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Die Gang.

Die Gang bestand aus fünf jungen Männern und einem Mädchen.

Ich starrte so lange auf das Bild, daß es den anderen auffiel.

»Was ist?« fragte Nash. »Was haben Sie entdeckt?«

Ich gab das Foto Lucy, die einen Blick darauf warf, stutzte und mit Spätzündung rief: »Aber das ist doch Papa! Wie jung er aussieht.«

Sie drehte das Foto um. »Die Gang«, las sie laut. »Das ist doch seine Handschrift, oder?«

»Das müßten Sie besser wissen als ich.«

»Ich bin mir ganz sicher.«

»Und wer sind die Leute bei ihm? Wer ist die Gang?« fragte ich.

Sie betrachtete die Aufnahme. »Ist das nicht Sonia? Bestimmt.«

Nash nahm Lucy das Foto aus der Hand, schaute es selbst an und nickte. »Das ist eindeutig Ihr Vater, und das Mädchen sieht aus wie auf dem Foto, das Sie uns geliehen haben. und der Junge neben ihr, der war auf dem Foto auch drauf. das ist mit Sicherheit >Pig<.«

»Wahrscheinlich«, meinte Lucy zweifelnd. »Und der an der Seite sieht aus wie.«

Sie schwieg unsicher, aber auch beunruhigt.

»Wie wer?« fragte ich.

»So ist er jetzt nicht mehr. Er ist, na ja, aufgedunsen. Das ist mein Onkel Ridley. Da sieht er lieb aus. Schrecklich, was die Zeit den Leuten antut.«

»Ja.«

Nash und ich sagten es wie aus einem Mund. In Hollywood lebte eine Unzahl kaum noch wiederzuerkennender alter Schauspieler und Schauspielerinnen in arg verbrauchten Hüllen, an denen nichts mehr frisch war außer der Erinnerung an den Ruhm, und die von ihren ewig jungen Spiegelbildern per Videoband oder TV-Spielfilm erbarmungslos verspottet wurden.

»Wer sind die anderen?« fragte ich.

»Die kenne ich nicht«, sagte Lucy und gab mir das Foto zurück.

Ich sagte: »Sie sehen wie Leute Ihres Alters aus.«

»Ja, stimmt.«

Sie fand daran nichts Besonderes. »Soll ich die Kiste wieder einpacken?«

»Ja, bitte. Aber lassen Sie die Pralinenschachtel draußen.«

»Okay.«

Der Lunch kam, und wir aßen. Ziggy rief aus Norwegen im Hotel an.

»Ich kann O’Hara nicht erreichen«, beklagte er sich.

»Er ist zurück nach L. A.«, sagte ich. »Was machen die Pferde?«

»Sie arbeiten fleißig.«

»Gut. Die Produktionsabteilung hat einen leerstehenden Stall für sie aufgetan, nur zehn Meilen von unserem Strand entfernt.«

Ich kramte ein Stück Papier aus der Tasche und buchstabierte ihm geduldig die Adresse. »Rufen Sie mich nach der Ankunft in Immingham am Montag an, wenn sich Probleme ergeben.«

»Ja, Thomas.«

»Vielen Dank, Ziggy.«

Er lachte erfreut und legte auf.

Ich ließ Nash und Lucy allein Kaffee trinken, nahm das »Gang«-Foto und die dünne Mappe, die ich am Abend vorher studiert hatte, ging über den Gang zu O’Haras Suite, schloß auf und verstaute Valentines Erinnerungsstücke dort im Safe, neben den Messern. Alle Zimmer im Hotel waren mit einem kleinen Privattresor ausgestattet, den die Gäste auf eine Kombination ihrer Wahl einstellen konnten. Ich mochte mir das verstärkte Sicherheitsbedürfnis kaum eingestehen, das mich veranlaßte, O’Haras Safe statt des meinen zu benutzen, aber jedenfalls schien es mir besser so.

Noch in O’Haras Suite, schlug ich die Nummer von Ridley Wells im Telefonbuch nach und wählte sie, aber niemand meldete sich.

Als ich in meine Suite zurückkam, war Nash gerade im Aufbruch und erklärte, er wolle sich am Nachmittag die Rennsportübertragungen im Fernsehen anschauen und bei einem Buchmacher, den ich ihm vermittelt hatte, per Telefon wetten.

»Bleibt es bei heute abend?« fragte er, schon an der Tür.

»Klar, wenn wie vorhergesagt der Regen aufhört.«

»Aber wie soll ich denn im Stockfinsteren ein Pferd reiten?«

»Der Mond scheint. Moncrieff macht das schon.«

»Wie ist es mit Kaninchenlöchern?« »Auf dem Trainingsgelände von Newmarket gibt es keine Kaninchenlöcher«, versicherte ich ihm.

