Brom runzelte die Stirn. „Ich bin alt, Rod Gallowglass. Du mußt es mir genauer erklären.“
Wieder blickte Rod zu den Sternen hoch. „Eines Tages wird das Tribunal über alle Sterne regieren, die du sehen kannst, und über eine Menge mehr, die von hier aus nicht zu sehen sind. Und fast alle Menschen auf diesen Welten werden Hexen sein, denn das Blut Gramayres fließt durch ihre Adern.“ Er lächelte Brom zu. „Na, wenn das kein Lorbeerkranz ist, Brom, Vater einer Galaxis…
Aber einige Menschen werden ohne die Fähigkeiten der Hexen geboren werden und deshalb keine sein. Und weil sie es nicht sind und sich ausgeschlossen fühlen, werden sie die Hexen und ihre Regierung hassen, schlimmer als du es dir vorstellen kannst. Diese Art von Menschen nennt man Fanatiker. Jede Art von Regierungssystem wird ihnen mehr zusagen als die Demokratie, und deshalb werden sie die Demokratie mit aller Gewalt bekämpfen.“
„Wenn es so sein wird, wie du sagst“, brummte Brom, „dann werden diese Menschen unterliegen, denn wie könnte man gegen so viele Welten vorgehen?“
„Das können sie auch nicht“, erwiderte Rod, „außer sie töten das, was diese Demokratie ermöglicht hat.“ „Aber wie sollten sie das denn fertigbringen? Denn um die
Hexen im Mutterschoß zu töten, müßten sie erst zu diesem Schoß kommen — hierher nach Gramayre — um zu versuchen…“
Brom starrte Rod mit Grauen in den Augen an.
„Catherine zu töten“, beendete Rod den Satz für ihn und nickte finster. „Richtig, Brom. Die Ratgeber und die Führerschaft des Hauses Clovis sind jemandes Ur-ururenkel in der fünfzigsten Generation.“
„Aber wie könnte das sein?“ krächzte Brom. „Welcher Mensch kann seine Ahnen besuchen?“
„Sie können es. Sie haben ein Ding — eine Zeitmaschine. Eine ist irgendwo im Haus Clovis verborgen, und eine in den alten Gewölben von Burg Loguire.
Also bewacht diese vier Männer in der Königin Verlies sorgfältig, Brom. Sie haben vielleicht noch ein paar Überraschungen im Ärmel!“
„Du kannst dich darauf verlassen, daß ich das werde!“
„Die Ratgeber sind alle tot.“ Rod lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. „Das ist eine schöne Bilanz für den Bericht.
Sende ihn heim, Gekab. O ja und dazu erhärtende Einzelheiten: eine Beschreibung der Zeitmaschine und die Aufzählung der Hauptfähigkeiten der Hexen, du weißt schon, Telekinese, Levitation, Telepor…“
„Ich weiß es selbst, Rod“, unterbrach ihn des Roboters Stimme.
„Ja, sicher, aber du könntest mich auch einmal ausreden lassen.“
Der Raumkrümmungstransmitter in Gekabs korbballgroßem Gehirn schickte ein Zweisekundenquieken zu den Sternen.
Eine Weile war alles still, dann murmelte Gwendylon zögernd: „Mylord?“
Rod hob ein Lid und lächelte: „Du solltest mich nicht so nennen, aber es gefällt mir.“
Sie lächelte scheu. „Mylord, Ihr habt Eure Aufgabe hier vollendet…“
Rods Gesicht verdunkelte sich. Er wandte sich ab und starrte finster auf den Boden.
„Wohin wirst du jetzt gehen, Zauberer Rod?“ fragte Brom leise.
„Sei doch still!“ brauste Rod auf.
Wieder wandte er sich ab. „Ich bin kein Zauberer“, knurrte er.
„Ich bin Agent aus einer Welt mit hochentwickelter Technologie, und als solcher verfüge ich über einen ganzen Sack voll Tricks, die ihr euch hier gar nicht vorstellen könnt, aber sie sind alle natürlichen Ursprungs. Ich verstehe nicht das geringste von Magie und verfüge nicht über ein Körnchen Zauberkraft.“
Er schaute wieder zum Himmel hoch. „Ich bin kein Zauberer und habe auch nicht die kleinste Begabung dazu, nicht einmal soviel wie eure geringsten Bauern. Und deshalb gehöre ich auch nicht hierher.“
Er spürte, wie etwas in ihm zu zerreißen drohte.
„Ich wählte dieses Leben“, brummte er., „Ich nehme Befehle entgegen, ja, aber ich tue es aus freiem Willen.“
„Das ist ein Punkt“, brummte Brom, „aber ein schwacher. Ob nun freiwillig oder nicht, du bist nicht Herr über dich selbst.“
„Stimmt“, gab Rod zu. „Aber einige müssen auf ihre persönliche Freiheit verzichten, damit sie ihren Kindern zuteil wird.“ Doch selbst in seinen eigenen Ohren klang es nicht sehr überzeugend.
