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„Wir haben keine Zeit!“ protestierte Rod.

„Es würde uns unterwegs nur aufhalten!“ sagte sie streng, „und jetzt brauchen wir bloß wenige Minuten.“ Rod seufzte und kapitulierte. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus, als er ihr nachsah, wie sie zum Ufer rannte.

„Sie hat recht“, brummte Loguire und drehte Rod zu sich um.

„Beißt die Zähne zusammen!“ Er riß Rods Wams von der Schulter und löste dabei das verkrustete Blut. Rod schnappte nach Luft.

„Es ist gut, wenn es frisch blutet!“ knurrte Loguire. Und schon eilte Gwendylon mit einer Handvoll Krautern herbei und legte sie vorsichtig auf die Wunde, während Tom ihm einen Weinbeutel an die Lippen setzte. Und bereits fünf Minuten später schwang er das Mädchen auf Gekabs Rücken und setzte sich hinter ihr in den Sattel.

Als Gekab sich in Trab setzte, drehte sie sich zu Rod um.

„Aber, Mylord, ich brauche doch nicht…“

„Wir haben nur drei Pferde, Gwen. Mach dir keine Sorgen, mein Rappe schafft dein Gewicht spielend…“

„Aber, mein Lord, ich brauche wirklich nicht…“

„Still! Lord Loguire!“ rief Rod über die Schulter. „Führt uns, Ihr kennt das Land am besten.“

Loguire nickte stumm und trabte voraus. Rod brummte: „Unsere Spur ist deutlich wie eine Straße. Wir müssen uns beeilen, damit sie uns nicht einholen können!“

„Seht erst einmal hinter Euch, Lord!“ riet ihm Gwendylon. Rod drehte sich um. Mindestens hundert Elfen waren mit winzigen Besen dabei, die Spur zu verwischen.

„Großer Gott!“ murmelte Rod. „Gwen! Hast du das veranlaßt?“

Keine Antwort. Er wandte sich wieder nach vorn. Gwen war verschwunden! „Gwendylon!“ brüllte er erschrocken, und zerrte am Zügel, daß Gekab sich aufbäumte und anhielt.

Ein Schrei antwortete aus dem Himmel. Rod riß den Kopf hoch. Der Seeadler war wieder da! Und jetzt schoß er herab, kreiste um Rod und schrie drängend.

„Ja, ja, ich verstehe schon“, brummte Rod. „Marsch, weiter, Gekab!“ Aber das Pferd stand starr, und sein Kopf baumelte zwischen den Beinen. Das hatte kommen müssen. Aber er konnte es dem Roboter nicht einmal übelnehmen, auch für ihn war es ein Schock gewesen. Rod drückte auf den Schaltknopf.

Sie ritten die ganze Nacht hindurch. Loguire war so erschöpft, daß er sich kaum noch im Sattel halten konnte. Doch Rod ging es nicht viel besser. „Seht Ihr die Heuhaufen, Mylord?“ wandte

er sich an ihn. „Der Morgen ist nah, und wir können es nicht riskieren, während des Tages zu reiten. Wir wollen uns im Heu ausruhen.“

Loguire hob blinzelnd den Kopf. „Ja, ja“, murmelte er nur. Vor dem nächsten Heuhaufen half Rod ihm aus dem Sattel. Tom nahm den Pferden die Sättel ab. „Gekab“, flüsterte Rod. „Zieh dich mit den beiden Tieren irgendwohin zurück, wo ihr nicht so leicht entdeckt werden könnt, und schaff sie bei Sonnenuntergang wieder hierher.“ „Ist gut, Rod“, versicherte ihm der Roboter.

Rod schaute auf den alten Lord hinunter. Er war eingeschlafen.

Schnell bedeckte er ihn mit Heu, dann hielt er nach Tom Ausschau und sah, wie gerade seine Waden und Füße in einem Heuhaufen verschwanden. Sättel und Zügel waren bereits nicht mehr zu sehen.

„Ihr müßt Euch auch verkriechen, Herr“, erklang Toms Stimme gedämpft. „Die Bauern werden bald unterwegs sein, sie dürfen uns nicht sehen.“

„Glaubst du nicht, daß sie das Heu heute aufladen werden?“

„Nein, sie nehmen sich erst die Wiesen näher an der Burg vor.“

Mit einem Seufzer der Erleichterung kletterte Rod auf den nächsten Heuhaufen und grub sich eine tiefe Kuhle, in der er sich zufrieden ausstreckte. Als er die Augen schließen wollte, vernahm er einen sanften Vogelschrei, und der Seeadler ließ sich neben ihm nieder. Seine Gestalt dehnte sich in die Länge, und gleich darauf schmiegte Gwendylon sich an Rod.

