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»Ach ja, richtig«, sagte Ruf. Endlich w a r seine Aufmerksamkeit gefesselt. »Ich habe von den Wikingern gehört. Ich habe noch nie einen Wikinger gespielt.«

»Aber zutiefst im Herzen wolltest du schon immer einen Wikinger spielen, Ruf. Anders kann es gar nicht sein. Die Rolle ist dir auf den Leib geschrieben, du kannst dich richtig hineinknien. Was glaubst du, wie du als Wikinger auf der Leinwand aussehen wirst?«

Die dichten Augenbrauen bewegten sich aufeinander zu. »Ich sehe auf der Leinwand immer gut aus.«

»Natürlich, Ruf, deshalb haben wir dich ja kommen lassen. Du hast doch im Moment keine anderen wichtigen Engagements, oder?«

Rufs Augenbrauen trafen sich, ein Zeichen, daß er angestrengt nachdachte. »Ende nächster Woche fange ich mit einem Film an. Etwas über Atlantis.«

L. M. Greenspan sah vom Drehbuch auf und runzelte die Stirn ebenso wie Ruf. »Dachte ich mir. Schöne Grüße an Ihren Agenten, Ruf, aber wir müssen uns jemand anders suchen.«

»L. M.«, sagte Barney, »lesen Sie das Drehbuch. Es wird Ihnen Spaß machen. Ich rede mit Ruf. Sie haben vergessen, daß der Film bis Montag fertig ist. Da kann sich Ruf noch ein paar Tage bis zu seinem nächsten Termin entspannen.«

»Ich bin froh, daß Sie das Drehbuch erwähnen. Es enthält ein paar grobe Fehler.«

»Woher wissen Sie das — Sie haben doch erst zehn Seiten gelesen? Lesen Sie weiter, dann sprechen wir darüber. Der Autor sitzt draußen. Er macht Abänderungen auf Bestellung.« Er wandte sich wieder an Ruf. »Ich will dir also deinen Wunsch erfüllen. Du sollst den Wikinger spielen. Wir haben ein neues technisches Verfahren, mit dem wir den Film an Ort und Stelle drehen können, und obwohl wir in ein paar Tagen fertig sind, bekommst du das Honorar für einen vollen Film. Was hältst du davon?«

»Darüber mußt du mit meinem Agenten reden. Mit Gelddingen will ich nichts zu tun haben.«

»Ganz richtig, Ruf, dafür sind ja die Agenten da. Ich würde es an deiner Stelle ebenso machen.«

»Es geht einfach nicht«, sagte L. M. mit Weltuntergangsstimme. »Von Charley Chang habe ich etwas Besseres erwartet. Der Anfang geht so nicht.«

»Ich hole jetzt Charley herein, L. M., dann können wir die Sache gemeinsam besprechen und verbessern.«

Barney sah auf die Uhr. Acht Uhr abends. Er mußte sich mit dem Agenten dieses Muskelprotzes in Verbindung setzen. Und das Drehbuch durchbringen und Charley noch einmal nach Catalina schicken, zu den Zähnen und Augen, damit er die endgültige Fassung schrieb. Und Schauspieler für die Nebenrollen suchen. Und alle Einzelheiten für die Reise in die Vergangenheit festsetzen. Und den Film im elften Jahrhundert drehen, was sicher seine eigenen Probleme mit sich brachte. Und am Montagmorgen alles fertig haben. Und jetzt war es Mittwoch und acht Uhr abends. Noch eine Menge Zeit.

Sicher, eine ganze Menge Zeit.

Weshalb schwitzte er dann?

7

»Ein Wunder der Logistik, Mister Hendrickson, daß wir das alles in weniger als vier Tagen geschafft haben«, sagte Betty, als sie an den Lastwagen und Wohnanhängern vorbeigingen, die auf dem Betonweg standen.

»Ich würde es ganz anders nennen«, erwiderte Barney. »Aber vor Damen bin ich in der Wahl meiner Worte immer vorsichtig. Wie steht es mit den Checks?«

»Alles in Ordnung. Die einzelnen Abteilungen haben ihre Listen unterschrieben abgeliefert. Sie haben sich wirklich Mühe gegeben.«

»Schön — aber wo sind die Leute alle?«

Sie waren an den meisten Fahrzeugen vorbeigekommen, und Barney hatte bis auf ein paar Fahrer niemand entdeckt.

