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Es gab Probleme mit dem Dolly - eins seiner Räder quietschte trotz der Filzbahn. Öl und Flüche schafften Abhilfe. Moncrieff und ich ärgerten uns wegen der Lichtwerte über die Verzögerung. Nash schien weniger gereizt als resigniert zu sein.

Nur zweimal brauchten wir aufzunehmen, wie der Hilfstrainer Nash auf seinen Hack warf; das Pferd hielt wunderbarerweise still. Nash schwenkte ab und blieb, mal im Bild, mal außerhalb, auf seinem Reittier sitzen, während sich der Hilfstrainer in den Sattel schwang und die kreisende Schar berittener Pfleger durch das weit geöffnete Hoftor hinaus zum Trainingsgelände von Newmarket führte. Nash ritt als letzter und vergaß auch nicht, sich umzudrehen und zum Schlafzimmerfenster hochzuschauen. Als er mit seinem Pferd eine Weile außer Sicht war, rief ich: »Aus«, und das ganze Lot kam gemächlich wieder auf den Hof zurück, die Hufe knirschten auf dem Kies, die Männer frotzelten wie Kinder nach der Schule.

»Wie war’s?« fragte ich Moncrieff. »Kameras okay?«

»Okay.«

»Kopierer also.«

Ich ging zu den Pferden, um mit ihren Reitern zu sprechen. »Das war gut«, sagte ich. »Wir machen es jetzt trotzdem noch mal. Zwei Takes sind besser als einer.«

Sie nickten. Mittlerweile betrachteten sie sich alle als Filmfachleute. Die zweite Einstellung ging nicht ganz so glatt, doch das war nicht unbedingt entscheidend: Wir würden die Version verwenden, die auf Zelluloid natürlicher wirkte.

Ich folgte der Reiterschar nach draußen, wo sie und Nash im Kreis gingen und auf mein Urteil warteten. »Morgen früh das gleiche noch mal«, sagte ich und tätschelte Pferdehälse. »In anderen Kleidern. Also jetzt ab durch die Mitte. Achten Sie darauf, daß Sie keinen echten Rennern in die Quere kommen. Gehen und traben Sie nur auf dem Gelände, das man uns zugewiesen hat.«

Das Lot zog hinaus zur Arbeit, während Nash wieder auf den Hof kam, heruntersprang und die Zügel dem Pfleger reichte, der eigens dafür zurückgeblieben war.

»Bleibt’s bei morgen?« fragte er zu mir gewandt.

»Doncaster, meinen Sie?«

Er nickte.

»Natürlich bleibt’s dabei«, sagte ich. »Die Rennleitung hat Sie zum Lunch eingeladen, Sie haben also den ganzen Nachmittag deren Loge zur Verfügung und können so viel oder so wenig für sich sein, wie Sie wollen. Man hat zwei Eintrittskarten für Sie geschickt, falls Sie Begleitung wünschen.«

»Wen denn?«

»Wen immer Sie wollen.«

»Dann nehme ich Sie mit.«

»Was? Ich dachte an einen Bekannten - oder vielleicht Silva?«

Silva war die betörende Schauspielerin, mit der er sich im Bett getummelt hatte.

»Ach was«, sagte er heftig. »Sie. Warum nicht? Und erzählen Sie mir nicht, Sie müßten noch die Nahaufnahmen im Untersuchungszimmer machen. Die bringen wir mal schön heute nachmittag in den Kasten. Ich möchte Sie dabeihaben, weil Sie wissen, wo’s auf einer britischen Rennbahn langgeht und weil die Rennsportleute Sie kennen.«

Grüne Lichter bekamen, was sie wollten. Zudem stellte ich fest, daß ich es auch selber wollte.

»In Ordnung«, sagte ich. »Hubschrauber um halb zwölf.«

Ich sah wieder einmal seinen vertrauten Rücken, als er zu dem stets wartenden Rolls wanderte, dann rief ich über mein Mobiltelefon das Bedford Lodge an und bat das Personal, mich mit Howard Tyler zu verbinden, der in der Bar saß.

»Nur auf ein Wort, Howard«, sagte ich.

»Nicht noch irgendwelche Skriptänderungen?«

Er war beißend sarkastisch.

