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»Jetzt weiß ich, was in den nassen Kisten war.« Er betrachtete mißtrauisch das Fleisch auf seinem Teller. »Einen Moment — was ich da esse, hat doch nichts mit Charley Changs Augen und Zähnen zu tun?«

»Nein«, erwiderte der Professor. »Sie vergessen, daß wir eine andere Zeit wählten, als wir beschlossen, die Freizeit unserer Mitarbeiter nach Santa Catalina zu verlegen. Mister Chang war durch einen Irrtum meinerseits in der Devon-Epoche gelandet, als die amphibischen Lebewesen gerade den Siegeszug aufs Festland antraten. Vollkommen harmlose Geschöpfe wie beispielsweise der Lungenfisch. Aber es waren Dinge im Wasser …«

»Augen und Zähne, ich weiß.«

»Deshalb wählte ich für die Wochenendausflüge das Kambrium. Die Badenden wurden nicht gestört, denn im Wasser tummeln sich nur kleine Trilobiten.«

»Schon wieder dieses Wort. Was bedeutet es?«

»Ein ausgestorbenes Gliedertier. Man ordnet es im allgemeinen zwischen die Krustentiere und Frösche ein. Die meisten Arten sind klein, aber das Tier, das Sie auf Ihrem Teller haben, gehört einer verhältnismäßig großen Gattung an. Es handelt sich um eine sechzig Zentimeter lange Holzlaus, die sich vorwiegend im Wasser aufhält.«

Barney legte die Gabel hin und nahm einen langen Schluck Kaffee. »Das war ja ein herrliches Essen«, sagte er. »Aber könnten wir jetzt über die Kolonie in Vinland sprechen? Haben Sie den Ort schon gefunden?«

»Meine Nachrichten sind nicht sonderlich gut.«

»Nach der Trilobitenmahlzeit ist alles gut.«

»Sie müssen wissen, daß ich über diese Periode verhältnismäßig wenig weiß. Aber Dr. Lyn ist Geschichtsexperte, und er kennt alle Sagas über die Entdeckung und Besiedlung Vinlands. Ich habe mich nach seinen Anordnungen gerichtet. Es war nicht leicht, einen geeigneten Platz zu finden, da die Küste von Neufundland und Neuschottland sehr unregelmäßig ist. Aber wir hatten letzten Endes Erfolg. Wir setzten das Motorboot ein und suchten die ganze Gegend gründlich ab.«

»Was haben Sie gefunden?«

»Nichts.«

»Sowas hört man gern«, sagte Barney und schob das Essen noch weiter weg. »Holen Sie bitte Lyn her. Ich möchte Näheres von ihm erfahren.«

»Es stimmt«, sagte Jens Lyn mit finsterer Miene. »Es gibt keine nordischen Siedlungen in Nordamerika. Das ist höchst beunruhigend. Wir haben alle möglichen Punkte vom zehnten bis zum dreizehnten Jahrhundert abgesucht und nichts gefunden.«

»Wie kamen Sie überhaupt darauf, daß sich dort etwas finden ließe?«

Lyns Nasenflügel bebten. »Darf ich Sie daran erinnern, daß seit der Entdeckung der Vinland-Karte kaum noch Zweifel daran bestehen, daß die Nordmänner Amerika erforschten und sich dort ansiedelten? Es ist in den Aufzeichnungen festgehalten, daß im Jahre 1121 Bischof Eirik Gnuppsson eine Mission nach Vinland unternahm. Die Sagas schildern die vielen Reisen dorthin, ebenso die Siedlungen, die angelegt wurden. Nur über den genauen Standort der Siedlungen ist man sich bis heute nicht im klaren, und wir hofften, ihn durch unsere Reisen in die Vergangenheit zu entdecken.«

»Dann haben sich also alle Kapazitäten getäuscht?«

»Hm … ja«, sagte Lyn mit unglücklicher Miene.

»Seien Sie nicht traurig, Doktor«, sagte Barney und hielt der Kellnerin seine leere Tasse hin. »Sie können ein Buch darüber schreiben, dann sind Sie die neue Kapazität. Wichtiger ist folgendes — wie machen wir jetzt weiter? Schließlich steht in unserem Drehbuch, daß die Wikinger Nordamerika entdecken und dort ihre erste Siedlung gründen. Wir hatten die Absicht gehabt, unseren Stab zu den Wikingersiedlungen zu bringen und dort die letzten Aufnahmen zu machen. Und nun lassen uns die Kerle im Stich. Was sollen wir tun?«

Jens Lyn kaute einen Moment lang an seinem Knöchel, dann sah er auf. »Wir könnten an die Westküste Norwegens gehen. Dort sind Siedlungen der Nordmänner, und die Landschaft hat Ähnlichkeit mit Neufundland.«

»Können wir dort auch Indianer als Komparsen anstellen? Wir brauchen sie für die großen Kampfszenen.«

»Nein. Was sollten Indianer in Norwegen suchen?«

»Dann fällt der Plan ins Wasser«, sagte Barney. »Fragen wir einmal Ottar, was er dazu meint.« Er sah sich im Zelt um und entdeckte den Wikinger, der sich gerade durch eine dampfende Portion von Trilobiten arbeitete. »Holen Sie ihn bitte her. Sagen Sie ihm, daß er Essen auch später noch nachfassen kann.«

»Du brauchst Ottar?« fragte der Wikinger und ließ sich neben ihm auf die Bank fallen.

