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»Vielen Dank auch«, sagte Nash, als er abbrach.

»Gern geschehen.«

Sein Lächeln war ironisch. »Ich habe gehört, ich bin hier das grüne Licht.«

»Ich fahre in Ihrem Kielwasser.«

»Sie brauchen vor keinem zu kriechen«, meinte er.

Wir verließen das Set und das Haus und meldeten uns beim Nachtwächter ab. Nash ließ sich in dem Rolls davonfahren, und ich kehrte ins Bedford Lodge zurück, um in einer letzten Sitzung mit Moncrieff die optischen Effekte und Kameraeinstellungen der Szene von morgen zu besprechen.

Gegen Mitternacht war ich im Bett. Um fünf klingelte das Telefon neben meinem Kopf.

»Thomas?«

Dorotheas zittrige Stimme, um Entschuldigung bittend.

»Ich bin schon unterwegs«, sagte ich.

Kapitel 3

Valentine war tot.

Als ich zu seinem Haus kam, fand ich nicht den gedämpften, stillen Kummer vor, den ich erwartet hatte, sondern sah einen protzigen Wagen, der weder dem Arzt noch einem Priester gehörte, am Straßenrand stehen, und im Haus waren alle Fenster hinter den Vorhängen hell erleuchtet.

Ich ging den Betonweg hinauf zu der geschlossenen Vordertür und klingelte.

Nach einiger Zeit wurde die Tür geöffnet, aber nicht von Dorothea. Der Mann, der im Eingang stand, war groß, dick und unfreundlich. Er musterte mich mit geübter Hochnäsigkeit und sagte beinah abschätzig: »Sind Sie der Arzt?«

»Ehm. nein.«

»Was wollen Sie dann so früh hier?«

Ein kleiner Beamter, diagnostizierte ich: einer von denen, die gern nein sagten. Seine Aussprache war entfernt die von Norfolk, vorwiegend Londoner Vorstadt und insgesamt sorgfältig.

»Mrs. Pannier bat mich zu kommen. Sie hat angerufen.«

»Um diese Zeit? Das kann ja wohl nicht sein.«

»Ich würde gern mit ihr sprechen«, sagte ich.

»Ich sage ihr, daß jemand da war.«

Am Ende der Diele hinter ihm tauchte Dorothea aus ihrem Bad auf und eilte, als sie mich sah, auf die Haustür zu.

»Thomas! Kommen Sie rein, mein Lieber.«

Sie bedeutete mir, um die Sperre herumzugehen. »Das ist mein Sohn Paul«, erklärte sie. »Und Paul, das ist Valentines Freund Thomas, von dem ich dir erzählt habe.«

»Wie geht’s ihm?« fragte ich. »Valentine?«

Ihr Gesicht verriet es mir.

»Er ist eingeschlafen, Thomas. Kommen Sie doch rein. Ich brauche Ihre Hilfe.«

Sie war verwirrt durch diesen Sohn, den sie als wichtigtuerisch und herrisch bezeichnet hatte, ohne damit im mindesten zu übertreiben. Außer seinem harten Machtblick wies er einen dünnen, dunklen Schnurrbart auf und eine hochragende Nase, deren Nüstern man von vorne sah. Das vorgereckte Kinn sollte einschüchtern, und selbst so früh am Morgen trug er einen überkorrekten dunkelblauen Dreiteiler mit gestreifter Krawatte. Knapp einsachtzig groß, wog er mit Sicherheit seine neunzig Kilo.

»Mutter«, sagte er zurechtweisend, »du brauchst außer mir keine Hilfe. Ich packe das sehr gut allein.«

Er bedeutete mir zu gehen, aber ich drängte mich, die Aufforderung höflich ignorierend, an ihm vorbei, küßte Dorothea auf die traurige Wange und fragte sie, was sie von einer Tasse Tee hielte.

»Natürlich, Thomas. Wo habe ich nur meinen Kopf? Kommen Sie in die Küche.«

Sie trug den grünen Rock und den Pullover von gestern, und ich nahm an, sie war nicht zu Bett gegangen. Die dunklen Ringe der Müdigkeit um ihre Augen hatten sich verstärkt, und ihr fülliger Körper wirkte schwach und zittrig.