Brom seufzte tief. Er schlug sich auf die Schenkel und stand auf. Mit müden, alten Augen blickte er Rod an.
„Wenn du gehen mußt, dann gehe. Einer Verpflichtung darf man sich nicht entziehen. Geh zu den Sternen, Rod Gallowglass, aber vergiß nicht: wenn du jemals Zuflucht suchst, du wirst sie hier bei uns finden.“
Gwendylon blieb still neben Rod sitzen und umklammerte seine Hand. „Sag mir“, flüsterte sie nach einer Weile, „ist es nur dieser eine Traum, der dich von mir fortführt?“
„Ja. O ja.“ Rods Hand verkrampfte sich um ihre. „Du hast, sozusagen, alle anderen Träume ausgelöscht.“
Sie drehte sich mit einem zittrigen Lächeln um. Tränen glänzten an ihren Wimpern. „Darf ich Euch nicht zu den Sternen begleiten, mein guter Lord?“
Fast zerquetschte Rod ihre Hand. Ein Würgen verschloß ihm die Kehle. Schließlich murmelte er: „Ich wollte, du könntest es, aber du würdest dort verwelken und sterben wie eine entwurzelte Blume. Du gehörst hierher, wo sie dich brauchen.
Und ich gehöre dorthin. So einfach ist es.“
„Nein.“ Sie schüttelte traurig den Kopf. „Ihr geht nicht, weil Ihr dorthin gehört, sondern weil Ihr Euch dazu verpflichtet fühlt. Aber, mein Lord…“ Sie wandte das Gesicht ab, denn die Tränen begannen nun in Strömen zu fließen. „Ist meine Liebe nicht so stark wie Euer Traum?“
„Versuch zu verstehen“, sagte er gepreßt. „Ein Mann braucht einen Traum. Das ist der Unterschied zwischen den Menschen und den Tieren — der Traum. Und ein Mann, der seinen Traum verloren hat, ist kein ganzer Mann und deshalb einer Frau nicht würdig. Wie könnte ich es wagen, dich an mich zu binden, wenn ich kein Mann bin?
Nein, ein Mann muß sich erst selbst bestätigen, ehe er eine Frau wählt — und der Traum ist seine Bestätigung. Solange er dafür kämpft, hat er ein Recht auf sie, weil er etwas taugt. Ich könnte hierbleiben und sehr glücklich mit dir werden. Aber tief in meinem Herzen wüßte ich, daß ich dich nicht verdiene, weil ich nur eine Drohne bin, ein Mensch männlichen Geschlechts ohne Nutzen. Wie könnte ich Kinder in die Welt setzen, wenn ich weiß, daß ihre Mutter für die Welt viel wichtiger ist, als ich es bin?“
„Aber wiegt die Verpflichtung, die Euch Tom auferlegte und die Ihr Horatio Loguire gegenüber habt, von mir gar nicht zu sprechen, nicht die auf, die Ihr den Sternen gegenüber habt?“
Rod richtete sich steif auf.
„Sie baten Euch, über ihr Volk zu wachen“, flüsterte
Gwendylon. „Und was würde aus ihm werden, Lord, wenn diese Teufel aus der Zukunft wiederkehrten? Und das werden sie ganz sicher, wenn ihr Haß so brennend ist, wie Ihr sagtet.“ Rod nickte wie betäubt. „Und was ist dann mit dem Traum, Mylord?“ Rod blieb einen Moment stocksteif sitzen. „Gekab“, sagte er schließlich ruhig. „Ja, Rod?“
„Gekab, reich mein Gesuch um Entlassung ein.“ „Aber Rod, Ihre Pflicht — die Ehre Ihres Hauses…“ „Vergiß sie! Die Ratgeber kommen möglicherweise zurück, Gekab, selbst wenn wir die Zeitmaschinen vernichten. Sie haben es einmal fertiggebracht, sie können es auch ein zweitesmal! Übermittle meine Kündigung!“ Gehorsam sendete Gekab zu den Sternen. Rods Kopf sank langsam auf die Brust. „Mein Lord?“ rief Gwendylon erschrocken. Rod hob schwach eine Hand. „Alles in Ordnung. Ich habe das Richtige getan, und das, was mich am glücklichsten machen wird. Zum erstenmal in meinem Leben arbeite ich unabhängig. Das ist es! Ich habe mich selbst von allem abgeschnitten. Niemand deckt mir mehr den Rücken, niemand paßt mehr auf mich auf…“