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Robbie sagte verblüfft: »Wessen?«

»Das sage ich Ihnen, wenn ich mir sicher bin.«

»Lassen Sie sich nicht umbringen.«

»Wie käme ich dazu?« sagte ich.

Yvonne kam zur gewünschten Zeit nach oben und erwies sich als die handelsübliche, bei Filmbossen so beliebte halbverhungerte kalifornische Elfe, ein Kunstgeschöpf, das nicht im entferntesten der echten, lachenden, leichtsinnigen Sonia glich.

Sonia hatte den eher konservativen Zeitungen zufolge bei ihrem Tod einen rosenroten Satinunterrock getragen, während die Revolverblätter im Fettdruck von einem »leuchendroten Mini mit Spaghettiträgem und schwarzen, hochgeschnürten Sandalen mit hohen Glitzerabsätzen« zu berichten wußten.

Kein Wunder, dachte ich, daß man an einem Selbstmord gezweifelt hatte.

Yvonne die Traumverliebte trug ein loses weißes Tageskleid, in amerikanischen Modekreisen »Float« genannt wegen des weich fließenden Materials, unter dem sich nur die Konturen, die es berührt, abzeichnen. Dazu trug sie auf meinen Wunsch schwere goldene Ohrgehänge mit Perlen und eine Perlenkette, die beinah bis zum Nabel reichte.

Sie sah wunderschön ätherisch aus, doch ihre Stimme klang breit.

»Heute morgen«, sagte ich, »drehen wir die Szenen schön der Reihe nach. Das heißt, als erstes kommen Sie durch die Stalltür da.«

Ich zeigte hin. »Sie haben Hintergrundlicht. Wenn Moncrieff soweit ist, bleiben Sie bitte in der Tür stehen und drehen langsam den Kopf, bis wir >Halt!< sagen, und wenn Sie sich den Winkel merken und in der Einstellung den Kopf wieder genauso halten, gibt das einen guten Effekt. Sie treten ein, blicken aber zurück. Okay? Ihren Text können Sie ja wohl.«

Sie sah mich mit großen, feucht schimmernden Augen verständnislos an: toll für den Film, nicht so gut für den zügigen Ablauf der Dreharbeiten.

»Ich habe gehört«, sagte sie, »daß Sie böse werden, wenn Sie eine Szene mehr als dreimal drehen müssen. Stimmt das?«

»Vollkommen.«

»Dann konzentrier ich mich am besten mal.«

»Engelchen«, sagte ich mit ihrem Akzent, »tun Sie das, und ich bringe Sie in die Talkshows.«

»Die Today Show?«

»Nichts ist unmöglich.«

Berechnung trübte den Blick der unvergleichlichen veilchenblauen Augen, und wortlos ging sie zur Seite und studierte ihr Skript.

Klar zum Gefecht, legten wir los. Als Moncrieff mit seiner Lichtsetzung zufrieden war, stellten wir Yvonne in den Eingang und bewegten sie Zentimeter für Zentimeter, bis das Licht von draußen durch ihr dünnes Kleid schien und der Kamera im Inneren ihren Körper enthüllte: zu flach-brüstig für meinen Geschmack, aber so traumverloren unwirklich, wie ich es erhofft hatte.

»Nicht schlecht«, murmelte Moncrieff, durch den Sucher schauend.

Ich sagte: »Können Sie die Ohrringe zum Leuchten bringen?«

»Sie stellen vielleicht Ansprüche!«

Er setzte ein Inkie - einen Mini scheinwerf er - so, daß die Perlen und das Gold unter ihren Ohren aufblitzten.

»Prima«, sagte ich. »Sind alle soweit? Wir proben mal. Yvonne, denken Sie dran, daß Ihnen ein grobschlächtiger Mann nachsteigt, der Lichtjahre von einem Traumliebhaber entfernt ist. Insgeheim lachen Sie ihn schon aus, aber Sie lachen ihm nicht ins Gesicht, da es in seiner Macht steht, Nash - das heißt, Ihrem Filmehemann - das Leben schwerzumachen. Stellen Sie sich vor, daß Sie ein Mann verfolgt, den Sie sexuell verachten, zu dem Sie aber nicht unhöflich sein dürfen.«

Yvonne kicherte. »Was gibt’s da zu schauspielern? Die treffe ich jeden Tag.«

»Mit Sicherheit«, murmelte Moncrieff in seinen Bart.

»Okay dann«, sagte ich, mir ein Lachen verkneifend, »gehen wir’s mal durch. Alles klar? Und.«, eine Pause, »bitte.«

Yvonne machte es im zweiten Probelauf goldrichtig, und dann bannten wir die Szene zweimal auf Zelluloid, beide Male kopierbar.

