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Tuans Augen leuchteten auf. Er griff nach Rods Arm. „Ich hatte gehofft, daß Ihr so reden würdet, Freund Gallowglass.

Bleibt sitzen und hört die Wahrheit meines Komplotts.“

Rod schüttelte seine Hand ab. „Zieht Euer Schwert!“

„Nein, das würde ich nie gegen einen Freund. Ich habe Euch einen Streich gespielt, aber es war zu einem guten Zweck. Ihr sollt alles erfahren!“

„Ich hörte, was ich wollte.“ Rod machte sich daran, den Degen zu ziehen. Wieder griff Tuan nach Rods Unterarm, und diesmal ließ er sich nicht abschütteln. Langsam, aber unaufhaltsam, wurde sein Rapier in die Scheide zurückgezwungen.

„Setzt Euch!“ sagte Tuan und drückte Rod so leicht, daß man meinen konnte, er sei ein Kind, auf den Stuhl zurück. Dann ließ er seinen Arm los und lächelte ihn herzlich an, als wäre nichts geschehen. „Die Königin gibt uns Geld, und die Bettler wissen es, aber immer Almosen annehmen zu müssen, erweckt brennenden Grimm in den Beschenkten. Wenn wir Freunde für Catherine gewinnen wollen, müssen wir einen Weg finden, diesen Ärger in Dankbarkeit zu verwandeln. Also müssen wir die Unterstützung der Königin als etwas anderes denn ein Geschenk erscheinen lassen.“

„Und Ihr habt diesen Weg gefunden?“

„Nicht ich“, gestand Tuan, „sondern der Spötter. Er stellte mir das Rätseclass="underline" ,Wann ist ein Geschenk kein Geschenk? Und als ich die Antwort nicht wußte, löste er es selbst:,Wenn es dem, der es bekommt, rechtmäßig zusteht! „

Tuan breitete die Hände aus. „Ihr seht also, wie einfach es ist. Die Bettler marschieren zur Burg und verlangen von der Königin Brot und Fleisch, weil es ihnen rechtmäßig zusteht. Sie wird es ihnen geben, und sie werden dafür dankbar sein.“ Rod lächelte. „Sehr schlau ausgedacht.“ Er nickte, aber insgeheim dachte er: Wenn es funktionierte! Aber es wird nicht! Menschen mit Geld spenden gern für wohltätige Zwecke, aber sie geben keinen Cent, wenn man ihnen sagt, sie müßten es. Und wie dankbar werden die Bettler sein, wenn sie ihre Forderung zurückweist und ihre Armee ruft, um sie zu vertreiben? Doch selbst wenn sie auf ihr Verlangen einginge, was dann? Was war dann mit dem Machtgefühl, das sie ihnen damit gäbe? Bettler, die eine Königin zu etwas zwingen! Sie würden nicht bei Brot und Fleisch haltmachen. Schon in einer Woche kämen sie mit weiteren Forderungen an — mit oder ohne Tuan! O ja, es war ein schlauer Plan, und man hatte Tuan damit ganz schön eingeseift. Der Spötter konnte nur gewinnen — und mit ihm die außerplanetaren Totalitärsten, die dahintersteckten.

Aber Tuan meinte es gut. Er strahlte geradezu von innen heraus. Zwar war er ein wenig naiv, was Politik betraf, aber wie gesagt, seine Absicht war wohlgemeint. Rod hob seinen Krug zu einem tiefen Schluck. „Und doch behaupten einige, daß das Haus Clovis Catherine stürzen will.“ „Nein! Nein!“ rief Tuan erschrocken. „Ich liebe die Königin!“ Rod studierte das ehrliche, offene Gesicht des Jungen. „Ich auch“, sagte er, leider wahrheitsgetreuer, als ihm lieb war. „Trotzdem erkenne selbst ich, daß sie nicht sehr klug handelt.“ Tuan seufzte tief und murmelte: „Das stimmt. Sie meint es so gut, aber sie geht nicht richtig vor. Sie versucht, an einem Tag gutzumachen, was ihre Vorfahren in Jahrhunderten falsch gemacht haben. Es gibt so viel Unrecht in dem Königreich, doch ein Haufen Unrat läßt sich nicht mit einem Schaufelhub beseitigen.“

„Vor allem kann der Salpeter darunter sich als ungemein explosiv erweisen“, brummte Rod.

