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Als die Lenzarbeiten vorüber waren, als die fünfblättrige Waldrose am Hage oder zwischen dem Gesteine blühte, nahm Witiko eines Tages nach dem Essen sein Ledergewand, kleidete sich damit, sattelte sein Pferd, schickte nach Benedikt, dem Sohne Zacharias' des Schenken, daß er ihm als Führer diene, und ritt von diesem begleitet in der Richtung gegen Morgen in den Wald. Benedikt ging mit einem langen Stabe voran, Witiko folgte ihm. Sie gelangten unter den Föhren bis an den Kamm der Höhe empor. Dann kamen sie durch Buchenwald und Tannen wieder in ein Tal hinab, in welchem ein Bach floß. Witiko sah Rehe daraus trinken, und einen Hirsch darin stehen. Sie durchschritten den Bach. Dann ging ein Wald sachte aufwärts, und da sie ihn zurückgelegt hatten, kam eine Ebene.

Auf ihr stand nicht mehr hoher Wald sondern kurze dünne kranke Föhren, und viele Stellen hatten gar keinen Baum. Das Gras war grau und trocken, und wo Erde zu sehen war, erschien sie in dunkler aschgrauer Farbe.

»Da ist ein seltsamer Boden«, sagte Benedikt, »wenn man ihn auf die Achsen der Wagenräder streicht, so gehen sie so lind wie mit fetten Dingen geölt.« »Da sollte man den Boden untersuchen«, sprach Witiko. »Ja das sollte man«, sagte Benedikt.

Sie zogen auf der Ebene hin, die Sonne schien schon tief aus Wolkenschleiern. Und da sie an das Ende der Ebene gekommen waren, ging sie unter. Nun fing wieder hoher Wald an, der sachte abwärts ging. Weil es in ihm dunkelte, stieg Witiko ab, und führte sein Pferd hinter sich her. Nach einer Stunde kamen sie auf eine freie Stelle. Sie hörten im Walde einen Ruf. Sie blieben stehen. Es war stille. Dann tönte wieder der Ruf. Sie blieben noch stehen. Die Stelle war sehr sonderbar. Es glänzte Wasser im Monde, es glänzte das Gras um das Wasser, und die Büsche daran glänzten auch, aus ihnen ragten dunkle Giebel wie Dächer von Hütten empor, und oben war der Mond in gelblichen Wolken. Am Saume des Waldes standen drei Gestalten, welche in weite Gewänder gehüllt waren, und die Gewänder auch über die Häupter gezogen hatten. Sie schienen Weiber zu sein. Es tönte wieder im Walde der Ruf, dann war es wieder stille. Dann tönte der Ruf noch einmal aber schwach, dann begann ein Gesang wie von vielen Stimmen. Der Gesang war ruhig und langsam. Er dauerte eine Weile, dann war es stille. Dann begann der Gesang wieder.

»Das ist ein heidnisches Ding«, sagte Benedikt leise zu Witiko, »es muß einer gestorben sein. Weil sie es nicht auf seinem Grabe tun können, da es die Priester verboten haben, so gehen sie in den Wald, und tun es dort. Ich kenne den Gesang, meine Großmutter hat ihn oft ertönen lassen, und einmal habe ich ihn auch im Walde oberhalb Horec gehört.«

»Aber werden denn die Leute nicht belehrt?« fragte Witiko. »Sie tun es im geheimen«, antwortete der Führer, »und sagen nichts davon, daß sie von ihren Göttern nicht gestraft werden.« »Dann müssen wohl neue Geschlechter kommen, die die Sünden der alten vergessen«, sagte Witiko. »So wird es schon sein«, entgegnete der Führer.

Der Gesang hatte wieder aufgehört, begann wieder, und schwieg endlich ganz. Witiko und sein Führer blieben noch immer stehen. Nach einer Zeit kamen Gestalten bei den drei Weibern aus dem Walde. Sie waren in weite Gewänder gehüllt, die durch Gürtel zusammen gefaßt wurden. Es waren Männer und Frauen. Sie blieben bei den Weibern stehen, und wurden immer mehr. Dann zerstreuten sie sich. Einige gingen auf dem Pfade am Waldsaume abwärts, auf dem Witiko seinen Weg fortsetzen sollte, andere kamen gegen Witiko herauf, und gingen an ihm vorüber in den Wald. Manche gingen schweigend vorbei, andere sagten: »Gelobt sei der Heiland.« »Gelobt sei der Heiland«, antworteten Witiko und sein Führer.

