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»Nun, Witiko, nimm den Wein des Willkommens, und brich das Stückchen Kuchen der Einkehr dazu«, sagte Lubomir.

Witiko nahm einen der silbernen Becher, und trank etwas Wein daraus. Als er den Becher wieder hingestellt hatte, brach er ein Stückchen Kuchen ab, und aß es. Lubomir trank aus dem anderen Becher, und brach auch ein Stückchen Kuchen. Dann sagte er: »Du bist sehr gerne in meinem Hause aufgenommen, Witiko, und wirst in demselben als Gast geehrt werden, so lange du in ihm verweilen willst. Setze dich jetzt zu mir auf einen dieser Stühle.«

Er wies auf einen Stuhl neben dem Tische, auf dem der Wein stand, Witiko setzte sich auf denselben, und er auf den nächsten. Dann sagte Witiko: »Ich danke Euch für die gute Aufnahme, ich werde in Eurem gastlichen Hause, wenn Ihr es erlaubt, nur einige Tage verweilen.«

»Tue nach deinem Willen, wir werden diesen Willen immer achten«, erwiderte Lubomir. »Und ich werde streben die Gastfreundschaft nicht zu verunehren, die Ihr mir gewähret«, antwortete Witiko. »Du bist nach der Erhöhung Wladislaws von Prag fortgegangen, Witiko, wir haben es in unserer Gegend wohl gehört«, sagte Lubomir.

»Es liegt ein kleines Haus, das uns eigen ist, in dem Walde, der an Bayern reicht«, entgegnete Witiko, »in dem Hause ist ein alter Schaffner, und ich bin dahin gegangen, weil ich es lange nicht gesehen habe.« »Es liegt im Walde an der Moldau«, sagte Lubomir. »Mehr als eine Tagreise von hier im Walde gegen Abend«, antwortete Witiko, »nicht ganz an der Moldau sondern bei dem Kirchenorte Plana.«

»Ich weiß«, erwiderte Lubomir, »das Tal ist ganz von dem großen Walde umgeben.« »Ganz von dem großen Walde«, sagte Witiko.

»Es sind dort noch Luchse Bären Wölfe«, sagte Lubomir, »und wären noch mehr, wenn nicht die strengen Winter herrschten.« »Sie geben den Leuten Pelze, die sich nicht sonderlich vor den Tieren fürchten«, sagte Witiko. »Die Waldkirche des oberen Planes ist sehr alt«, entgegnete Lubomir, »es war schon lange vor der Bekehrung des Herzogs Boriwoy, da sich die Lechen aus dem Mittage des Landes taufen ließen, die Betstelle des Siedlers Ciprinus dort.«

»So sagte mir ungefähr auch der Pfarrer von Plan«, entgegnete Witiko. »So besorge in der Zeit dein Haus, wie es deine jungen Kräfte vermögen«, sagte Lubomir. »Ich helfe und sorge wie ich kann«, antwortete Witiko, »der Boden ist dort für Getreide karg, und für Obst noch karger.« »Wo der Boden karg ist, sind die Leute hart«, entgegnete Lubomir, »und sie wissen beides nicht.«

»Sie leben bei uns von dem, was der Boden bringt«, sagte Witiko, »und was sie aus dem Walde ziehen. Einige suchen sich auch von auswärts her Erwerb zu schaffen.« »Wenn sie es nur nicht durch den Krieg tun, an dessen Ertrag sie sich gewöhnen«, sprach Lubomir. »Es ist in früheren Zeiten wohl geschehen«, sagte Witiko, »sie erzählen noch davon, und es sind Dinge vorhanden, die vom Kriege stammen.« »Wie es überall ist«, sagte Lubomir. »Jetzt wissen sie wenig von der Zeit und ihrer Bedeutung«, sagte Witiko.

»Wie alle wenig wissen«, entgegnete Lubomir. »Die Zeit ist noch nicht reif, mein Sohn Witiko. Die zwei Willen, welche den Bau des neuen Herzoges aufgerichtet haben, müssen erst zerfallen, und dann wird das Unheil und Blutvergießen in das Land kommen, was die einen zu verhüten geglaubt haben. Unter allen war vielleicht nur ein Mann, der die Zukunft genau wußte, nämlich der Herzog Sobeslaw; doch der ist jetzt ein toter Mann. Er wollte die Übel verhindern, da er zu seinem Sohne Wladislaw sagte: Unterwirf dich deinem Vetter, und da er Zeugen zu den Worten rief, darunter auch junge, wie dich, daß sie die Worte auf spätere Zeiten brächten; aber es wird nichts helfen, Sobeslaw handelte unter Zwang als ein sterbender Mann mit den sterbenden Kräften. Hätte er gelebt, so würde er vielleicht alles gehemmt haben.«

