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»Das war der letzte«, sagte Sam mit seiner grauen, farblosen Stimme. Sam war selbst ein grauer, farbloser Mann, was eindeutig eine Schutztarnung war, da er L. M.s ganz persönlicher Privatbuchhalter war und in dem Ruf stand, ein Genie auf dem Gebiet der Finanzierung und Steuerumgehung zu sein. Er drückte einen Akt eng an die Brust und sah L. M. an. »Das ist jetzt nicht mehr nötig«, sagte er.

»Vielleicht, vielleicht«, sagte L. M. und ließ sich schnaufend in den Sessel fallen. »Aber wenn ich nur das Wort Bank ausspreche, solange die Telefone angeschlossen sind, bekomme ich Herzklopfen. Ich habe keine guten Nachrichten für Sie, Barney.« Er biß das Ende einer Zigarre ab. »Wir sind ruiniert.«

»Was meinen Sie?« Barney sah von einem ausdruckslosen Gesicht zum anderen. »Soll das eine Art Witz sein?«

»L. M. meint, daß die Climactic-Studios in Kürze pleite sind«, erklärte Sam.

»Mein Lebenswerk im Eimer«, sagte L. M. mit hohler Stimme.

Sam nickte einmal, so mechanisch wie die Marionette eines Bauchredners, und sagte: »So kann man es nennen. Normalerweise würde es mindestens ein Vierteljahr dauern, bis wir unseren Finanzbericht an die Banken schicken, die, wie du weißt, den überwiegenden Anteil unserer Firma besitzen. Aber aus irgendeinem schleierhaften Grund schicken sie uns diese Woche ihre Rechnungsprüfer.«

»Und …?« Barney hatte plötzlich einen leichten Kopf. Die Stille dehnte sich unerträglich hin, bis er aufsprang und im Zimmer hin- und hermarschierte. »Und sie werden entdecken, daß die Gesellschaft bankrott ist, daß alle Gewinne nur auf dem Papier stehen« — Er drehte sich um und deutete mit dramatischer Geste auf L. M. — »und daß die ganze harte Währung in die L. M.-Greenspan-Stiftung geflossen ist, die von der Steuer unantastbar ist. Kein Wunder, daß Sie so ruhig bleiben. Die Gesellschaft säuft vielleicht ab, aber L. M. Greenspan schwimmt tapfer weiter.«

»Hören Sie, so redet man nicht mit dem Mann, der einem zum Erfolg verholfen hat!«

»Und der einen mit absaufen läßt!« Barney faßte sich an die Kehle. »Hören Sie, L. M.«, fuhr er bittend fort, »wir haben immer noch eine Chance, bis die Henker kommen. Sie hatten sicher eine Rettungsaktion im Sinn, als Sie sich auf die Sache mit Professor Hewetts Zeitmaschine einließen. Sie müssen überzeugt davon gewesen sein, daß ein guter Streifen die Firma wieder auf die Beine bringt. Wir können den Film immer noch machen.«

L. M. schüttelte verdrießlich den Kopf. »Man kann einen Film nicht in einer Woche drehen.«

Man kann einen Film nicht in einer Woche drehen! Die Worte klingelten und rauschten durch die koffeinund tablettenüberlasteten Kanäle seines Gehirns und lösten eine schwache Erinnerung aus.

»L. M.«, sagte er dramatisch, »Sie werden einen Herzkollaps erleiden!«

»Wahnsinnsmensch!« L. M. schnappte nach Luft und ergriff einen Fettwulst in der Nähe des lebenswichtigen Organs. »Sagen Sie das nicht! Ein Herzkollaps macht einen für das restliche Leben anfällig.«

»Hören Sie mir zu! Sie gehen heute abend mit Sam heim und überprüfen die Bücher. Sie werden krank. Es kann eine Magenverstimmung sein, es kann ein Herzkollaps sein. Ihr Arzt tippt auf Herzkollaps. Für das Honorar, das er einsteckt, kann er Ihnen den kleinen Gefallen schon erweisen. Alles rennt kopflos herum und fleht um ein paar Tage Aufschub. Die Bücher werden vergessen. Dann ist das Wochenende da, niemand denkt daran, sie vor Montag oder Dienstag nachzuprüfen.«

»Montag«, sagte Sam fest. »Du kennst die Banken nicht. Wenn sie bis Montag die Bücher nicht haben, schicken sie einen Lastwagen mit Ärzten zu L. M.«

»Also gut dann, Montag. Das reicht.«

»Also Montag. Aber ist das ein großer Unterschied? Ehrlich gesagt, Sie verwirren mich«, klagte L. M. und runzelte die Stirn.