»Nein. Ehm. lediglich eine kleine Warnung.«

»Ich kann auf Ihre Warnungen verzichten.«

»Auch gut. Aber, ehm. da ich Ihre Einstellung kenne, wollte ich Sie nur noch mal daran erinnern, daß Sie sich verpflichtet haben, nicht über den Film zu meckern, bis er im Verleih ist.«

»Ich sage verdammt noch mal, was mir paßt.«

»Das steht Ihnen frei. Ich nehme an, die Strafbestimmungen in Ihrem Vertrag sind Ihnen gleichgültig.«

»Was für Strafbestimmungen?«

»Die stehen in den meisten Filmverträgen«, sagte ich. »In Ihrem ganz bestimmt. Filmgesellschaften beugen routinemäßig der Möglichkeit vor, daß ein verärgerter Autor den ganzen Film sabotiert, weil ihm oder ihr die Änderungen gegenüber der Vorlage mißfallen. Sie fügen Klauseln ein, die ihnen erlauben, beträchtliche Schadenersatzansprüche geltend zu machen.«

Nach längerem Schweigen sagte Howard: »So einen Vertrag habe ich nie unterschrieben.«

»Mag sein, aber vielleicht fragen Sie mal Ihren Agenten.«

»Sie wollen mir Angst machen«, beklagte er sich.

»Ich empfehle Ihnen nur, etwas vorsichtig zu sein.«

Stille. Howard legte einfach auf. Soviel zu meinem taktvollen Ratschlag!

Wie er es sich vorgenommen hatte, sorgte Nash rigoros dafür, daß wir die Aufnahmen im Untersuchungszimmer noch an diesem Tag unter Dach und Fach bekamen, wenn es auch nach acht wurde. Begierig auf eine Dusche und einen Stärkungstrunk fuhr ich zum Bedford Lodge zurück und fand dort ein langes Fax von O’Hara vor, das mit dem Daily Cable-Nachruf anfing.

Das Leben Rupert Visboroughs war dem Dienst an seinem Land, seiner Region und dem Sport der Könige gewidmet. Als Offizier der Scots Guards verließ er im Majorsrang die Armee, um in seiner Heimat Cambridgeshire in die Lokalpolitik einzusteigen. Zahlreiche Ausschüsse haben von seiner fachmännischen Leitung profitiert, darunter...

Die Liste war lang, brav und eintönig.

Der Gutsbesitzer wurde nach dem Tod seines Vaters, des für seine Verdienste um den Tierschutz geadelten Sir Ralph Visborough, in den Vorstand des Jockey Clubs gewählt.

Von allen, die ihn kannten, hochgeachtet, fühlte Rupert Visborough sich verpflichtet, seinen Namen von einer Kandidatenliste für die Parlamentswahlen zurückzuziehen, nachdem er ohne Schuld in einen ungeklärten Todesfall verwickelt worden war, der unmittelbar seine Familie betraf.

Die Schwester seiner Frau, Gattin des Newmarketer Trainers Jackson Wells, wurde in einer Box auf dem Stallhof ihres Mannes erhängt aufgefunden. Die eingehenden polizeilichen Ermittlungen erbrachten weder einen Grund für Selbstmord noch ein Motiv für Mord oder Hinweise auf einen Täter. Jackson Wells beteuerte immer wieder seine Unschuld. Der Jockey Club, der den Fall unabhängig untersuchte, kam zu dem Schluß, daß es nicht gerechtfertigt sei, Wells die Trainerlizenz zu entziehen. Rupert Visborough, der dieser Untersuchung beiwohnte, war verständlicherweise erbittert über die negativen Auswirkungen des Todesfalles auf die eigene Karriere.

Gerüchte, wonach Jackson Wells’ Frau außereheliche Beziehungen unterhalten haben soll, ließen sich nicht bestätigen. Ihre Schwester - Mrs. Visborough - hat die Tote als >spinnig< und als >Träumerin< bezeichnet. Da sie und ihre Schwester sich nicht nahegestanden hätten, könne sie jedoch keine zweckdienlichen Angaben machen.

Wer weiß, wie weit es Rupert Visborough im Leben hätte bringen können, wären diese Ereignisse nicht eingetreten? Der Verdacht, daß er, obwohl er es stets bestritten hat, über die Hintergründe der Tragödie mehr wisse als er zuzugeben bereit war, ist an seinem Namen haften geblieben. Der Tod seiner Schwägerin ist bis heute nicht aufgeklärt.

Visborough starb vergangenen Mittwoch im Alter von 76 Jahren an einer Gehirnblutung, und seine großen Möglichkeiten blieben in bedauerlicher Weise unerfüllt.

Er hinterläßt eine Frau, einen Sohn und eine Tochter.

O’Hara hatte von Hand unten über die Seite geschrieben: »Scheinheiliger Krampf! Niemand von der Zeitung weiß, wer der Pharisäer war. Ihre Nachrufe kommen oft von freien Mitarbeitern.«