Endlich war keine der Gestalten mehr zu sehen, die drei Weiber standen auch nicht mehr auf ihrem Platze, und es regte sich nichts als der sanfte Wolkenzug, den der Mond durchschien.

Jetzt nahmen Witiko und sein Führer auch den Weg wieder auf. Sie gingen auf dem Pfade am Waldsaume hinunter. Als sie den Grasplatz verlassen hatten, kamen sie wieder in dichten Wald. Aber der Weg war da breiter und ausgetretener. Sie gingen langsam auf demselben fort, und hatten manches Mal unter den Blättern eine durchbrechende Helle des Mondes.

Da sie eine Stunde auf diesem Wege zugebracht hatten, gelangten sie wieder in das Freie. Es war ein breites Tal, von Wald umgeben. In dem Tale konnte man Gebüsche Felder und Wiesen unterscheiden, und hie und da glänzte es wie Wasser. Aus dem Wasserglanze stand ein großer viereckiger schwarzer Turm empor.

»Wir haben länger gebraucht, als ich gedacht habe«, sagte Witiko. »Die Verschlingungen des Pfades und die Wurzeln hindern das Fortkommen«, sagte der Führer, »und die Irrgräser machen den Weg länger.« »Es ist schon gut«, entgegnete Witiko.

Bei diesen Worten bestieg er wieder sein Pferd, und ritt auf dem Wege gegen den Turm zu. Sie konnten nur auf einem schmalen Erdstriche zwischen Schilf und Wasser zu demselben gelangen. Er war durch ein Tor geschlossen. An dem Tore hing ein Ochsenhorn. Der Führer nahm es, und blies in dasselbe. Eine Zeit darnach öffnete sich eine Luke im Tore, und ein Mann sah heraus. Er sprach: »Sei gegrüßt, Benedikt.« Dann öffnete er das Tor.

Witiko ritt durch den Bogen hinein, und kam in einen Hof. Das Tor wurde hinter ihm wieder geschlossen. Im Hofe stieg er von dem Pferde. Der Führer und der Mann, der das Tor geöffnet und wieder geschlossen hatte, halfen ihm das Pferd in den Stall bringen. Da es dort angebunden und bedeckt war, führte der Mann Witiko und den Führer in eine Stube. Dieselbe war sehr groß, und hatte an ihrem oberen Ende die Leuchte. Von derselben ging ein sehr langer Tisch aus Tannenbrettern bis gegen die Tür. An der Leuchte saß ein barhäuptiger Mann in einem weiten schwarzen Gewande, dessen Gürtel gelöst war. Neben ihm saß ein anderer in grauem Gewande, das aber gegürtet war. Er hatte gleichfalls auf dem Kopfe keine Bedeckung. An dem langen Tannentische saßen mehrere Männer und Jünglinge vor Krügen. Sie waren auch in weite gegürtete Gewänder gekleidet, und trugen keine Bedeckungen auf den Häuptern.

Als Witiko und der Führer eingetreten waren, erhob sich der Mann im schwarzen Gewande an der Leuchte, und rief. »Ich bin Rowno der Wladyk, was begehret ihr?« »Ich heiße Witiko«, antwortete Witiko, »stamme aus dem Mittage Böhmens, und bitte dich um Gastfreundschaft. Dieser da ist mein Bote.«

»Komme an das obere Ende des Tisches, Witiko«, entgegnete Rowno, »und Benedikt soll sich an das untere Ende setzen.«

Witiko ging an das obere Ende des Tisches, und als er bei Rowno angekommen war, reichte ihm dieser die Hand, und sagte: »Du bist willkommen, nimm dir einen Stuhl, und setze dich neben uns an den Tisch. Es wird dir sogleich eine Erquickung gereicht werden, und dein Führer wird auch Speise und Trank erhalten.«

Witiko setzte sich nieder, wie es Rowno gesagt hatte, und dieser nahm auch seinen Platz wieder ein. Die Männer und Jünglinge an dem Tische waren vor Witiko aufgestanden, und setzten sich wieder nieder.

Nun kam ein Mann, der auf einem großen Brette das Lendenstück von gebratenem Schweinfleisch trug. Er setzte es vor Witiko hin. Ein anderer brachte einen Krug mit Bier und einen Laib Brot. Witiko schnitt sich von dem Fleische ab, schnitt sich von dem Brote ein Stück herab, und begann, seinen Hunger und Durst zu stillen. Dem Führer hatte man auch am untern Ende des Tisches zu essen und zu trinken vorgesetzt.