»Und wenn ich runterfalle?«

»Dann heben wir Sie auf und setzen Sie wieder in den Sattel.«

»Manchmal hasse ich Sie, Thomas.«

Er grinste und ging seines Wegs. Während Lucy noch mit Jahrzehnten von Rennberichten rang, las ich meine Aufpasser in der Halle auf und ließ mich die knappe Meile zu den Ställen kutschieren.

Auf dem Weg zum »Athenäum« schaute ich kurz in das hauptsächlich von Ed benutzte Büro im Erdgeschoß, wo wir die Telefone, Faxgeräte und einen Großkopierer stehen hatten, und bat die junge Frau, die dort alles in Gang hielt, sie solle regelmäßig die Nummer von Ridley Wells für mich wählen und ihn, sobald er sich meldete, zu mir nach oben durchstellen.

»Aber das haben Sie mir doch ausdrücklich verboten, damit es nicht während der Aufnahmen klingelt.«

»Aufnehmen können wir neu«, sagte ich. »Ich will den Mann erwischen. Okay?«

Sie nickte beruhigt, und ich ging nach oben, um Cibber und Silva wieder ihre giftigsten Gesichter zu entlocken.

Ridley Wells meldete sich um halb vier am Telefon, und er hörte sich betrunken an.

Ich sagte: »Erinnern Sie sich, daß Sie unseren Produzenten O’Hara gefragt haben, ob wir in unserem Film für Sie noch was zu reiten hätten?«

»Er hat nein gesagt.«

»Stimmt. Aber jetzt hätten wir was. Sind Sie noch interessiert?«

Ich nannte ein Honorar für einen halben Tag Arbeit, mit dem man auch einen größeren Fisch als Ridley geködert hätte, und er fragte noch nicht einmal nach Einzelheiten.

Ich sagte: »Wir lassen Sie morgen früh um sieben mit dem Wagen abholen. Der bringt Sie zu dem Stall, wo unsere Pferde stehen. Sie brauchen nichts mitzubringen. Wir kleiden Sie in unserer Garderobenabteilung ein. Wir stellen auch das Pferd, das Sie reiten. Sie sollen nichts Ungewöhnliches oder Gefährliches mit dem Pferd abziehen. Uns fehlt nur ein Reiter für eine Szene, die wir morgen drehen.«

»Alles klar«, tönte er.

»Denken Sie dran«, beharrte ich.

»Jawohl, Herr Generaldirektor.«

»Nein«, sagte ich. »Lassen Sie den Generaldirektor. Wenn Sie morgen früh nicht nüchtern sind, gibt es keine Arbeit und kein Honorar.«

Nach einer Pause sagte er noch einmaclass="underline" »Alles klar«, und ich hoffte, er meinte es auch so.

Als wir die Nahaufnahmen fertig hatten und die Tagesarbeit zum Kopieren unterwegs nach London war, ließ ich die Muster vom Vortag im Projektionsraum laufen und freute mich für Bill Robinson, daß er und seine Monstermaschine regelrecht pulsierten vor blitzender Kraft und die von Nash dargestellte Figur genau mit der Entschlossenheit erfüllten, die sie brauchte, um zu handeln.

Mut durch Phantasie, dachte ich. Der Film sollte diesen alten Gedanken veranschaulichen, ohne ihn jemandem aufzudrängen. Die Leute sollten sehen, daß sie es schon immer gewußt hatten. Die offene Tür. Türen öffnen - das war meine Funktion.

Wunderbarerweise hörte es mehr oder minder um die vorhergesagte Zeit zu regnen auf, und Moncrieff über-wachte im Stallhof das Verladen der Kameras, Filme, Lampen und Leute auf Lkws für die »Mondschein«-Aufnahmen von Nash auf der Heide.

Nash erschien auf die Minute pünktlich - wie üblich -und kam eine halbe Stunde später in Reitkleidung und Nachtmaske aus dem Haus, schwang die Reitkappe und verlangte ein absolut ruhiggestelltes Tier.

»Könnten Ihre Fans Sie doch nur hören«, bemerkte ich trocken.

»Gehen Sie erst mal mit 6 G im Tiefflug in die Kurve, Thomas«, meinte er lächelnd.

Ich schüttelte den Kopf. Nash konnte Düsenmaschinen fliegen, wenn es ihm nicht gerade durch einen Filmvertrag untersagt war, und das konnte ich nicht. Daß Nash, bevor er zum Megastar wurde, unter anderem Kampfflieger der Luftwaffe gewesen war, trug zu seinem geheimnisvollen Nimbus bei.

»Die Szene kommt ein paar Abende vor den Motorrädern«, sagte ich. »Sie sind beschuldigt worden. Sie sind besorgt. Okay?«