»Was weißt du von Vinland?« erkundigte sich Barney.

»Nichts.«

»Du hast noch nie davon gehört?«

»Natürlich habe ich gehört. Der Skald macht Lieder darüber, und ich habe mit Leif Eriksson über seine Reise gesprochen. Aber ich habe nichts gesehen, deshalb weiß ich nichts. Ein Jahr, dann gehe ich nach Island und dann nach Vinland. Ich werde sehr reich.«

»Wodurch? Gold? Silber?«

»Holz«, sagte Ottar und sah ihn verächtlich an, daß er so etwas Primitives nicht wußte.

»Für die Grönland-Siedlungen«, erklärte Jens Lyn. »Sie haben zu wenig Holz, insbesondere zu wenig harte Hölzer für den Schiffsbau. Eine Ladung Hartholz, die in Grönland abgeliefert wird, würde ein Vermögen einbringen.«

»Da haben wir ja die Lösung«, sagte Barney und stand auf. »Sobald wir hier mit den Aufnahmen fertig sind, bezahlen wir Ottar, und er bricht nach Vinland auf. Wir machen einen Zeitsprung nach vorn und treffen ihn in Vinland wieder. Wir filmen den Aufbruch und dann die Landung. Sie bauen ein paar Hütten auf, die wir anstelle einer Wikingersiedlung aufnehmen, und dann zahlen wir den dort ansässigen Stämmen eine Kleinigkeit, damit sie das Zeug niederbrennen. Wenn wir das im Kasten haben, ist der Film fertig.«

»Gute Idee«, sagte Ottar. »Viel Holz in Vinland.«

Jens Lyn wollte protestieren, doch dann zuckte er mit den Schultern. »Was habe ich schon zu sagen? Wenn er so dumm ist und euch den Film ermöglicht — bitte. Es gibt keine Saga über einen Ottar, der nach Vinland reiste, aber da ich auch für die anderen Sagas keinen Beweis gefunden habe, schweige ich lieber.«

»Muß jetzt weiteressen«, sagte Ottar.

Barney verließ das Zelt. Seine Sekretärin erwartete ihn mit einem Stoß Akten. »Ich wollte Sie nicht stören, solange Sie aßen«, sagte sie.

»Weshalb nicht? Nach dem heutigen Mittagessen wird meine Verdauung ohnehin nie wieder die gleiche sein. Wissen Sie, was Trilobiten sind?«

»Natürlich. Große glitschige Dinger, die wir auf Catalina mit Netzen fangen. Ein herrliches Vergnügen. Nachts braten wir sie meist am Spieß …«

»Furchtbar! Was wollten Sie übrigens von mir?«

»Es geht um die Stempelkarten. Sehen Sie, wir alle haben das Wochenende — das heißt Samstag und Sonntag — auf Catalina verbracht. Bis auf Sie natürlich. Sie gönnen sich keinen Tag Pause.«

»Ich gönne mir eine lange Pause, wenn der Film im Kasten ist. Aber ich weiß immer noch nicht, was Sie bedrückt.«

»Einige der Taucher würden gern länger als nur zwei Tage auf Catalina bleiben und dafür das nächste Wochenende durcharbeiten. Ich habe keinen Überblick mehr.«

»Begleiten Sie mich zu Ottars Haus, mir kann die Bewegung nicht schaden. Wir gehen am Strand entlang.« Barney dachte schweigend eine Zeitlang nach. »Wir machen es folgendermaßen: Wir kümmern uns nicht mehr um die Wocheneinteilung, sondern numerieren die Tage einfach durch. Jeder, der fünf Tage gearbeitet hat, bekommt zwei Tage frei. Jeder, der zehn Tage durchhält, darf vier Tage lang feiern. Da wir sowohl hier wie auf Catalina Stempelkarten benutzen, kann gar nichts schiefgehen. Wichtig für mich ist lediglich, daß die Wochenendausflüge mit der Zeitmaschine nicht länger als fünf Minuten dauern und ich daher ständig alle Arbeitskräfte zur Verfügung habe. Also, Betty — Sie führen die Bücher, wie ich es eben vorschlug, und ich lege sie dann L. M. vor.«