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Unsere Pferde, unsere Jockeys, unser Publikum, unser Drama mußten praktisch bis zum späten Donnerstagnachmittag im Kasten sein. Knapp, aber möglich.

Ich betete, daß es keinen Regen gab.

Ed wählte Leute aus, die als Besitzer-und-Trainer-Gruppen im Führring beieinanderstehen sollten. Andere wurden als Schaulustige ringsherum gestellt. Echte Hindernisjockeys erschienen in Rennfarben im Führring und verteilten sich auf die Gruppen. Es waren keine absoluten Topjockeys, aber gewiefte, erfahrene Profis, und sie wurden gut bezahlt. Unsere Pfleger führten die mit Sattel, Decke und Nummerndecke ausstaffierten Pferde herum. Allmählich sah es schon aus wie ein Renntag.

Die echte Version würden wir allerdings gesondert am kommenden Montag filmen; da sollte Ed vollbesetzte Tribünen, hin und her drängende Zuschauermassen und quotenausrufende Buchmacher in der Totale aufnehmen. Mit unseren eigenen Szenen gemischt, würden die Nahtstellen zwischen dem Echten und dem Gestellten nicht sichtbar sein - wenn es nicht regnete.

Cibber stand mit seiner Frau (Silva) im Führring, und ich postierte Nashs Double in leicht von bösen Blicken zu überwindender Entfernung. Moncrieff rollte seine Kamera auf einem Dolly umher, um einen architektonisch interessanten Hintergrund zu bekommen. Das alles brauchte wie immer seine Zeit, aber ich schickte die Einheimischen so bald wie möglich nach Hause. Langeweile hieß mein Feind; wer sich langweilte, kam nicht wieder. Alle Kinder erhielten zum Abschied einen Gasballon (UNSICHERE

ZEITEN in blauer Schrift auf Silber), und wir dankten ihnen fröhlich.

Die Jockeys waren aufgefordert worden, zur Instruktion im Führring zu bleiben. Jetzt standen sie dort steif vor mir und wirkten mürrisch und mißtrauisch.

Darüber verwundert sagte ich: »Tun Sie einfach so, als wäre morgen ein normales Rennen. Machen Sie alles genauso wie sonst auch auf dem Weg zum Start.«

Einer von ihnen unterbrach mich fast aggressiv: »Stimmt es, daß Sie mal als Amateur geritten sind?«

»Ja, drei Jahre.«

»Warum haben Sie aufgehört?«

Ich runzelte die Stirn. Es stand ihnen nicht zu, solche Fragen zu stellen, schon gar nicht wie im Verhör, aber da ich auf ihre Mitarbeit angewiesen war, sagte ich gelassen: »Ich bin nach Hollywood gegangen, um Filme über Pferde zu machen.«

Stille.

»Was ist los?« fragte ich.

Nach langen Sekunden sagte einer von ihnen: »Da steht was über Sie im Drumbeat...«

»Aha.«

Mir ging ein Licht auf. Ich sah in die unbewegten, durchweg sehr zynischen Gesichter. Diese Jockeys sollten sich am nächsten Tag die Seele aus dem Leib reiten, und es war sonnenklar, daß sie das nicht tun würden.

Wie seltsam, dachte ich. Gegenüber dem Filmteam hatte ich meine angekratzte Autorität ohne große Mühe wiederherstellen können, und ausgerechnet bei diesen Männern hier, die ich doch zu kennen meinte, hatte ich sie eingebüßt. Ich fragte, ob sie sich das Lincoln angeschaut und mein Gespräch mit Greg Compass gesehen hätten. Nein, keiner von ihnen. Sie hatten arbeiten müssen, sagten sie. Sie hatten Rennen geritten.

Ich sagte: »Wenn hier jemand Zweifel hat, ob er morgen für mich in die vollen gehen soll, trete ich auf der Stelle gegen ihn an.«

Ich hatte nicht vorgehabt, so etwas zu sagen. Einmal gesagt, ließ es sich nicht zurücknehmen.

Sie machten große Augen.

Ich sagte: »Ich bin weder unfähig noch ein Hanswurst noch ein Tyrann. Zeitungen lügen. Das ist Ihnen doch sicher nicht neu.«

Sie entspannten sich ein wenig, und etliche schauten jetzt auf ihre Stiefel statt in mein Gesicht, aber einer knöpfte langsam und wortlos sein leuchtend grünweiß gestreiftes Hemd auf. Er zog es aus und hielt es mir hin. Darunter trug er den üblichen dünnen blauen Pullover und eine weiße Halsbinde.

Ich nahm das Funksprechgerät vorn Gürtel und rief Ed.

»Wo sind Sie?« fragte ich.

