Da Witiko fertig war, hob Rowno sein Horn, und sagte: »Ich bringe dir den Willkommtrunk, Witiko.«
Witiko hob den Krug, und erwiderte: »Ich bringe Bescheid.« Dann tranken beide.
Dann sagte Rowno: »Du bist Witiko der Knabe, der auf dem Wahltage auf dem Wyšehrad gesprochen hat, daß man ihn zu einer Botschaft an den Herzog Sobeslaw in der Versammlung belasse.« »Ich bin es«, antwortete Witiko, »ich weiß, daß du auf dem Wyšehrad warst. Ich wohne jetzt als dein Nachbar in dem Hause meiner Mutter auf dem oberen Plane, und biete dir Gastfreundschaft an.« »Ich empfange sie, wenn ich zu dir komme«, erwiderte Rowno.
Jetzt erhob sich auch der andere Mann, der an der Leuchte saß, und mit einem grauen Gewande angetan war. Er trat zu Witiko, und sprach: »Ich bin Osel, und habe dich auch auf dem Wyšehrad gesehen, wo du gesprochen hast. Ich bin bei Rowno auf Gastfreundschaft, und reite morgen beim Tagesgrauen fort. Wenn du nach Dub kommst, wo wir in unsern Häusern sitzen, hast du Gastlichkeit bei uns.«
»Ich nehme sie an«, sagte Witiko, »und du hast sie auch bei mir.« »Ich empfange sie«, sagte Osel, »du bist ja aber auch Witiko von Pric, das weiter im Lande ist, und dahin wir von Dub keinen großen Weg haben.« »Wir haben ein Eigen in Pric«, antwortete Witiko, »ich bin aber tiefer in den Wald gegangen.«
»Du bist tiefer in den Wald gegangen«, erwiderte Osel, »weil du zu denen gehörst, die sich dem Herzoge Wladislaw widersetzt haben.« »Ich gehörte nur zu Sobeslaw«, entgegnete Witiko, »und habe einen Auftrag von ihm vollführt. Alles andere lag nicht in meinen Dingen.« »Bist du nach der Wahl gleich zu Sobeslaw gegangen, und hast du ihn sterben gesehen?« fragte Rowno.
»Ich bin nach der Wahl gleich auf Hostas Burg geritten«, sagte Witiko, »bin in dem Gemache gewesen, als der Herzog die Augen schloß, und war unter denen, die ihm das Geleite in die Gruft gegeben haben.«
»Wir haben es ihm auch gegeben«, sagte Rowno, »und der Herzog selbst hat ihn auch geleitet. Sobeslaw war für das Land ein guter Mann bis auf den Tag von Sadska. Wie hast du nach seiner Bestattung von Prag fortkommen können?«
»Der Herzog hat befohlen, daß man mich ungekränkt von dannen lasse«, entgegnete Witiko.
»Das ist gerecht«, sagte Rowno. »Da er auf den Fürstenstuhl gesetzt wurde, und da die Menschen jubelten, war er sehr in sich gekehrt. Hast du die Feierlichkeiten gesehen?«
»Ich bin bei dem toten Herzoge Sobeslaw in Hostas Burg gewesen«, antwortete Witiko.
»Sie haben indessen den lebendigen gegrüßt«, entgegnete Rowno, »alle, die da waren, haben ihm vor Freude zugerufen, da er zu dem Stuhle Premysls geführt wurde, weil nun das Kämpfen Morden und Zerstören vorüber ist, das eintrat, wenn ein schwacher Mann auf dem Fürstenstuhle saß, und andere darnach strebten. Und wenn auch das Unheil nicht leicht in unsern Wald kömmt, weil er unwegsam ist, so könnte es doch jetzt eher geschehen, weil der Krieg ist, den der Markgraf Leopold von Österreich um Bayern führt, und es ist gut, daß es unterbleibt.«
»Ich bin noch zu unerfahren in diesen Dingen«, sagte Witiko. »Erlaube, Rowno, daß ich mich auf ein kurzes entferne, um nach meinem Pferde zu sehen.« »Es sei, wenn du es selber tun willst«, sagte Rowno. Witiko ging aus der Stube, und kam nach einer Weile wieder. »Andere Männer«, sagte er, »fürchten doch etwas.«
»Das ist der alte Bolemil und der alte Diwiš«, sagte Osel, »und Lubomir, welche die früheren Kriege gesehen haben. Sie sind aus Alter furchtsam geworden, und glauben stets, das Entsetzen wird gleich wieder kommen. Die Lechen Kmeten und Vornehmen möchten wohl immer herrschen, das ist wahr, und sie möchten deshalb Unfrieden anzetteln; aber wir und Tausende stehen lieber zu einem einzigen mächtigen Manne, der uns schützt, als daß wir uns von mehreren plagen lassen, damit sie prassen, und in schimmernden Kleidern einher gehen.«
»Und das, meinen sie, könnte zum Streite führen«, antwortete Witiko. »Gegen den Mutigen fehlt der Mut«, sagte Rowno.
