Выбрать главу

Der Rotbart akzeptierte die Flasche, nahm einen Schluck, hustete, und nahm noch einen Schluck.

Der Jeep kehrte schneller zurück, als Barney gedacht hatte, aber es war Zeit genug geblieben, um das Gelage in Schwung zu bringen. Allerdings entstand eine deutliche Kühle, als Ottar zu ihnen trat. Thorhall stand schnell auf und lehnte sich an die Wand, aber Ottar strahlte vor Vergnügen. Er hieb Thorhall auf die Schulter, und im nächsten Moment waren alle Schwierigkeiten gelöst.

»Wie ging es?« fragte Barney Jens Lyn, der vorsichtig aus dem Jeep kletterte. Er hatte einen drei Tage alten Bart und dunkle Ringe unter den Augen.

»Thorhall fanden wir sofort«, sagte er heiser. »Wir wurden herzlich empfangen und konnten das Schiff ohne weiteres kaufen. Aber es ging nicht ohne ein Gelage ab. Es dauerte den ganzen Tag und die ganze Nacht durch, und die Kerle wurden nicht müde. Nach zwei Tagen schlief Ottar endlich am Tisch ein, und wir konnten ihn in den Jeep verfrachten und zurückkehren. Da — er säuft immer noch. Wie macht er das nur?« Jens schauderte.

»Guter Lebenswandel und viel frische Luft.«

Das Geschrei und die nordischen Flüche wurden lauter, aber Ottar zeigte keinerlei Zeichen von Ermüdung. »Sieht so aus, als hätte unser Hauptdarsteller heute keine Lust zum Arbeiten. Gut, dann können wir eine Konferenz einberufen. Wir müssen Einzelheiten für die restlichen Aufnahmen festlegen. Zuerst filmen wir auf diesem Schiff — wie heißt es gleich wieder?«

»Knorr! Nominativ, hér er knorrur, Akkusativ, um knorr …«

»Halt! Ich erzähle Ihnen auch nicht, wie man Filme dreht. Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Aber ich glaube, daß wir jetzt über dem Berg sind.«

Eine Möwe kreischte laut, und Barney klopfte schnell auf das fleckige Holz des knorrs.

12

»Ich bringe dich um, du mannhundr[14], mir Wasser ins Gesicht zu schütten!« brüllte Ottar.

»Schnitt!« sagte Barney. Dann ging er über das Deck und reichte Ottar ein Handtuch. »Du solltest sagen: ›Weg vom Segel — ich bringe jeden um, der es berührt! Voran! Ich wittere Land. Männer, laßt den Mut nicht sinken!‹ Von Wasser war in deinem Text keine Rede.«

»Er hat mir das Wasser absichtlich über den Kopf gegossen«, sagte Ottar wütend.

»Natürlich. Du befindest dich auf See, Meilen vom Land entfernt, mitten in einem Sturm. Der Wind bläst dir Salzwasser ins Gesicht. Du hast doch schon öfter einen Sturm erlebt, oder? Wenn du dabei naß wirst, fluchst du auch nicht.«

»Nicht auf See. Aber an Land, vor meinem Haus.«

Es hatte keinen Sinn, ihm nochmals zu erklären, daß ein Film möglichst echt aussehen mußte. Das hatte er bereits an die vierzig Mal vergeblich versucht. Filme bedeuteten diesem Ausbund an Wikingermännlichkeit nichts. Er kannte nur die primitiveren Vergnügen — Essen, Trinken, Sagas. Aber er war sehr stolz.

»Ich staune, daß dir ein paar Tropfen Wasser soviel ausmachen«, sagte Barney und wandte sich an den Helfer. »Eddie, schütte mir einen ganzen Eimer Wasser mitten ins Gesicht.«

»Wie Sie wollen, Mister Hendrickson.«

Eddie holte tüchtig aus und schüttete den Eimerinhalt in den Luftstrom der Windmaschine. Ein eisiger Sprühregen wehte Barney ins Gesicht.

»Herrlich«, sagte er und unterdrückte ein Zähneklappern. »Sehr erfrischend. Mir macht Wasser gar nichts aus.« Sein Lächeln wirkte sehr steif, denn es war ihm fast ins Gesicht gefroren. Die Septemberabende auf den Orkneys waren auch ohne Eiswasser kalt genug.

»Los, her mit dem Wasser!« schrie Ottar. »Ich werde dir zeigen, daß ich Wasser vertrage!«

»Kommt sofort — und vergiß deinen Text nicht!« Barney trat aus dem Bereich der Kamera. Ottar stand allein am Steuerruder des Schiffes und starrte stirnrunzelnd in die Welt. Die großen Scheinwerfer beleuchteten das Deck und ein Stück Strand. Der Rest war in Dunkel gehüllt.