»Im Stall.«

»Gut. Schicken Sie bitte drei Pferde mit Rennsätteln und Zaumzeug rüber, jedes von einem Pfleger geführt.«

»Klar. Welche drei?«

»Die drei schnellsten«, sagte ich. »Und treiben Sie unseren Arzt auf. Er soll zum Führring kommen.«

»Sie brauchen nicht den Helden zu markieren«, sagte einer der Jockeys. »Wir haben schon kapiert.«

Aber derjenige, der seine Farben abgelegt hatte, hielt sie mir immer noch herausfordernd hin.

Ich öffnete den Reißverschluß meiner Windjacke, zog sie aus und warf sie ins Gras. Ich zog meinen Pullover aus, knöpfte mein Hemd auf und warf beides hinterher. Ich trug zwar kein Trikot darunter, spürte aber den Wind, die Kälte nicht auf der blanken Haut - zu viel ging mir im Kopf herum. Ich legte die grünweißen Streifen an und wies auf die Halsbinde. Stumm wurde sie mir gereicht, und ich dankte meinen Sternen, daß ich noch wußte, wie man sie umband.

Da wir an diesem Nachmittag nur eine Stellprobe gemacht hatten, unberitten, hatte niemand eine Peitsche dabei, und keiner der Jockeys trug die übliche Sicherheitsweste, die gestürzte Reiter vor Pferdehufen schützte. Niemand wies darauf hin. Ich knöpfte das Hemd zu, stopfte es mir in die Hose, und man gab mir eine scharlachrote Sturzkappe.

Ed tauchte in der Ferne mit drei Pferden auf.

Moncrieff erschien plötzlich an meiner Seite und fragte: »Was zum Teufel haben Sie vor?«

»Einen kleinen Ausritt.«

Ich setzte die Kappe auf und ließ den Riemen hängen.

»Das geht doch nicht!«

»Filmen Sie es bitte nicht, falls ich stürze.«

Moncrieff warf die Arme hoch und appellierte an die Jockeys. »Das dürfen Sie nicht zulassen. Halten Sie ihn davon ab.«

»Sie haben den Drumbeat gelesen«, sagte ich knapp, »und wir hätten morgen doch gern ein Superrennen, oder nicht?«

Moncrieff verstand zwar, brummte unnützerweise aber etwas von Versicherung, von Bossen, von O’Hara und was aus dem Film werden sollte, wenn ich mir den Hals brach.

»Seien Sie doch still«, sagte ich.

»Thomas!«

Ich grinste ihn an. Zu den Jockeys sagte ich: »Vielleicht haben zwei von Ihnen Lust, mit mir um die Wette zu reiten. Gegen alle kann ich leider nicht antreten, morgen startet ja das ganze Lot, und dann brauchen wir frische Tiere. Also nur zwei. Wir gehen eine Runde über die Hindernisse, nicht die Hürden, vorausgesetzt, daß niemand unbefugt auf der Bahn herumläuft.«

Schweigen.

Insgeheim belustigt wartete ich, bis Ed mit den Pferden herangekommen war und den Schreck ob meiner eindeutigen Kleidung überwunden hatte.

»Ed, Sie stellen sich mit einem Wagen auf den Weg neben der Bahnbegrenzung«, ich zeigte ihm, wohin, »und fahren hinter uns her. Nehmen Sie den Arzt mit, falls einer von uns stürzt.«

Ich wies mit dem Finger auf ihn. »Da kommt er ja. Na also.«

Ed sah fassungslos zu. Ich schnallte das Walkie-Talkie und mein Mobiltelefon vom Gürtel los und gab ihm beides zur Aufbewahrung.

»Das darf doch nicht wahr sein«, sagte Moncrieff.

Ein Jockey meinte: »Es kann uns die Lizenz kosten, wenn wir gegen Sie reiten.«

»Kann es nicht«, widersprach ich. »Die Filmgesellschaft hat Sie engagiert, und Sie sind zu einer Probe hier. Wir haben die Zusage aller maßgebenden Stellen, daß Sie auf der Bahn reiten dürfen. Sie tun es nur einen Tag früher als geplant. Der Arzt, den wir Ihnen vertraglich zugesichert haben, ist auch da. Wer kommt mit?«

Sie waren schon nicht mehr ganz so feindselig, aber ich hatte den Fehdehandschuh aufgenommen und ihn ihnen vor die eigenen Füße geknallt, und das konnten sie schlecht hinnehmen. Zwei von ihnen gingen zu den Pferden und überließen mir das dritte.

»O’Hara bringt Sie um!« meinte Moncrieff zu mir.

Es traf sich, daß sie mir das Pferd überließen, das Silva am Morgen vorher geritten hatte, unbestreitbar das schnellste in unserem Lot. Ich hatte es oft im Kanter geritten, und seiner Biographie nach mußte es wissen, wie man springt.