»Unsere alten Priester haben erzählt, daß gegen Premysl den Mann Libušas kein wilder Herr des Landes den Arm aufzuheben versucht hat.«
»Und möchte nur unser Wladislaw immer ein solcher Premysl sein«, entgegnete Osel, indem er wieder zu seinem Sitze ging. »Der hochehrwürdige Bischof Zdik hat sich mit seinem Leben für ihn verbürgt«, antwortete Rowno.
»Als der erlauchte Herzog Sobeslaw im Sterben lag«, fügte Witiko hinzu, »habe ich ihn zu seinem Sohne Wladislaw sagen gehört: Unterwirf dich Wladislaw. Nacerat wird gegen ihn nicht siegen.« »Es haben die Männer in Prag erzählt, daß er so gesagt hat«, entgegnete Rowno.
»Das hat er im Sterben gesagt, da sein Sinn irrte«, rief Osel, »Nacerat hat ja den Herzog Wladislaw auf den Fürstenstuhl geführt, er ist der mächtigste Mann in dem Lande Böhmen, und wenn auch die Angehörigen Bolemils und wenn Diwiš und Bozebor und Wšebor und Lubomir versucht sein möchten, den jungen Wladislaw den Sohn Sobeslaws auf den Herzogstuhl zu führen, so werden sie es gegen Nacerat nicht zu unternehmen wagen.«
»Der Herzog hat auch gleich im Beginne seiner Herrschaft auf seine Kriegsmacht gesehen«, sagte Rowno, »er vermehrt sie, und ist im Lande gewesen, die Burgen zu stärken. Er hat Otto den Sohn des schwarzen Otto zurückbringen lassen, und ihm das Herzogtum Olmütz gegeben, und der junge Wladislaw der Sohn des verstorbenen Herzogs Sobeslaw ist bei ihm in Prag voll Ehren und Reichtümer. So hat er sich zwei Freunde gewonnen. Er hat die einundzwanzigjährige Gertrud die Schwester des Markgrafen Leopold von Österreich geheiratet, und ist dadurch der Stiefschwager des deutschen Königs Konrad geworden und der Schwager des Markgrafen von Österreich, der, wenn er das Herzogtum Bayern, mit dem ihn der König Konrad belehnt hat, dem Anhange des stolzen Heinrich zu entreißen vermag, der mächtigste Herr in den deutschen Ländern wird.«
»Er wird es ihm entreißen, weil der stolze Heinrich gestorben und sein Sohn der andere Heinrich nur ein Büblein ist«, sagte Osel.
»Nun so ist es ja recht, und alles ist gut«, entgegnete Rowno, »und wir haben zu Hause Raum, uns zu bewegen. Im Walde geht es auch vorwärts, Witiko. Die Hlenici bauen eine Kirche, und es werden noch mehrere entstehen, weil in dem Walde hie und da eine Hütte gebaut wird, und die Menschen mehr werden. In Friedberg wird gereutet, in Horec sind wieder neue Häuser entstanden, und an der Stelle, wo die Moldau gegen den Thomaswald fließt, und wo es an der unteren Moldau heißt, haben sie ein stattliches Herberghaus gezimmert, damit die, welche dort über die tiefere Sattlung nach Bayern hinaus gehen, ins Aigen oder weiter ins Gericht Velden, Einkehr und Erquickung finden. Die Wladyken müssen größer werden. Wir dehnen unsere Besitzungen gegen den Wald aus, du mußt auch streben, Witiko, gleiches zu tun, und mit der Hilfe Gottes und der heiligen Jungfrau Maria und unserer Heiligen Wenzel und Adalbert und der heiligen Diasen und Wilen im Himmel werden wir unsere Ziele erreichen, die Großen und Herrschsüchtigen zu drücken.«
»Ich habe vor zwei Monaten meinen drei Knaben die Haare festlich beschneiden lassen«, sagte Osel, »daß sie in das Jünglingsalter eintreten, daß sie tüchtig werden, und an unserem Werke mitarbeiten.« »Ich bin nur ein einzelner, und meine Kraft ist gering«, sagte Witiko. »Es ist immer nur einer gewesen, der der Stifter eines großen Geschlechtes geworden ist«, antwortete Rowno.
Die Männer und Jünglinge an dem Tische hatten diesen Gesprächen bloß zugehört, und wenn sie untereinander sprachen, so war es leise, daß sie keine Störung verursachten. Witiko ging noch einmal zu seinem Pferde. Da er zurück kam, redete man von den Dingen in dem Walde, von den Beschäftigungen seiner Bewohner, und wie man vieles einrichten sollte.