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»Ja. ich dachte, das sei dem Häuptling zuviel Mühe.«

»Der fährt zurück nach London. Er hat keine Lust, bis heute nachmittag auf Huntingdon zu warten. Er hat mir gesagt, daß mit dem Film ja jetzt alles glattzugehen scheint und daß er das so auch weitergibt.«

»Uff.«

O’Hara lachte leise. »Er fand Sie professionell. Das ist sein höchstes Lob. Er sagt, ich kann nach L. A. zurück.«

»Oh.«

Ich staunte, wie bestürzt ich war. »Und fliegen Sie?«

»Es ist Ihr Film«, sagte er.

Ich sagte: »Bleiben Sie.«

Nach einer Pause meinte er: »Wenn ich fliege, zeigt das, daß Sie alles im Griff haben.«

Neuerliche Pause. »Denken Sie drüber nach. Wir machen das nach den Mustern ab. Die sehen wir um elf, im Vorführraum. Sind Sie fit genug dafür?« »Ja.«

»Wäre ich mal bestimmt nicht«, sagte er und legte auf.

Bis neun hatte ich mich gegen das große britische Frühstück entschieden und Wrigley’s Werkstatt auf einem Stadtplan geortet. Um Viertel nach neun fand mein Fahrer sie in voller Lebensgröße. Die Zapfsäulen waren überdacht: Schutz vor Regen.

Bill Robinson hatte lange Haare, zwei, drei Pickel, einen starken East-Anglia-Akzent, eine mit goldenen Knöpfen besetzte, kurze schwarze Lederjacke und um die Hüfte einen Gürtel mit schweren Werkzeugen. Er nahm zur Kenntnis, daß ich mit Chauffeur kam, und schaltete auf schuldigen Respekt.

»Was kann ich für Sie tun?« fragte er kaugummikauend.

Ich grinste. »Mrs. Dorothea Pannier hält große Stücke auf Sie.«

»Ja?«

Er hob erfreut den Kopf und nickte. »Selber auch nicht übel, das alte Mädchen.«

»Wußten Sie, daß sie im Krankenhaus ist?«

Seine gute Laune verschwand. »Hab gehört, daß irgendein Schwein sie mit dem Messer schlimm zugerichtet hat.«

»Ich bin Thomas Lyon«, sagte ich. »Sie hat mir Ihren Namen genannt.«

»So?«

Er war vorsichtig. »Kommen Sie auch nicht von ihrem Sohn? Ein echter Scheißkerl, der Sohn.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ihr Bruder Valentine hat mir testamentarisch seine Bücher vermacht. Sie sagte mir, daß sie sie Ihnen anvertraut hat.«

»Ich soll sie keinem geben, hat sie gesagt.«

Er trat entschlossen und direkt auf. Ich hatte das Gefühl, es wäre sehr unklug, ihm Geld anzubieten, und in der heutigen Zeit verlieh ihm das schon etwas Heiligmäßiges.

»Wie wär’s«, sagte ich, »wenn wir sie ans Telefon holten?«

Da er daran nichts auszusetzen fand, rief ich über Funk das Krankenhaus an und erreichte nach vielem Klicken und Warten Dorothea selbst.

Sie unterhielt sich mit Bill Robinson in seiner schweren metallbeschlagenen Lederkluft, und Bill Robinsons Gesicht strahlte vor Liebenswürdigkeit und Freude. Doch noch Hoffnung für die alte Welt.

»Sie sagt«, verkündete er, als er mir den Hörer zurückgab, »daß Sie ein unwahrscheinlich toller Mensch sind und daß die Bücher Ihnen gehören.«

»Prima.«

»Aber sie sind nicht hier«, sagte er. »Sie sind bei mir in der Garage.«

»Wann könnte ich sie abholen?«

»Ich kann in der Mittagspause heimfahren.«

Er blickte kurz zu einem glitzernden Ungetüm von einem Motorrad hinüber, das diebstahlsicher angekettet war. »Tu ich sonst nicht, aber ausnahmsweise.«

Ich schlug vor, ihn sofort für eine Stunde von seinem Chef freizukaufen, statt auf die Mittagspause zu warten.

»Mann«, sagte er, schwer beeindruckt; aber sein Chef, ein Realist, nahm den Vorschlag und das Geld bereitwillig an, und Bill Robinson ließ sich mit sichtlichem Vergnügen in meinem Wagen nach Hause fahren.

»Woher kennen Sie Dorothea?« fragte ich unterwegs.

»Meine Freundin wohnt im Haus neben ihr«, erklärte er einfach. »Wir nehmen der Guten manchmal Gänge ab.