»Es ist ein Unterschied, L. M. Am Montag bringe ich Ihnen den neuen Film fix und fertig. Ein Film, der allein nach Länge, Farbe und Breite seine zwei, drei Millionen wert ist.«

»Aber das schaffen Sie nicht!«

»Und ob wir es schaffen! Sie vergessen das Vremeatron. Das Ding funktioniert. Erinnern Sie sich an gestern abend, als Sie dachten, wir seien nur zehn Minuten fort gewesen?« L. M. nickte zögernd. »Solange waren wir von dem Hier und Jetzt fort. Aber wir haben uns mehr als eine Stunde in der Wikingerzeit aufgehalten. Wir könnten es nochmals tun. Wir bringen alles, was wir brauchen, nach drüben und drehen den Film in aller Ruhe …«

»Sie meinen …?«

»Genau. Wenn wir mit dem Film zurückkommen, müssen hier nicht mehr als zehn Minuten vergangen sein.«

»Weshalb haben Sie nicht eher daran gedacht?« keuchte L. M. glückstrahlend.

»Aus einer Menge von Gründen …«

»Du willst doch nicht sagen …« Sam beugte sich so weit vor, daß er beinahe aus dem Stuhl kippte, und der Schatten eines Ausdrucks — ein Lächeln vielleicht? — huschte über sein Gesicht. »Du willst doch nicht sagen, daß wir nur für zehn Minuten Produktionskosten zahlen müssen?«

»Das will ich keineswegs sagen«, erwiderte Barney scharf. »Ich kann dir schon im voraus verraten, daß wir der Buchhaltung einiges Kopfzerbrechen verursachen werden. Aber, wenn dich das aufheitert, wir filmen an Ort und Stelle, und das kostet etwa ein Zehntel von Außenaufnahmen in Spanien.«

Sams Augen glitzerten. »Ich kenne die Einzelheiten dieses Projekts nicht, L. M., aber einige der Faktoren scheinen attraktiv zu sein.«

»Schaffen Sie es, Barney? Werden Sie mit diesem Film fertig?«

»Ich schaffe es, wenn Sie mir aus allen Kräften helfen und möglichst wenige Fragen stellen. Heute ist Dienstag. Meiner Meinung nach müßte bis Samstag hier alles geregelt sein.« Er zählte die Tage an den Fingern ab: »Wir müssen die Verträge unter Dach und Fach bringen, genügend Filmmaterial kaufen, die Techniker einstellen, mindestens zwei Ersatzkameras besorgen …« Er begann vor sich hinzumurmeln. »Ja«, sagte er schließlich, »es müßte gehen.«

»Ich weiß immer noch nicht«, meinte L. M. nachdenklich. »Es ist eine verrückte Idee.«

Die Zukunft lag auf der Waage, und Barney suchte verzweifelt nach einer Inspiration.

»Noch eines«, sagte er. »Wenn wir, sagen wir, ein halbes Jahr lang Aufnahmen machen, müssen Sie den Leuten ein Gehalt für ein halbes Jahr zahlen. Aber wenn wir die Kameras und Tonbänder mieten, müssen wir nur für ein paar Tage bezahlen.«

L. M. richtete sich steil auf. »Der Handel gilt, Barney.«

5

»Sie haben hier noch keine Ahnung von Cinecittà, Mister Hendrickson.«

»Barney.«

»Überhaupt keine Ahnung, Barney. Der neue Realismus kam nach dem Krieg aus Italien, ebenso der Milieufilm, den später die Engländer übernahmen. Aber Sie werden sehen, Rom stirbt nicht. Leute wie ich kommen eine Zeitlang nach Hollywood, lassen sich ein paar neue Techniken zeigen …«

»Und kassieren nicht schlecht dafür …«

»Das kann ich nicht leugnen, Barney. Ich arbeite für den Yankee-Dollar. Aber, hören Sie, zu dieser Tageszeit erwischen wir nicht mehr viel in Farbe.« Er ließ die 8-mm-Bolex von seinem Handgelenk baumeln. »Ich hätte Tri-X einlegen sollen. Es ist fünf Uhr nachmittags.«

»Keine Angst, Gino, Sie werden genug Licht haben, das verspreche ich Ihnen.« Er sah auf, als sich die Lagerhaustür öffnete, und Amory Blestead hereinkam. »Hier herüber, Amory«, rief er. »Das hier ist unser Kameramann, Gino Cappo. Amory Blestead, technischer Berater.«

»Freut mich«, sagte Amory und gab Gino die Hand. »Ich habe mich schon immer gefragt, wie Sie diese Brechreiz-Stimmung in Liebe im Herbst schafften.«

»Sie meinen wohl Porco Mondo? Das war nicht Absicht, die Landschaft in diesem Teil Jugoslawiens sieht tatsächlich so aus.«

»Übrigens …« Blestead wandte sich an Barney. »Dallas läßt durch mich ausrichten, daß sie in fünf Minuten mit Ottar herkommen.«