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Ein Schatten fiel über Broms Gesicht.

Rod hob den Blick. „Du mußt doch zugeben, daß ich jetzt eine Persona ingrata bin.“

„Ja“, knurrte Brom. „Doch du wirst immer eine Zuflucht im Reich der Elfen finden.“

Rod lächelte schwach. „Danke, Brom.“

„Doch verrate mir jetzt“, Brom lehnte sich vor und schaute Rod stirnrunzelnd an, „wie es dazu kam, daß du dich unser annahmst. Als alles düster in unserem Reich aussah und selbst die Hoffnung aus unseren Herzen verbannt war, erschienst du, wie die Erfüllung eines Gebets, vom Himmel. Du, der du keine eigenen Interessen, keine Besitztümer hier hattest, den unsere Sorgen eigentlich unberührt hätten lassen sollten, setztest du dich voll und ganz für unser Wohlergehen ein.“

Er schob seinen Kopf vor, seine Augen brannten. „Weshalb hast du uns gerettet?“

Rod lächelte säuerlich. „Für den Traum.“

Brom runzelte die Stirn. „Traum?“

Rod blickte zu den Sternen hoch. Er zögerte einen Augenblick, dann sagte er: „Gekab, nimm das auf!“ Er wandte sich an Brom und Gwendylon und hob seinen guten Arm zum Himmel.

„Seht hoch. Seht ihr diese Sterne? Jeder hat eigene Welten, die um ihn kreisen, Welten wie diese hier, wo Liebespaare glücklich sind, Rivalen kämpfen, und Könige gestürzt werden.

Doch die meisten davon stehen unter einer Herrschaft, einer Regierung — dem Dezentralisierten Demokratischen Tribunal.

Und die Stimme, die zu befehlen hat, ist die des Volkes selbst.“

„Nein!“ polterte Brom. „Wie könnte das sein?“

„Da die Stimme eines jeden Menschen gehört werden kann, verleihen seine Ansichten denen seiner Mitmenschen Gewicht.

Das ist der Schlüssel — die Kommunikation. Ihr könnt diese Art von Regierung hier nicht haben, weil die Nachrichtenübermittlung mehr als zu wünschen übrig läßt, was im Grund genommen paradox ist, denn ihr habt hier alle Möglichkeiten für das beste System überhaupt, wenn ihr es nur zu nutzen wüßtet!“

Er verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. „Aber sie haben ziemliche Schwierigkeiten dort oben. Sie wachsen, wißt ihr? Jeden Tag schließt sich zumindest eine neue Welt dem Tribunal an. Dadurch haben sie die oberste Grenze ihrer Kommunikationsmöglichkeiten erreicht. Danach kann es nur noch abwärts gehen — zur Diktatur!“

„Aber was hast du damit zu tun?“ knurrte Brom.

„Ich arbeite für sie. Ich bin ihr Hausierer. Ich bin der kleine Mann, der den Außendienst macht, der neue Planeten auf eine Mitgliedschaft vorbereitet — wenn sie sie wollen, und sie wollen sie immer, wenn sie erst dazu bereit sind!“

„Und was ist diese Bereitschaft?“ Brom bemühte sich um

Toleranz und lächelte.

„Kommunikation, wie ich schon sagte, aber noch mehr, lernen, Bildung. Die Bildung und Ausbildung haben wir geschafft.

Dauerte eine ziemliche Zeit, aber wir schafften es. Doch mit der Kommunikation ist es eine andere Sache.“ Er seufzte.

„Weil die Freiheit auch noch eine andere Seite hat. Die Wildnis jenseits der Grenze. Sie verhindert eine stratifizierte Gesellschaft — zerbrich dir nicht den Kopf darüber, was das ist, mein Lord O'Berin, König der Elfen — und eine stratifizierte Gesellschaft ist ein anderer Weg zum Totalitarismus.

Also muß das Tribunal immer weiter wachsen. Doch wenn es noch viel mehr wächst, werden die zu langsamen Kommunikationsverbindungen sein Ende. Und ich, ganz persönlich, möchte das nicht. Denn der Traum hat einen Namen, wißt ihr? Er heißt — Freiheit! Das ist mein Traum. Und deshalb bedeutet Gramayre mir so viel.“

Brom zog die Brauen zusammen. „Ich verstehe nicht.“

Rod lächelte ihn an. „Die Hexen! Ihre Fähigkeit, Gedanken zu hören. Das ist das Kommunikationssystem, das wirbrauchen!“

Er sah das allmähliche Verstehen und ein gewisses Erschrecken in Broms Gesicht.