Helfen ihr beim Einkaufen und so. Sie gibt uns dafür Süßigkeiten, als ob wir Kinder wären.«

»Ehm«, sagte ich, »wie alt sind Sie denn?«

»Achtzehn. Wie fanden Sie meine Maschine?«

»Ich beneide Sie drum.«

Sein Lächeln war selbstzufrieden, aber das ging in Ordnung. Als wir bei ihm zu Hause ankamen (»Ma ist auf der Arbeit, der Schlüssel liegt da in dem Ding, das wie ein Stein aussieht«), sperrte er ein Vorhängeschloß an dem massiven Tor einer Backsteingarage auf und enthüllte seine wahre Berufung, die Pflege und den Bau von Motorrädern.

»Ich kaufe kaputte Maschinen und richte sie wieder her«, erklärte er, während ich in der Garage stand und auf Räder, Lenkstangen, verdrehte Röhren, blitzende Wrackteile schaute. »Ich mache sie wieder so gut wie neu, und dann verkaufe ich sie.«

»Allerhand«, sagte ich abwesend. »Wollen Sie in einem Film mitspielen?«

»Bitte was?«

Ich erklärte ihm, daß ich immer auf der Suche nach interessanten Kulissen sei. Ob er sich vorstellen könne, mit ein paar Motorradteilen aus der Garage draußen auf seiner Zufahrt zu arbeiten, während wir Nash Rourke filmten, wie er nachdenklich die Straße entlangging? »Kein Dialog«, sagte ich, »nur Nash, wie er vorbeischlendert und ein paar Sekunden stehenbleibt, um sich die laufende Arbeit anzusehen. Die Figur, die er spielt, läuft durch Newmarket und versucht sich über etwas klarzuwerden.«

Dazu gehöre eben auch Lokalkolorit, sagte ich.

»Nash Rourke! Sie wollen mich verkohlen.«

»Nein. Sie werden ihn kennenlernen.«

»Mrs. Pannier hat gesagt, daß Sie der sind, der den Film dreht, über den alles redet. Stand im Drumbeat.«

»Der kleine Tyrann? Ja, der bin ich.«

Er lächelte breit. »Ihre Bücher sind in den Kisten da.«

Er wies auf eine lange Reihe bunt gestapelter Kartons, die einmal Fernseher, Büroelektronik, Mikrowellenherde und Backhauben enthalten hatten. »Eine Tonne Papier, möchte ich meinen. Den ganzen Samstagmorgen hab ich sie verpackt und hierhergebracht, aber bei der guten Mrs. Pannier lohnt sich die Mühe.«

Es war eher ein Lob als ein Wink, doch ich sagte, bei mir würde sie sich ebenfalls lohnen, zumal wenn er mir sagen könne, was in welchem Karton sei.

Beim besten Willen nicht, meinte er vergnügt. Warum ich nicht nachschaute?

Dazu fehle mir die Zeit, sagte ich, und vor allem auch die Energie. Ich sagte, ich könne die Kartons nicht heben, denn ich hätte mir die Schulter verrenkt, und bat ihn, mir so viele wie möglich in den Kofferraum zu packen. Er sah resigniert auf den Regen, platschte dann aber zügig hin und her, bis auch mein zunächst abwartender Fahrer sich die Jacke zuknöpfte, den Kragen hochstellte und tragen half.

Der Wagen einschließlich des Beifahrersitzes faßte die Hälfte der Kartons. Ich fragte Bill, womit er sie am Samstag transportiert habe.

»Mein Pa hat einen alten Kleinlaster«, sagte er. »Damit waren’s drei Touren. Werktags fährt er damit auf die Arbeit, vor heute abend kriege ich ihn also nicht.«

Er erklärte sich bereit, die übrigen Kisten mit dem Kleinlaster nachzuliefern, und kam gutgelaunt mit zum Hotel, um gemeinsam mit dem Portier dort die Kartons in der Halle zu stapeln.

«Wollen Sie mich wirklich in Ihren Film reinnehmen?« fragte er auf dem Rückweg zu Wrigley’s Werkstatt. »Und. wann?«

»Vielleicht morgen«, sagte ich. »Ich gebe Ihnen noch Bescheid. Ich mache das mit Ihrem Chef ab, und von der Filmgesellschaft bekommen Sie für Ihre Mitarbeit ein Honorar.«

»Mann«, sagte er.

Nash, Silva und Moncrieff schauten sich zusammen mit O’Hara und mir die Muster von Huntingdon an.

Auch ohne viel Ton sahen die Massenszenen nach einem normalen Renntag aus, und das Rennen selbst bestach immer noch durch die viktoriakreuzreife Leistung der Jok-keys. Das Rennen war von fünf Kameras gut und von einer halbwegs gut eingefangen worden. Das Material reichte allemal, um einen Wettkampf zusammenzuschneiden, der auch Leuten, die noch nie ein Jagdrennen von nahem gesehen hatten, Herzklopfen bereiten würde. Sogar Silva hielt bei einer Sequenz die Luft an, und Nash sah nachdenklich aus. Moncrieff regte sich über verquere Schatten auf, die sonst niemand bemerkt hatte.