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»Stellen Sie sich vor«, sagte ich zu dem zweiten Konstrukteur, »Sie säßen in einem altmodischen Flugzeug, der Höhenmesser zeigt auf 5000, der eine Flügel ist gebrochen, Sie stürzen wie ein Stein in die Tiefe, und unterwegs rechnen Sie aus: morgen von 12 bis 2, von 2 bis 6, um 6 Abendessen… Lächerlich, nicht wahr? Genauso unsinnig wie unsere ganze Rechnerei.« Die blauen Blümchen öffneten sich weit. Wenn ich aus Glas wäre, könnte er sehen, dass ich in drei, vier Stunden… Was würde er wohl dazu sagen?

EINTRAGUNG NR. 27

Übersicht: Keine Übersicht — ich kann nicht.

Ich bin allein in den endlosen unterirdischen Gängen. Über mir ein stummer Betonhimmel. Irgendwo tröpfelt Wasser von den Steinen herab. Da ist die schwere, undurchsichtige Tür, dahinter ein dumpfes Geräusch. Sie hat gesagt, sie werde pünktlich um 16 Uhr zu mir kommen. Doch es ist schon fünf, zehn, fünfzehn Minuten nach 16 Uhr, und niemand ist zu sehen. Ich will noch fünf Minuten warten. Wenn sie dann nicht kommt…

Irgendwo tröpfelt Wasser von den Steinen herab. Traurig, glücklich denke ich: Gerettet! Ich kehre um und gehe langsam durch den Korridor zurück. Das zitternde Licht der Deckenlampen verblasst…

Plötzlich wird hinter mir eine Tür aufgerissen, schnelle Schritte, die dumpf und weich von den Wänden widerhallen, nähern sich — und sie steht vor mir, ein wenig außer Atem vom schnellen Laufen.

»Ich wusste, dass du kommen würdest, ich wusste es!« Sie blickte auf und… Wie soll ich beschreiben, wie es ist, wenn ihre Lippen die meinen berühren? Durch welche Formel soll ich den Sturm in meiner Seele ausdrücken, der alles, alles außer ihr, hinwegfegt? Ja, in meiner Seele — lacht darüber, wenn ihr wollt. Sie schlug langsam die Augen auf und sagte leise: »Genug… später. Wir müssen gehen.« Sie öffnete eine Tür. Alte, ausgetretene Stufen, ein unerträglicher Lärm, Pfeifen, Licht…

Inzwischen sind fast vierundzwanzig Stunden vergangen. Ich habe mich zwar ein wenig beruhigt, aber immer noch fällt es mir schwer, meine Erlebnisse einigermaßen genau zu schildern. In meinem Kopf sieht es aus, als wäre eine Bombe explodiert — geöffnete Münder, Flügel, Schreie, Blätter, Worte, Steine, ein wüstes Durcheinander. Ich entsinne mich, dass mein erster Gedanke war: Zurück! Schnell zurück! Denn ich wusste: Während ich in den unterirdischen Gängen wartete, zerstörten die Bewohner des unbekannten Landes die Grüne Mauer und brachen in unsere Stadt ein, die wir mit großer Mühe von der niedrigen Welt gesäubert hatten. Etwas Ähnliches hatte ich wohl zu I gesagt; sie lächelte:

»Aber nein! Wir sind nur hinter der Grünen Mauer.« Da öffnete ich die Augen und erblickte ein Reich, das bisher jeder nur durch das trübe Glas der Grünen Mauer gesehen hatte.

Die Sonne schien… doch es war nicht unsere gleichmäßig über die spiegelnde Fläche der Straße verteilte Sonne, es waren lebendige Splitter, tanzende Flecke, die die Augen blendeten und mich schwindlig machten. Kerzengerade Bäume, hoch wie der Himmel, stumme grüne Fontänen, knorrige Äste… und all das bewegte sich, flüsterte und rauschte. Dicht vor mir sprang ein struppiges Knäuel auf und stürzte in wilder Flucht davon. Ich blieb wie angewurzelt stehen, ich konnte nicht mehr weiter, denn unter meinen Füßen war keine glatte, ebene Fläche, sondern etwas widerlich Weiches, Lebendiges, Grünes. Ich war wie betäubt, ich glaubte, ich müsse ersticken — ja, ersticken, das ist das richtige Wort. Unbeweglich stand ich da und hielt mich mit beiden Händen an einem schwankenden Ast fest.

»Fürchte dich nicht! Das ist nur am Anfang so, das geht vorüber! Nur Mut!« sagte I. Auf dem wie toll hüpfenden grünen Netz entdeckte ich neben I ein scharfes, wie aus Papier geschnittenes Profil… Der Doktor! Ich erkannte ihn sofort. Die beiden nahmen mich an den Händen und zogen mich lachend mit sich fort. Ich stolperte weiter, glitt alle Augenblicke aus. Um mich Gekrächze, Moos, Erdhaufen, Adlerschreie, Äste, Baumstämme, Flügel, Blätter, schrille Pfiffe… Der Wald lichtete sich, ich sah eine große Wiese und viele Menschen, oder, besser gesagt, Lebewesen.