„Die Hohen Lords begreifen nicht, daß sie den Teufel vertreibt“, fuhr Tuan fort. „Sie sehen nur, daß sie diesem Land nur eine Stimme geben will — ihre!“

„Nun“, Rod hob seinen Krug. Sein Gesicht war düster vor Resignation. „Auf sie! Hoffen wir, daß sie es schafft!“

„Wenn Ihr glaubt, daß das möglich ist, seid Ihr ein größerer Narr als ich — dabei bin ich weit und breit als ausgesprochener Tor verschrien.“

Rod senkte den Krug, ohne getrunken zu haben. „Sprecht Ihr aus allgemeiner Überzeugung, oder denkt Ihr an Einzelheiten?“

Tuan drückte eine Zeigefingerkuppe an die andere. „Ein Thron ruht auf zwei Beinen: erstens auf den Ed-. len, die alles Neue ablehnen und deshalb gegen die Königin sind. In Ruhe gelassen, würden sie sich vielleicht mit ihr abfinden, aus Verehrung für ihren Vater. Aber da sind noch die Ratgeber.“

„Ich nehme an, die Hohen Lords tun, was die ihnen raten?“

„Oder was sie ihnen raten, nicht zu tun. Was in etwa auf das gleiche heraus kommt. Und die Ratgeber sprechen mit nur einer Stimme — Durers!“

„Durer? Wer ist er?“ fragte Rod stirnrunzelnd.

„Der Ratgeber Lord Loguires.“ Tuans Lippen verzogen sich bitter. „Er hat Einfluß auf Loguire, was ein wahres Wunder ist, denn der Herzog ist ein ausgesprochen eigensinniger Mann.

Solange Loguire lebt, hat Catherine eine Chance. Doch wenn er stirbt, fällt sie, denn Loguires Erbe haßt die Königin. Der Lord hat zwei Söhne. Der jüngere ist ein Narr, der seinen schlimmsten Feind für seinen besten Freund hält. Und der ältere ist ein Hitzkopf, der unter Durers Schmeicheleien dahinschmilzt. Und so wird der Titelerbe, Anselm Loguire, tun, was Durer ihm sagt.“

Wieder hob Rod den Krug. „Dann wollen wir Lord Loguire ein langes Leben wünschen.“

„Ja“, erwiderte Tuan inbrünstig. „Denn Anselm hegt einen tiefen Groll gegen die Königin.“

„Wieso?“ fragte Rod.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Tuan bedrückt.

„Er und Durer wollen also den Sturz der Königin? Und die anderen Lords tun, was sie vorschlagen — wenn der alte Loguire erst tot ist. Das also ist ein Bein des Thrones. Und das andere?“

„Zweitens“, fuhr Tuan fort, „das Volk: die Bauern, Handwerker und Kaufleute. Sie alle lieben sie, weil sie ihnen das Leben erleichtert, aber sie fürchten sie auch, ihrer Hexen wegen.“

„Ah ja. Ihre — Hexen.“ Rod bemühte sich, wissend auszusehen, während sich in seinem Kopf alles drehte. Hexen als politisches Element!

„Seit Jahrhunderten“, erklärte Tuan, „wurden die Hexen Folterungen unterzogen, bis sie dem Teufel ent sagten, oder sie mußten die Wasserprobe erdulden. Und wenn alles versagte, Wurden sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt.“

Einen Augenblick empfand Rod ein ungeheures Mitleid mit ganzen Generationen von Espern, diesen Menschen mit übersinnlichen Fähigkeiten, die es hier also alles andere als leicht gehabt hatten.

„Aber die Königin beschützt sie jetzt, und man munkelt sogar, daß sie selbst eine Hexe ist.“

Es gelang Rod, seine geistige Benommenheit lange genug abzuschütteln, um zu krächzen: „Ich nehme an, daß diese Tatsache das Volk nicht gerade zu Begeisterungsstürmen und unerschütterlicher Loyalität veranlaßt?“

Tuan biß sich auf die Lippe. „Sagen wir, es ist unsicher…“

„Es hat die Hosen voll“, übersetzte Rod. „Aber mir ist aufgefallen, daß Ihr die Bettler nicht als Teil des Volkes gezählt habt.“

Tuan schüttelte den Kopf. „Nein, sie stehen abseits. Keiner sieht sie gern, alle schauen auf sie herab. Doch aus diesem

fehlerhaften Holz beabsichtige ich, ein drittes Bein für den Thron der Königin zu schreinern.“

Rod lehnte sich zurück. „Vielleicht habt Ihr da etwas, das die Königin in der Tat braucht.“ Er nahm einen tiefen Schluck Wein. „Ich nehme an, daß die Ratgeber alles tun, um die Furcht des Volkes noch zu schüren?“

Tuan schüttelte verwirrt den Kopf. „Nein, nichts dergleichen.

Man könnte fast glauben, sie wüßten überhaupt nicht, daß es das Volk gibt.“ Er spielte mit seinem Becher. „Aber es ist gar nicht nötig, das Volk darauf aufmerksam zu machen, daß es Grund zur Furcht hat, denn alle sehen, daß die Hexen nicht imstande sind, das Gespenst vom Burgdach zu vertreiben.“

Rod schaute ihn verwundert an. „Na, so soll es sich doch heiser schreien auf den Zinnen, wenn es ihm Spaß macht. Es tut ja niemandem etwas, oder?“