»Ich kann viele Menschen in ihrem Tun nicht begreifen und erkennen«, sagte Witiko. »Sie sich selber nicht«, antwortete Lubomir, »sie werden von der Wut ihrer Triebe gejagt, und können nicht ermessen, was sie zu einer Zeit zu tun im Stande sein werden. Wenn der alte Bolemil das neunzigste Jahr erreicht, wie es seinem Vater gegönnt war, dann können seine Augen noch sehen, was er ihnen geweissagt hat. Dich wollte ja der neue Herzog bei sich behalten?« »Ja«, entgegnete Witiko, »ich muß mich aber erst zurecht finden.«

»Du wirst vielleicht das Rechte finden, mein Kind Witiko«, sagte Lubomir, »die Bestrebungen müssen erst offener werden, dann werden viele Sinne klarer sehen, was sie tun sollen. Der Herzog sucht sich überall zu stärken. Er vermehrt seine Leute um sich, sucht Landesteile zu befestigen, und Freunde zu gewinnen. Er hat den Sohn des schwarzen Otto wieder in das Herzogtum Olmütz eingesetzt, und hat Wladislaw den Sohn des Herzogs Sobeslaw, der früher dort war, zu sich nach Prag gezogen, um seine Augen auf ihm zu behalten. Er hat ihn sehr reichlich ausgestattet, und zieht ihn überall hervor. Er ist auch mit seiner jungen Gemahlin im Frühling zu dem deutschen Könige Konrad nach Würzburg gegangen.«

»Der deutsche König Konrad ist ja der Halbbruder Gertruds der Gemahlin Wladislaws«, sagte Witiko.

»Es kann dies der Grund sein, weshalb sie zu ihm gegangen sind, es können auch Bündnisse geschlossen worden sein«, entgegnete Lubomir. »Die dem Wahltage auf dem Wyšehrad beigewohnt haben, sind zum Teile um Wladislaw, zum Teile sind sie zerstreut, können aber immer wieder gesammelt werden. Sei es nun, wie es ist, wir müssen harren, was kommen wird.«

»Wisset Ihr etwas von der erlauchten Herzogin Adelheid?« fragte Witiko. »Ich weiß etwas von ihr«, sagte Lubomir, »sie ist noch immer mit ihren Kindern Sobeslaw Ulrich und Wenzel in Hostas Burg.« »Im Winter hat mir ein Bote gesagt, daß sie damals dort war«, entgegnete Witiko.

»Sie ist noch dort«, sagte Lubomir, und will dort bleiben, und trauern. Sie hat die unbeschränkte Herrschaft über die Burg, und der Herzog hat Boreš zu ihrem Kastellan eingesetzt. « »Das ist gut für sie«, sagte Witiko. »Es ist gut«, antwortete Lubomir. »In dem Lande ist aber überall Ruhe«, sagte Witiko. »Jetzt ist Ruhe«, antwortete Lubomir, »insonderheit bei uns, die wir abgelegen sind. Hier lebt das Volk in der Unwissenheit der Dinge, die da kommen werden, es bebaut die Felder, und liebt die Sackpfeife und den Tanz. Wir, die wir in dem Lande zu Wächtern der Pflege des Volkes gesetzt sind, können nichts tun, als ihre Anliegen schlichten, ihnen Rat und Hilfe geben, und den Glauben fördern, durch den sie gesitteter und beglückter werden.«

»Ich habe vor vier Tagen gehört, wie sie im Mondscheine im Walde einen heidnischen Gesang gesungen haben«, sagte Witiko.

»Sie haben eine Tryzne gefeiert«, entgegnete Lubomir, »das geschieht noch immer, und wird vielleicht noch lange dauern. Das Volk liebt die alten Bräuche, und das ist gut; es würde Land und Leute umkehren, wenn es sich in jedem Augenblicke änderte. Wenn auch der Glaube hier im Mittage viel älter ist als gegen Mitternacht, wo sie näher an den heidnischen Gebieten liegen, so sind doch auch hier viele Sitten geblieben, die an die alte Zeit erinnern, und werden viele Jahre bleiben. Wenn die Bräuche nicht Glaubenslehren sind, so schaden sie nicht viel. Und einmal wird eine Zeit kommen, wo sich alles vermischt, und die Leute nicht mehr wissen, ob ein Brauch ein heidnischer oder christlicher ist. Wenn du zur Zeit der Sonnenwende einmal hier wärest, so würdest du auf allen Hügeln die alten Feuer erblicken, die sie einst der Wende der Sonne angezündet haben. Wenn sie die heilige Jungfrau Maria anrufen, so gehen noch manche zu heiligen Bäumen, oder zu heiligen Felsen, und singen zu ihr, da sie sich die Stirne berühren. Sie üben auch Zeichendeuterei, feien das Vieh, wenn es zum ersten Male auf die Weide geht, und halten den Sperber für einen heiligen Vogel.«