»Ich hatte Paul später noch angerufen, nachdem Sie fort waren«, sagte sie fast entschuldigend, während sie Wasser in einen Elektrokessel laufen ließ. »Ich habe mich so allein gefühlt, verstehen Sie? Ich wollte ihm wenigstens sagen, daß es mit seinem Onkel zu Ende geht.«

»Und so spät es auch war, da bin ich natürlich gleich los«, sagte Paul großspurig. »Es war nur recht so. Meine Pflicht. Du hättest nie mit einem Sterbenden hier allein sein dürfen, Mutter. Er hätte ins Krankenhaus gehört.«

Ich nahm Dorothea den Kessel aus der Hand und bat sie, sich hinzusetzen; Tassen, Untertassen und das alles würde ich schon zusammensuchen. Dankbar ließ sie sich von mir ablösen, während der große Ausputzer weiter auf den Fersen wippte und sich über seine Tugenden verbreitete.

»Valentine war schon gestorben, als ich herkam.«

Er hörte sich gekränkt an. »Natürlich bestand ich darauf, sofort den Arzt zu rufen, obwohl Mutter ihn törichterweise schlafen lassen wollte! Ich bitte Sie! Wozu sind Ärzte denn da?«

Dorothea verdrehte leicht verzweifelt die Augen.

»Der Kerl war unwirsch zu mir«, beklagte sich Paul. »Dem sollte man die Lizenz entziehen. Er meinte, Valentine hätte ins Krankenhaus gehört und er komme um sieben, vorher nicht.«

»Aber er konnte doch gar nichts mehr tun«, sagte Dorothea unglücklich. »Valentine hat sich gewünscht, hier zu sterben. Das war ganz in Ordnung.«

Paul wiederholte stur seine gegenteiligen Auffassungen. Von ihm angeödet fragte ich Dorothea, ob ich Valentine sehen dürfe.

»Gehen Sie nur rein, Thomas«, sagte sie nickend. »Er liegt ganz friedlich da.«

Während sie pflichtschuldig weiter dem Vortrag ihres Sprößlings zuhörte, betrat ich Valentines Schlafzimmer, das von einer zentralen Deckenlampe mit unzureichendem Schirm hell und brutal beleuchtet wurde. Eine freundlichere Lampe stand uneingeschaltet auf dem Nachttisch, und ich ging hinüber und knipste sie an.

Valentines altes Gesicht war bleich und vom Tod geglättet, seine Stirn fühlte sich bereits kühler an als im Leben. Die mühsame Atmung war ewigem Schweigen gewichen. Seine Augen waren fest geschlossen. Sein halb geöffneter Mund war, vermutlich von Dorothea, mit einem Laken bedeckt worden. Er sah wirklich bemerkenswert friedlich aus.

Ich ging zur Tür und schaltete die kalte Deckenbeleuchtung aus. Dorothea kam von der Küche herüber, trat an mir vorbei in Valentines Zimmer und sah zärtlich auf ihren toten Bruder hinab.

»Er ist im Dunkeln gestorben«, sagte sie unglücklich.

»Das hätte ihn nicht gestört.«

»Nein. aber, ich habe die Nachttischlampe ausgeknipst, damit keiner von draußen reinsieht, und dann saß ich da im Sessel und habe auf Paul gewartet und auf Valentines Atem gehört und bin eingeschlafen. Einfach eingenickt.«

Tränen stiegen ihr in die Augen. »Ich wußte ja nicht. ich meine, ich konnte nichts dafür.«

»Sie waren sehr müde.«

»Ja, aber als ich dann aufwachte, war es so dunkel. und völlig still, und ich merkte. es war schrecklich, Thomas. Mir wurde klar, daß Valentine nicht mehr atmete. und daß er gestorben war, während ich schlief, statt daß ich bei ihm gesessen und ihm die Hand gehalten hätte oder so etwas.«

Ihre Stimme kippte in ein Schluchzen um, und sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.

Ich legte einen Arm um ihre Schultern, während wir an Valentines Bett standen. Alles in allem fand ich es gut, daß sie den Ruck, mit dem das Herz ihres Bruders stehengeblieben war, nicht gesehen und auch seinen letzten röchelnden Atemzug nicht gehört hatte. Ich war dabeigewesen, als meine Mutter starb, und würde das nie vergessen.

»Wann ist Ihr Sohn gekommen?«

»Ach, das muß so gegen drei gewesen sein. Er wohnt in Surrey, verstehen Sie? Es ist eine ziemlich lange Fahrt, und er hatte gerade ins Bett gehen wollen. Ich sagte ihm, er müsse nicht herkommen. ich wollte eigentlich nur mit jemandem reden, als ich ihn anrief, aber er bestand darauf, zu kommen. Schon sehr nett von ihm, Thomas.«

»Ja«, sagte ich.