„Wir brauchen sie“, fuhr er fort. „Wir brauchen viele, sehr viele von ihnen. Bisher ist ihre Zahl nur langsam gestiegen, doch unter Catherines Schirmherrschaft wird sie schneller anwachsen. Und da sie heute bedeutend zum Sieg der Schlacht beitrugen, wird man beginnen, sie aus anderen Augen zu sehen, sie zu respektieren. Und dann wird es nicht mehr lange dauern, bis alle Eltern hoffen, daß auch sie ein Hexenkind haben werden. Von da ab werden sie wie Pilze nach einem Regen aus dem Boden schießen.“

Brom runzelte die Stirn. „Aber wie kann es sein, daß allein diese Welt von all den vielen, die ihr kennt, Hexen hervorgebracht hat?“

„Weil die Menschen, die hierher auswanderten, eure Vorfahren, die vom Himmel fielen, nur solche Personen auswählten, die zumindest ein Fünkchen Hexenkräfte in sich hatten. Sie wußten selbst nicht, daß sie sie hatten, denn sie waren zu gering und zu tief verborgen. Aber im Lauf der Generationen, als sie immer aufs neue untereinander heirateten, wuchs dieses winzige Bißchen immer mehr, bis schließlich eine Hexe geboren wurde.“ „Und wann war das?“ Brom lächelte tolerant. „Als die Elfen auftauchten. Und auch die Gespenster, Werwölfe, und andere übernatürliche Lebewesen. Denn hier auf diesem Planeten gibt es eine sehr ungewöhnliche Substanz, die ihr Hexenmoos nennt. Es nimmt jede Form an, die eine Hexe sich ausdenkt. Denkt sie an einen Elf, wird das Moos zu einem Elf.“

Brom erblaßte. „Willst du damit sagen…“ „Mach dir nichts daraus, Brom, es ist keine Abwertung“, sagte Rod schnell. „Alle Menschen waren einst nichts weiter als pulsierende Klümpchen, die im Ur-meer schwammen. Im Fall deines frühesten Vorfahrs wurde der Prozeß durch die Hexen nur ein wenig beschleunigt. Und es war dein erster Ahn, nicht du. Ich nehme an, daß das aus dem Moos geschaffene Wesen ein so perfektes Werk ist, daß es sich fortpflanzen — ja sogar mit Sterblichen Nachkommen haben kann.“ Er lehnte sich zurück und seufzte. „Sei stolz darauf, Brom. Du und dein Volk, ihr seid die einzigen, die sich echte Kinder dieser Welt nennen kennen.“

Brom schwieg eine lange Weile, dann knurrte er: „Ja, das ist wahrlich unser Land. Und was willst du damit tun, Zauberer aus dem Himmel?“

„Tun?“ Rod hob eine Braue. „Nur das, was du selbst zu tun versuchst, Brom, durch die Reformen, die du Catherine vorschlugst. Gleichheit vor dem Gesetz, ist das nicht dein Ziel?“

„Das ist es.“

„Nun, es ist auch meines. Und mein Job ist, euch den am wenigsten blutigen Weg dahin zu zeigen. Diese Aufgabe habe ich erfüllt.“ Er schaute blicklos vor sich hin. Brom betrachtete ihn. Gwendylon strich ihm besorgt über das Haar. Rod schaute zu ihr hoch und versuchte zu lächeln. Er wandte sich an Brom. „Deshalb kämpfte ich für Catherine, verstehst du, weil sie die Hexen beschützt, und weil sie eine Reformerin ist und Tuan glücklicherweise ebenfalls. Und das war der Grund, weshalb die Ratgeber und der Spötter gegen sie kämpften.“

Brom runzelte die Stirn. „Ich bin alt, Rod Gallowglass. Du mußt es mir genauer erklären.“

Wieder blickte Rod zu den Sternen hoch. „Eines Tages wird das Tribunal über alle Sterne regieren, die du sehen kannst, und über eine Menge mehr, die von hier aus nicht zu sehen sind. Und fast alle Menschen auf diesen Welten werden Hexen sein, denn das Blut Gramayres fließt durch ihre Adern.“ Er lächelte Brom zu. „Na, wenn das kein Lorbeerkranz ist, Brom, Vater einer Galaxis…

Aber einige Menschen werden ohne die Fähigkeiten der Hexen geboren werden und deshalb keine sein. Und weil sie es nicht sind und sich ausgeschlossen fühlen, werden sie die Hexen und ihre Regierung hassen, schlimmer als du es dir vorstellen kannst. Diese Art von Menschen nennt man Fanatiker. Jede Art von Regierungssystem wird ihnen mehr zusagen als die Demokratie, und deshalb werden sie die Demokratie mit aller Gewalt bekämpfen.“

„Wenn es so sein wird, wie du sagst“, brummte Brom, „dann werden diese Menschen unterliegen, denn wie könnte man gegen so viele Welten vorgehen?“

„Das können sie auch nicht“, erwiderte Rod, „außer sie töten das, was diese Demokratie ermöglicht hat.“ „Aber wie sollten sie das denn fertigbringen? Denn um die

Hexen im Mutterschoß zu töten, müßten sie erst zu diesem Schoß kommen — hierher nach Gramayre — um zu versuchen…“

Brom starrte Rod mit Grauen in den Augen an.