Выбрать главу

»Wie geht es ihm?« fragte Barney. »Ist es ernst?«

»So ernst ein gebrochenes Bein eben sein kann«, meinte die Schwester. »Es handelt sich um einen komplizierten Schienbeinbruch — das heißt, der Bruch befindet sich unterhalb des Knies, und ein Stück des Knochens ist durch die Haut gedrungen.«

Ruf hatte die Augen geschlossen und stöhnte theatralisch.

»Das klingt doch nicht so schlimm«, sagte Barney verzweifelt. »Man kann den Bruch schienen, und nach ein paar Tagen fühlt sich Ruf sicher besser …«

»Mister Hendrickson«, sagte die Krankenschwester eisig, »ich bin keine Ärztin und kann den Patienten deshalb auch nicht behandeln. Ich habe Erste Hilfe geleistet und einen sterilen Verband angelegt. Außerdem bekam Mister Hawk ein schmerzstillendes Mittel. Ich habe meine Pflicht getan. Wann wird der Arzt eintreffen?«

»Der Arzt, natürlich. Wo ist meine Sekretärin?«

»Hier, Mister Hendrickson«, sagte sie vom Eingang her.

»Betty, lassen Sie sich von Tex zum Professor fahren. Sagen Sie ihm, er soll Sie sofort — sofort — zum Studio zurückbringen. Dort alarmieren Sie den Arzt unserer Gesellschaft und bringen ihn her.«

»Kein Arzt — zurück — zurück …«, stöhnte Ruf.

»Verschwinden Sie, Betty. Rasch.« Er wandte sich breit lächelnd Ruf zu und klopfte ihm auf die Schulter. »Nun mach dir mal keine Sorgen. Wir werden keine Kosten scheuen, und uns stehen die modernsten Mediziner zur Verfügung. Heutzutage bringt man tolle Dinge zuwege, Metallnägel in den Knochen, weißt du … Du wirst sofort wieder gehen können.«

»Nein, ich will diesen Film nicht drehen. Im Vertrag steht sicher, daß ich in meinem Zustand nicht filmen kann.«

»Ruhig, Ruf. Du darfst dich nicht aufregen. Schwester, bleiben Sie bei ihm, ich vertreibe erst einmal die Leute. Es wird bestimmt alles gut.« Aber seine Worte waren so leer wie sein Lächeln, und er knurrte, als er die Neugierigen vom Wohnwagen verscheuchte.

Es waren kaum fünf Minuten vergangen, bis der Arzt, gefolgt von einem Angestellten mit zwei Koffern, mit Betty eintraf.

»Alle bis auf die Schwester verlassen den Raum«, befahl er.

Barney ging achselzuckend. Er konnte im Moment nichts tun. So ging er zu Professor Hewett, der an seinem Vremeatron herumbastelte.

»Halten Sie es betriebsbereit«, meinte er. »Wir müssen es im Notfall sofort einsetzen können.«

»Ich überprüfe nur die Drähte. Alles ging so schnell, und ich möchte einen Schaden nicht erst unterwegs feststellen.«

»Wie lange dauerte die letzte Reise? Ich meine, wann brachen Sie wieder hierher auf?«

Hewett warf einen Blick auf die Instrumente. »Um 14 Uhr 35 Minuten 52 Sekunden …«

»Halb drei am Nachmittag! Wie ging denn soviel Zeit verloren?«

»Es ist wirklich nicht meine Schuld. Ich wartete bei der Plattform — und das Essen aus den Automaten war höchst unbefriedigend — bis der Wagen zurückkam. Soviel ich hörte, war der Arzt nicht auf dem Werksgelände und mußte erst geholt werden. Dann dauerte es noch eine Weile, bis alle Instrumente zusammengepackt waren …«

Barney spürte einen kalten Klumpen in der Magengrube. »Der fertige Film muß bis Montagmorgen abgeliefert werden, und jetzt haben wir Samstagnachmittag. Unser Material reicht bis jetzt für drei Minuten Film. Und mein Hauptdarsteller hat sich das Bein gebrochen. Die Zeit wird knapp.« Er warf dem Professor einen merkwürdigen Blick zu. »Zeit? Aber wir haben doch genug Zeit! Sie suchen ein ruhiges Plätzchen für Ruf, bis sein Bein geheilt ist …«

Er rannte aufgeregt los, bevor Hewett antworten konnte. Ohne anzuklopfen, riß er die Tür zu Rufs Wohnwagen auf. Rufs Bein steckte bis jetzt zur Hüfte in einer Schiene, und der Arzt fühlte seinen Puls. Er sah Barney streng an.

