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Die Suite 725 beherbergte den internationalen Lobbyisten Pat Murphy.

So weit, so gut, sagte sich Jeremy Robinson. Diese Gäste waren ihm wohlbekannt. Es war Suite 825, die Imperial Suite im obersten Stock, die ihm ein Rätsel aufgab. Es war die vornehmste Suite des Hotels, die nur ganz besonderen VIPs vorbehalten blieb. Sie erstreckte sich über die gesamte Etage und war mit wertvollen Gemälden und Antiquitäten eingerichtet, und sie hatte einen eigenen Fahrstuhl, der direkt zur Garage im Kellergeschoß führte, damit Gäste, die anonym zu bleiben wünschten, hier völlig unbeobachtet kommen und gehen konnten.

Was Jeremy Robinson stutzig machte, war der Name, der für diese Suite im Gästebuch des Hotels eingetragen war: Eugene Gant. Gab es tatsächlich eine Person dieses Namens? Oder hatte ein Bewunderer des Schriftstellers Thomas Wolfe sich den Namen seines Romanhelden als Pseudonym zugelegt?

Carl Gorman, der tagsüber diensthabende Empfangschef, der diesen rätselhaften Mr. Gant ins Fremdenbuch eingetragen hatte, war vor wenigen Stunden in die Ferien gegangen und unerreichbar. Jerry Robinson haßte Unklarheiten. Wer war dieser Eugene Gant? Und weshalb war ihm die Imperial Suite überlassen worden?

In der Suite 325, im dritten Stock, probte Gisella Barrett ihren Bühnentext. Sie war eine Dame von vornehmer Erschei-nung, Ende Sechzig, eine Schauspielerin, die einstmals vom Londoner West End bis zum Broadway in Manhattan Publikum und Kritiker verzaubert hatte. Spuren ihrer einstigen Schönheit waren in ihrem Gesicht noch zu erkennen, doch sie waren von Verbitterung überlagert.

Sie hatte den Bericht in der Washington Post gelesen, der meldete, daß sie nach Washington zurückgekehrt sei, um ein Comeback zu versuchen. Wie können sie es nur wagen! dachte Gisella Barret empört. Ein Comeback! Ich bin nie in der Versenkung verschwunden gewesen!

Gewiß, es waren mehr als zwanzig Jahre vergangen, seit sie zum letztenmal auf der Bühne gestanden hatte; dazu war es jedoch nur gekommen, weil eine große Schauspielerin eben eine große Rolle, einen brillanten Regisseur und einen verständigen Theatermanager braucht. Die Regisseure von heute waren zu jung, um mit der Erhabenheit des wahren Theaters zurechtzukommen; und die großen englischen Bühnenmanager

- H. M. Tenant, Binkie Beaumont, C. B. Cochran - waren allesamt tot. Selbst die noch einigermaßen kompetenten amerikanischen Bühnenproduzenten - Helbrun, Belasco und Golden

- waren nicht mehr aktiv. Nein, es stand völlig außer Frage: der gegenwärtige Theaterbetrieb lag in der Hand von Unwissenden, von Parvenüs ohne Verankerung in der Tradition. Wie waren die alten Zeiten doch großartig gewesen. Früher existierten Dramatiker, deren Feder in leuchtende Blitze getaucht waren. Gisella Barrett hatte die Rolle von Ellie Dunn in Heart-break House gespielt.

Wie haben die Kritiker doch von mir geschwärmt. Der arme George. Er haßte es, wenn man ihn mit George anredete. Er wollte lieber Bernard genannt werden. Man hatte ihn für einen harten, bitteren Mann gehalten, doch unter dieser Schale war ein wahrhaft romantischer Ire. Er hat mir immer rote Rosen schicken lassen. Ich glaube, er war einfach zu scheu, um noch weiterzugehen. Möglicherweise hatte er Angst, daß ich ihn

abweisen würde.

Sie war im Begriff, ihr Comeback in einer der stärksten Bühnenrollen aller Zeiten zu feiern - als Lady Macbeth.

Gisella Barrett rückte den Stuhl vom Fenster weg, so daß er einer nackten Wand gegenüberstand, denn sie wollte nicht durch die Aussicht abgelenkt werden. Sie setzte sich, atmete einmal tief durch und begann, sich in die von Shakespeare geschaffene Charakterrolle zu versenken.

Kommt, Geister, die ihr lauscht Auf Mordgedanken, und entweiht mich hier; Füllt mich vom Wirbel bis zur Zeh, randvoll, Mit wilder Grausamkeit! verdickt mein Blut, Sperrt jeden Weg und Eingang dem Erbarmen, Daß kein anklopfend Mahnen der Natur Den grimmen Vorsatz lähmt, noch friedlich hemmt Vom Mord die Hand!

»Himmel noch einmal, wie können sie so blöd sein? Man würde doch meinen, daß sie nach all den Jahren, in denen ich in diesem Hotel abgestiegen bin ...«

Die Stimme tönte durchs offene Fenster von der Suite im darüberliegenden Stock.