Spitzbübisch lächelnd öffnete sie ihr Mieder. „Vierundzwanzig Stunden, mein Lord. Von Sonnenaufgang bis Sonnenaufgang.

Ihr verspracht zu tun, was mir gefällt!“

„A-a-ber“, stammelte Rod und schluckte, als dem Mieder die Bluse folgte. „Je-jemand muß Wache halten!“

„Fürchtet nichts, mein Lord. Das werden meine Freunde aus dem Kleinen Volk tun!“ Sie streckte sich genußvoll aus. Rod spürte, wie sein Puls schneller schlug. Ohne länger zu zaudern,

drückte er seine Lippen auf Gwendylons.

Nach zwei weiteren nächtlichen Ritten erreichten sie die Hauptstadt. Sie waren überrascht, zwei Posten mit Piken und Fackeln in der Dunkelheit der siebten Nachtstunde an der Brücke Wache halten zu sehen.

„Ich kümmere mich um sie, Herr“, brummte Tom und ritt Rod und Loguire voraus. „Aus dem Weg!“ rief er den Wachen zu.

„Meine Herren begehren die Stadt zu betreten!“

Die Posten überkreuzten die Piken, um die Brücke zu versperren. „Wer sind deine Herren?“ fragten sie. „Rebellen?“

„Rebellen?“ Tom runzelte die Stirn. „Was ist in der Stadt passiert, während wir im Süden waren?“

„Im Süden?“ Die Augen der Posten verengten sich. „Die Lords des Südens sind die Rebellen!“

„Ja, ja“, winkte Tom ungeduldig ab. „Aber wir waren im Auftrag der Königin dort, als Spione, wenn ihr es so nennen wollt. Wir bringen die Kunde, daß der Süden sich erhebt, und den Tag und die Stunde. Wie ist es möglich, daß sie vor uns hier bekannt wurde?“

„Wer wagt es, uns hier aufzuhalten!“ donnerte Lord Loguire, der inzwischen mit Rod herangeritten war. „Zur Seite für einen Mann edlen Blutes!“

Die Posten starrten den Herzog an, dann sprangen beide heran und drückten ihm die Pikenspitzen an die Brust. „Steigt ab, Mylord Herzog Loguire! Im Namen der Königin, wir müssen Euch festnehmen!“ rief einer, während der andere nach dem Hauptmann der Wache schreiend über die Brücke rannte.

Loguire starrte ungläubig von einem zum anderen. Rod brüllte den Posten an: „Nenn den Grund!“ Der Blick des Soldaten flog von Loguires zu Rods Gesicht und zurück. Zögernd antwortete er: „Hochverrat gegen die Person Ihrer Majestät der Königin.“

Loguire preßte die Lippen zusammen, dann explodierte er: „Keiner könnte der Königin treuer ergeben sein als ich. Genug deiner Impertinenz! Zur Seite!“

Der Posten schluckte, wich jedoch nicht von der Stelle. „Es heißt, daß Loguire die Rebellen anführt, Mylord.“

„Soldat“, sagte Rod mit dem Ton eines geduldigen Feldwebels.

„Weißt du, wer ich bin?“

„Ihr seid Meister Gallowglass, ehemals von der Leibwache der Königin.“

„Immer noch von der Leibwache“, berichtigte Rod.

„Und vor einer Woche in den Süden abbeordert, um Herzog Loguire zu beschützen!“

Des Herzogs Kopf zuckte zurück. Er starrte Rod funkelnd an.

„Wir wußten, daß Ihr fort seid“, murmelte der Soldat.

„Und jetzt weißt du auch, weshalb.“ Rod hielt seine Stimme unter sorgfältiger Kontrolle, aber ihr Ton verriet, daß der Grimm der Königin auf den elenden Posten fallen würde, falls er dem Leibgardisten nicht gehorchte. „Lord Loguire ersucht seine Verwandte und Herrscherin, Ihre Majestät, die Königin, um Asyl. Sie wäre erzürnt, müßte sie erfahren, daß er aufgehalten wurde.“

Der Posten behielt seine Pike verkrampft in der Hand und schob trotzig das Kinn vor. „Es wurde der Befehl erteilt, guter Meister Gallowglass, daß Mylord Loguire im Verlies der Königin festgesetzt werden muß. Mehr weiß ich nicht.“

„Verlies!“ donnerte Loguire mit rotem Gesicht. „So tief kann das Blut der Plantagenets nicht gesunken sein! Bube, ich schneide dir die lügende Zunge aus dem Mund!“ Seine Hand fuhr nach dem Dolch. Der Soldat wurde kreidebleich, aber Rod hielt den Herzog zurück.

„Beruhigt Euch, Mylord“, murmelte er. „Dieser Durer hat die Nachricht hierhergeschickt. Die Königin kann nichts von Eurer Loyalität wissen.“