»Die Tür wurde nicht grundlos geschlossen.«

»Ich weiß, Doktor, und ich werde dafür sorgen, daß niemand Sie stört. Das sieht ja fein aus — darf ich fragen, wie lange die Schiene bleibt?«

»Nur, bis wir Mister Hawk ins Krankenhaus gebracht haben.«

»Sehr schön, schnelle Arbeit.«

»Dort nehmen wir die Schiene ab und legen einen Gipsverband an. Der bleibt etwa zwölf Wochen am Bein. Danach muß der Patient etwa einen Monat auf Krücken gehen …«

»Hm, das klingt nicht schlecht, ganz im Gegenteil. Ich hätte es gern, wenn Sie sich ganz dem Patienten widmen könnten. Gleichzeitig können Sie ja ein wenig Urlaub machen. Ich suche Ihnen einen erholsamen Fleck …«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden, aber Sie schlagen da etwas Unmögliches vor. Ich habe meine Praxis und könnte sie keine zwölf Stunden allein lassen. Außerdem muß ich sofort aufbrechen, weil ich eine wichtige Verabredung habe. Ihre Sekretärin versicherte mir, daß ich rechtzeitig daheim sein könnte.«

»Selbstverständlich«, sagte Barney ruhig. Er hatte das schon einmal mit Charley Chang durchexerziert. »Sie kommen zu Ihrer Verabredung zurecht, und Sie müssen Ihre Praxis nicht schließen — aber außerdem verschaffen wir Ihnen einen kostenlosen Urlaub und gewähren Ihnen ein dreimonatiges Zusatzgehalt. Klingt das nicht großartig? Ich erkläre Ihnen, wie es vor sich geht …«

»Nein!« krächzte Ruf vom Bett und schüttelte schwach die Faust. »Ich weiß genau, was du vorhast, aber ich mache nicht mit. Der Film ist für mich zu Ende, und ich will diese Verrückten da draußen nicht mehr sehen. Mir reicht, was am Strand geschehen ist!«

»Aber, Ruf …«

»Du bekommst mich nicht herum, Barney, nicht um alles in der Welt. Mit dem gebrochenen Bein habe ich eine Entschuldigung, das weißt du genau, und selbst wenn ich gesund wäre, würde ich aussteigen. Ich spiele nicht.«

Barney öffnete den Mund — er hatte einen hübschen Vergleich über Rufs schauspielerische Fähigkeiten auf der Zunge — doch mit unmenschlicher Selbstbeherrschung schwieg er. »Wir sprechen morgen darüber. Jetzt mußt du die Sache erst überschlafen«, sagte er und verließ den Wohnwagen.

Als er die Tür schloß, wußte er auch, daß der Film verloren war. Und daß seine Karriere aus war. Ruf würde seine Meinung nicht ändern, das stand fest. Durch die Muskelpakete drangen wenige Gedanken bis zu dem winzigen Gehirn vor, aber die wenigen blieben fest darin. Er konnte Ruf nicht zwingen, sich auf einer prähistorischen Insel zu erholen, und wenn er ihn nicht zwingen konnte …

Barney stolperte und sah, daß er auf einen kleinen Hügel gestiegen war, von dem aus man die Bucht sehen konnte. Er nahm einen Stein und warf ihn in Richtung des Wassers, aber er traf nicht. Er fluchte laut.

»Was bedeuten die Worte?« fragte Ottar hinter ihm. Er zuckte zusammen.

»Sie bedeuten, daß du verschwinden sollst, du haariges Ungetüm.«

Ottar zuckte mit den Schultern und streckte die Hand aus, in der er zwei Flaschen Jack Daniels hielt. »Bei meinem Haus warst du blaß. Da — trink!«

Barney murmelte ein Danke und setzte die Flasche an. Danach fühlte er sich wohler.

»Ich komme her, will Tagesflasche, dann sagt Dallas, er kauft mir Flasche von eigenem Silber, weil ich gut gekämpft habe. Großer Tag!«

»Wirklich, ein großer Tag! Gib die Flasche her! Es ist der letzte Tag, weil der Film im Eimer ist. Vorbei, kaputt, verstehst du?«

»Nein.« Es folgte ein langes Gurgeln.

»Nein, das kannst du auch nicht, du barbarischer Naturbursche. Irgendwie beneide ich dich, so komisch es klingt.«

»Kein Bursche von Natur. Thord Pferdekopf war mein Vater.«

»Ich meine, ich beneide dich, weil du dir deine Welt selbst schaffst. Ein starker Arm, ein ordentlicher Durst, ein guter Appetit, und niemals irgendein Zweifel. Wir leben dauernd im Zweifel an uns selbst, aber wahrscheinlich kennst du nicht einmal das Wort.«

»Selbst-Zweifel? Ist das sjálfsmord?«[12]

вернуться

12

Selbstmord