Botschafter ihre Ehefrauen mitbringen?«
»Nein. Die Ehefrauen werden Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt. Ich würde Ihnen vorschlagen, daß Sie so früh wie möglich mit dem Empfang der Kandidaten beginnen.«
»Einverstanden.«
»Ich werde versuchen, es so zu arrangieren«, sagte Perkins, »daß sämtliche ausländischen Botschafter bis zum nächsten Samstag akkreditiert sind. Sie möchten es vielleicht in Erwägung ziehen, ob Sie ihnen zu Ehren ein Dinner im Weißen Haus geben wollen.«
»Gute Idee.« Oliver warf erneut einen Blick auf die Liste auf seinem Schreibtisch. Atilio und Sylvia Picone.
Der State Dining Room war am Samstag abend mit den Flaggen der Länder geschmückt, die durch ihre Botschafter vertreten waren. Zwei Tage zuvor hatte Oliver anläßlich der Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens mit Atilio Picone gesprochen.
»Und wie geht es Mrs. Picone?« hatte Oliver gefragt.
Kurze Pause. »Meiner Gemahlin geht es gut. Vielen Dank der Nachfrage, Mr. President.«
Das Dinner verlief angenehm. Oliver ging von Tisch zu Tisch, plauderte mit seinen Gästen und bezauberte sie. Er war sich der Tatsache bewußt, daß in diesem Raum einige der wichtigsten Persönlichkeiten der Welt versammelt waren. Oliver Russell näherte sich drei prominenten Damen der Gesellschaft, die mit wichtigen Männern verheiratet waren, doch aus eigenem Antrieb eine führende Rolle im öffentlichen Leben spielten. »Leonore ... Delores ... Carol ...«
Als Oliver sich quer durch den Raum bewegte, kam Sylvia Picone auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. »Auf diesen Augenblick habe ich schon lange gewartet.« Ihre Augen funkelten.
»Ich auch«, erwiderte Oliver leise.
»Ich habe gewußt, daß Sie zum Präsidenten gewählt würden.« Es war fast ein Flüstern.
»Können wir uns später sprechen?«
»Selbstverständlich.«
Auf das Souper folgte ein Ball im Großen Ballsaal, wo die Marine Band aufspielte. Oliver beobachtete Jan beim Tanzen und dachte: Was für eine wunderschöne Frau. Welch ein herrlicher Körper.
Der Abend wurde ein großer Erfolg.
In der folgenden Woche prangte auf der ersten Seite der Washington Tribune die Schlagzeile: Präsident des Wahlkampfbetrugs beschuldigt.
Oliver starrte ungläubig auf die Schlagzeile. Das war für ihn der denkbar ungünstigste Zeitpunkt überhaupt. Wie hatte es nur dazu kommen können? Dann begriff er plötzlich, wie es dazu hatte kommen können. Er sah die Antwort auf seine Frage vor sich im Impressum. »Herausgeberin: Leslie Stewart.«
In der folgenden Woche lautete die Überschrift eines weiteren Artikels auf der Titelseite der Tribune: Frühere Mitarbeiterin von Präsident Russell plant Klage wegen sexueller Belästigung.
Die Tür des Oval Office flog auf. Jan stürmte herein. »Hast du die Morgenzeitung gelesen?«
»Ja, ich .«
»Wie konntest du uns das antun, Oliver? Du .«
»Einen Augenblick, bitte! Verstehst du denn nicht, was da vorgeht, Jan? Hinter dieser Geschichte steckt Leslie Stewart. Ich bin sicher, daß sie diese Frau durch Bestechung zu solch einem Vorgehen veranlaßt hat. Sie will sich rächen, weil ich sie deinetwegen sitzenlassen habe. In Ordnung. Sie hat ihre Rache gehabt. Nun ist es ausgestanden.«
Senator Davis war in der Leitung. »Ich möchte dich gern in einer Stunde sprechen.«
»Ich werde hier sein, Todd.«
Oliver saß in der kleinen Bibliothek, als Todd Davis eintraf. Oliver erhob sich, um ihn zu begrüßen, »Guten Morgen.«
»Ich will verdammt sein, wenn das heute ein guter Morgen ist.« Die Stimme des Senators war zornerfüllt. »Diese Frau will uns vernichten.«
»Nein, das will sie nicht. Sie versucht nur ...«
»Dieses verflixte Klatschblatt wird von allen gelesen, und die Leute glauben, was sie schwarz auf weiß lesen.«
»Todd, die Sache beruhigt sich von selbst und ...«