»Geben Sie mir eine Zigarette«, sagte Barney zu seiner Sekretärin. »Meine sind naß geworden.«

»Wir können anfangen, Mister Hendrickson«, rief der Beleuchter.

»Gut. Alles in Position. Kamera.« Die beiden Arbeiter warfen ihr ganzes Gewicht gegen die langen Hebel, so daß das provisorische Deck, auf dem Ottar stand, schwankte und schaukelte. »Anfangen!«

Mit zusammengebissenen Zähnen trotzte Ottar dem Sturm und zerrte am Steuerruder, das ein unsichtbarer Mann ihm zu entwinden versuchte. »Weg vom Segel!« schrie er. »Bei Thor, ich bringe jeden um, der das Segel anfaßt!« Der Wasserguß traf ihn voll ins Gesicht. »Mir macht Wasser nichts aus — ich liebe Wasser. Volle Segel voraus — ich rieche Land. Tapfer sein, Leute!«

»Schnitt!« befahl Barney.

»Er ist ganz groß im Umdichten«, sagte Charley Chang. »Ich hatte die Szene anders geschrieben.«

»Wir lassen sie so, Charley. Ich bin froh, daß er so nahe am Originaltext geblieben ist.« Barney hob die Stimme. »So, für heute machen wir Schluß. Morgen fangen wir um halb acht an, damit wir das Morgenlicht filmen können. Jens, Amory — euch beide brauche ich noch.«

Sie standen in der Nähe des großen Mastes, und Barney klopfte mit dem Absatz auf die Deckplanken.

»Wird er es mit diesem Ding wirklich bis Amerika schaffen?« fragte er.

»Daran besteht gar kein Zweifel«, erwiderte Jens Lyn. »Diese nordischen knorr waren seetüchtiger als die Schiffe, mit denen Christoph Kolumbus aufbrach, ihre Leistungen sind in den Sagas festgehalten.«

»In letzter Zeit hatten wir einigen Anlaß, an den Sagas zu zweifeln.«

»Es gibt noch andere Beweise. Im Jahre 1932 hat man mit einem nachgebauten knorr die Westpassage geschafft — auf der gleichen Route wie Kolumbus. Und das Schiff hat den Weg in einer weit kürzeren Zeit zurückgelegt.«

Barney nickte und deutete auf den offenen Schacht hinter dem Mast. »Was ist mit der Handpumpe, die Sie hier installieren wollten? Das Schiff muß Vinland unbedingt erreichen, sonst steht es mit unserem Film schlecht. Ich möchte, daß ihr es so gut wie möglich ausstattet. Amory sagte, daß die Pumpe eine Verbesserung wäre — wo ist sie?«

»Ottar wollte sie nicht haben«, erklärte Jens. »Er hatte Angst, daß sie brechen könnte und er dann nicht wüßte, wie er sie reparieren müsse. Das bisherige System funktioniert natürlich immer: Ein Mann steht im Schacht und schöpft einen Eimer voll, und ein anderer schüttet es mit diesem Holzhebel über Bord.«

»Also schön, ich möchte Ottar nicht in seine Angelegenheiten dreinreden. Wo ist diese Navigationshilfe, die Sie eingebaut haben, Amory?«

»Ich habe sie im Innern des Rumpfes so versiegelt, daß niemand sie beschädigen kann. Der Steuermann hat eine einfache Skala, nach der er sich richten kann.«

»Wird das Ding funktionieren?«

»Weshalb nicht? Erstens sind die Nordmänner von Natur aus gute Navigatoren. Sie legen meist nur kurze Ozeanstrecken zurück, so daß sie sich nach einem Landzeichen richten können. Dann kennen sie auch die Meeresströmungen und die Gewohnheiten der Seevögel, so daß sie ihnen an Land folgen können. Und sie können den Breitengrad, in dem sie sich befinden, ziemlich genau nach der Höhe des Nordsterns einschätzen. Wenn wir ihnen helfen, dann muß es etwas sein, das in ihr System paßt. Ein Magnetkompaß hätte keinen Sinn, weil er ihnen unbekannt ist und hier im Norden ohnehin wegen des Magnetpols schwierig zu handhaben wäre.«

»Ich will nicht wissen, was Sie nicht getan haben, sondern was Sie getan haben.«

»Sofort. Wir haben im Heck einen Kreiselkompaß eingebaut und ihn mit Langzeit-Batterien ausgestattet. Er wird bei Beginn der Fahrt eingeschaltet und müßte mindestens einen Monat laufen, bis die Batterien verbraucht sind. Und hier, neben dem Steuermann, befindet sich der Tochterkompaß.«

вернуться

14

Schweinehund