen Verbündeten. Ich werde ihm helfen, Aurian und Anvar gefangenzunehmen, und er wird dir jeden Beistand gewähren, den du brauchst, um dein Königreich zurückzuerlangen.«

»Das will ich hoffen. Die anderen haben mir ja herzlich wenig geholfen.« Die Stimme des geflügelten Mädchen offenbarte ihre Verbitterung, und Harihn lächelte in der Dunkelheit. Es war so leicht, sie zu beeinflussen. »Überrede deine Kameraden, ins Gebirge zu gehen, zu Incondors Turm, dem uralten Wachposten deines Volks«, sagte er zu ihr. »Wenn sie dort ankommen, bevor Aurian ihre Macht zurückerhält, können meine Leute ihnen mühelos auflauern.«

Rabe dachte an Nereni und zögerte. »Harihn – versprichst du, daß sie nicht zu Schaden kommen werden?«

»Das verspreche ich dir, meine Liebste.« Die Dunkelheit verbarg die Lüge in Harihns Gesicht. Nerenis Mann hatte ihn betrogen, ebenso wie der abtrünnige Yazour und der Eunuch Bohan. Sie verdienten den Tod – auch Nereni. Harihn lächelte bei dem Gedanken. Unfähig, der Versuchung zu widerstehen, sie noch einmal zu nehmen, strich er ihr übers Haar und beugte sich herunter, um ihre Lippen noch einmal einzufangen.

Später, als er sich mühsam den Weg zurück zu seinem Lager ertastete, lächelte Harihn immer noch; währenddessen kehrte Rabe zu ihrem eigenen Lager zurück und flog hoch über den Bäumen hinweg, während die Berge in die Nacht hineinglitten.

Binnen kurzer Zeit hatte der Prinz seine Gefolgsleute zu hektischen Aktivitäten getrieben. »Meine restlichen Krieger werden heute abend nach Norden aufbrechen, wo ich in Kürze zu ihnen stoßen werde«, erklärte er seinen Bediensteten. »In meiner Abwesenheit müßt ihr hierbleiben und Vorräte für uns anlegen. Geflügelte werden kommen, um abzuholen, was ihr gesammelt habt.« Seine Gefolgsleute, überrascht von dieser plötzliche Änderung seiner Pläne, sahen den Prinzen wachsam an und flüsterten hinter seinem Rücken. Er war nicht mehr er selbst gewesen, seit er einen Fuß in diesen Wald gesetzt hatte, und manchmal hatten sie ihn sogar dabei erwischt, wie er zu sich selbst sprach, wenn er sich unbeobachtet wähnte. Und was seine Verbindung mit diesen geflügelten Kreaturen betraf – das überstieg bei weitem alle Regeln des Anstands.

Harihns Verhalten wurde immer seltsamer. Schon bald nach ihrer Ankunft an diesem Ort hatte er die meisten seiner Soldaten weggeschickt. Sie sollten mit großen Mengen an Vorräten mit einem geflügelten Krieger als Führer nach Norden reiten. Auf diese Weise war sein Gefolge nur mit einer vollkommen unzureichenden Wache zurückgeblieben – und jetzt wollte er sie ganz im Stich lassen. Aber sie waren Khazalim, und der Gehorsam den Mächtigen gegenüber war ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Harihn war ihr Prinz. Er hatte versprochen, zu ihnen zurückzukehren, und mit diesem Versprechen mußten sie sich zufriedengeben. Harihns Leute seufzten – aber sie gehorchten.