»Sie beruhigt sich nicht von selbst. Hast du heute morgen den Nachrichtenkommentar auf dem Kanal wte gehört? Er handelte davon, wer unser nächster Präsident sein wird. Du warst ganz unten auf der Liste. Leslie Stewart hat es auf dich abgesehen. Du mußt sie stoppen. Wie heißt doch noch der Vers - >die Hölle kennt kein Wüten< ...?«
»Es gibt auch noch eine andere Spruchweisheit, Todd, die die Pressefreiheit betrifft. Dagegen können wir nichts unternehmen.«
Senator Davis schaute Oliver nachdenklich an. »Es gibt aber einen Weg.«
»Was redest du da?«
»Setz dich.« Die beiden Männer nahmen Platz. »Diese Frau ist offensichtlich noch immer in dich verliebt, Oliver. Die Attacke gegen dich ist einfach ihre Art, dich für dein damaliges Verhalten zu bestrafen. Man sollte nie Streit haben mit einer Person, die massenhaft Druckerschwärze versprüht. Ich würde dir den guten Rat geben, Frieden mit ihr zu schließen.«
»Wie soll ich das bewerkstelligen?«
Senator Davis ließ seinen Blick zu Olivers Leisten wandern. »Gebrauch deinen Kopf.«
»Moment mal, Todd! Willst du mir damit etwa sagen, ich sollte ...?«
»Ich will damit lediglich sagen, daß du sie beruhigen mußt. Gib ihr zu verstehen, daß es dir leid tut. Ich versichere dir: Sie liebt dich noch. Sonst hätte sie dich nie und nimmer auf diese Art angegriffen.«
»Und was erwartest du ganz konkret von mir?«
»Setz deinen Charme ein, Junge, bezaubere sie. Du hast es schon einmal geschafft, da wird es dir auch ein zweites Mal gelingen. Du mußt sie für dich gewinnen. Du gibst doch am Freitag abend ein Galadiner für das State Department. Lade sie ein. Du mußt etwas tun, um sie davon zu überzeugen, mit solchen Aktionen aufzuhören.«
»Ich weiß nicht. Wie könnte ich denn ...«
»Wie du das anstellst, ist mir völlig egal. Du könntest ja eventuell mit ihr irgendwohin fahren, wo ihr zwei euch einmal ungestört und in aller Ruhe aussprecht. Ich habe in Virginia ein Landhaus, ein sehr abgeschiedenes, diskretes Plätzchen. Ich selber fliege fürs Wochenende nach Florida und habe es so eingerichtet, daß Jan mich begleitet.« Er holte einen Zettel und einen Schlüsselbund aus der Tasche, die er Oliver überreichte. »Hier hast du die Anweisung, wie man hinkommt, und die Schlüssel fürs Haus.«
Oliver machte große Augen. »Mein Gott! Du hattest längst alles vorausgeplant? Und was ist, wenn Leslie nun nicht will ... was ist, wenn sie kein Interesse hat, wenn sie es ablehnt, mitzukommen?«
Senator Davis erhob sich. »Sie hat Interesse. Sie wird mitkommen. Wir sprechen uns am Montag wieder, Oliver. Viel Glück.«
Oliver blieb noch lange Zeit nachdenklich sitzen. Nein, sagte er sich, das kann ich ihr nicht antun, nicht schon wieder. Darauf lasse ich mich nicht ein.
Als sie sich abends zum Essen umzogen, sagte Jan: »Oliver, Vater hat mich gebeten, ihn an diesem Wochenende nach Florida zu begleiten. Er erhält da irgendeinen Preis, und ich vermute, daß er sich dort gern als Vater der Präsidentengattin ins rechte Licht rücken möchte. Wäre es ein sehr großes Opfer für dich, wenn ich ihm den Gefallen tun würde? Ich weiß, am Freitag abend findet ein Galadiner des State Department statt, und falls du es aus diesem Grunde lieber hättest, daß ich hierbleibe .«
»Nein, nein. Fahr nur mit ihm. Obwohl ich dich natürlich vermissen werde.« Und ich werde sie tatsächlich vermissen, dachte er. Sobald ich das Problem mit Leslie gelöst habe, werde ich mir mehr Zeit für Jan nehmen.
Leslie Stewart war gerade am Telefon, als ihre Sekretärin hereinstürzte. »Miss Stewart ...«
»Sehen Sie denn nicht, daß ich .«
»Präsident Russell! Auf Leitung drei.«
Leslie überlegte kurz, dann zog ein Lächeln über ihr Gesicht. »Gut«, sagte sie zur Sekretärin, und in den Hörer: »Ich rufe später wieder an.«