»Es war, nachdem Sie gestern abend fortgingen, um das Rohmaterial für den Film zu besorgen. Alle saßen herum und wußten nicht, was sie tun sollten, und da führte eben eines zum anderen. Sie wissen schon …«

»Nein, ich weiß nicht. Was führte wozu?«

»Es war ein toller Spaß, und wir haben Sie dabei vermißt. Charley Chang ließ zwei Kasten Bier aus der Kantine bringen, weil er, wie er sagte, seit einem Jahr kein anständiges Bier mehr gehabt hätte, und einige andere besorgten Drinks und Sandwiches, und im Nu war die tollste Party im Gang. Sie dauerte ziemlich lange, und die meisten schlafen sicher noch in den Wohnwagen.«

»Bestimmt? Hat jemand nachgezählt, ob alle da sind?«

»Die Wächter tranken nichts, und sie sagten, keiner hätte das Gelände verlassen.«

Barney sah auf die stumme Reihe der Wohnwagen und zuckte mit den Schultern. »Wird schon stimmen. Wir rufen nach der Ankunft alle Namen auf, und wenn jemand fehlt, können wir ihn ja nachkommen lassen. Es ist ganz gut, wenn sie während der Reise schlafen. Und kriechen Sie ruhig auch in die Falle, wenn Sie die ganze Nacht gefeiert haben.«

»Danke, Boß. Ich bin in Wohnwagen 12, wenn Sie mich brauchen.«

Schnelle Hammerschläge drangen durch die offene Tür herein. Die Zimmerleute nagelten die letzten Bohlen für die Zeitplattform zusammen. Barney stand im Eingang und zündete sich eine Zigarette an. Er versuchte sich für das provisorische Gebilde zu begeistern, das die Filmgesellschaft zu den OrkneyInseln bringen sollte. Man hatte nach den Angaben des Professors einen rechteckigen Rahmen aus UTrägern zusammengeschweißt und dicke Planken darauf genagelt. Sobald die ersten Bretter festsaßen, hatte man auf ihnen einen Kontrollraum mit Fenstern errichtet, und Professor Hewett hatte sein Vremeatron aufgestellt. Es war größer als das Original und wurde von einem Hochleistungs-Dieselmotor betrieben. Unter der Plattform hatte man ein gutes Dutzend dicker Lastwagenreifen befestigt, um jeden Landeschock abzudämpfen. An den Kanten befand sich ein Geländer, und dünne Rohre schlossen die Plattform nach oben hin ab, um die Grenzen des Zeitfeldes anzuzeigen. Das Ganze wirkte gebrechlich und provisorisch, und Barney fand, daß es das beste sei, nicht zu lange darüber nachzudenken.

»Wir können anfangen«, sagte Professor Hewett und kroch mit einem rauchenden Lötkolben hinter seiner Maschine hervor. Der Dieselmotor drehte sich einmal stöhnend herum. Eine blaue Rauchwolke stieg in die Luft. Dann ratterte er gleichmäßig los.

»Wie geht es, Professor?« fragte Barney durch die offene Tür. Hewett schrak zusammen und drehte sich um.

»Guten Morgen, Mister Hendrickson. Ich nehme an, Sie wollen sich nach meinem Vremeatron Nummer Zwei erkundigen. Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, daß alle Stromkreise überprüft sind und der Reise nichts mehr im Wege steht.«

Barney sah die Zimmerleute an, die die letzten Planken festmachten, und stieß mit dem Fuß ein Stück Holz von der Plattform. »Wir müssen sofort starten — außer Sie haben das Rückkehrproblem anders gelöst.«

Hewett schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich habe mit dem Vremeatron experimentiert, um zu sehen, ob diese Barriere überwunden werden kann, aber es ist unmöglich. Wenn wir in unsere Zeit zurückkehren, schneiden wir einen Bogen durch das Kontinuum. Wir brauchen Energie, um unsere eigenen Zeitlinien von den Weltzeitlinien abzuzweigen. Die Rückreise nach einem Besuch in der Vergangenheit, ganz gleich, wie lange er sich hingezogen hat, ist eine Reise entlang dem gleichen Zeitvektor, der durch die erste Zeitbewegung errichtet wurde. Man könnte die Rückreise gewissermaßen endotemporär nennen, eine Absorption der Zeitenergie, so wie die Hinreise in die Vergangenheit exotemporär war. Wir können deshalb nicht zu einem Punkt zurückkehren, der hinter unserem Ausgangspunkt liegt — ebensowenig wie ein Ball, den man zu Boden prellt, beim zweiten Mal nicht höher als beim ersten Mal springen kann. Verstehen Sie das?«

»Kein Wort.«

Professor Hewett nahm ein kleines Fichtenbrettchen vom Boden, feuchtete seinen Kugelschreiber an und zeichnete ein paar Linien darauf.

»Sehen Sie sich das an«, sagte er, »dann wird Ihnen alles klar. Die Linie A1Z1 ist die Weltzeitlinie, wobei A1 die Vergangenheit und Z1 die Zukunft bedeutet. Der Punkt B ist unser augenblicklicher Standort in der Zeit. Die Linie AZ ist die Zeitlinie des Vremeatrons, wenn es eine Zeitreise vollführt, oder auch unsere eigene Zeitlinie, da wir ja mitreisen. Sie sehen also, daß wir die Weltlinie bei Punkt B verlassen und in einem Bogen durch das extratemporäre Kontinuum zurückgehen, um, sagen wir im Jahre 1000, bei Punkt C anzukommen. Der Bogen BC ist also unsere Reise. Wir treffen bei C wieder auf die Weltzeitlinie und bleiben eine Zeitlang darauf, solange wir uns in der Vergangenheit aufhalten. Die Dauer unseres Besuches wird also von der Linie CD dargestellt. Können Sie mir folgen?«