Jetzt komme ich zu dem, was am schwersten zu beschreiben ist. Denn was ich auf dieser Lichtung erblickte, ging über alle Grenzen des Wahrscheinlichen hinaus. Jäh wurde mir klar, warum I stets so hartnäckig geschwiegen hatte, denn ich hätte ihr niemals geglaubt, nein, selbst ihr nicht. Es ist durchaus möglich, dass ich morgen auch mir selbst und meinen Aufzeichnungen nicht mehr glaube. Um einen kahlen Felsblock inmitten der Wiese drängten sich drei- oder viertausend … Menschen. Nun, nennen wir sie Menschen, anders kann man diese Geschöpfe wohl nicht bezeichnen. Anfangs erkannte ich nur unsere blaugrauen Uniformen unter der Menge, und in der nächsten Sekunde entdeckte ich neben ihnen schwarze, rote, gelbe, braune, graue und weiße Menschen — ja, es konnten nur Menschen sein. Sie waren alle ohne Kleider und hatten ein kurzes, glänzendes Fell wie das ausgestopfte Pferd im Prähistorischen Museum. Aber die Weibchen hatten die gleichen Gesichter wie unsere Frauen, zart und rosig, und ihre Brüste, groß, fest, von schöner geometrischer Form, waren nicht behaart. Bei den Männchen war nur ein Teil des Gesichts nicht mit Haaren bedeckt, wie bei unseren Ahnen.

Dieser Anblick war so verblüffend, dass ich stehen blieb und sie anstarrte. Plötzlich war ich allein, I stand nicht mehr neben mir; ich konnte mir nicht erklären, wie und wohin sie verschwunden war. Rings um mich nur diese Geschöpfe, deren Fell in der Sonne wie Atlas glänzte. Ich fasste einen von ihnen an der warmen, dunkelbraunen Schulter: »Hören Sie, um des Wohltäters willen, haben Sie gesehen, wohin sie gegangen ist? Sie war eben noch hier…« Er warf mir einen finsteren Blick zu: »Pst! Leise!« und deutete auf den Felsblock in der Mitte der Lichtung. Dort oben stand sie, hoch über den Köpfen der Menge. Die Sonne schien mir genau ins Gesicht, so dass ich I als kohlschwarze, eckige Silhouette auf der blauen Leinwand des Himmels sah. Niedrige Wolken flogen vorbei, und mir war, als glitten nicht die Wolken über den Himmel, sondern der Felsblock, und darauf sie selbst, und mit ihr die Menschenmenge und die ganze Lichtung, als glitte alles lautlos dahin wie ein Schiff. Die Erde wurde leicht, ganz leicht und schwamm mir unter den Füßen weg … »Brüder…«, sprach I, »Brüder! Ihr alle wisst, dass sie in der Stadt hinter der Mauer den Integral bauen. Ihr wisst, dass der Tag naht, da wir diese Mauer — und alle Mauern — niederreißen werden, auf dass der frische, grüne Wind die ganze Erde erfasse. Aber der Integral wird diese Mauern dort hinauftragen, zu tausend anderen Welten, die euch in der Nacht als helle Feuer durch die schwarzen Blätter zublinken…«

Um den Felsblock wogte, schäumte, heulte es: »Nieder mit dem Integral! Nieder!«

»Nein, Brüder, nein! Der Integral muss unser werden. Wenn er zum ersten Mal in den Himmelsraum emporjagt, werden wir an Bord sein. Denn der Erbauer des Integral ist einer der Unseren. Er hat den Mauern den Rücken gekehrt, er ist mit mir hierher gekommen, um bei euch zu sein. Es lebe der Erbauer des Integral!«

Eine Sekunde — und ich stand irgendwo hoch oben, unter mir Köpfe, schreiende Münder, erhobene Arme. Ein seltsames, berauschendes Gefühclass="underline" Ich war über alle anderen erhoben, ich war ein Einzelwesen, eine Welt, ich hatte aufgehört, eine Nummer zu sein…

Müde und glücklich wie nach einer Umarmung sprang ich von dem Felsen herunter. Sonne, Stimmen von oben und I.s Lächeln. Eine goldhaarige, nach Kräutern duftende Frau mit atlasglänzendem Körper trat auf mich zu. Sie hielt eine hölzerne Schale in den Händen, setzte sie an die roten Lippen, und dann reichte sie sie mir. Ich trank gierig, mit geschlossenen Augen, um das Feuer in mir auszulöschen, ich trank süße, kalte Funken. Und das Blut in meinen Adern, die ganze Welt, kreiste tausendmal schneller, die leichte Erde flog wie eine Daunenfeder. Und alles wurde schwerelos, einfach und klar.