»Sie sind ein Schatz«, sagte ich. Und sie hörte es gern. Silva hätte vielleicht von »Sexismus« und »Belästigung« gesprochen. Ich mochte alle Frauen, nur hatte ich, wie bei den männlichen Schauspielern auch, herausgefunden, daß man Zeit sparte, wenn man ihr Selbstverständnis akzeptierte, statt es anzufechten.

In der Szene jetzt hatte Yvonne zu einem Mann, der nicht im Bild war, gesagt, sie habe versprochen, eine Box für ein in Kürze eintreffendes Pferd herzurichten, dann aber nicht mehr daran gedacht, und wolle es jetzt nachholen, bevor sie sich mit ihrem Mann, der auf dem Rückweg vom Pferderennen sei, auf einer Party treffe.

Blöd, daß sie die weißen Sandalen anhabe, sagte sie, hier auf dem unebenen Boden. Würde er ihr bitte helfen, die Heuballen wegzuräumen - und ihre Wimpern klimperten -, wo er doch so viel größer und stärker sei als die kleine Yvonne?

»Für die würde ich mich hinlegen und sterben«, meinte Moncrieff.

»Das hat er ja auch mehr oder weniger getan.«

»Sie Zyniker«, schimpfte Moncrieff und richtete das Licht auf einen Punkt hoch oben zwischen den Dachbalken aus.

Ich ging mit Yvonne die Szene durch, in der sie begriff, daß der Mann mehr von ihr wollte, als ihr lieb war. Wir spielten Überraschung, Unbehagen, Abscheu und den gefährlichen Spott durch. Ich vergewisserte mich, daß sie jeden einzelnen Schritt verstand und für sich nachvollziehen konnte.

»Die meisten Regisseure brüllen mich bloß an«, sagte sie bei der Probe, als sie gerade zum fünften oder sechsten Mal ihren Text verpatzt hatte.

»Sie sehen unfaßbar gut aus. Jetzt spielen Sie einfach die Fassungslose. Dann lachen Sie ihn aus. Manche Männer können es nicht ertragen, wenn Frauen sie auslachen. Er lechzt nach Ihnen, und Sie finden ihn komisch. Sie bringen ihn mit Ihrem Spott um den Verstand. Er bringt Sie um.«

Völliges Verständnis erhellte ihre reizenden Züge. »Halten Sie die Zwangsjacke bereit«, sagte sie.

»Yvonne, ich liebe Sie.«

Wir machten eine lange Reihe Aufnahmen von ihrem Gesicht, eine Gefühlsregung nach der anderen, und viele Aufnahmen von negativen körpersprachlichen Botschaften, von wachsender Angst, von Panik, von verzweifeltem Unglauben - alles in allem genug, um den absoluten Horror der unerwarteten Konfrontation mit dem eigenen Tod herauszuarbeiten.

Yvonne durfte in die Mittagspause gehen, während Moncrieff und ich die Crews filmten, wie sie schwere Stricke rasch über die Dachbalken warfen und furchterregende Knoten banden, um die Gewalt, das Tempo, die Gnadenlosigkeit zu zeigen, um die es mir ging. Natürlich brauchten wir jeweils viele Minuten, um ein Bild anzulegen und einzufangen, aber später im Kino, wenn die gelungensten Einstellungen ruck, zuck aufeinanderfolgten, würde das Grauen des Erhängens den Popcorn-Essern die Sprache verschlagen.

Ich setzte mich neben Yvonne auf einen Heuballen. Ich sagte: »Heute nachmittag fesseln wir Ihnen die Hände mit dem dicken Seil, das jetzt da vom Dachbalken herunterhängt.«

Sie nahm es gelassen.

»Der Mann hat Sie inzwischen so verängstigt, daß Sie fast erleichtert sind, daß er nur Ihre Hände fesselt.«

Sie nickte.

»Aber plötzlich nimmt er das vom Balken herunterhängende Seil und schlingt es Ihnen um den Hals, erst einmal, dann noch mal, und er zieht es so straff, daß Ihre Perlenkette entzweigeht und Ihnen ins Kleid rutscht, dann zieht er mit aller Gewalt am anderen Ende des über den Balken geworfenen Seils und, ehm. er reißt Sie hoch. und hängt Sie auf.«

Mit großen Augen fragte sie: »Was sage ich dann? Flehe ich ihn an? Da schweigt das Drehbuch.«

»Sie sagen nichts«, sagte ich. »Sie schreien.«

»Ich schreie?«

»Ja. Können Sie das?«

Sie öffnete den Mund und stieß einen markerschütternd schrillen Schrei aus, der sämtliche am Drehort Anwesenden alarmierte und ihr zu Hilfe eilen ließ.