In der Suite 425 schimpfte der Waffenhändler J. L. Smith lauthals auf einen Zimmerkellner ein: ». eigentlich wissen müßten, daß ich nur Beluga-Kaviar bestelle!« Er zeigte mit dem Finger auf einen Teller Kaviar, der auf dem Tisch des Zimmerservice stand. »Das da ist ein Bauernfraß!«

»Entschuldigen Sie bitte vielmals, Mr. Smith. Ich werde sofort nach unten in die Küche gehen und .«

»Lassen Sie's gut sein.« J. L. Smith schaute auf seine mit Diamanten besetzte Rolex. »Ich habe jetzt keine Zeit. Ich habe eine wichtige Verabredung.« Er stand auf und ging zur Tür. Er wurde in der Kanzlei seines Anwalts erwartet. Einen Tag zuvor hatte ihn die Anklagejury eines Bundesgerichts wegen illegaler Geschenke an den amerikanischen Verteidigungsminister beschuldigt. Falls er schuldig gesprochen würde, mußte er mit drei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von einer Million Dollar rechnen.

In der Suite 525 beriet sich der Kongreßabgeordnete William Quint, Sproß einer Familie, die seit Generationen zur Prominenz in Washington gehörte, mit drei Angehörigen seines Ermittlungsstabes.

»Die Drogenszene gerät in dieser Stadt zur Zeit total außer Kontrolle«, erklärte Quint. »Wir müssen sie unbedingt wieder in den Griff bekommen.« Er wandte sich an Dalton Isaak. »Was haben Sie herausgefunden?«

»Die Verbrechen sind auf Auseinandersetzungen zwischen Straßengangs zurückzuführen. Die Brentwood Gang verkauft den Stoff zu niedrigeren Preisen als die Forteenth Street Gang und die Simple City Gang. Der Konflikt hat im vergangenen Monat zu vier Morden geführt.«

»So darf das nicht weitergehen, wir müssen etwas unternehmen«, betonte Quint. »Solche Entwicklungen schaden der Wirtschaft. Ich habe etliche Anrufe von der DEA und vom Polizeipräsidenten erhalten. Man wollte wissen, welche Gegenmaßnahmen wir planen.«

»Und was haben Sie darauf geantwortet?«

»Das übliche: Daß wir den Dingen nachgehen werden.« Er wandte sich an seinen Assistenten: »Arrangieren Sie ein Treffen mit der Brentwood Gang. Machen Sie den Kerlen klar, daß sie ihre Preise mit den anderen abstimmen müssen, wenn sie auf unsere schützende Hand Wert legen.« Er richtete sich an den dritten Mitarbeiter. »Wieviel haben wir im vergangenen Monat eingenommen?«

»Zehn Millionen hier, zehn Millionen außerhalb der Stadt.«

»Sehen Sie zu, daß Sie unsere Einnahmen in die Höhe treiben. Das Leben in dieser Stadt wird allmählich verdammt

teuer.«

Ein Stockwerk höher lag Norman Hoff - ein blaßhäutiger Mann mit enormem Bierbauch - in Suite 625 im Dunkeln nackt auf dem Bett und sah sich auf dem internen Hotel-TV-Kanal einen Pornofilm an. Er streckte den Arm aus und streichelte die Brust seiner Bettgefährtin.

»Schau mal, was die da machen, Irma.« Seine Stimme war ein ersticktes Flüstern. »Hättest du's gern, daß ich das mit dir mache?« Er massierte ihr mit den Fingern den Bauch, während sein Blick am Bildschirm klebte, auf dem sich eine Frau leidenschaftlich mit einem Mann paarte. »Erregt dich das, Baby? Mich macht es echt geil.«

Er schob Irma zwei Finger zwischen die Beine. »Ich bin soweit«, stöhnte er. Er packte die aufgepumpte Puppe, rollte sich auf sie und schob sich in sie hinein. Die Vagina der batteriebetriebenen Puppe öffnete und schloß sich um seinen Penis, wobei sie ihn immer fester preßte.

»O mein Gott!« stieß er hervor. Er stöhnte befriedigt auf. »Ja! Ja!«

Er blieb keuchend liegen, nachdem er die Batterie abgeschaltet hatte, und fühlte sich wundervoll. Am nächsten Morgen würde er Irma ein weiteres Mal benützen, bevor er die Luft herausließ und sie in einen Koffer packte.

Norman war Handelsvertreter und so gut wie immer in Städten unterwegs, wo ihm Gesellschaft gefehlt hatte. Bis er vor Jahren Irma entdeckte, die ihm alles bot, was er an weiblicher Gesellschaft brauchte. Die dummen Kollegen gabelten sich bei ihren Reisen Schlampen und Nutten auf; Norman war aber sicher, einen besseren Weg gefunden zu haben. Irma würde ihn nie mit einer Geschlechtskrankheit anstecken.